Woche 11 vom 11. März bis 17. März 2024

  • Oder es gibt weniger Tote durch Alleinstürze, weil die Infrastruktur besser in Schuss ist.

    Die Vorstellung, Radfahrer stürzten wegen Schlaglöchern oder Wurzelaufbrüchen auf maroder Infrastruktur zu Tode ist nach meinem Eindruck abwegig. Insbesondere sind Alleintote zu einem großen Anteil in Straßen ohne Infra zu verzeichnen (z.B. Feldwege, MTB im Wald, Wohnstraßen). Oft haben auch Zeugen den Sturz beobachtet, die berichten, der Radler sei „einfach so“ zur Seite gekippt. In anderen Fällen deutet die Spurenlage darauf hin, dass eine steile Abfahrt unterschätzt wurde, Kurven nicht ordentlich ausgefahren wurden oder beides. Manche Opfer stürzen nachts und werden erst am anderen Morgen gefunden, hier wird Alkohol und/oder mangelhafte Beleuchtung eine Rolle spielen.

    Neulich ist bei Münster ein Liegedreiradfahrer auf einem makellosen Radweg Marke Hollandträumchen einfach von der schnurgeraden Strecke abgekommen und zur Seite in den Graben gefahren. Letzte Woche stürzte ein Radfahrer nachts auf einer wegen Flutschäden unterspülten und deshalb voll gesperrten Strecke in ein metertiefes Loch quer über der gesamten Fahrbahn.

    Der Frauenanteil bei Alleintoten ist nur gut 10%, bei einem Anteil von 40% an der Radfahrleistung und 30% an übrigen Todesfällen. Auch der Befund spricht für mich stark gegen die Hypothese von maroder Infra als Haupt-Ursache.

    Die Ursachen von Alleinstürzen sind so vielfältig wie wir Radfahrer insgesamt.

  • Ich wurde diese Woche Zeuge eines glimpflichen Alleinunfalls eines E-Rollerfahrers auf einem meiner "Lieblings"radwegstücke.

    Apropos ... In einem anderen Forum kommentierte ich

    Zitat

    ... dass einer mit einem Upright wegen einem Hund die Hüfte gebrochen hat. Nach Operation und sieben Monaten Reconvaleszenz will er die Durchquerung der USA fortsetzen.

    ... mit ...

    Wenn ich seine Schilderung richtig, aber nicht mehr ganz vollständig in Erinnerung habe, spielte zwar ein Auto eine Rolle, aber nicht als Gegner, sondern als Grund zum doch mal Anhalten an einer roten Ampel ...

  • Neulich ist bei Münster ein Liegedreiradfahrer auf einem makellosen Radweg Marke Hollandträumchen einfach von der schnurgeraden Strecke abgekommen und zur Seite in den Graben gefahren.

    Genauer ein Velomobil, wenn es der Unfall eines Fahrers aus Ascheberg war. Wurde sehr intensiv im velomobilforum.de diskutiert über mehrere Fäden verteilt incl. der Frage, wie man aus einem auf dem Kopf liegenden VM wieder rauskommt, bevor man im Graben ertrinkt ... So schnurgerade war die Strecke übrigens nicht ... Die genaue Ursache (Fahrfehler oder medizinischer Notfall o.ä.) war nach meinem letzten Stand nicht bekannt.

  • Bei Menschen, die ohne Fremdbeteiligung aus "ungeklärter Ursache" von der Fahrbahn abkommen, stürzen, gegen erkenbare Hindernisse fahren u.ä. kann heutzutage auch Ablenkung durch die Nutzung von Smartphone und co eine mögliche Erklärung liefern.

    Einmal editiert, zuletzt von krapotke (16. März 2024 um 17:41)

  • Denke 2023 ist das mit dem Verhältnis E-Bike, Bio-Rad schon überbewertet.

    Zum Einen fährt inzwischen eine der Hauptrisiko-Gruppen, die Ü60, überwiegend elektrisch.

    Zum Anderen fahren auch viele Alltagsnutzer, zumindest auf dem Land, elektrisch. Das ist bei den kurzen Wegen in der Stadt sicher anders bei den jüngeren Leuten. Aber die lassen sich auch nicht so viel überfahren.

    Und auch der Freizeitverkehr ist bei uns zum überwiegenden Teil elektrisch. Inzwischen kann man in den Alpen Bioradler abklatschen, die 2-3 x am Tag sind kein Problem.

    Ich war kürzlich in Stuttgart (sehr bergig, Kessellage) in einem Fahrradgeschäft. Der Verkäufer sagte mir, dass er schon seit rund zwei Jahren deutlich mehr Pedelecs verkauft als "Bio-Räder". Das deckt sich mit dem, was du schreibst und was auch ich vermute. Ich denke, die stark steigenden absoluten Unfallzahlen bei Pedelecs gehen in erster Linie darauf zurück, dass diese Fahrräder sich zurzeit geradezu explosionsartig verbreiten. Wenn erst mal jeder oder fast jeder ein Pedelec hat, (vielleicht in drei, vier Jahren) und fast nur noch mit Pedelecs gefahren wird, dann stagnieren die Unfallzahlen mit Pedelecs.

    Eigentlich müsste das jedem gewissenhaften Journalisten klar sein. Trotzdem liest man immer wieder solche Nachrichten, wie hier auf der hessenschau-Internetseite:

    Mehr tödliche Pedelec-Unfälle - "Das sind Höllenmaschinen"

    Durch diese Überschrift wird dann ein solcher Satz im Nachrichtentext anders empfunden, als wenn man auf eine solche reißerische Überschrift verzichtet hätte: "Eine 83 Jahre alte Radfahrerin ist am Sonntag bei einem Verkehrsunfall in Kassel schwer verletzt worden. Sie war mit einem Pedelec unterwegs, wie die Polizei mitteilte. Pedelecs sind Fahrräder mit Elektro-Motor, der beim Treten unterstützt."

    Pedelec-Statistik: Mehr Radfahrer bei Unfällen mit diesen E-Bikes verletzt
    Pedelecs sind in den vergangenen Jahren immer beliebter geworden. Damit steigt auch die Zahl der schweren und sogar tödlichen Unfälle mit diesen E-Bikes, wie…
    www.hessenschau.de
  • Bei Menschen, die ohne Fremdbeteiligung aus "ungeklärter Ursache" von der Fahrbahn abkommen, stürtzen, gegen erkenbare Hindernisse fahrem u.ä. kann heutzutage auch Ablenkung durch die Nutzung von Smartphone und co eine mögliche Erklärung liefern.

    Es wäre sicher interessant, das zu untersuchen. Wenn das ein entscheidender Faktor ist, dann müsste es so sein, dass vor der Zeit der Handys, also etwa bis Ende des letzten Jahrtausends, deutlich weniger Fahrrad-Alleinunfälle passiert sind. Weiß wer, ob das so ist?

  • Eigentlich müsste das jedem gewissenhaften Journalisten klar sein. Trotzdem liest man immer wieder solche Nachrichten, wie hier auf der hessenschau-Internetseite:

    Mehr tödliche Pedelec-Unfälle - "Das sind Höllenmaschinen"

    Momentan läuft gerade die selbe Masche mit den E-Scootern an. Erster Gedanke: "Ränkespiele des motorisiert-industriellen Komplexes, der die Journallie geschmier^h^h entsprechend gebrieft hat, damit die Verbraucher brav weiter möglichst teure Autos kaufen" kommt als weitere naheliegende Erklärung in Frage, dass Deutschland im internationalen Vergleich eine absolute Sonderstellung genießt, weil es AFAICS nur hierzulande eine derart akribisch geführte Verkehrsunfallstatistik gibt. Angaben zu Schuldverteilungen, Ursachen, Gegnerpaarungen etc. -und das alles sogar auch noch auf dem Niveau einzelner Polizeidirektionen- findet man aus dem Ausland jedenfalls nicht.

  • Es wäre sicher interessant, das zu untersuchen. Wenn das ein entscheidender Faktor ist, dann müsste es so sein, dass vor der Zeit der Handys, also etwa bis Ende des letzten Jahrtausends, deutlich weniger Fahrrad-Alleinunfälle passiert sind. Weiß wer, ob das so ist?

    Für "Smartphone" als Ursache gibt es eindeutig zu wenig jüngere Leuteunter den Opfern. Die Generation der Boomer, die derzeit noch das Gros der Opfer stellt, lässt beim Radeln die Finger vom Touchscreen. Abgesehen davon würde der Umstand, dass dem Opfer ein Telefon aus der Hand fiel, wohl unweigerlich in den Pressemitteilungen erwähnt werden (so wie das bei Ohrstöpseln gemacht wird).

  • Eigentlich müsste das jedem gewissenhaften Journalisten klar sein. Trotzdem liest man immer wieder solche Nachrichten, wie hier auf der hessenschau-Internetseite:

    Mehr tödliche Pedelec-Unfälle - "Das sind Höllenmaschinen"

    https://www.hessenschau.de/panorama/pedel…hessen-100.html

    Leider stammt das dieses Mal aber von einem „ADFC-Experten“. Was auch immer das heißt. Steht in dem Text dann nämlich weiter unten drin.

  • Ein ähnliches Denkmuster gibt's doch bei Elterntaxis, wo ich inzwischen mit einem zynischen "Straßen töten, Autos schützen" kommentiere. Und die Autoindustrie hat ebenfalls längst erkannt, dass Angst eine sehr gute Werbung ist – denn die (vermeintlich) gefährlichen Autos wird man ja nicht los, also kauft man sich selbst eines. Ebenso gilt es, Alternativen wie eben E-Scooter oder Pedelecs als "Todesfallen" darzustellen. Ebenso wie die ganze "Du musst viel mehr als das vorgeschriebene machen, sonst hast du gar keine Chance zu überleben!"-Panikmache. Leider sind auch die Verbände wie ADFC oder VCD sehr fleißig dabei, diese Angst noch zu befeuern – und ohne sich dem bewusst zu sein, sagen sie eigentlich "werft das Fahrrad weg, in Deutschland ist man nur im Auto sicher!". Auch der Grabenkrieg, ob nun Radwege gut oder schlecht für die Sicherheit sind, dürfte vor allem dazu führen, dass sich viele überall unsicher fühlen. Und wenn man dann Leute hat, die außerorts auf der Fahrbahn fahren, um am Ortsschild auf den Gehweg zu wechseln, haben diejenigen offenbar auch die Argumente dahinter rein gar nicht verstanden…

    Interessant ist hier der internationale Vergleich: Das eine Extrem sind die USA, wo ich inzwischen den Eindruck habe, dass Straßen und Autos sogar bewusst für andere gefährlich gemacht werden – denn ein toter Radfahrer/Fußgänger/Kleinwagenfahrer bringt 10 andere dazu, sich einen noch größeren SUV zu kaufen. Anders kann ich mir zumindest nicht erklären, mit welchem Eifer Straßen verteidigt werden, deren Unfallbilanz deutsche Verhältnisse 1970 als sicher erscheinen lässt…

    Das andere Extrem wiederum sind die Niederlande: Klar gilt die Infrastruktur vielen als die beste der Welt, aber so fehlerfrei, wie es gerne dargestellt und offenbar auch in der dortigen Öffentlichkeit wahrgenommen wird, ist es dann doch bei weitem nicht. Trotzdem gilt es als allgemeiner Konsens "Radfahren in NL ist überall sicher und wer einen Helm trägt ist doofer deutscher Tourist". Und Verbesserungen bewirbt man nicht mit "eine gefährliche Stelle wird entschärft", sondern "eine sichere Stelle wird jetzt noch sicherer". Irgendwie haben es die Niederländer geschafft, ihre Infrastruktur einerseits in der Öffentlichkeit als gut darzustellen, andererseits aber das Interesse an weiteren Verbesserungen aufrecht zu erhalten.

    Ich glaube, diese Zweiteilung muss man auch in Deutschland irgendwie hinbekommen: Einerseits den Leuten klar machen, dass Radfahren sicher ist – und zwar egal ob auf dem Radweg oder der Fahrbahn. Und andererseits die Verkehrsbehörden mehr mit Argumenten wie "Sicherheitsgefühl", "Komfort des Radverkehrs" (beides um diesen eben auch ohne das Argument "Angst" zu fördern!) und ja, auch die gegenseitige Behinderung von Auto- und Radverkehrsflüssen beackert. Für die Verbände muss die Lesart heißen "solange dein Rad den Vorschriften und du dich an die Verkehrsregeln hältst entspricht, bist du sicher. PUNKT. Helme können in Einzelfällen (z.B. Rennrad, Geländefahrten mit dem MTB) das Risiko reduzieren, sind aber kein Wundermittel gegen rücksichtsloses oder leichtsinniges Fahrverhalten." Und Events wie eine "Kiddical Mass" dürfen nicht an die Verkehrsbehörden als "macht unsere Todesfallen endlich sicher" gehen (denn dann sind sie nichts als Werbung für Elterntaxis), sondern müssen an die Eltern gehen "guckt mal, wir alle fahren schon mit dem Rad, macht ihr es endlich auch!".

  • Eigentlich müsste das jedem gewissenhaften Journalisten klar sein. Trotzdem liest man immer wieder solche Nachrichten, wie hier auf der hessenschau-Internetseite:

    Mehr tödliche Pedelec-Unfälle - "Das sind Höllenmaschinen"

    Erstaunlicherweise liest man solche Schlagzeilen nie in Verbindung mit Motorrädern. Obwohl Motorradfahren sei vielen Jahren die tödlichste Methode ist, am Straßenverkehr teilzunehmen