Beiträge von Th(oma)s

    Tust du auf der Fahrbahn aber: Bei jedem Auto, dass mit höherer Geschwindigkeit und viel Lärm von hinten ankommt, sagt das Gehirn "Achtung, da will dich einer fressen". Das ist ein menschlicher Ur-Instinkt, den man nicht einfach wegdiskutieren kann.

    Das ist, wie ich aus eigener Erfahrung weiß, Unsinn. Ohne dass vorher jemand Radfahrer mit dem „Radwege-sooo-sicher“-Virus infiziert, kommt keiner auf die Idee, Autos von hinten könnten ein Problem sein. Und mehr noch, ohne dass jemand Autofahrer mit dem Radwege-sooo-sicher--Virus animpft kommen auch Autofahrer nicht in Versuchung, ihren Sadismus gegenüber Radfahrern ausleben zu wollen. Erwähnte ich schonmal, dass ich in Wuppertal das Radfahren lieben gelernt habe?

    Zitat

    Ich sage mal so: Es spricht nichts dagegen, dass eine sichere Fahrradverkehrsinfrastruktur auch ein Gefühl von Sicherheit vermittelt.

    Dagegen spricht, dass sichere Fahrradinfrastruktur ein Oxymoron ist.

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    Möchtest du wirklich Fahrradfahrer*innen unter Dauerstress setzen, damit deren volle Aufmerksamkeit und Konzentration ständig auf das Fahren fokussiert ist? So kannst du vielleicht einige Adrenalinjunkies für das Fahrradfahren begeistern. Aber das war's dann auch.

    Ich möchte, dass Radwegfreunde aufhören, die Radfahrerschaft in Dauerstress zu versetzen, indem sie den (be)trügerischen Eindruck vermitteln, dass es da insgeheim doch eine okkulte Kongruenz zwischen gefühlter und realer Sicherheit von Infrastruktur (eigentlich ja genauer "gefühlter und realer Unsicherheit von Mischverkehr") gäbe.

    Dieses trügerische Sicherheitsgefühl halte ich übrigens für einen nicht unerheblichen Grund, warum das Unfallrisiko auf Radwegen so hoch ist. Manchen Unfug, den man auf "Radwegen" beobachten kann, machen die Leute einfach nicht, wenn sie auf der Fahrbahn fahren. Das kommt zu den objektiven Risiken (in der Regel schlechtere Sichtbeziehungen an Kreuzungen, Geradeausverkehr rechts neben Rechtsabbiegern) noch hinzu.

    Das ist diese "Gefühlte Sicherheit", von der immer alle reden, dass sie so wichtig wäre.

    Wer Beispiele für kognitive Verzerrung sucht, wird mühelos für jede denkbare Spielart bei den Ansichten zum Radverkehr was finden. Mitlesende selbstverständlich ausgenommen 8o

    https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/6/65/Cognitive_bias_codex_en.svg

    Ich habe in DK auch sehr viele mit Helm gesehen. Zumindest in Kopenhagen ist mir allerdings bezüglich der Kleidung aufgefallen, dass nur sehr wenige in Funktionskleidung unterwegs waren. Wahnwesten habe ich nur einmal bei deutschen Touristen gesehen (auf dem Rücken der Aufdruck irgendeiner ADFC-Ortsgruppe).

    Einmal mehr eine Frage von Ursache und Wirkung. NL und DK haben keine NGOs, die das Radfahren unermüdlich öffentlich gefährlich quatschen, und sie haben eine grundsätzlich entspannte Einstellung zur Verkehrsunfallstatistik, die einerseits aus der Nichterfassung der bei uns das Geschehen stark dominierenden leichten Unfälle und andererseits aus der Nichterfassung(?)/Nichtveröffentlichung der Unfallschuld resultiert. Damit fehlt der breiten Bevölkerung auch der Aufreger, der zum Bangemachen benutzt werden könnte.

    Den Hauptunterschied finde ich eher die Kleidung. In NL praktisch nie Helm im Alltagsgebrauch, DK selten, hier durchaus. In der NL Stadt nur Alltagskleidung, in BRD Innenstadt häufig und je weiter man aufs Land kommt bzw. je mehr Ausflugs-Charakter das ganze bekommt, desto Funktionskleidung. Aber heute fahren hier selbst Rentner auf dem Pedelec in Voll-Spandex-Ausrüstung mit Helm zum Einkaufen.

    DK und "Helme selten" ist auch so ein durch keine Evidenz zu eliminierendes Fahrradmärchen. Die Helmquote im "Bytrafik" (innerorts) liegt aktuell bei 51%, bei Grundschulkindern ist sie 95%.

    Ich habe gestern aus dem Unfallatlas die Unfälle mit Rad-Beteiligung in Stade herausgezogen. Dabei sind mir Kombinationen von Unfalltyp und Unfallart aufgefallen, aus denen ich nicht so recht schlau werde. Wer kann helfen, was sich dahinter verbirgt?

    Beim Abgleich meiner Erfassung mit dem Unfallatlas habe ich auch schon mehrfach bemerkt, dass ein Unfall, bei dem der Radfahrer der Pressemitteilung zufolge offensichtlich vom Radweg aus in eine Seitenstraße nach links abbog, als Typ 6 (Unfall im Längsverkehr) und Art 2 (gerammt) bzw. 3 (seitlich gestreift) eingestuft wurde - mit der Konsequenz, dass so ein Unfall (zB von der UDV )als Beleg dafür verwendet werden kann, dass Radwege fehlen.

    In einer Studie über Rechtsabbiegerunfälle zwischen KFZ und Fahrrad hatten sich die Autoren darüber beklagt, dass ein beträchtlicher Teil der dreistellig geschlüsselten Unfalltypen eine "241" eingetragen hatte, obwohl diese Ziffer für geradeaus gehende Fußgänger zutrifft.

    IMO liegt das daran, dass die Instrumente der Schlüsselung von Unfallart und Unfalltyp in erster Linie für Autos gemacht und gedacht sind. Das Gleiche gilt auch für den amtlichen Unfallursachenkatalog, bei dem es für den Radverkehr die bekannten Probleme gibt, die Fahrrad-spezifischen Ursachen "Geisterradeln", "Gehwegradeln" und "Gehweggeisterradeln" in die vorhandenen Schubladen einzusortieren. Außerdem gehe ich davon aus, dass das richtige gewissenhafte Schlüsseln nicht unbedingt wichtigster Bestandteil der Ausbildung von Polizeibeamten ist, und dass dadurch je exotischer ein Unfall abläuft eine um so größere Wahrscheinlichkeit besteht, dass der Beamte irgendeinen Unsinn schlüsselt.

    Am Ende bleibt dir wohl nur die Anfrage bei der Polizei, die anhand der Skizzen der Unfallaufnahme wahrscheinlich mehr sagen können. Erfahrungsgemäß sind die bei Rückfragen auch recht hilfsbereit.

    Für die Vorstellung, welch verschiedene Hergänge so alles in die sieben Unfalltypen fallen können, ist die Aufstellung der dreistelligen Typenschlüssel ganz hilfreich. Das gibt es zusammen mit der Auflistung der 10 Unfallarten und der Liste der Unfallursachen als kleines Nachschlagewerk hier zum Download.

    Ergänzung noch: Fahrunfälle (Typ 1) sind immer dann zutreffend, wenn der Unfallverursacher die Kontrolle über sein Fahrzeug verlor. Die meisten Fahrunfälle sind Alleinunfälle, aber manchmal ist eben auch jemand anderes im Weg, so dass es dann auch zu einem Aufprall auf andere Verkehrsteilnehmer kommen kann. Beim Fahrrad kann man sich das zB so vorstellen, dass zwei Radler zunächst nebeneinander herfahren, woraufhin einem von beiden der Lenkerbeutel in die Speichen gerät, er dadurch ins Schlingern gerät und abschließend gegen seinen Kumpel stürzt.

    Interessant finde ich, dass es in Dänemark den Corona-Peak gar nicht gab, der ja in DE und NL doch sehr deutlich ist und uns inzwischen dann auch an den Dänen vorbeigeschoben hat.

    Es gibt IMO auch in D und NL keinen statistisch erkennbaren Coronapeak. Die Ausschläge sind im Wesentlichen methodische Artefakte, am Ende kommt kann man wohl nur den über viele Jahre geglätteten Trend für bare Münze nehmen.

    In NL gab es von 2018 nach 2019 eine neue Erfassungsmethodik, wodurch nicht nur die Radfahrleistung wuchs, sondern auch alle anderen Mobilitätsformen deutlich dazu gewannen. Es wurde von Papierfragebögen auf Web-basierte Formulare gewechselt, die Altersgrenze der Stichprobe wurde geändert (vorher ab Null, hinterher ab 6 Jahre), Heimbewohner wurden ausgeschlossen, und Speedpedelecs werden nun bei Fiets einsortiert.

    In Deutschland gibt es noch weniger stetige Erfassungen. Die größte Stichprobe, "Mobilität in Deutschland" (MiD), fand 2020/2021 nicht statt, "Verkehr in Zahlen" (ViZ) erscheint zwar jährlich, verwendet aber die Zahlen von MiD und extrapoliert in Zwischenjahren bloß nach einem unbekannten (offensichtlich sehr pessimistischen...) Algorithmus, und das "Mobilitätspanel" (MP) der Bundesregierung läuft immer nur über 2 Wochen, in der Regel im Frühherbst. In 2018 und 2019 hatte das MP die Befragung der Stichproben aber ausnahmsweise erst Mitte November ausgeführt, weswegen ich für das Diagramm die trotz allen Pessimismus noch höheren ViZ-Daten genommen habe. Ab 2020 ist das MP wieder zur besser am Jahresmittel liegenden Erfassung im September/Oktober zurückgekehrt, so dass der Anstieg 2020 dem Wechsel von ViZ zu MP geschuldet sein dürfte. Man darf gespannt sein, was der 2023/2024 gelaufene Gold-Standard MiD demnächst bekannt gibt.

    Verständnisfrage: Warum hast du aus dem Diagramm die NL rausgelassen?

    Der Übersicht halber. Es ging um den sinkenden Trend in Dänemark. Der trotz Multimilliarden Investitionen in Radwege und schicke Fahrradparkhäuser stagnierende Trend in NL war im Diagramm darüber zu erkennen. Spannend finde ich an der leider nur für NL verfügbaren langen Fahrleistungsreihe, dass die Fahrleistung selbst 1950, als auch in NL noch niemand(R) ein Auto hatte, nur bei 1700 km p.a. lag. Das nur all denen ins Stammbuch geschrieben, die so naiv sind zu glauben, dass die jüngste ADFC-"Studie", die von einer "möglichen" Verdreifachung des deutschen Radverkehrs bei entsprechender Förderung ausgeht, zu mehr taugen soll, als in ein paar Jahren einmal mehr über das Versagen der Politik jammern zu können.

    Ich hatte ja schon früher mal vermutet, dass sich der Radverkehr dort weitgehend auf Kopenhagen beschränkt.

    Naja. Die Stadtverwaltung CPH wirbt schon seit längerem mit einer addierten Bevölkerungsfahrleistung von "1,4 Mio km am Tag". Das wären mit 650.000 Einwohnern 786 km jährlich pro Kopf und damit tatsächlich deutlich mehr als im Landesdurchschnitt. Berlin allerdings hat nach der jüngsten verfügbaren Erhebung aus 2018 eine pro-Kopf-Radfahrleistung von ca. 890km, auch das weit mehr als der deutsche Schnitt.

    Berlin:


    Kopenhagen:

    Sag mir doch mal irgendwer, was ich sonst noch gegen diese Willkür tun kann; wenn man sich jahrelang den Mund fusselig reden kann und alles, was man an sachlichen Einwänden (u. a. auch ein Urteil des OVG Mecklenburg-Vorpommern zu Geh- und Radwegen mit stärkerem Gefälle) vorbringt, eiskalt ignoriert wird?

    Was ich sagen kann ist einmal mehr nur, dass der Kampf gegen Exekutive und Jurisdiktion witzlos ist, weil der (uneinsichtige) Endgegner der Souverän selbst ist. Die Wähler/Bürger haben sich jetzt 27 Jahre als Rad- wie als Autofahrer erfolgreich dagegen gewehrt, die Abschaffung der Benutzungspflicht zur Kenntnis zu nehmen. Sie fragen sich heute mehr denn je, wozu ein Radweg ohne Benutzungspflicht gut sein soll. Es gibt wohl keinen Tatbestand im Straßenverkehr, bei dem die Zeitspanne zwischen Handlung und Feedback durch andere Verkehrsteilnehmer ähnlich kurz wäre wie beim Ignorieren von Radwegen (noch kürzer allenfalls im Auto vergessen, bei Dunkelheit das Licht anzumachen, aber da würde bloß ge(licht)hupt und gestikuliert, aber niemand sich zu einer Maßregelungsnötigung hinreißen lassen...). Da ich dies tagtäglich sowohl bei benutzungspflichtigen wie wahlfreien Radwegen praktiziere, kann ich auch ganz sicher sagen, dass es da keinerlei Unterschied gäbe, der von der Beschilderung abhinge.

    Wenn in Deutschland alles so unstrittig wäre wie die Ansicht, dass lebensmüde ist, wer angebotene Radwege ignoriert, könnten wir alle Parlamente auflösen und uns sehr viel Aufwand für diese ganze regelmäßige Wählerei sparen. Warum also sollte da ein Sachbearbeiter aus der Reihe tanzen und sich einer Lawine der Empörung aussetzen, indem er Radwege entschildert?

    Schlimm ist, dass die Statistik nicht so aussieht, wie sie eigentlich aussehen müsste, wenn das mit der Verkehrswende ernst gemeint wäre: Nämlich so, dass mehr und mehr Straßen für den privaten KFZ-Verkehr geschlossen werden und begrünt wurden oder nur noch für Einsatz-Fahrzeuge und dem Rad- und Fußverkehr zur Verfügung stehen..

    Schlimm ist, dass die Diskussion über Radwege dazu führt, dass immer mehr Straßen im Netz dem Radverkehr immer weniger zur Verfügung stehen - und das ganz ohne gesetzliche Verbote, weil schon die Vorspiegelung der dringenden Notwendigkeit von Radwegen bereits ausreicht, um den Menschen die Benutzung der Straßen madig zu machen ("Ich bin doch nicht lebensmüde, und fahr da her, ohne Radweg!!!").

    Gerade aufgrund der Gehweg-Freigabe ist es ja überhaupt erst zu diesem Konflikt gekommen!

    Der „Konflikt“ ist jedenfalls immer der gleiche, auch wenn es um dezidierte Radwege und deren Benutzungspflicht geht.

    Muskelantrieb gerät erst dadurch zur Ursache für Fehlverhalten, indem man kommuniziert, dass es so etwas wie regelkonforme Radfahrergefährdungen gäbe.

    IMHO auch eng mit dem Grund verbunden, warum tödliche Abbiege-Unfälle mit Radwegen außerorts viel seltener sind: Wenn da ein fahrbahnbegleitender Weg ist, ist der IMMER ein Radweg; die Idee von "hier kommen eh nur Fußgänger" kommt einem da nicht in den Sinn.

    Ich denke, der Grund ist viel trivialer: für jeden tödlichen Abbiegerunfall brauchst du tausend Beinaheunfälle und dafür wiederum eine Million folgenlose Konflikte (ausgedachte Zahlen, aber im Prinzip dürfte es sich so verhalten). Diese Werte müssen auch nicht notwendigerweise an der einen bestimmten Unfallkreuzung zustande gekommen sein. Gleichwohl kriegt man sie allgemein innerorts wesentlich leichter zusammen, wo dichter Verkehr und in dessen Folge rote Ampeln die Wahrscheinlichkeit für ein Aufeinandertreffen erhöhen.

    Rechtswidrigkeit ist ja sozusagen nur die Spitze des Eisbergs.

    Rechtswidrigkeit ist keine Spitze, sondern Fundament des ganzen Radwegelends. Die Lebenslüge der Benutzungspflicht ist die im Widerspruch zum geltenden Recht stehende Unterstellung, es gäbe sowas wie spezifische und rechtskonforme Radfahrergefährdungen auf der Fahrbahn.

    Man hört, wie sich von hinten der Säbelzahntiger im Gebüsch anschleicht, äh, das Auto von hinten angefahren kommt, sieht ihn aber nicht und weiß auch nicht, was der Säbelzahntiger als nächstes macht, äh, ob der Autofahrer ordentlich fährt oder ob er gerade 'ne WhatsApp tippt.

    Das ist doch alles schon post-kampagnatives Kopfkino.

    Ich habe 1970[TM] das Radfahren in Wuppertal begonnen und habe mir nicht eine einzige Minute über rückwärtigen Verkehr Sorgen gemacht. Das mag jugendlicher Risikotaubheit geschuldet gewesen sein, aber weder für meine Eltern noch andere Erwachsene war das Von-hinten-Risiko je ein Thema. Dass es da ein Problem geben könnte, erfuhr ich erstmals, als ich mit dem Fahrrad in Radwegrevieren (zB während der Promotion 1991-1994 in HH) unterwegs war und als auf Fahrbahnen sozialisierter Verkehrsteilnehmer plötzlich zur Zielscheibe automobiler Maßregelungen wurde.