Es wäre auf jeden Fall widersinnig, dass man nur weil der Strich auf der Fahrbahn 13 cm breiter ist (oder 25 cm breiter als gar keine Linie), einmal 1,50 m Abstand halten muss und einmal gar keinen.
Überholabstand ist kein Selbstzweck. Er soll als Pufferzone dienen, und Sinn eines Puffers ist, dass er auch gelegentlich (fast ganz) in Anspruch genommen wird.
„Ausreichenden“ Abstand muss man schon wegen §1 immer lassen. Das kann situationsabhängig auch 1,5m oder mehr sein.
Eine durchgezogene Linie ist allerdings wie eine Mauer zu betrachten, durch die beide, Überholter wie Überholer, nicht hindurch können/dürfen. Insbesondere darf auch der Radfahrer ihren Luftraum nicht überstreichen. Bei unterbrochenen Linien können/dürfen beide Parteien dagegen bei Bedarf die Seite wechseln, wenn sie den Vorrang des Verkehrs jenseits der Linie beachten, weswegen grundsätzlich etwas mehr Platz sinnvoll ist, um bei Vorrangnahme noch reagieren zu können. Allerdings muss der Abstand wegen des Nachrangs beim Seitenwechsel eigentlich nicht so üppig ausfallen wie ganz ohne Markierung. Spontane Schwankungen des Radfahrers über die Linie sind ja verboten. Außerdem dient der Überholabstand nicht zuletzt dem Ausgleich von Fehlern beim Ausscheren bzw Wiedereinordnen. Wer als Überholer jedoch wegen der beiden Streifen-Markierungen weder Aus- noch Einscheren muss, kann sich auch beim Timing der beiden Manöver nicht verschätzen.