Woche 47 vom 16. bis 22. November 2020

  • Safety in numbers? Auch wenn der Effekt so groß gefühlt nicht sein kann.

    Solange Dummheit als plausible Erklärung ausreicht, sollte man keinen Vorsatz annehmen.

  • Jetzt schreibst Du Unfälle. Dann ist es A. Vorhin war von Längsverkehrsunfällen die Rede. Dann ist es B. Denn es ging ja hiermit los:

    da wäre also noch Luft nach oben, zum Beispiel in dem man die Fahrräder auf die Fahrbahn lässt.

    Die 400 kRadfahrer aus Deinen Zahlen mit ihren 4 Gm haben vorher auf den Radwegen ja auch Unfälle erlitten. Insgesamt sogar mehr als hinterher, dabei etwa gleich viele Längsverkehrsunfälle.

  • Durch den safety in numbers Effekt kann man vielleicht auf 450 hoffen, was immer noch deutlich mehr sind als 100.

    SiN wird im Hinblick auf das Verhalten der Kraftfahrer bei wachsender *Rad*verkehrsstärke maßlos überschätzt. Grund: man muss als Kraftfahrer nicht extra mit Fahrzeugen rechnen, die einen Pedalantrieb haben, so lange man ohnehin mit anderen Fahrzeugen rechnet. SiN hängt primär erstmal von der KFZ-Verkehrsmenge und damit von der Anpassung der Gesamtgesellschaft an das Phänomen „motorisierte Gewalt“ ab.

    Spezifische Fahrrad-SiN resultiert dann mE einfach nur aus mehr Fahrpraxis auf Seiten der Radfahrerschaft, nicht aus mehr Rücksicht durch Kraftfahrer. Hinzu kommt, dass die Radfahrer in Ländern, wo allgemein wenig Radkultur herrscht, eine negative sozioökonomische Filterung erleiden: wo das Fahrrad als Mainstream-Verkehrsmittel ausscheidet, wird es zum Fahrzeug für gesellschaftliche Randgruppen, Kinder und Säufer - mit entsprechend scheinbar höherem Unfallrisiko.

    Nur wo Radfahrer im Seitenraum der Straße fahren (müssen), sieht das wieder anders aus, denn dann kommen plötzlich zur dominierenden Rolle der eigenen Fahrpraxis bei SiN neue Risiken ins Spiel, auf die sich alle Menschen, Rad- wie Kraftfahrer, tatsächlich erst neu einstellen müssen.

  • Jetzt schreibst Du Unfälle.

    Oh, entschuldige bitte vielmals. in der Tat sollte da "Unfälle im Längsverkehr" stehen.

    Und dann stimmt es nicht mehr?

    Dann passieren in ABSOLUTEN ZAHLEN nicht mehr Unfälle im Längsverkehr?

    wenn 1 Mio Rad Fahrende auf Radverkehrsanlagen unterwegs sind und dabei keine Unfälle im Längsverkehr erleiden können, weil auf dem Radweg nunmal kein KFZ fährt und ich dann die Hälfte davon auf die Fahrbahn schicke, wo KFZ fahren und Unfälle im Längsverkehr passieren können, dann werden die Unfälle da auch passieren.

    Von einem wie auch immer gearteten Verhältnis zwischen Hochbord-, Abbiegeunfällen oder Unfällen mit herabfallenden Betonplatten hab ich überhaupt nichts geschrieben.

  • ..wenn 1 Mio Rad Fahrende auf Radverkehrsanlagen unterwegs sind und dabei keine Unfälle im Längsverkehr erleiden können, weil auf dem Radweg nunmal kein KFZ fährt...

    Es gibt auch Unfälle im Längsverkehr zwischen Radfahrern auf dem Radweg. In Stade waren das zum Beispiel in den Jahren 2017 - 2019 mehr als die Hälfte der Unfälle vom Unfalltyp 6, wo nur Radfahrende beteiligt waren und kein Kfz.

    Wenn mehr Radfahrer auf der Fahrbahn fahren, wird vermutlich die Anzahl der Unfälle vom Typ 6 zwischen Radfahrenden und Kfz zunehmen und die Typ 6 Unfälle zwischen Radfahrenden abnehmen. Insgesamt würde ich damit rechnen, dass die Unfälle dieses Typs abnehmen, also weniger zusätzliche Unfälle Rad/Kfz als abnehmende Unfälle Rad/Rad. Unfälle vom Typ 2 und vor allem 3 werden hingegen massiv abnehmen, weil das typische Radweg-Unfälle sind.

  • wenn 1 Mio Rad Fahrende auf Radverkehrsanlagen unterwegs sind und dabei keine Unfälle im Längsverkehr erleiden können, weil auf dem Radweg nunmal kein KFZ fährt

    Da liegt Dein Gedankenfehler. Ich gebe Dir nur ein Stichwort, dann kommst Du von alleine drauf: Geisterfahrer.

    Was mich an der BASt-Studie im ersten Augenblick überrascht hat, war nicht, das sich Radweg und Fahrbahn quantitativ nichts geben, sondern, das es qualitativ auch so ist. Nach dem Motto: Wenn eine Tonne Blech mehr involviert ist, muss mehr dabei herumkommen. Das ist aber auch plausibel zu erklären, wenn man sich vor Augen führt, dass das krasse Abräumen von Hinten (oder auch Vorne) innerhalt dieser Unfälle eine recht kleine Rolle spielt (uns es oft genug überregional in die Medien schafft). Meistens ist es eine relativ leichte Berührung, die zum Sturz führt, dessen Mechanik sind nicht wesentlich von der eines Sturzes unterscheidet.

    Aber unter Deinen Annahmen gebe ich Dir aber Recht: Ich kenne eine einzige Studie, die einen Sicherheitsgewinn durch Radwege gefunden hat, mit deren Wissenschaftlichkeit in zufrieden bin. Sie war WIMRE von der SWOV, die eben genau Radverkehrsunfälle im Längsverkehr unter Kfz-Beteiligung untersucht hat. Wie gesagt, die Methodik war OK, aber die Aussagekraft tendiert gegen 0.


    PS: Yeti, wenn Du alles erkläst, kann man doch nicht von alleine drauf kommen, was nachhaltiger wirkt ;)

  • Ein unschönes Beispiel für die Berliner Radinfrastruktur, zum Glück ist dem Radfahrer seiner Aussage nach wenig passiert.

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  • Naja, also ich will jetzt diese Infrastruktur dort nicht schön reden. Der Radweg sieht recht schmal aus und ist durch das ganze feuchte Laub wohl auch recht rutschig. Aber dieser Unfall liegt nun eher an dem depperten Autofahrer, als an der Infrastruktur.

  • Ich kenne die Ecke vor allem aus Autoperspektive. Ist eine der unangenehmsten Stellen, die ich kenne.

    Man kreuzt den Radweg in einem wirklich miesen Winkel*. Dazu macht der Radweg noch eine Kurve und oft parken da (wie im Video) auch noch Lieferwagen. Und gleichzeitig möchte man mit dem Heck möglichst von der großen Straßen runter.

    Und bei guten Wetter sind da auch noch jede Menge Fußgänger, die natürlich auch nicht überfahren werden wollen.

    Ich taste mich da immer cm-weise vorwärts.

    *Es ist ungefähr der Winkel, den man bei der Schutzkreuzung ständig hätte.

  • Naja, also ich will jetzt diese Infrastruktur dort nicht schön reden. Der Radweg sieht recht schmal aus und ist durch das ganze feuchte Laub wohl auch recht rutschig. Aber dieser Unfall liegt nun eher an dem depperten Autofahrer, als an der Infrastruktur.

    Schon richtig. In Sek 3 es Videos überholte sie den Radler dessen Weg sie in Sek 9 kreuzte und damit den Unfall verursachte. Dennoch ist es die Infrastruktur, Laub auf dem Weg und keine Sichtbeziehung, die den Unfall begünstigte.

  • Aber dieser Unfall liegt nun eher an dem depperten Autofahrer, als an der Infrastruktur.

    Ein Radweg verdreifacht in etwa die Wahrscheinlichkeit für diesen Unfalltyp. Dabei ist die Verdreifachen bei halbwegs ordentlichen Radwege gegeben.

    Da ich jedoch nicht davon ausgehe, dass die Verkehrsteilnehmer durch Radwege besser oder schlechter werden, sehe ich das erhöhte Unfallrisiko im Radweg begründet.

  • In den Niederlanden ist diese Art von Unfall alleine dadurch bedingt erheblich geringer, dass mir gerade nicht eine einzige derart mies gestaltete Kreuzung einfällt. Radwege sind in den NL tatsächlich sicherer da deutlich kreuzungsfreier. So fallen mir hier auf dem direkten Weg zum Venloer Hauptbahnhof überhaupt nur 3 ! Grundstücksausfahrten ein die einen Radweg kreuzen, die sind alle kurz hinter der Grenze. Ansonsten hat man Kreuzungen die auch deutlich als solche erkennbar sind.

    Ohne Frage ist die Fahrerin des PKW in dem Unfall alleine schuld. Dennoch begünstigte erst der denkbar schlechte Radweg das "Aufeinandertreffen". die Fahrerin hat da total gepennt, als sie in Sek 3 des Videos den Radler überholte hätte sie ihn sehen können und müssen. Da sich keiner von uns in Luft auflöst, hätte sie wirklich cm-weise abbiegen müssen, aus der Gesamtsituation heraus hatte auch der Radfahrer keine Chance eher oder anders zu reagieren.

    Die Retweets auf das Video sind natürlich wieder teilweise unterirdisch. Victim blaming vom Nettesten. :(

  • In den Niederlanden ist diese Art von Unfall alleine dadurch bedingt erheblich geringer, dass mir gerade nicht eine einzige derart mies gestaltete Kreuzung einfällt. Radwege sind in den NL tatsächlich sicherer da deutlich kreuzungsfreier.

    Hast du dazu objektive Daten . Meines Wissens finden auch in NL 60 % der Unfälle mit Radfahrerbeteiligung an Kreuzungen statt, in D sind es 66 %. Das ist nicht erheblich höher als in NL. Und das Unfallrisiko , normiert auf die Fahrtstrecke ist inzwischen höher als in Deutschland.