Was ihr immer gegen Holzöfen habt.
Das ist eine längere Geschichte.
Ich betreibe Luft.jetzt seit bald vier Jahren und in dieser Zeit hat sich die Feinstaub-Belastung quasi umgekehrt: Während noch 2017 die Werte am Morgen und im Laufe des Nachmittages bei Messstationen in der Nähe des Straßenverkehrs am höchsten waren, ist es mittlerweile umgedreht. Ab dem frühen Nachmittag bis in die frühen Morgenstunden sind in Wohngebieten deutlich höhere Feinstaubbelastungen zu messen, während der Straßenverkehr dagegen quasi unauffällig ist. Bei mir am Fenster werden momentan 70 µg/m3 Feinstaub gemessen, obwohl um 23 Uhr so gut wie gar kein Kraftfahrzeug mehr unterwegs ist. Das ist alles Feinstaub, der aus Holzheizungen emittiert wird, beziehungsweise aus Kaminöfen stammt, die pünktlich zum Tatort angesteckt wurden.
Diesen Geruch, der bei der Verbrennung von Holz entsteht, ganz gleich ob Pelletheizung oder Holzofen, empfinde ich als unangenehm. In dem Wohngebiet, in dem ich bis zu meinem 19. Lebensjahr gewohnt habe, gab es früher einen einzigen Nachbarn, der hatte so ein richtiges Kaminzimmer, das diese Bezeichnung tatsächlich verdient hat. Als ich am Sonnabend meine Eltern besucht hatte, waren die Witterungsbedingungen ungünstig, so dass eine Dunstschicht durch das Wohngebiet waberte — gefüttert von den vielen Edelstahlrohren, die in den letzten Jahren an die Einfamilienhäuser angebaut wurden, an deren Ende ein Holzofen steht.
Ich kann mit diesem würzig-beißenden Geruch nichts anfangen und empfinde ihn als äußerst unangenehm. Und angesichts der ganzen Schadstoffe, die sich in dieser Feinstaubwolke tummeln, etwa Dioxine und Polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe, ist das auch nicht so ganz ohne. Und wenn noch jemand auf die Idee kommt, bearbeitetes Holz oder den lackierten Holzstuhl über den Ofen der Entsorgung zuzuführen, dann will ich gar nicht wissen, was ich da alles einatme.
Zurück in Kiel hatte ich am Sonnabendabend von der alten Levensauer Hochbrücke eine tolle Aussicht auf Kiel-Suchsdorf, das ebenfalls aus Einfamilienhäusern besteht, von denen eine beachtliche Menge mit einem Kaminofen nachgerüstet wurde. Und interessanterweise beschwerten sich unabhängig davon sogar meine Frau, ein paar Bekannte und sogar einige Nutzer in den einschlägigen Stadtteilgruppen auf Facebook über diesen seltsamen Geruch, der gestern und heute in den Straßen hing.
Aber so riecht es eben, wenn wir aus vermeintlichen Umweltschutzgründen plötzlich alle mit Holz heizen. Ich bin ja der Meinung, dass es unserer Lebenserwartung und -qualität ganz gut getan hat, dass wir im Laufe des letzten Jahrhunderts die Holz- und Kohleöfen aus den Häusern geschmissen und gegen vergleichsweise saubere Öl- und Gasheizungen ausgetauscht haben. Jetzt erlebt das Heizen mit Holz plötzlich eine ungeahnte Renaissance, obwohl es in wissenschaftlicher Sicht die mit Abstand dreckigste und gesundheitsgefährdenste Art des Heizens ist. Und dann ist es noch nicht einmal umweltschonend oder klimaneutral, weil binnen einiger Tage ein ganzer Baum durch den Ofen wandert, der im Wald mehrere Jahrzehnte zum Nachwachsen braucht. Mittlerweile ist der bundesweite Bedarf an Brennholz so groß, dass wir Holz aus gerodeten rumänischen Urwäldern importieren.
Jörg Kachelmann, der sich auf Twitter quasi jeden Abend über dieses Thema aufregt, hat dazu vor einigen Jahren schon mal etwas längeres geschrieben: Feinstaub aus Holzöfen – die gemütlichen Dementoren