Die Roller sind da

  • Vielleicht war es dem Autor nicht in diesem Sinne bewusst. Aber der erste Satz in seinem Bericht umschreibt die ganze Tragik des Verkehrsmittels: "Nach einem kleinen Druck mit dem Daumen am Lenker saust der E-Scooter ..."

    Fußgänger und Radfahrer strengen sich an, um voranzukommen. Und das ist gut so. Das "erdet". Das muss die Grundlage von Stadtgestaltung sein.

    Seit Jahrzehnten jedoch gelten andere Prinzipien. Zum Beispiel beim Einkaufen: Es entstehen immer größere Supermärkte mit immer größeren Parkplätzen, auf denen oft auch noch ganz umsonst geparkt werden darf.

    Und wer mit dem Fahrrad einkauft oder zu Fuß und dabei vielleicht einen Einkaufstrolley hinter sich herzieht, über den machen sich viele lustig. So jemand wird als "armer Tor" betrachtet, der nicht kapiert hat, dass der "moderne Mensch" mit dem Auto einkauft. (Selbst dann, wenn es nur eine Tüte Brötchen vom Bäcker um die Ecke ist.)

    Wenn der vermeintliche "Tor" jedoch entdeckt, dass Einigkeit stark macht und es tatsächlich mit vielen anderen gemeinsam durchsetzt, dass Parkplätze zurückgebaut werden zu Fußgängerflächen, oder zu Radfahrstreifen umgewandelt werden, dann schlägt die "Belustigung" der Autofahrenden um in pure Feindschaft. Dann wird gehetzt mit Schlagworten wie "ideologisch verblendete Verkehrspolitik" oder "nicht durchführbare Utopien".

    Und leider, leider verlässt dann manchmal diejenigen, die sich ganz rational und vernünftig verhalten und das Fahrrad benutzen oder zu Fuß gehen, der Mut. Denn wenn die Wut-Tiraden der Autofahrer nicht fruchten, dann gesellt sich dazu Wehleidigkeit und das Heischen nach Mitleid: "Man dürfe doch nicht der ohnehin schon sehr gebeutelten Autoindustrie schweren Schaden zu fügen" (Doch das darf man)! "Man müsse doch auch mal an die Mitbürger denken, die auf ihr Auto angewiesen seien" (Nein, das muss man nicht)!

    Und dieser erste Satz des Journalisten, der macht das alle überdeutlich:

    "Nach einem kleinen Druck mit dem Daumen am Lenker saust der E-Scooter ..."

    Es geht bei der Benutzung des eigenen KFZ nicht um höhere Ziele, vielmehr geht es um den Spaß. Und dass es kein billiger Spaß ist, das ist nicht nur beim E-Scooter so, sondern bei ganz vielen anderen privat genutzten KFZ ganz genau so. Nur das der größte Anteil der Kosten von denjenigen, die sich diesen "Spaß" gönnen, auf die Allgemeinheit abgewälzt wird. (Und beim Auto nicht mit dem Daumen Gas gegeben wird, sondern mit dem Fuß.)

    Übrigens: Man hätte die Benutzung von E-Scootern nicht erlauben müssen! Und wir alle wissen, wer es dennoch initiiert hat, entgegen jeglicher verkehrspolitischer Vernunft! https://www.tagesspiegel.de/images/4565110…/9-format43.jpg

    Einmal editiert, zuletzt von Ullie (8. August 2020 um 16:55) aus folgendem Grund: Korrekturen Rechtschreibung

  • Nachdem die Polizei vor ein paar Wochen noch guter Dinge war, dass es mit den Rollern bislang keine ernsteren Vorfälle gegeben hätte, klingt das heute dann doch etwas anders: Alkohol am Lenker wird zum Problem

    Die leichte Verfügbarkeit dieser Fahrzeuge, für die man nur eine App herunterladen braucht, sorgt eben auch dafür, dass der eine oder andere nach einer ordentlichen Party betrunken mit dem Roller den Heimweg antreten möchte — und statt im Bett plötzlich im Krankenhaus landet. Tja, nun — hätte ja auch niemand mit rechnen können, dass bei dieser Gamification des Straßenverkehrs die Leute einen Roller nunmal nicht als Fahrzeug begreifen sondern eher als Spielzeug.

    Dann hat die Polizei noch drei Verstöße von Rollerfahrern auf dem Gehweg und vier Verstöße von Rollern mit zwei Personen geahndet.

    Um diese sieben Verstöße mit Rollerfahren auf dem Gehweg oder zwei Personen zu beobachten brauche ich nur einen Spaziergang durch die Stadt:

    Und das mit dem in der Gegend herumliegen ist auch so eine Sache. Zwar fahren tatsächlich mehrere (?) Mitarbeiter durch die Gegend und stellen den Kram wieder zurück auf den Gehweg, aber dann steht er erstens auf dem Gehweg herum und zweitens treffe ich auf meinem Weg durch die Stadt immer noch oft genug auf Roller, bei denen ich mich tatsächlich wundere, warum und aus welchem Grund die wohl so lustig abgestellt wurden:

    Ich behaupte mal frech, dass man diese Problematik durch die Windschutzscheibe des Streifenwagens nicht wahrnimmt und dieses ständige Fahren mit zwei Personen auf dem Gehweg quasi unter dem Radar stattfindet. Man muss sich wohl schon ziemlich anstrengen, um sich beim ordnungswidrigen Fahren von der Polizei erwischen zu lassen

  • Die leichte Verfügbarkeit dieser Fahrzeuge, für die man nur eine App herunterladen braucht, sorgt eben auch dafür, dass der eine oder andere nach einer ordentlichen Party betrunken mit dem Roller den Heimweg antreten möchte — und statt im Bett plötzlich im Krankenhaus landet.

    Und anschließend auch noch Ärger wegen Führens eines KFZ im betrunkenen Zustand bekommt.

  • Die Roller sind eine Pest, noch schlimmer fand ich allerdings die Leihräder in Berlin, die schrottreif in erbärmlichem Zustand überall noch ungeordneter rumstanden oder lagen als die E Roller.

    In Köln, HH und Berlin gehört es offensichtlich zum üblichen Gebrauch die Roller zu zweit zu benutzen.

    Begrüßen würde ich die Lösung wie bei den HH-Stadträdern anno 12 oder wars 13? das Abstellen nur noch im Range der Stationen zu erlauben. Schluss mit dem free floating, man kann auch mal 100-200m weit gehen. Wir sind schon mal von der überfüllten Station am Neuen Pferdemarkt zur Schanze rüber.

    Kopenhagen geht da nun ganz drastisch ran https://ga.de/news/panorama/…ab_aid-53954761.

  • Nachdem die Polizei vor ein paar Wochen noch guter Dinge war, dass es mit den Rollern bislang keine ernsteren Vorfälle gegeben hätte, klingt das heute dann doch etwas anders: Alkohol am Lenker wird zum Problem

    Die leichte Verfügbarkeit dieser Fahrzeuge, für die man nur eine App herunterladen braucht, sorgt eben auch dafür, dass der eine oder andere nach einer ordentlichen Party betrunken mit dem Roller den Heimweg antreten möchte — und statt im Bett plötzlich im Krankenhaus landet. Tja, nun — hätte ja auch niemand mit rechnen können, dass bei dieser Gamification des Straßenverkehrs die Leute einen Roller nunmal nicht als Fahrzeug begreifen sondern eher als Spielzeug.

    Das ist aber auch ein Problem der Einstufung bzw. der Gesetze dazu.

    Die Teile sehen aus wie Roller für Kinder, fahren langsamer als alle Radfahrer außer Oma Erna, sind selbst nüchtern problematischer zu steuern (abbiegen, bremsen, ausweichen) als das durchschnittliche 40 Jahre alte verwahrloste Bahnhofs-/Studentenrad, müssen sich an strengere Vorgaben als Radfahrer halten (Radwege, Alkohol) und haben gleichzeitig weniger Rechte als dieselben (Radfahrer-frei-Schilder gelten nicht). Außerdem ist privater Besitz durch komplizierte Zulassungsvorgaben teuer und unattraktiv, zumindest wenn man versichert unterwegs sein will. Es gibt auch keine zusätzlichen Vorteile wie etwa Regenschutz.

    Im Prinzip sind die Geräte in allen Belangen außer dem Volumen Rädern unterlegen, und selbst das lohnt nur für Sonderfälle, z. B. für jemand, der mit dem Auto und Roller im Kofferraum bei gutem Wetter die letzte Meile nicht zu Fuß zurücklegen kann. Es ist auch nicht wirklich nachvollziehbar, wieso sie eher KFZ gleichen sollen als Pedelecs. Das ist eine ziemlich willkürliche (bzw. nach juristischen Merkmalen ausgerichtet) Einstufung anhand des "Tretunterstützung vs. Gashebel".

  • Elektroroller gleichen nicht Kfz, sondern es sind solche. Das eine sind Kraftfahrzeuge, für das andere benötigt man Körperkraft zur Fortbewegung.

    Für mich sehr leicht nachvollziehbar!

    Ja, das ist das was ich mit juristisch meinte - es wird so eingruppiert, damit an den bestehenden Grenzen nichts geändert werden muss. Ansonsten würde ja zwangsläufig die Frage aufkommen, was jetzt genau ein Mofa von einem Pedelec unterscheidet und warum das eine Helmpflicht, Führerschein und Versicherungskennzeichen hat und das andere nicht, obwohl sie sich sehr ähneln.

    Die Einstufung ist ja nicht ein Naturgesetz, sondern von Menschenhand gemacht und demnach auch anpassbar. Die Konstruktion des unterstützenden Motos beim Pedelec könnte man bei so einem Roller rein technisch auch einbauen, indem der Motor nur läuft, wenn sich mit dem Fuß abgestoßen wird - das wäre zwar absurd und gefährlich, aber den Vorschriften Genüge getan. Viel sinnvoller wäre es aber, wenn das ganze Gefährt betrachtet werden würde.

    Beispiel Mofa, Pedelec, Rennrad: mit dem ersten komme ich legal nur auf 25 km/h und muss Helm tragen, Prüfbescheinigung und Versicherung nachweisen und eine Fahrerlaubnis besitzen (wenn auch eine recht einfache) und habe strenge Alkoholgrenzen. Mit dem zweiten schaffe ich als normal trainierter Mensch mehr als 25 km/h, brauche das alles aber nicht zu haben. Mit dem dritten sind bei identischer Anstrengung locker 30 bis 40 km/h drin und trotzdem ändert sich nichts. Das liegt einfach nur daran, dass die Vorgaben zu unterschiedlichen Zeiten und unter unterschiedlichen Regierungen und mit unterschiedlichen Zielen entstanden sind und dann nie mehr angerührt wurden. Würde man heute unvoreingenommen diese Einordnung neu durchführen, würde sie sicherlich anders ausfallen müssen - eingeordnet nach der erreichbaren Geschwindigkeit, dem Gewicht, dem Handling usw.

    Ein ähnlicher Fall sind die Altregeln der DDR-Roller (Simson Schwalbe und andere) und auch Krankenfahrstühle und Anhänger, die weiterhin nach den damals geltenden Regeln gefahren werden dürfen, einfach weil sie es früher mal durften. Es gibt keinen logischen Grund dafür (in anderen Ländern werden auch Oldtimer neuen Vorgaben unterworfen und z. B. aus Städten ausgesperrt), es ist reine Willkür. Genauso willkürlich ist eine Festsetzung des Limits für neue Roller auf 45 km/h anstatt auf die ortsüblichen 50, oder umgekehrt eine Festsetzung der örtlichen Höchstgeschwindigkeit auf 50 statt auf 45. Dass Arbeitsmaschinen mit 20 km/h Kraftfahrzeuge sind, aber die KFZ-Steuer entfällt, ist übrigens auch nicht wirklich logisch begründbar.

    Dass das ganze im Fall der Pedelecs eine ziemliche Verrenkung ist/war, zeigt schon ein Blick in §1 Abs. 3 StVG, wo wortreich definiert wird, wann ein Fahrrad mit Motor nun ein Fahrrad und kein Kraftfahrzeug mehr ist. Einen entsprechend umständlichen Absatz 4 für Elektrokleinstfahrzeuge hätte man sich da locker noch dazu fabulieren können, dann wäre zumindest das Problem der Alkoholfahrer geringer. Oder man könnte auch eine sinnvolle Gruppierung nach Breite, Gewicht, Geschwindigkeit und Gefährlichkeit durchführen und die Infrastruktur danach ausrichten. Komischerweise ist das z. B. bei PKW und LKW kein Problem, Straßen und Straßenteile nach Geschwindigkeit, Breit und Gewicht freizugeben, nur bei Kleinfahrzeugen soll es nur stur nach "Fahrrad oder nicht-Fahrrad" laufen - wobei dann ein 12 km/h-Omarad ohne Motor, ein Lasten-Pedelec mit 50 Kilo Ladung und Anhänger bei 25 km/h und ein 5kg-Rennrad mit 50 km/h als gleichwertig und gleichrangig gelten. Auf Kraftfahrzeuge umgemünzt müsste man damit die sofortige Freigabe aller Autobahnen für Traktoren mit 25 km/h fordern, denn die sind ja auch Kraftfahrzeuge...

  • Bei dem Stichwort "was früher alles mal erlaubt/zugelassen war" muss ich immer an meinen Führerschein von anno dunnemals denken. Obwohl 1984 in der Fahrschule weniger gelehrt und abgeprüft wurde als heutzutage, dürfte ich mit dem "Dreier" Wohnwagengespanne, Lastzüge und (nach kurzer Sonderschulung) einige Motorräder steuern, bei denen es einem schwindelig wird.

  • Die Einstufung ist ja nicht ein Naturgesetz, sondern von Menschenhand gemacht und demnach auch anpassbar...

    Völlig richtig!

    Wenn es angepasst würde, wäre es aber noch immer kein Naturgesetz, sondern wieder eine ziemliche willkürliche, nach juristischen Merkmalen vorgenommene Einstufung, nur diesmal eben von Dir.

  • Die Roller sind eine Pest, noch schlimmer fand ich allerdings die Leihräder in Berlin, die schrottreif in erbärmlichem Zustand überall noch ungeordneter rumstanden oder lagen als die E Roller.

    Ah, du meinst diese gelben Räder von O-Bike? Die waren ja ein ebensolcher Unfug des Kapitalismus, nur eben aus Asien statt aus Nordamerika.

    Ich erinnere mich aber auch, dass es vor ungefähr zehn Jahren noch Freefloating-Leihräder von der Bahn in Berlin gab, die auch wild in der Gegend geparkt wurden. Aber die Räder wurden von den Nutzern immerhin noch als solche erkannt und einigermaßen vernünftig geparkt, während die Roller aus irgendeinem Grunde den Spieltrieb wecken und mitunter absichtlich an den absurdesten Stellen abgestellt werden.

    In Köln, HH und Berlin gehört es offensichtlich zum üblichen Gebrauch die Roller zu zweit zu benutzen.

    Die Motivation hinter dieser Doppelnutzung kann ich auch durchaus nachvollziehen: Die Kosten für eine Fahrt sind je nach zurückzulegender Fahrtstrecke nicht unerheblich, das Brett groß genug für vier Füße, da sehen manche Nutzer eben Potenzial zum Geldsparen.

    Und häufig steht eben auch nur ein Roller irgendwo herum, beziehungsweise n - 1. Wenn eine Gruppe von n Personen losfahren möchte, stehen dann eben zwei Personen auf einem Fahrzeug.

    Oder es sollen Kinder transportiert werden. Aber dann ist es eben so wie es ist: Familien mit Kindern unter 14 Jahren steht eine Fahrt mit einem Roller nicht zur Verfügung.

  • O Bikes waren da auch, aber auch mir bis dato unbekannte Verleiher, neben next Bike, Uber Bikes und anderen.

    Die Motivation bei Preisen von 18ct/Min ist mir auch klar. Der Nutzen für die letzte Meile extrem fragwürdig. Ich habe noch niemanden (von Juicern abgesehen) so einen E Roller aus dem Auto nehmen sehen. Hier in Kempen gibt es keinen Markt dafür. Bisher sah ich mal einen hier fahren (allerdings so ein Teil ausm Discounter oder sonstwoher ohne Zulassung).

    Schauen wir mal wie lange das Business noch läuft bis die Venture Capital Geber nicht mehr der Fantasie der Anbieter folgen.

  • Außerdem ist privater Besitz durch komplizierte Zulassungsvorgaben teuer und unattraktiv, zumindest wenn man versichert unterwegs sein will.

    Ich finde 25€/Jahr nicht "teuer und unattraktiv".

    Im Prinzip sind die Geräte in allen Belangen außer dem Volumen Rädern unterlegen".

    Sehe ich nicht so. Sie sind kleiner, lassen sich auch dadurch besser Abschließen, haben keine Zubehörteile die man sich klauen lassen kann, i.d.R. sind sie auch günstiger als Räder, man benötigt keine Kraftanstrengungen.

    und selbst das lohnt nur für Sonderfälle, z. B. für jemand, der mit dem Auto und Roller im Kofferraum bei gutem Wetter die letzte Meile nicht zu Fuß zurücklegen kann.

    Ich weiß nicht ob ich ein Sonderfall bin aber für Strecken >5KM, bei großer Hitze, wenn am Ziel keine Möglichkeit besteht das Rad zu sichern oder nach/vor einem langen Lauf (Liste sicher nicht abschließend) benutze ich öfter meinen eScooter oder auch mal ein Leihrad. Ich glaube auch fest daran, dass wenn dies alle tun würden anstatt sich in ein Auto zu setzen, die Welt eine bessere wäre :)

    Im Übrigen gelten sämtliche von Malte genannten Probleme gleichwohl auch für (Leih-)Räder und (Leih-)Autos, ich sehe da keinen Unterschied.

  • Ich finde 25€/Jahr nicht "teuer und unattraktiv".

    Die Versicherung ist in der Tat nicht so extrem teuer. Aber legal im Straßenverkehr fahrbare Roller sind in der Anschaffung deutlich teurer als andre Roller. Bei Rädern darfst du fast jedes billige Baumarktteil auf der Straße fahren.

  • Im Übrigen gelten sämtliche von Malte genannten Probleme gleichwohl auch für (Leih-)Räder und (Leih-)Autos, ich sehe da keinen Unterschied.

    Naja, Autos fahren nun doch eher seltener auf Geh- und Radwegen herum, schon gar nicht in der falschen Richtung.

    Und bei Fahrrädern habe ich den Eindruck, dass die Nutzer sowohl ihre eigenen als auch die geliehenen Räder einigermaßen sinnvoll abstellen, zumal die Ära der Free-Floating-Systeme nach meiner Kenntnis in so ziemlich jeder Stadt vorbei ist, seitdem diese tonnenschweren gelben Leihpanzer aus Asien wieder verschwunden sind.

    Ich habe es aber weder bei falschparkenden Kraftfahrzeugen noch bei Fahrrädern erlebt, dass die in einem derartigen Ausmaße verkehrsbehindernd abgestellt werden. In dem Zeitfenster zwischen dem Auftreten der Roller und der Pandemie bin ich nur ein paar hundert Meter vom Hamburger Hauptbahnhof zur Arbeit gefahren und es standen beinahe jeden Morgen absichtlich falsch abgestellte Roller auf den Geh- und Radwegen herum.

    In Kiel gibt es nach Angaben des Anbieters Tier mittlerweile 600 Roller zum Leihen und ich gehe durchaus davon aus, dass es wohl täglich mehr als 600 falsch parkende Kraftfahrzeuge auf Geh- und Radwegen geben wird, gar keine Frage, hinsichtlich der Quantität sind die Leihroller vermutlich unterlegen. Aber falsch parkende Roller haben für mich dann doch noch eine andere Dimension, weil sie zusätzlich in den geschützten Bereich abseits der Fahrbahn eindringen, der in der Vergangenheit von Kraftfahrern noch verschont blieb.

    Ich weiß nicht ob ich ein Sonderfall bin aber für Strecken >5KM, bei großer Hitze, wenn am Ziel keine Möglichkeit besteht das Rad zu sichern oder nach/vor einem langen Lauf (Liste sicher nicht abschließend) benutze ich öfter meinen eScooter oder auch mal ein Leihrad. Ich glaube auch fest daran, dass wenn dies alle tun würden anstatt sich in ein Auto zu setzen, die Welt eine bessere wäre :)

    Das mag sein, aber dann kommt noch mein großes „Aber“:

    Ich habe den Eindruck, dass diese Roller von politischer Seite primär befürwortet werden, weil es irgendwas mit einer App ist und die Leute das für modern und fortschrittlich halten. E-Roller waren sogar so wichtig, dass sie das bekamen, was Fahrrädern seit Jahrzehnten verwehrt blieb: Eine Sonderbehandlung abseits der autozentrierten Straßenverkehrs-Ordnung, nämlich die eKV. Mit Fahrrädern gemein habe sie allerdings, dass E-Roller Bitteschön den Kraftverkehr nicht zu sehr stören mögen — deshalb kommen auch so komische Regelungen raus, dass mit dem E-Roller alles befahren werden muss, was auch nur im Entferntesten nach einem Radweg aussieht. Was mit Fußgängerzonen, freigegebenen Gehwegen, linksseitigen Radwegen passiert, das wurde mal wieder ignoriert, da hat entweder keiner daran gedacht (weil dem Bundesrat der Straßenverkehr nur durch die Windschutzscheibe bekannt ist?) oder es war zuviel Aufwand (weil der Bundesrat zufrieden war, wenn die Fahrbahn nicht von E-Rollern bevölkert wird?).

    Und im Endeffekt kommt da nichts halbes und nichts ganzes raus. Hier in Kiel haben wir abseits der Innenstädte vor allem in den Wohngebieten immer noch sehr viel Kopfsteinpflaster, auf dem man mit den kleinen Rädern verständlicherweise überhaupt nicht fahren kann. Weil dort einige touristisch interessante Routen oder beliebte Abkürzungen hindurchführen, fährt an einem lauen Sommerabend ein E-Roller nach dem anderen auf dem Gehweg herum. Weil der Straßenverkehr für nichtmotorisierte Verkehrsteilnehmer nunmal so ist wie er ist, haben wir hier teilweise Straßen mit Radfahr- und Schutzstreifen neben Hochbordradwegen oder freigegebenen Gehwegen, wo auch niemand kapiert, wo man denn mit dem Roller fahren soll oder nicht.

    Will sagen: Wenn E-Roller diese Welt ein bisschen besser machen sollen, dann hätte der Bundesrat, beziehungsweise die Politik die Sache endlich mal vernünftig regeln sollen. Stattdessen wurde ein Regelwerk geschaffen, was zwar den Betrieb von E-Rollern „irgendwie“ ermöglicht, aber ungünstigerweise in Kombination mit der in den Städten vorhandenen Infrastruktur primär dazu führt, dass sich nichtmotorisierte Verkehrsteilnehmer und E-Roller-Fahrer mitunter in die Haare bekommen, während der Kraftverkehr nach Möglichkeit unbehelligt bleibt. Damit schlägt man die berühmten zwei Fliegen mit einer Klappe: Einerseits geht man Kraftfahrern nicht auf die Nerven und riskiert Popularitätsverluste vor der nächsten Wahl, andererseits hat man diese tollen Roller und kann tolle Reden über die angebliche Verkehrswende halten.

    Ich kann allerdings auch nur mittelbar nachvollziehen, warum der Begriff „App“ eine so unglaubliche Faszination auf Kommunalpolitiker ausübt. Aber es ist ja schier unverständlich, wie fast jede Stadt auf diese so genannten digitalen oder smarten Lösungen abfährt, obwohl man mitunter in den jeweiligen Ausschüssen gar nicht benennen kann, was denn eigentlich das Problem ist, das mit diesen Rollern gelöst werden soll.

  • Ich sehe die (Leih-)Roller nicht in Zusammenhang mit einer App. Mag sein, dass es bei gewissen Leuten eine Assoziation hervorruft aber ich denke eher dass der Punkt "schnelle, unkomplizierte, leichte Mobilität für kurze Strecken" da ausschlaggebender ist.

    Ich bin auch der Meinung dass der Gesetzgeber gut gearbeitet hat, einzig das Tempo hätte ich gern auf 25KM/h gesehen - alles andere passt für mich. (Über ein Abstellgebot auf der Fahrbahn hätte ich mich aber auch gefreut..) Denn es ist eben nicht erlaubt überall dort zu fahren, wo Fahrräder dürfen sondern weit weniger. Lediglich benutzungspflichtige Radwege dürfen/müssen befahren werden. Aber genau so sehr wie sich Radfahrer an Schrittgeschwindigkeit bei "Fahrrad Frei" halten, halten sich Rollerfahrer an das "Fahrbahngebot" oder PKW-Lenker an Haltverbote. So ist es nun mal, wenn nichts sanktioniert wird.

    In meiner Stadt gibt es auch weiterhin eine Freefloat-Fahrradflotte (Nextbike in Zusammenarbeit mit Verkehrsbetrieben, kann sogar mit Monatskarte der Verkehrsbetriebe umsonst genutzt werden) und natürlich stellen dort Leute die Räder auch mitunter völlig bescheuert ab. Kopfsteinpflaster geht mit dem Roller übrigens besser als mit dem Rad, sind ja auch viel dickere Reifen mit weniger Druck.

  • Denn es ist eben nicht erlaubt überall dort zu fahren, wo Fahrräder dürfen sondern weit weniger. Lediglich benutzungspflichtige Radwege dürfen/müssen befahren werden.

    Aber schau mal, § 10 eKFV sieht das anders und ist an dieser Stelle eben nicht intuitiv: Unabhängig von der Benutzungspflicht muss auf der rechten Straßenseite alles befahren werden, was nach Radweg aussieht, erst wenn auch kein nicht-benutzungspflichtiger, aber baulich vorhandener Radweg zu sehen ist, darf die Fahrbahn genutzt werden.

    Kraft § 12 eKFV ist ein Roller aber plötzlich ein Fahrrad, wenn es um Verkehrsverbote wie Zeichen 250, 254 oder 260 geht, und wenn eine Einbahnstraße in Gegenrichtung mit Zusatzzeichen 1022-10 für den Radverkehr freigegeben ist.

    Nicht besonders intuitiv ist dagegen, dass ein Roller aber nicht grundsätzlich von Zusatzzeichen 1022-10 erfasst wird, also die Freigaben für Gehwege, linksseitige Radwege oder Fußgängerzonen. Da ist ja beispielsweise die Stadt Kiel auch anderer Meinung und geht davon aus, dass Roller in Fußgängerzonen irgendwie okay wären.

    Und das führt eben dazu, dass es plötzlich Straßen gibt, in denen ein benutzungspflichtiger Radweg in einem freigegebenen Gehweg endet oder aber lediglich ein linksseitiger Radweg wie an der Kiellinie vorhanden ist, der aber von Rollern nicht befahren werden kann — und das widerspricht ja wiederum der Prämisse aus § 10 eKFV, das grundsätzlich alles zu befahren ist, was irgendwie nach Radweg aussieht.

  • Aber schau mal, § 10 eKFV sieht das anders und ist an dieser Stelle eben nicht intuitiv: Unabhängig von der Benutzungspflicht muss auf der rechten Straßenseite alles befahren werden, was nach Radweg aussieht, erst wenn auch kein nicht-benutzungspflichtiger, aber baulich vorhandener Radweg zu sehen ist, darf die Fahrbahn genutzt werden.

    OK, neben den benutzungspflichtigen Radwegen müssen auch separate aber nicht benutzungspflichtige benutzt werden, da hast du Recht.

    Nicht besonders intuitiv ist dagegen, dass ein Roller aber nicht grundsätzlich von Zusatzzeichen 1022-10 erfasst wird, also die Freigaben für Gehwege, linksseitige Radwege oder Fußgängerzonen. Da ist ja beispielsweise die Stadt Kiel auch anderer Meinung und geht davon aus, dass Roller in Fußgängerzonen irgendwie okay wären.

    Das finde ich auch voll OK, es geht ja genau darum, dass man eben nicht in Fußgängerzonen herumfährt, auch wenn man das mit dem Rad (in Schrittgeschwindigkeit) darf (was ich persönlich auch doof finde). Warum das die Stadt Kiel anders sieht kann ich dir nicht sagen, wäre aber nicht das erste mal dass da jemand eine "besondere" Rechtsauffassung hat.

  • Ganz ernsthaft, für ein Gefährt, das dazu gedacht ist mal schnell und "unkompliziert" eine kurze Strecke in einer Stadt zu erledigen, und dazu noch zu einem großen Anteil als Leihfahrzeug, dafür sind die Regeln etwas kompliziert geraten.