Die ganzen schönen Regelungen zum Überholabstand kranken ja stets an einer ganz bestimmten Problematik: Er hilft nicht bei untermaßigen Radfahrstreifen. Ein Radfahrstreifen ist im Gegensatz zu Schutzstreifen kein Teil der Fahrbahn, ein Überholmanöver findet aber per Definition nur auf dem gleichen Straßenteil statt, also wird man auf einem Radfahrstreifen nicht von Fahrzeugen auf der Fahrbahn überholt — es handelt sich nur um ein Vorbeifahren, da gilt praktischerweise der Überholabstand nicht.
Das sieht jetzt auch die Polizei Schwaben Nord auf Twitter so, nachdem sich Staubi78 über zu schmale Radfahrstreifen beschwerte:
Die Antwort, verteilt auf drei Tweets (1, 2, 3):
ZitatAlles anzeigenNach Überprüfung durch unsere Fachleute können wir Ihnen folgende Antwort geben:
laut VWV der StVO zu §2 Abs. 4 Satz 2 ist ein Radstreifen ein mit Zeichen 237 (Fahrradweg) gekennzeichneter&durch Zeichen 295 (durchgezogene weiße Linie) von der Fahrbahn abgetrennter Sonderweg.
Demnach gehört der Radstreifen nicht zur Fahrbahn.
Unter Überholen i.S. § 5 Abs. 1 StVO wird das Sichvorbeibewegen eines von hinten herankommenden Fahrzeugs an einem anderen, das auf derselben Fahrbahn in der derselben Richtung fährt oder verkehrsbedingt wartet.
Demnach liegt KEIN Überholen vor, wenn ein Fahrzeug an einem Radfahrer, welcher auf dem Radweg unterwegs ist, vorbeifährt.
Der angesprochene Mindestabstand von 1,50 m ist beim Überholen erforderlich.
Bei weiteren Fragen sind wir gerne für Sie da.
Tja. Insofern hilft diese tolle Erweiterung des Überholabstandes aus der so genannten Fahrradnovelle der StVO herzlich wenig. Aber schön, dass die Stadt Augsburg, bei der die zuständige Straßenverkehrsbehörde angesiedelt ist, das ganz schön kompliziert findet:
Am Ende kommen wir dann wohl wieder bei § 1 StVO raus, aus dessen zweiten Absatz sich auch noch ein gewisser Überholabstand herleiten lässt:
ZitatWer am Verkehr teilnimmt hat sich so zu verhalten, dass kein Anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird.
Andererseits erkennt die Ordnungsmacht bei Überholmanövern im Regelfall nicht einmal eine Gefährdung oder wenigstens eine Behinderung, sofern der Radfahrer denn nach dem Überholmanöver nicht gestürzt ist.