Die dreistesten Unfallursachenausreden

  • Falls nicht, würde hier dann rechts vor links zugunsten der Radfahrerin gelten?

    Solche Kreuzungen mit Rechts-vor-links-Regelung sind eigentlich nur in Tempo-30-Zonen als Relikte der Vergangenheit anzutreffen.

    Grundsätzlich hätte die Radfahrerin nach meinem Dafürhalten auch dann Vorfahrt, da sie eben von rechts kommt, allerdings spielen da noch eine Menge Feinheiten eine Rolle, etwa ob es sich um einen straßenbegleitenden Radweg handelt oder nicht. Anhand der Straßenmarkierungen halte ich das allerdings weiterhin für eine Vorfahrtstraße mit straßenbegleitendem Radweg, außer dass hier vielleicht noch Zeichen 205 oder ähnliche Späße am Radweg aufgestellt wurden.

  • Fragwürdig ist die Furtmarkierung mindestens, da sie mit 6 bis 6,5m soweit von der Hauptstraße abgesetzt ist um das Aussschlusskriterium in der VwV-StVO zu erfüllen.

    PS: Die neue Überschrift lautet übrigens: " Autofahrer übersieht Radfahrerin - 77-Jährige wird bei Unfall schwer verletzt"

  • Fragwürdig ist die Furtmarkierung mindestens, da sie mit 6 bis 6,5m soweit von der Hauptstraße abgesetzt ist um das Aussschlusskriterium in der VwV-StVO zu erfüllen.

    PS: Die neue Überschrift lautet übrigens: " Autofahrer übersieht Radfahrerin - 77-Jährige wird bei Unfall schwer verletzt"

    Vielleicht sollte man schreiben: "Autofahrer und Radfahrerin übersehen sich gegenseitig!"

    Ist es dann gut? Oder muss die Schuldfrage in einem Presseartikel abschließend geklärt werden?

  • Vielleicht sollte man schreiben: "Autofahrer und Radfahrerin übersehen sich gegenseitig!"

    Besser fände ich "Autofahrer und Radfahrerin haben beide nicht geguckt"

    Falls sie doch geguckt haben sollten, dann "Autofahrer und Radfahrerin gingen jeweils beide von eigenem Vorrang aus"

  • Vielleicht sollte man schreiben: "Autofahrer und Radfahrerin übersehen sich gegenseitig!"

    Ich versuche mich in meine Kindheit zurückzuerinnern. Da haben wir Kinder ja oft verstecken gespielt. ich kann mich jedoch nicht daran erinnern, dass ich einem Spielkameraden direkt oder zumindest in Sichtweite gegenüberstand und ihn trotzdem übersehen habe.

  • Hätte er auf einem Fahrrad gesessen, wäre es allerdings die perfekte Tarntracht gewesen.

    „Zeigen wir dem staunenden Ausländer einen neuen Beweis für ein aufstrebendes Deutschland, in dem der Kraftfahrer nicht nur auf den Autobahnen, sondern auf allen Straßen durch den Radfahrer freie, sichere Bahn findet.“ (Reichsverkehrsministerium, 1934)

  • Nö, dann gilt § 8.

    Denke nicht. Ein [Zeichen 240], wenn nicht Teil der Fahrbahn, gilt nicht als Weg/Straße, ist in der Regel auch mit Furt über einen (mit Glück abgesenkten) Bordstein von der Fahrbahn getrennt. entsprechend sind die Ausführungen der VwV.

    Schwachzocker : ein typisches Beispiel, warum hier im Forum deine ständige Ermahnungen, in der Vorfahrtsregelung kein Recht zu sehen, ins Leere laufen. Die Dame ist sicher schnell, offensiv und sicher unterwegs gewesen. Und hat selbstverständlich bis zum letzten Atemzug auf ihre Vorfahrt bestanden. So wie viele Kinder. Die starken und schnellen Verkehrsteilnehmer halt, die dem Auto dank Voraussicht und Umsicht was entgegen zu setzen haben.



  • Denke nicht. Ein [Zeichen 240], wenn nicht Teil der Fahrbahn, gilt nicht als Weg/Straße, ist in der Regel auch mit Furt über einen (mit Glück abgesenkten) Bordstein von der Fahrbahn getrennt. entsprechend sind die Ausführungen der VwV.

    Auch alleinstehende (nicht straßenbegleitende) Geh- und Radwege sind Straßen, nur eben auf bestimmte Verkehrsarten beschränkt (wie z. B. eine Autobahn auch bestimmte Fahrzeuge ausschließt und trotzdem eine Straße ist). Eine Sonderstellung nehmen lediglich Feld- und Waldwege ein, deren Nutzer gegenüber Fahrzeugen auf normalen Straßen stets wartepflichtig sind. Dagegen spricht hier bereits die Asphaltierung und Bebauung, teilweise auch die Beschilderung und eindeutig die Markierungen.

    Es gibt stellenweise noch solche Wege (oft Altbestand in Wohngebieten), die die Schilder haben, aber (meistens senkrecht) auf den Gehweg einer bevorrechtigten Straße einmünden. In den meisten Fällen ist das durch Z205 oder den Bordstein auch eindeutig, in der selteneren Kombination "ähnlicher Bodenbelag, abgesenkter Bordstein, längsseitige Führung" ist es dann manchmal ein Fall für Versicherungen und Gerichte (z. B. OLG Köln, Urteil vom 07.10.1998 - 13 U 76/98, der dort erwähnte § 27 ist noch die alte Fassung vor 1970, das ist heute in etwa § 10). Das Vorhandensein eines Bordsteins reicht dabei aber nicht aus, um daraus irgendetwas zu schließen, es kommt auf die Gesamtbetrachtung an. Ansonsten wären nahezu alle innerstädtischen Radwege nicht mehr straßenbegleitend, denn dort haben fast alle Querstraßen auch Gehwege, die überfahren werden müssen.

    In diesem Fall ist das aber vollkommen egal, denn der KFZ-Fahrer hatte sein eigenes Z205 zwei Meter vor der markierten Furt, also war er eindeutig sowohl für den Radweg als auch die Fahrbahn wartepflichtig. Auf die Eigenschaft der Straßenbegleitung kommt es also gar nicht mehr an. § 10 entfällt, da schon Furtmarkierung und Z205 die Verhältnisse eindeutig klären.

  • Denke nicht. Ein [Zeichen 240], wenn nicht Teil der Fahrbahn, gilt nicht als Weg/Straße, ist in der Regel auch mit Furt über einen (mit Glück abgesenkten) Bordstein von der Fahrbahn getrennt. entsprechend sind die Ausführungen der VwV.

    Die minimale Voraussetzung, um ein Straßenteil zu sein, ist es, Teil einer Straße zu sein. Radwege können damit Straßen sein. Das ist auch klar im Wiener Übereinkommen über den Straßenverkehr bestimmt.

    «Radweg» ist eine eigene Strasse oder der Teil einer Strasse

    Dort ist auch bestimmt, was eine Straße, was eine Kreuzung ist. Die Bundesrepublik hat sich verpflichtet, das Übereinkommen in nationales Recht umzusetzen und hat es nach eigenen Angaben auch getan mit Ausnahmen zur Bereifung (Spikes).

    Das bedeutet: Wo ein Radweg ist (egal ab fahrbahnbegleitend oder nicht), ist auch eine Straße. Wo sich Straßen kreuzen, ist eine Kreuzung. Und an einer Kreuzung greift § 8.

    Das schließt jedoch Rechtsbrüche seitens der Legislative, Executive oder Judikative nicht aus. Das ist halt eine übliche Begleiterscheinung der Diskriminierung.

  • Ok, danke für die Ausführliche Antwort.

    Muss ein deutscher Jurist gewesen sein:

    Zitat


    «Radweg» ist eine eigene Strasse oder der Teil einer Strasse

    Ich freue mich jetzt schon auf meine erste rechts vor links-Diskussion auf einem linksseitigen, nicht straßenbegleitenden Radweg, also hier praktisch jeder außerhalb einer Ortschaft.

  • Und dann da hier:

    Zitat

    «Radweg» ist eine eigene Strasse oder der Teil einer Strasse, die bzw. der Radfahrern vorbehalten und als Radweg gekennzeichnet ist. Ein Radweg ist von anderen Strassen oder anderen Strassenteilen durch bauliche Einrichtungen getrennt.

    [Zeichen 240] kann es also gemäß dieser Definition nicht geben. Beziehungsweise: Die Fläche ist kein Radweg / enthält keinen Radweg. Also kann auch keine Benutzungspflicht angeordnet werden.

    Oder?

  • Die Polizei wieder mal in der Rolle des Strafverteidigers eines Autofahrers:

    https://www.mopo.de/hamburg/polize…tzwunde-klinik/

    wegen "übersehen"?

    Hier noch die offizielle Meldung: https://www.presseportal.de/blaulicht/pm/6337/4936777

    * Mapillary: Weg des Autofahrers

    * Mapillary: Weg des Radfahrers

    Dort gibt es einen Zwei-Richtungs-Fuß+Radweg, seit paar Jahren mit [Zusatzzeichen 1022-10] anstatt [Zeichen 240] . Auf der Fahrbahn ist recht viel KFZ-Verkehr der sich wegen des Außerorts-Feelings auch nicht immer an die 50 km/h hält.

    Die Sicht ist problemlos möglich. Man muss nur gucken.

    Eigentlich könnte man dort (Oststeinbek bis Schiffbeker Weg) regelkonforme Radverkehrsanlagen bauen. Platz gibt's reichlich.

    Solange Dummheit als plausible Erklärung ausreicht, sollte man keinen Vorsatz annehmen.

  • Dort gibt es einen Zwei-Richtungs-Fuß+Radweg, seit paar Jahren mit [Zusatzzeichen 1022-10] anstatt [Zeichen 240] .

    Das macht die Hansestadt Hamburg immer dann, wenn sie eingesteht, dass die bauliche Beschaffenheit der Oberfläche für Radverkehr eigentlich unzumutbar ist und sie dem Radfahrer dann die Wahl lassen muss, weil eine Benutzungspflicht im Zweifelsfall rechtlich wohl nicht haltbar wäre oder die Verkehrssicherungspflicht vernachlässigt wäre. Anstatt solche Radwege jedoch instand zu setzen bzw. vernünftig zu sanieren, wird dem Radfahrer der Mittelfinger gezeigt: Dann fahr' doch auf der Fahrbahn, wenn Du Dich traust. Oder kauf' Dir ein Auto..."

    Einmal editiert, zuletzt von Alf (9. Juni 2021 um 22:32)

  • Und dann da hier:

    [Zeichen 240] kann es also gemäß dieser Definition nicht geben. Beziehungsweise: Die Fläche ist kein Radweg / enthält keinen Radweg. Also kann auch keine Benutzungspflicht angeordnet werden.

    Oder?

    Der definiert ja nur den reinen Radweg. Demzufolge analog für den Gehweg und die Kombination daraus ist der gemeinsame Geh- und Radweg. Die Abtrennung bezieht sich auf die anderen Bestandteile der Straße (z. B. Fahrbahn), nicht auf die Trennung von Verkehrsmitteln (Fußverkehr, Radverkehr, KFZ-Verkehr). Die Benutzungspflicht wird im VZ-Katalog für jedes der Zeichen als Gebotszeichen einzeln beschrieben und in der VwV-StVO ist das auch nochmal definiert (Zu § 2 StVO, VwV-StVO, Rn. 8).

    Zitat

    Benutzungspflichtige Radwege sind mit Zeichen 237 gekennzeichnete baulich angelegte Radwege und Radfahrstreifen, mit Zeichen 240 gekennzeichnete gemeinsame Geh- und Radwege sowie die mit Zeichen 241 gekennzeichneten für den Radverkehr bestimmten Teile von getrennten Rad- und Gehwegen.

    Bei nicht straßenbegleitenden Radwegen ist das nicht von Belang, denn dort gibt es ja keine vom Radweg getrennte Fahrbahn - die gesamte Straße ist dort ein Sonderweg, der nur Radfahrern/Fußgängern vorbehalten ist. Wer dort mit dem Rad fährt, kommt der Benutzungspflicht also immer automatisch nach, denn irgendwo muss er ja fahren. Und wer dort nicht fahren will, für den ist sie irrelevant, weil er sich ja gar nicht dort aufhält, die Schilder auf ihn also keine Wirkung ausüben.

    Benutzungspflicht bedeutet ja nicht, dass man jeden vor einem liegenden Radweg immer befahren muss, sondern lediglich, dass bei einem straßenbegleitenden (genauer: fahrbahnbegleitenden) Radweg nicht die Fahrbahn, sondern der begleitende Radweg befahren werden muss. Liegt ein Radweg nur zufällig neben einer Straße, aber begleitet sie nicht, dann haben beide nichts mehr miteinander zu tun, jedenfalls nicht mehr, als eine Bundesstraße, die eine Zeit lang neben einer Autobahn parallel geführt wird, mit dieser zu tun hat. Die Vorgaben dafür sind relativ klar definiert (an verschiedenen Stellen):

    • Einheitliche Vorfahrtsregelung für alle Straßenteile (Fahrbahn, Seitenstreifen, Radweg), also nicht Z306 auf der Fahrbahn und Z205 auf dem Radweg bei Querstraßen
    • Räumliche Nähe (maximal 5 Meter entfernt), zumindest im überwiegenden Teil
    • Linienführung eindeutig der Straße/Fahrbahn zuzuordnen, also nicht plötzlich durch einen Tunnel oder hinter einer Lärmschutzmauer verschwunden
    • Straße muss für Radfahrer (ohne Radwegsschild) befahrbar sein, also keine Kraftstraße oder Autobahn oder mit Z254 beschildert
    • Entsprechende Beschilderung (Z237/240/241) und Markierung (Furten) an jeder kreuzenden Querstraße
  • Zu Sürenheide bei Gütersloh:

    Radwegschild in Fahrtrichtung der Radlerin aus Sicht der Vorfahrtstraße

    Das Vz 205 steht vor der Furt

    Bissele zurückgespult: Sieht nach abgesenkter Bordstein aus, ohne Beschilderung wäre es als eigenständiger Radweg ein Fall für § 10. Ohne den Bordstein wäre es § 8 RvL, dazu gibt's ein Urteil des OLG Karlsruhe für eine Kreuzung in St. Leon-Rot, im VP bildlich dokumentiert.

    Zu den 6 m die VwV-StVO:

    Zitat

    Der Radverkehr fährt nicht mehr neben der Fahrbahn, wenn ein Radweg erheblich (ca. 5 m) von der Straße abgesetzt ist. Können Zweifel aufkommen oder ist der abgesetzte Radweg nicht eindeutig erkennbar, so ist die Vorfahrt durch Verkehrszeichen zu regeln.

    - Von der Straße abgesetzt, nicht von der Fahrbahn. Wenn Fahrbahn und Radweg optisch zusammengehören trotz > 5 m, dann teilt er Vorfahrt/Vorrang mit der Fahrbahn.

    - "Können Zweifel aufkommen ..., so ist die Vorfahrt durch Verkehrszeichen zu regeln."

    In welche Richtung die Zweifel ausgeräumt werden, steht da nicht. Oft sind's kleine 205 für Radler, hier ist es aber eine Furt und ein großes 205 davor für Autler ...

    Und eigentlich definiert die VwV-StVO kein eigenes Recht. Gehören sie optisch zusammen, ist das eben so und darf nach StVO eigentlich nicht umdefiniert werden, zur Aufhebung des § 9 gibt es eig. kein Vz, 205 ist § 8, nicht 9