Beleuchtung, StVZO und die Polizei.

  • Die Polizei Heinsberg twitterte heute über eine Verkehrskontrolle. Im Fokus lagen Radfahrer und deren Verhalten bzw. das Verhalten anderer gegenüber Radfahrern. Der verlinkte Artikel benennt dann die Vergehen im Einzelnen, stutzig gemacht hat mich die hohe Zahl an Verwarnungen für defekte oder fehlende Beleuchtungseinrichtungen, da die Kontrolle ausschließlich tagsüber stattfand.

    Ich antwortete dann etwas launig, wie das sein kann, wo man doch tagsüber gar keine Mitführpflicht für Beleuchtungseinrichtungen hat.

    Die Antwort halte ich rechtlich für reichlich dünn und erinnert an die Aussagen von TÜV-Prüfern.

    Wie seht ihr das?

  • Das ist ganz normal und gilt im übrigen auch für Kraftfahrzeuge.

    Montierte Beleuchtungseinrichtungen müssen funktionieren.

    Auch bei der HU gelten nicht funktionierende Zusatzbeleuchtungen wie zum Beispiel Nebelleuchten als Mängel.

  • Ja, an Kfz darf ich aber auch keine Akku-Stecklichter klemmen, die ich zudem nicht einmal mehr dabei haben muss, wenn ich nicht in entsprechenden Situationen mit dem Rad fahre. Mit der Sichtweise oben kann ich ja auch verwarnt werden, wenn ich mit zugelassener Akkubeleuchtung nachts unterwegs bin, am Rad jedoch auch ein alter Dynamo klemmt (wie das an vielen Bahnhofsrädern der Fall ist).

  • Hab ich schonmal erwähnt, dass ich den ganzen Beleuchtungs- und Lametta-Mist für Fahrräder in der StVZO für schon in Urzeiten in Verordnungsform geronnenes victim-blaming halte? Der Mist gehört entsorgt! :evil: Mehr wie Licht vorne und hinten bei Dunkelheit oder im Dunkeln (z. B. Tunnel) ist m. E. angesichts des Sichtfahrgebots nicht nötig.

    Wo ist denn z. B. eigentlich die wissenschaftliche Studie, die den Mehrwert an Sichtbarkeit vor allem von Heck- und Frontreflektoren belegt?

    Die Antwort halte ich rechtlich für reichlich dünn und erinnert an die Aussagen von TÜV-Prüfern.

    Oder wie typische Beamte. Vorschrift ist Vorschrift. Ich halte es so schon für absolute Schikane, sich tagsüber hinzustellen und die Beleuchtung von Fahrrädern zu beknollen... :cursing:

  • Beamtenlogik: Wenn das Licht nicht funktioniert, muss man es abbauen. Dann ist es wieder legal. Oder muss man dann einen Besitznachweis für ein abnehmbares Akkulicht vorlegen? Die Formulierung des §67 StVZO sagt ja nur, dass das Akkulicht abnehmbar sein darf, aber nicht, dass man auch Fahrrad fahren darf, wenn man gar kein Akkulicht besitzt. Das kommt bestimmt bei der nächsten Kontrolle, denn mit Verkehrssicherheit darf man nicht spaßen :/

    Man könnte alles so einfach machen: Bei Dunkelheit und schlechter Sicht muss man mit eingeschalteter Beleuchtung fahren. Vorne weiß, hinten rot, fertig! Ob im Hellen und bei guter Sicht das Licht nicht funktioniert, abgenommen wurde oder ob überhaupt keines vorhanden ist, spielt dann keine Rolle.

    Ich halte bei Dunkelheit auch Reflektoren für sinnvoll.

  • Es ist wohl tatsächlich so, dass man "vergessen" hat, den Bußgeldkatalog sinnvoll zu ändern, als man die Beleuchtungsvorschriften vor einiger Zeit geändert hat. Will heißen: defekte, am Fahrrad montierte Beleuchtung kann zu einem Bußgeld führen, wenn man tagsüber ohne Beleuchtung ist das kein Problem.

    Geht ja auch nur um Radfahrende...

  • Es ist wohl tatsächlich so, dass man "vergessen" hat, den Bußgeldkatalog sinnvoll zu ändern, als man die Beleuchtungsvorschriften vor einiger Zeit geändert hat. Will heißen: defekte, am Fahrrad montierte Beleuchtung kann zu einem Bußgeld führen, wenn man tagsüber ohne Beleuchtung ist das kein Problem.

    Das sehe ich auch so.

    Grundsätzlich gilt: Was an Beleuchtungseinrichtungen am Fahrzeug montiert ist, muss auch einsatzbereit sein.

    Andererseits war der Wille des Verordnungsgebers bei der Formulierung der Beleuchtungsvorschriften aus der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung unverkennbar, dass auch ein Fahrrad mit defektem Dynamo, aber funktionierenden Batterielichtern den Vorschriften entsprechen soll. Leider wurde dieser Wille, wie so oft, nicht entsprechend formuliert. Normalerweise sollte man ja schon froh sein, wenn überhaupt irgendwas am Fahrrad leuchtet.

  • Oftmals ist es aber eben auch pure Unkenntnis der Polizei.

    Hatte ich hier ja vor ein paar Monaten mit einem sachlich falschen Formular zur Kontrolle an Schulen.

    Auf eine Antwort der Polizei Norderstedt, die ich in einem Schreiben auf die Nängel aufmerksam gemacht hatte, warte ich bis heute ...

    „Zeigen wir dem staunenden Ausländer einen neuen Beweis für ein aufstrebendes Deutschland, in dem der Kraftfahrer nicht nur auf den Autobahnen, sondern auf allen Straßen durch den Radfahrer freie, sichere Bahn findet.“ (Reichsverkehrsministerium, 1934)

  • Oftmals ist es aber eben auch pure Unkenntnis der Polizei.

    Wenn der Verstoß bei einer Schwerpunktkontrolle festgestellt wird, dann ist das Motiv für die penible "hard core"-Auslegung der Rechtsnormen eindeutig, eine möglichst beeindruckende Beanstandungsquote für die obligatorische begleitende Medien-Kampagne zu erzielen: "Seht her, Leute, wir kümmern uns!".

  • Aber ich darf doch auch bei einer defekten Dynamo-Beleuchtung mit einem abnehmbaren Akkulicht fahren, oder etwa nicht? Wenn ich also am hellichten Tag mit einer defekten Dynamobeleuchtung angetroffen werde, ist das abnehmbare Akkulicht gerade abgenommen.

    Wenn das nicht gilt, dann wäre es auch unzulässig, bei Dunkelheit mit einer funktionierenden Akkubeleuchtung zu fahren, wenn gleichzeitig ein defektes Dynamolicht vorhanden ist.

  • Beim Auto darfst du gerade jenes eben nicht, Yeti.

    Wenn zwei zusätzliche Scheinwerfer auf dem Dach für Walddurchfahrten montiert sind, diese vom TÜV abgenommen und nicht funktionsfähig sind, dann zählt das als nicht funktionsfähige Beleuchtung.

    War damals in der Fahrschule so, hat sich bis heute nicht geändert. Beim Rad ist das (siehe alle Beiträge oben) bescheuert: wenn an meinem alten Trekkingrad die Glühlampe durchbrennt könnte ich diese durch komplett neue Beleuchtung ersetzen - oder ich kauf halt für 20€ eine neue LED-Akkulampe und hänge diese mit Gummiring an den Lenker. Das ist allemal ein Upgrade. Aber nicht legal.

    Und mal ehrlich: dieses Forum und das Verkehrsportal zeichnen sich eher durch ungewöhnlich hohe Regeltreue aus. Nicht unbedingt durch fließendes Auslegen. Sonst könnten wir ja auch Schlenker über den Fußweg fahren, wenn einer auf dem Radweg parkt.

  • Gesetzt den Fall, ich müsste mein Rad vorführen, weil ich mit angebautem, aber nicht betriebsfähigem Generator angetroffen wurde.

    Dann könnte ich also bei Tageslicht ein Fahrad mit demontiertem "Dynamo" vorführen und es wäre wieder verkehrssicher. Richtig?

    „Zeigen wir dem staunenden Ausländer einen neuen Beweis für ein aufstrebendes Deutschland, in dem der Kraftfahrer nicht nur auf den Autobahnen, sondern auf allen Straßen durch den Radfahrer freie, sichere Bahn findet.“ (Reichsverkehrsministerium, 1934)

  • Wenn der Verstoß bei einer Schwerpunktkontrolle festgestellt wird, dann ist das Motiv für die penible "hard core"-Auslegung der Rechtsnormen eindeutig, eine möglichst beeindruckende Beanstandungsquote für die obligatorische begleitende Medien-Kampagne zu erzielen: "Seht her, Leute, wir kümmern uns!".

    Und gleichzeitig wird bei Geschwindigkeitskontrollen für den Kraftverkehr die Auslöseschwelle auf 10 drüber eingestellt.

  • Habe mir jetzt mal 67 StVZO durchgelesen. Die Änderung ist ja wirklich schlecht gemacht.

    Im Dunkeln begegnen mir sogar recht häufig Fahrräder mit defekten fest installierten Lampen und zusätzlich angebrachten Batzerieleuchten.

    So eine Kontrolle tagsüber mag juristisch korrekt sein. Für hilfreich halte ich sie nicht.

  • Beitrag von timovic (6. Juni 2019 um 19:42)

    Dieser Beitrag wurde vom Autor gelöscht (6. Juni 2019 um 19:43).
  • Es ist wohl tatsächlich so, dass man "vergessen" hat, den Bußgeldkatalog sinnvoll zu ändern, als man die Beleuchtungsvorschriften vor einiger Zeit geändert hat.

    Aber ob etwas eine Ordnungswidrigkeit darstellt, regelt doch nicht der Bußgeldkatalog, sondern ein Gesetzt oder eine Verordnung? Nulla poena sine lege...

    Ein Unterschied zwischen Fahrrädern und Autos ist doch, dass letztere eine Betriebserlaubnis benötigen, in der die vorhandenen "Teile" beschrieben sind. Diese gibt es nicht bei Fahrrädern, somit vermisse ich die Argumentationsgrundlage für "Was vorhanden ist, muss funktionsfähig sein".

  • Kraftfahrzeuge, StVZO §49a

    Zitat

    Die lichttechnischen Einrichtungen müssen vorschriftsmäßig und fest angebracht sowie ständig betriebsfertig sein.

    Fahrrad, StVZO §67

    Zitat

    Die lichttechnischen Einrichtungen müssen vorschriftsmäßig im Sinne dieser Verordnung und während ihres Betriebs fest angebracht, gegen unabsichtliches Verstellen unter normalen Betriebsbedingungen gesichert sowie ständig einsatzbereit sein. Lichttechnische Einrichtungen dürfen nicht verdeckt sein. Scheinwerfer, Leuchten und deren Energiequelle dürfen abnehmbar sein...

    Viel Unterschied ist da nicht...