Ist diese Radwegführung sicher?

  • Hallo zusammen,

    ich bin schon des Öfteren über die Forderung gestolpert, Radwege im Kreuzungsbereich ungefähr wie folgt zu führen:

    Gerade wieder auf Twitter.

    Ich verstehe nicht, wie das sicherer sein soll als ein normaler Hochbordradweg (von Radfahrstreifen mal ganz zu schweigen).

    Denn gerade die Position "halb abgebogen", in der hier auch ein Auto eingezeichnet ist, ist doch für die Sicht die schlimmste. Also wenn das abbiegende Auto meins und ich der Fahrer wäre, würde ich den Radweg nur mit ziemlich üblen Verrenkungen einsehen können.

    Ich habe das Bild mal um einen abbiegenden LKW ergänzt und die drei Spiegel (normal, Weitwinkel und Rampe) und Sicht aus dem Seitenfenster eingezeichnet:

    Der sieht ja fast gar nichts! Wie kann das sicherer sein als die heutigen Hochbordradwege?

  • Der Vorteil könnte sein, dass der Abbiegeverkehr bei diesem Design ebenso wie der geradeaus fahrende Radverkehr im gefährlichen Moment des Richtungswechsels deutlich verlangsamt wird. Der Abbiegevorgang ist wie im Bild schon eingeleitet und wird (theoretisch) noch einmal unterbrochen, um den Querverkehr zu beobachten (alles frei?). Der Winkel, bei dem sich die beiden Verkehre begegnen, ist weniger flach, so dass die direkte Sichtbeziehung besser sein sollte (also ohne Spiegel).

    Beim Radstreifen oder Hochbord-Radweg läge der Radfahrer in diesem Moment schon unter dem Lkw.

    Ob das natürlich in der Praxis funktioniert, wenn jemand halt wie gewohnt überhaupt nicht schaut, oder seine Spiegel erst in dem Moment benutzt, wo sie nicht mehr funktionieren, kann ich nicht sagen.

  • Na toll, da soll der Radverkehr verschwenkt und ausgebremst werden. Die Ampelphasen für Radfahrer werden auch deutlich kürzer als für die KFZ sein.

    Ich sehe hier auch keinen Unterschied zum Hochbordradweg.

    Solange Dummheit als plausible Erklärung ausreicht, sollte man keinen Vorsatz annehmen.

  • Warum soll der geradeaus fahrende Radverkehr »deutlich verlangsamt« werden, während der geradeaus fahrende Kfz-Verkehr mit konstanter Geschwindigkeit durchfahren kann? Das ist Diskriminierung.

    Wenn dieser Radverkehr verlangsamt und in eine Rechtskurve gezwungen wird, dann verhält er sich auf den ersten Metern so wie der rechts abbiegende Radverkehr. Das ist hochgefährlich - denn plötzlich macht dieser Radverkehr einen Schwenk nach links (ohne die Richtungsänderung mit der Hand anzuzeigen! [diese Haltung hat zumindest der gemeine Autofahrer: »der ist plötzlich nach links, ich dachte der will nach rechts«]) und landet vor der Motorhaube.

    Bei Radverkehrsführungen direkt neben dem Kfz (also ohne 1 m breite »Schutzbarrieren« oder was auch immer) wäre der Radfahrer voll im Blickfeld jedes korrekt eingestellten Außenspiegels, auch bei PKWs. Denn man sollte nicht vergessen, dass PKWs und ihre Ableger kein halbes Dutzend, sondern nur einen Außenspiegel für rechts haben.

  • Hallo,

    in letzter Zeit achte ich als Autofahrer vermehrt darauf, ob und wie ich Radfahrer beim rechts abbiegen sehe. Dieses "halb abgebogen" ist wahrlich schlecht. Im Außenspiegel sehe ich die Radfahrer nicht mehr (nur meinen Hintermann), beim Schulterblick ist der Radweg in etwa auf Höhe der B-Säule (der mittleren Säule), oder der Beifahrerkopfstütze, so dass ich auch hier nur sehr schlecht sehen kann. Eigentlich müsste mein Beifahrer (so vorhanden) den Schulterblick machen. Dazu kommt, dass zusätzlich ja oft auf querende Fußgänger geachtet werden muss, was zusätzlich Aufmerksamkeit bindet.

    Von daher ist die Führung unmittelbar parallel zur Fahrbahn aus meiner Sicht die sicherste, da so ein flüchtiger Blick in den rechten Außenspiegel reicht. Das ist für den Autofahrer der kleinste Aufwand und wird eher noch gemacht als ein Fast-Stehenbleiben mit Schulterblick.

    Stefan

  • Der Vorteil könnte sein, dass der Abbiegeverkehr bei diesem Design ebenso wie der geradeaus fahrende Radverkehr im gefährlichen Moment des Richtungswechsels deutlich verlangsamt wird. Der Abbiegevorgang ist wie im Bild schon eingeleitet und wird (theoretisch) noch einmal unterbrochen, um den Querverkehr zu beobachten (alles frei?). Der Winkel, bei dem sich die beiden Verkehre begegnen, ist weniger flach, so dass die direkte Sichtbeziehung besser sein sollte (also ohne Spiegel).

    Beim Radstreifen oder Hochbord-Radweg läge der Radfahrer in diesem Moment schon unter dem Lkw.

    Ob das natürlich in der Praxis funktioniert, wenn jemand halt wie gewohnt überhaupt nicht schaut, oder seine Spiegel erst in dem Moment benutzt, wo sie nicht mehr funktionieren, kann ich nicht sagen.

    Gibt es denn diesen Moment überhaupt, in dem "die" Spiegel nicht mehr funktionieren? Schon 2004 berichtete Spiegel-online: "Der tote Winkel ist tot", http://www.spiegel.de/auto/werkstatt…t-a-323955.html

    Und auf der Berliner ADFC-Seite habe ich diese Grafik gefunden, die zeigt, dass es den toten Winkel nicht mehr gibt am LKW, wenn der Fahrer seine Spiegel im Auge behält. Der Bereich neben der Fahrertür wird vom Rampenspiegel abgebildet und was vornerum sich bewegt, das erfasst der Fahrer im Frontspiegel.

    https://adfc-berlin.de/thumbs/stories…htfelder-ag.jpg

    Ist auf diesem Hintergrund das von Epaminaidos gezeigte Kreuzungsdesign nicht überflüssig? Zumal es sich ohnehin nur dort umsetzen lässt, wo viel Platz vorhanden ist.

    Und was bringen neue technische Verbesserungen wie der Abbiegeassistent?

    Sehr bemerkenswert und sehenswert, wenn auch nicht frei von inneren Widersprüchen, finde ich diesen Film der REWE-Group: https://www.youtube.com/watch?v=86BvB2mO5DI

    "Die Spiegel kann man ja einstellen, aber trotzdem ist da ein toter Winkel." Das sagt der Protagonist, ein LKW-Fahrer in roter REWE-Group-Jacke, in der Minute 0:42 von 2:36.

    In Minute 1:02 verschwindet die Radfahrerin, die neben dem LKW fährt, aus dem Weitwinkelspiegel. In Minute 1:07 wird dann das Kamera-Bild und der Pieps-Ton gezeigt, dass die Radfahrerin im "toten Winkel" erzeugt. In Minute 1:15 sieht man die Radfahrerin, wie sie der Fahrer im Rampenspiegel sieht. Also eigentlich gibt es diesen "toten Winkel" auch bei den konventionellen Spiegeln nicht. Aber das Kamera-Bild zeigt eine deutlichere Abbildung als der Rampenspiegel von der Radfahrerin, die neben der Tür steht. Und der Piepston, ist nicht zu überhören, während ein Rampenspiegel natürlich keinen "Pieps" macht.

    Einmal editiert, zuletzt von Ullie (25. November 2018 um 20:05) aus folgendem Grund: Ergänzung: Filmszene 1:02 mit Weitwinkelspiegel

  • Ich verstehe nicht, wie das sicherer sein soll als ein normaler Hochbordradweg (von Radfahrstreifen mal ganz zu schweigen).

    Ich verstehe nicht, welche Rolle es spielen soll.

    Alle Nas lang kommt jemand mit einer tollen Idee, diesem Konstrukt, geschützten Radfahrstreifen, größeren Breiten, Abbiegeassistenten, usw, mit der Radverkehrsführungen auf einmal sicher sein sollen. Mit so etwas wird nur Sand in die Augen gestreut. Wer es bei wem macht, ist diskutabel.

    Entscheidend ist, wie Radwege im Vergleich mit der Fahrbahn abschneiden. Bisher wurde noch kein solcher Gefunden, der es damit aufnehmen konnte. Das Prinzip ist auch einfach zu blödsinnig, oder anders herum, Verkehr auf Fahrbahnen ist einfach einfach.

  • Mir fällt an der Darstellung oben noch was auf:

    1. Bei der Einfahrt in die 30er Zone oben wird es knallen, weil die Radverkehrsführung »einfach so« in der Verengung verschwindet.

    2. Die weite Absetzung hinter den »Schutzinseln« wird ein Rechtsabbiegen der Radfahrer ohne Beachtung der Fahrbahnampel provozieren, denn man hat doch die Radwege, so weit von der Fahrbahn abgesetzt, weil ... oder etwa nicht? Und Haltelinien sind offenbar nicht vorgesehen ...

  • hat einzig und allein den Sinn, rechtsabbiegende PKW von der Geradeausspur wegzubekommen. Dass das bei Fahrzeugen, die nur mit Blick in diverse Außenspiegeln sicher bewegt werden können (LKW) gerade nicht mehr funktioniert, hat Epaminaidos dargelegt.

    Als KFZ-Führer biegt man sichersten ab, wenn mit dem Lenkeinschlag erst dann beginnt, wenn man auch losfahren kann. ansonsten bleibt man tunlichst parallel zum Sonderweg/Radweg. Oder eben nicht und beruft sich dann auf den "Toten Winkel".

  • Der Bereich neben der Fahrertür wird vom Rampenspiegel abgebildet und was vornerum sich bewegt, das erfasst der Fahrer im Frontspiegel.


    https://adfc-berlin.de/thumbs/stories…htfelder-ag.jpg

    Danke! Das Bild habe ich gesucht:

    Eigentlich müsste der Hänger noch etwas in Richtung Radweg geschwenkt werden, um einen Abbieger zu zeigen. Das ändert aber an der Sichtbarkeit des Radwegs nichts.

    Im Ergebnis: Schonmal besser. Aber immer noch viel schlechter als die klassische Führung. Und ob man diesen Bereich in dem kleinen Spiegel unten rechts tatsächlich irgendwas gut erkennt, ist noch eine ganz andere Frage...


    Komisch, dass diverse Radfahrerintiativen solche Führungen fordern.

  • In München gibt es viele Kreuzungen, die so ähnlich gestaltet sind. Den größten Sicherheitsvorteil sehe ich daran, dass man als Radfahrender mehr Zeit hat zu reagieren. Auch wenn kein Blinker genutzt wird, muss die Geschwindigkeit verlangsamt werden, bevor man einlenkt. Das bietet die Gelegenheit auf dem Fahrrad den Anker zu werfen.

    Ein anderer Vorteil ist, dass Parkstreiffen nicht in den Kreuzungsbereich gezogen werden, sondern früher enden (und man auch nicht noch davor parken kann). Das tut der Sichtbeziehung prinzipiell gut.

    Allgemein sehe ich in diesem Kreuzungsdesign kein wirkliches Heilmittel. Da würde selbst eine seltene Kontrolle von Rechtsabbiegern auf Schulterblick/Vorfahrtsbeachtung mehr bewirken.

  • Ich habe bei Twitter ja schon (vergeblich) gefragt, was an dem Vorschlag jetzt besser sein soll als an dem, was hier in München an vielen Kreuzungen aus den 60er und 70er Jahren Usus ist. Ich sehe in diesem "Schutzinsel"-Design keinen Vorteil, weil die Sicherheit auch hier einzig vom Verhalten der VT abhängig ist. Noch dazu halte ich die Leistungsfähigkeit bzgl. des Radverkehrs für sehr gering, weil sich wartende und fahrende Richtungen blockieren, wenn mehr als 2 Radfahrer je Richtung unterwegs sind.

    Besonders unangenehm finde ich solche Schutzinseln übrigens im Winter bei Schnee, weil sie exakt in der direkten Fahrlinie errichtet werden. Ich bin mal mit dem Auto über einen unter einer Schneedecke versteckten Bordstein gerumpelt...mit dem Fahrrad möchte ich das ganz sicher nicht wiederholen.

  • Besonders unangenehm finde ich solche Schutzinseln übrigens im Winter bei Schnee, weil sie exakt in der direkten Fahrlinie errichtet werden.

    Dazu kommt, dass die Radwege um diese Inseln naturgemäß schwierig exakt zu räumen sind. So kann es durchaus vorkommen, dass sich tückische Kanten unter der Schneedecke befinden und/oder Teile des Radweges nicht richtig geräumt sind.

  • 1. Bei der Einfahrt in die 30er Zone oben wird es knallen, weil die Radverkehrsführung »einfach so« in der Verengung verschwindet.

    2. Die weite Absetzung hinter den »Schutzinseln« wird ein Rechtsabbiegen der Radfahrer ohne Beachtung der Fahrbahnampel provozieren, denn man hat doch die Radwege, so weit von der Fahrbahn abgesetzt, weil ... oder etwa nicht? Und Haltelinien sind offenbar nicht vorgesehen ...

    Hier noch ein gerendertes Bild.

    Die Haltelinien sind jeweils direkt an der Fahrbahn vorgesehen. Bei der Führung hätte ein abbiegender Radfahrer mMn sogar Nachrang vor dem Abbieger. Denn der Radfahrer ist durch die Verschwenkung schon quasi abgebogen und wechselt dann auf die Fahrbahn (links im Bild).

  • Das Rendering zeigt auch, dass es keine geschützte Ampelschaltung gibt ("rundumgrün"). In meinen Augen ist das Ganze Wichtigtuerei. Der Account ist mir auch schon vor Monaten durch Arroganz und fehlende Kritikfähigkeit unangenehm aufgefallen.

  • Und so etwas kommt in der Realität dabei heraus...

    Im linken Bild ist der Umbau der Straße noch nicht ganz abgeschlossen und dieser rot gepflasterte Gehweg ist (noch) nicht benutzungspflichtig. Aus den Planungsunterlagen geht aber bereits hervor, dass beabsichtigt ist, ein [Zeichen 240] aufzuhängen.

    Das rechte Bild zeigt einen für Radfahrer benutzungspflichtigen Gehweg. Zumindest bis zu dieser Kreuzung, denn dahinter hat man sich das Z240 gespart (= Gehweg bis hinter die nächste Kreuzung, dann geht es wieder weiter mit Z240).

    Auf meine Nachfrage, warum man hier so einen Mist baut, hat man mir gesagt, dass Radfahrer so besser zu sehen sind und Rechtsabbieger noch anhalten können, um Radfahrer durchzulassen. Ihr könnt euch sicher vorstellen, wie toll das funktioniert.

    *edit: Außerdem könne man auf diese Weise den Radweg ohne Absenkung niveaugleich durchführen und man könne die Rampe für den kreuzenden Fahrbahnverkehr nicht so steil bauen und müsse den Radweg daher verschwenken.

    Auf dem linken Bild sieht man aber, dass der "Radweg" an jeder Grundstücksausfahrt abgesenkt wird.

  • Ich habe bei Twitter ja schon (vergeblich) gefragt, was an dem Vorschlag jetzt besser sein soll als an dem, was hier in München an vielen Kreuzungen aus den 60er und 70er Jahren Usus ist.

    Habt ihr hier und auf den Folgeseiten schon nachgelesen? (Ich habe das irgendwann mal verlinkt gehabt, aber - immer noch - nicht selbst gelesen. D.h. ich gehe davon aus, dass dort die Argumentation zu finden ist, aber das heißt nicht, dass ich die Sichtweise teile)

  • Auf dem linken Bild sieht man aber, dass der "Radweg" an jeder Grundstücksausfahrt abgesenkt wird.

    So lange ein Ort so einen Blödsinn baut, ist die Führung im Kreuzungsbereich ja noch eins der kleineren Probleme :)

    Habt ihr hier und auf den Folgeseiten schon nachgelesen?

    Ja, in Teil 5 werden die Ziele genannt und zum wesentlichen Teil gerissen:

    • Separate Führung - ok
    • ...zur Erhöhung der Sicherheit - mMn verfehlt
    • Reduzierung der Abbiegegeschwindigkeit - reduziert zu vorher: ja, trotzdem wieder Kurve statt Ecke gebaut.
    • Verbesserung der Sichtbarkeit - verfehlt
    • Verbesserte Wahrnehmbarkeit der Anlage - ok
    • Intuitive Führung - verfehlt: Fahrbahnampel ignorieren, Fußgängerfurt queren und im Querverkehr warten ist nicht intuitiv.
    • Einhaltung der 7 goldenen Regeln:
      • Durchgängigkeit - verfehlt wegen den Verschwenkungen
      • Breite - ok
      • Oberfläche - ok
      • Visuelle Wahrnehmbarkeit - verfehlt (s. Sichtbarkeit)
      • Direktheit - verfehlt wegen Verschwenkungen
      • Sichere Knotenpunkte - verfehlt (darum geht ja die Diskussion)
      • Separation - ok
  • Sieht so aus, als wollte jemand das Design aus den Niederlanden übernehmen. Dort ist es allerdings so, das KFZ-Rechts und Rad-Geradeaus getrennte Phasen haben, sodass der eingezeichnete ungünstige Winkel erst gar nicht auftritt (außer jemand fährt bei Rot). Rad-Links muss zweimal warten, dafür kann Rad-Rechts absichtlich frei abbiegen. Vgl. https://bicycledutch.wordpress.com/2011/04/07/sta…esign-or-is-it/ (insbesondere "Later update", was auf die Ampeln eingeht).

    So ein Design an Kreuzungen ohne Ampeln einzusetzen erscheint fahrlässig.

  • So ein Design an Kreuzungen ohne Ampeln einzusetzen erscheint fahrlässig.

    Der angebliche Vorteil der besseren Sichtbarkeit spielt bei getrennten Ampelphasen gar keine Rolle, sondern nur dann, wenn Rechtsabbieger und geradeaus fahrende Radfahrer gleichzeitig fahren. Ich verstehe auch nicht, was an diesem Kreuzungsdesign gut sein soll, sondern halte das eher für eine Verschlimmbesserung. Wenn es in den NL funktioniert, dann nur, weil Autofahrer dort eher mit Radfahrern rechnen.