Man stelle sich vergleichsweise vor, Baden, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern würden aus der Bundesrepublik Deutschland austreten und per Dekret festlegen: Als Bürger der betreffenden Länder gelten nur die, die am 25. April 1952 (Bildung des Bundeslandes Baden-Württemberg) dort ansässig waren, und deren Nachkommen. Wer nach dem Stichtag 25. April 1952 dorthin zugezogen ist, gilt nicht als Bürger des betreffenden Staates, ebensowenig wie die Nachkommen. Dann hätte meine Familie da unten keine Rechte mehr, obwohl dort seit 70 Jahren ansässig bzw. dort geboren.
... und ich auch nicht als gebürtiger Fischkopf hier in Karlsruhe ...
Die andere Seite der Medaille ist aber, dass diese Vielvölkerstaaten mit Ansiedlungspolitik eben genau das machen: Politik, und damit die originäre Bevölkerungsmehrheit zur Minderheit machen. Das war bei der UdSSR so, das ist in China heute noch so (Tibet und Uiguren, überall breiten sich die Han-Chinesen aus) und vmtl. auch in vielen anderen Teilen der Welt (Weißamerikaner versus Indianer als ein historisches Bsp. von vielen) bis hin zu uns, von der "deutschen Ostkolonisation" (große Teile der Ex-DDR waren slawisch besiedelt) bis hin zu einem gewissen Österreicher (dessen Fans versuchen das heute noch, sei's im Kaliningrader Gebiet oder auch "Binnensiedlung" in Brandenburg & Co.).
Im 19. Jhd. war der Nationalstaat ja durchaus ein von der Idee her positiver Gegenentwurf zum damals vorherrschenden Feudalstaat, wo Gebiete vererbt, verkauft oder erobert wurden, ohne sich drum zu kümmern, wer da überhaupt wohnt. Macht in die Hand des Staatsvolkes auf Verfassungsgrundlage statt Gottkönigtum etc.
Erst langsam sah man die ganzen Haken und Ösen, die damit zusammen hingen. Selbst in Gebieten, wo man klare Grenzen hätte ziehen können (die deutsch-französische Grenze auf dem Vogesenkamm war über Jahrhunderte fix und nahezu säuberlich geschieden zwischen quasi 100% dt. und 100% frz.) hat man's ja übertrieben (1871 auch französischsprachige Teile Lothringens zu Deutschland, weil da wichtige Industrie war) und hat damit gleich das Pulverfass für den nächsten Konflikt angezündet. Aber in vielen Landschaften waren die Grenzen eh fließend (In Teilen der "Ostgebieten" war glaub die städtische Bevölkerung oft "deutscher" als die eher "polnische" Landbevölkerung etc.), was dann zu größeren Problemen führt.
Und in den baltischen Staaten kommt halt hinzu, dass durch Einwanderung die Mehrheitsverhältnisse stark verfälscht wurden, was die Souveränität gefährdet hätte, während die Nichtsouveränität den Bestand der baltischen Völker langfristig gefährdet hätte, wenn ohne Souveränität weiterhin russischer Zuzug erfolgt wäre. In gewisser Weise kann man die Balten da schon verstehen, auch wenn man da langsam bessere Lösungen finden sollte, schon damit man nicht so angreifbar durch Russland ist, die sich als Helfer ihrer "eigenen" Landsleute aufspielen ... Welche Lösung das sein kann, ich weiß es derzeit auch noch nicht ... Das selbe Problem hat man auch andernorts (bspw. israel / israelische Araber / Palästina) Minderheitenschutz ist keine einfache Materie ... Vor allem wenn die Minderheit groß ist ...