Gilt VZ205 am Radweg auch für Fußgänger?

  • Folgendes Szenario:

    Rechtsseitiger Rad-/Gehweg [Zeichen 240] außerorts entlang einer Hauptstraße.

    An einer Einmündung von rechts ist keine Radverkehrsfurt markiert und stattdessen steht ein kleines [Zeichen 205]am Radweg.

    Für den Radverkehr ergibt sich daraus eine Wartepflicht gegenüber allen, die an der Einmündung ein- oder ausfahren; §9 Abs. 3 StVO schützt ihn nicht mehr.

    Gilt das gleiche jedoch auch für einen Fußgänger, der in gleicher Richtung entlang der Straße läuft oder sind Rechts- und Linksabbieger von der Hauptstraße ihm gegenüber weiterhin wartepflichtig?

  • Für Fußgänger ist [Zeichen 205] bedeutungslos.

    Abbiegende Fahrzeuge müssen den Fußgänger passieren lassen. Theoretisch.

    Innerorts auf jeden Fall, aber so wie Straßen, Kreuzungen und Kreisverkehre gestaltet sind, (VwV) ist der Gesetzgeber allerdings der Meinung, KFZ-Verkehr

    hat außerorts immer Vorrang.

  • [...] aber so wie Straßen, Kreuzungen und Kreisverkehre gestaltet sind, (VwV) ist der Gesetzgeber allerdings der Meinung, KFZ-Verkehr

    hat außerorts immer Vorrang.

    Meinst du damit die durchgezogenen Fahrbahnbegrenzungen, an denen solche Wege außerorts typischerweise enden?

    Ergibt sich daraus automatisch eine Wartepflicht für Fußgänger, wenn sie solche Linien überschreiten müssen?

  • Das VZ205 richtet sich an Fahrzeugführende. Insofern betrifft es keine Fußgänger, hier gilt § 9 Abs. 3 StVO (" Auf zu Fuß Gehende ist besondere Rücksicht zu nehmen; wenn nötig, ist zu warten"). Meiner Erfahrung nach ist das den Verantwortlichen in den Behörden selten bewusst, wenn sie so ein VZ 205 anordnen. Und bei fahrbahnbegleitenden Wegen stellt sich natürlich die Frage, ob das überhaupt zulässig ist. Denn da dürfen meiner Ansicht nach die Vorfahrtsregeln von Fahrbahn und dem danebenliegenden Weg nicht auseinander fallen (siehe auch Urteil des VG München, dort Randnummern 54 ff).

  • Deswegen werden ja außerorts die Geh/Radwege nicht Fahrbahn-begleitend gestaltet, sondern an Kreuzungen besonders abseits geführt. Und dann entsprechend beschildert, nämlich mit einem kleinen [Zeichen 205] für die Radfahrer. Typisches Beispiel einer zweitklassigen Staatsstraße als Ortsumgehung, in eine reine Anwohnerstraße, abbiegende Fahrzeuge am Tag vielleicht 100. Fahrradfahrer im Sommer am Tag geschätzt 2-4x so viele.

    VwV sagt zwar imho nix zur normalen Kreuzungsgestaltung außerorts, aber zumindest zu Kreisverkehren:

    Zu Zeichen 215:

    VI. Der Fahrradverkehr ist entweder wie der Kraftfahrzeugverkehr auf der Kreisfahrbahn zu führen oder auf einem baulich angelegten Radweg (Zeichen 237, 240, 241). Ist dieser baulich angelegte Radweg eng an der Kreisfahrbahn geführt (Absatzmaß max. 4-5 m), so sind in den Zufahrten die Zeichen 215 (Kreisverkehr) und 205 (Vorfahrt gewähren) vor der Radfahrerfurt anzuordnen. Ist der baulich angelegte Radweg von der Kreisfahrbahn abgesetzt oder liegt der Kreisverkehr außerhalb bebauter Gebiete, ist für den Radverkehr Zeichen 205 anzuordnen.
    VII. Zur Anordnung von Fußgängerüberwegen auf den Zufahrten vgl. R-FGÜ.


    Muss bekennen, die R-FGÜ kenn ich nicht.

  • Deswegen werden ja außerorts die Geh/Radwege nicht Fahrbahn-begleitend gestaltet, sondern an Kreuzungen besonders abseits geführt. Und dann entsprechend beschildert, nämlich mit einem kleinen [Zeichen 205] für die Radfahrer. Typisches Beispiel einer zweitklassigen Staatsstraße als Ortsumgehung, in eine reine Anwohnerstraße, abbiegende Fahrzeuge am Tag vielleicht 100. Fahrradfahrer im Sommer am Tag geschätzt 2-4x so viele.

    Ich halte das Verschwenken von eigentlich fahrbahnbegleitenden Radweg immer nur vor Kreuzungen und Einmündungen für rechtsmissbräuchlich. Ich behandle solche Wege in aller Regel so, als wären sie nicht benutzungspflichtig, egal wie sie ausgeschildert sind.

    Muss bekennen, die R-FGÜ kenn ich nicht.

    Die meisten Straßenverkehrsbehörden übrigens auch nicht. Und selbst wenn, dann interessiert es sie in aller Regel nicht. R-FGÜ

  • Deswegen werden ja außerorts die Geh/Radwege nicht Fahrbahn-begleitend gestaltet, sondern an Kreuzungen besonders abseits geführt. Und dann entsprechend beschildert, nämlich mit einem kleinen [Zeichen 205] für die Radfahrer.

    Der "Trick" beim "konform" nach VwV-StVO und ERA weit weg verlegtem Geh-/Radweg ist ja eben genau das, dass er nicht mehr fahrbahnbegleitend ist, sondern eigenständig. Erst so kann man ihn als Kreuzung behandeln und ihm die Vorfahrt nehmen. Dann wir daraus auch für Fußgänger ein wartepflichtiges Queren einer Fahrbahn nach § 25 statt Vorrang nach § 9.

    Setzt man das Ganze nicht konform um, weil der Weg noch zu nahe an der Straße ist (nicht Fahrbahn, s. VwV), dann scheitert der Trick aber und Fußgänger laufen parallel zur Straße mit Vorrang nach § 9, gleiches gilt eigentlich auch für Radler ggü. rechtsabbiegenden Autos von hinten, denn die sind ja nicht auf der Querstraße ... Wenn auf der Dreiecksinselfahrbahn nur solche kommen können, kann man sich das 205 auch gleich ganz sparen ... *flöt*

  • Wie ich das raushören konnte, ist es bei uns im LK durchaus Absicht und die StVB hat mich eben mit der Nase darauf gestoßen, dass die 205er da hin müssen. Auf die Antwort meiner Frage, warum es dann auch 205er innerorts und bei nicht abgesetzten Wegen gibt, warte ich noch heute.

  • Die hier zum Beispiel. Der Vorrang für Fußgänger bei abknickender Vorfahrt wird nicht in §9(3) festgelegt sondern ergibt sich durch Anlage 3 zu §42 Absatz 2

    … was ja nach meiner Erfahrung auch nur so mäßig funktioniert. Der Verordnungsgeber denkt das wohl auch und hat deshalb in die Verwaltungsvorschriften zu Zeichen 301 geschrieben:

    Zitat

    Treten im Bereich von Kreuzungen oder Einmündungen mit abknickender Vorfahrt Konflikte mit dem Fußgängerverkehr auf, ist zum Schutz der Fußgänger das Überqueren der Fahrbahn durch geeignete Maßnahmen zu sichern, z. B. durch Lichtzeichenregelung für die Kreuzung oder Einmündung oder Geländer.

  • Wie ich das raushören konnte, ist es bei uns im LK durchaus Absicht und die StVB hat mich eben mit der Nase darauf gestoßen, dass die 205er da hin müssen.

    Die ERA empfiehlt das für größere Knoten agO, nennt aber auch Bedingungen. Diese wiederum sind bei der aktuellen ERA halbwegs konform zur VwV-StVO, die ja auch Bedingungen nennt, ab wann eine Klarstellung nötig sein kann (ohne eine Richtung vorzugeben, man könnte also auch den Vorrang verdeutlichen statt zu negieren).

    Hat man beide Bedingungen nicht erfüllt, kann man sich nicht auf ERA/VwV berufen und die 205 gehören weg, da nicht StVO-konform, denn die StVO steht noch immer über VwV/ERA, die beide kein eigenes Recht setzen können.

  • Vielen Dank für die vielen Meinungen und Bestätigungen. Ich habe das mal in den zugehörigen Widerspruch mit aufgenommen. Mal gucken, wie die zuständige Behörde darauf reagiert.

    Im konkreten Fall ist der Geh-/Radweg über eine lange Strecke fahrbahnbegleitend mit einem schmalen Grünstreifen dazwischen. Erst kurz vor der Einmündung entfernt er sich dann nennenswert von der Fahrbahn, weil der Rechtsabbieger von der Vorfahrtsstraße mit großen Radius nach rechts gezogen wird. Allerdings längs nicht so stark wie in Autogenix' Beispiel.

    Das Urteil des VG München habe ich besser nicht mit in die Argumentation reingenommen, da die aktuelle Situation vor Ort sich aus meiner Sicht nicht unbedingt verbessert hat:

    Mapillary cookie policy use

    Statt [Zeichen 205] stehen dort jetzt winzig kleine [Zeichen 206] plus große Bodenmarkierung, aber immerhin ist's kein benutzungspflichtiger Weg mehr.

  • Ne, das ist real existierende Radverkehrspolitik in Bayern im 21. Jahrhundert. Aber dagegen (erneut) klagen, wird schwierig, denn die dafür notwendige Beschwer im Sinne der VwGO lässt sich ja leicht umgehen, indem den nicht mehr benutzungspflichtigen Radweg vorher verlässt oder gar nicht erst auffährt.

  • Das auf dem Mapillary-Foto ist doch wohl Irrsinn, oder?

    Was mich irritiert ist die Verwendung des Verkehrszeichens [Zusatzzeichen 1000-33] VZ 1000-33 ( https://de.wikipedia.org/wiki/Bildtafel…,_StVO_1997.svg )

    In Hannover wird es nach meiner Beobachtung nur dort angewendet, wo ein an der Bodenmarkierung deutlich erkennbarer Hochbord-Fahrradweg neben einem Gehweg angelegt ist. Manchmal war dort vorher so beschildert: [Zeichen 241-30]

    Auf dem Mapillary-Foto sieht es so aus, als sei Fußverkehr nicht vorgesehen. https://www.mapillary.com/app/?lat=48.00…191950464396285

  • Statt [Zeichen 205] stehen dort jetzt winzig kleine [Zeichen 206] plus große Bodenmarkierung, aber immerhin ist's kein benutzungspflichtiger Weg mehr.

    Das ist wahrscheinlich die sicherste Variante. Denn durch die Hecken sind die Sichtverhältnisse dort so schlecht, dass einem die StVO auch nichts mehr nützt, wenn man umgefahren wird. Unsere intelligente Stadt hat leider vor, an ähnlichen Stellen einfach [Zeichen 240] aufzustellen.

  • Die Gehwege in der Otterloher Straße in Richtung [Zeichen 206] sind doch erst 20 Meter davor für [Zusatzzeichen 1022-10] . Die gesamten Gehwege vorher in Richtung [Zeichen 206] haben kein [Zusatzzeichen 1022-10] . Wer ist so blöde und fährt für 20 Meter auf dem Gehweg, um dann einen Boxenstopp einzulegen?

  • Die Gehwege in der Otterloher Straße in Richtung [Zeichen 206] sind doch erst 20 Meter davor für [Zusatzzeichen 1022-10] . Die gesamten Gehwege vorher in Richtung [Zeichen 206] haben kein [Zusatzzeichen 1022-10] . Wer ist so blöde und fährt für 20 Meter auf dem Gehweg, um dann einen Boxenstopp einzulegen?

    Danke für den Tip eine kleine Rückwärtsfahrt auf mapillary zu machen. Ich hatte angenommen die Beschilderung, die auf dem von MTL verlinkten Foto zu sehen ist, nämlich VZ 1000-33 [Zusatzzeichen 1000-33] gilt schon vor der gezeigten Kreuzung.

    Tatsächlich gilt vor der Kreuzung Fußweg mit Radverkehr-Freigabe. Hier ist noch mal der Link von MTL:

    Und das ist der Link zu mapillary ca. 30 m davor:

    Mapillary cookie policy use

    Auf diesem Mapillary-Foto sieht man auch eine Verkehrsinsel, die wohl als Querungshilfe auch für den Radverkehr dienen soll.

    Und zwar für den Radverkehr, der in den Ort hinein fährt auf dem einseitigen Zweirichtungsradweg entlang der Landstraße, die auf den Ort zuführt.

    Vermutlich denken die Verkehrsplaner, der Radverkehr solle auf dem ca. 30m langen Fußwegstück stattfinden, zwischen der Einmündung Am Osterholz und der Verkehrsinsel, die als Querungshilfe dienen soll. Dieses Fußwegstück ist aber nur in Fahrtrichtung orts-auswärts für den Radverkehr freigegeben.

    Wer auf mapillary noch ein Stück weiter zurückfährt, der kommt an diese Stelle, an der der Bürgersteig für rund 50 m aufhört zu existieren:

    Nämlich vor dem Autohaus "Vorleitner": https://www.mapillary.com/app/?lat=48.00…437&focus=photo

    Das macht auf mich den Eindruck: Zu Fuß geht dort kein Mensch.

    Und wer noch weiter zurückfährt, der kommt an diese Stelle, die zeigt, dass für die gesamte Ortsdurchfahrt (Otterloher Straße, Münchner Straße) der Fußweg auf der Südseite für den Radverkehr in beide Richtungen freigegeben ist.

    Siehe zum Beispiel hier:

    Mapillary cookie policy use

    Oder hier:

    Mapillary cookie policy use

    Und vermutlich stört sich da auch kein Fußgänger daran, denn die Leute dort fahren ehe fast alle mit dem Auto, wenn sie ihre Grundstücke verlassen.

    Die Querungshilfe ist also auch für den Radverkehr, der auf dem Gehweg mit Radverkehrfreigabe auf der linken Seite durch den Ort fährt.