Signalgeber bei Straßen mit sehr breiter Mittelinsel

  • Ich habe eine immerhin nicht bußgeldbewehrte Meinungsverschiedenheit mit der Ordnungsmacht über eine Stelle, die so oder so ähnlich aussieht: Eine Straße mit jeweils zwei Fahrstreifen pro Richtung wird mit einer sehr breiten Mittelinsel getrennt. Für den Radverkehr ist am Straßenrand ein Signalgeber vorgesehen, wobei mir nicht klar ist, ob man mit dem Rad beim indirekten Linksabbiegen über die Mittelinsel oder links daran vorbeifahren soll.

    Ich bin der Meinung, dass die Fahrradampel für den gesamten Abbiegevorgang gültig ist. Wenn sie grünes Licht zeigt, fahre ich los und quere auch die zweite Richtungsfahrbahn unabhängig von der Farbe des dortigen Signalgebers für Fußgänger, der ja ohnehin nie für den Radverkehr gültig sein kann.

    Mein Gesprächspartner meint, der gesunde Menschenverstand sage, es handle sich um „zwei Straßen“ und der Signalgeber für den Radverkehr gelte nur für die erste Richtungsfahrbahn. Beim Überqueren der zweiten Richtungsfahrbahn müsste ich auf dem Rad die Lichtzeichen für den Fußverkehr beachten — das wäre selbstverständlich, denn es sind ja keine anderen zu sehen. Auf meine Nachfrage, warum es denn nicht einfach einen zweiten Signalgeber für Radfahrer auf der Mittelinsel gäbe, wenn doch diese Regelung beabsichtigt wäre, antwortete er mir, dass der Signalgeber ein „Konstruktionsmerkmal“ der Aufstellfläche für den Radverkehr wäre und in den RiLSA nur für diese Aufstellfläche anordnungsfähig wäre.

    Mir liegen die RiLSA leider nicht vor, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass irgendwas dagegen spricht, einen zweiten Signalgeber zu installieren, beziehungsweise grundsätzlich die Führung des Radverkehrs zu vereindeutigen.

    Für mich ist hier ganz klar, dass ich bei grünem Licht auf der Babyampel beide Richtungsfahrbahnen queren kann. Wenn man das als Behörde nicht zulassen möchte, weil man sich beispielsweise aufgrund der überdurchschnittlich breiten Mittelinsel um die Räumzeiten sorgt, dann muss eben ein zweiter Signalgeber her, aber die rote Fußgängerampel genügt keinesfalls.

    Hat jemand eine Idee, wie ich da argumentativ gegenhalten kann?

  • Wenn der Signalgeber für die zweite Richtungsfahrbahn eine reine Fußgänger- und keine Kombistreuscheibe hat und es dort auch keine Ampel für den Fahrverkehr gibt, die für dich gelten könnte, solltest du Recht haben. Ergibt sich dann aus § 37 Abs 2.

    Zitat

    Wer ein Rad fährt, hat die Lichtzeichen für den Fahrverkehr zu beachten. Davon abweichend sind auf Radverkehrsführungen die besonderen Lichtzeichen für den Radverkehr zu beachten. An Lichtzeichenanlagen mit Radverkehrsführungen ohne besondere Lichtzeichen für Rad Fahrende müssen Rad Fahrende bis zum 31. Dezember 2016 weiterhin die Lichtzeichen für zu Fuß Gehende beachten, soweit eine Radfahrerfurt an eine Fußgängerfurt grenzt.

    2016 ist schon lange vorbei. Folglich gilt für dich immer nur Rad oder Fahrbahnampel, nie Fußgängerampel.

  • Hat jemand eine Idee, wie ich da argumentativ gegenhalten kann?

    Kommt da von rechts eine Straße? Steht da eine Ampel für den Fahrzeugverkehr? Na - wie weit gilt denn deren Grün? Nur für die nach rechts führenden Fahrspuren? Oder vielleicht für die ganze Kreuzung?

    Wenn der Ordnungshüter meint, dass Du ohne neue Ampel nicht über den Mittelstreife hinaus fahren darfst, dann muss das ja auch für die Autos gelten.

  • ...wobei mir nicht klar ist, ob man mit dem Rad beim indirekten Linksabbiegen über die Mittelinsel oder links daran vorbeifahren soll....

    Gibt es denn dort überhaupt eine Radverkehrsführung? Ich kann keine erkennen.

    Ohne Radverkehrsfürhung ist da m.E. überhaupt kein Signalgeber zu beachten.

    Zitat

    § 37 StVO

    ...

    Wer ein Rad fährt, hat die Lichtzeichen für den Fahrverkehr zu beachten. Davon abweichend sind auf Radverkehrsführungen die besonderen Lichtzeichen für den Radverkehr zu beachten.

    ...

    Wer ist denn der Gesprächspartner mit dem gesunden Verstand?

    Und wie kommt man überhaupt darauf, sich darüber mit Behörden zu streiten, ohne dass es um einen Bußgeldbescheid geht? Das ist doch reine Zeitverschwendung. Fahre doch einfach, wie Du es für richtig hältst.

  • Es gibt dort eine Fußgängerfurt. Das sieht man an:

    * Dünne gestrichtelte Linie. Fahrradfurten und gemeinsame Furten haben dicke gestrichelte Linien

    * Taktile Elemente für Blinde. Das ist keine Trennung Rad/Fußverkehr.

    * Fußgänger in der Streuscheibe

    * Radfahrer-Linksabbieger-Aufstellfläche ist klar außerhalb der Fußgängerfurt

    wobei mir nicht klar ist, ob man mit dem Rad beim indirekten Linksabbiegen über die Mittelinsel oder links daran vorbeifahren soll

    Links daran vorbei. Über die Fußgängerfurt zu fahren ist eine Owi.

    Damit sollte auch klar sein, dass die Radfahrerampel für die gesamte Querung gilt.

    Vielleicht sollte mal eine Radfurt markiert werden? :)

    Beim Überqueren der zweiten Richtungsfahrbahn müsste ich auf dem Rad die Lichtzeichen für den Fußverkehr beachten

    Jein. Das Lichtzeichen gilt nur für Fußgänger, steht so unmissverständlich in der StVO. Die Radfahrerampel gilt für dich nur, wenn du auf einer Radverkehrsführung unterwegs bist, was du hier aber nicht bist. Dann gilt, soweit vorhanden, die Fahrverkehr-Ampel. Ansonsten gilt §10. Also theoretisch. Praktisch meine ich urteilen Gerichte bei Umfahrung von roten Ampel trotzdem auf Rotlichtverstoß.

    Der Querverkehr muss sich bei grün blind darauf verlassen können, dass kein erfindungsreicher Radfahrer im Weg ist. Das kannst du bei Benutzung der Fußgängerfurt am einfachsten dadurch erreichen, dass du dich an den Zeichen für die Fußgänger orientierst. Aber wenn du bei Radfahrer-Grün zügig losfährst und problemlos in den Radfahrer-Räumzeiten über die Kreuzung kommst, sehe ich da keinen Rotlichtverstoß.

    Solange Dummheit als plausible Erklärung ausreicht, sollte man keinen Vorsatz annehmen.

  • Der Querverkehr muss sich bei grün blind darauf verlassen können, dass kein erfindungsreicher Radfahrer im Weg ist.

    Nö, der Querverkehr darf nach StVO nicht einfach losfahren, sondern muß es dem Längsverkehr ermöglichen die Fahrbahn zu räumen. Und das schließt Radfahrer ein. Wenn eine langsame Oma an der Fußgängerampel nicht rechtzeitig an der anderen Straßenseite ist, darf sie auch nicht einfach umgefahren werden, wenn der Querverkehr grün bekommt. Wenn es regelmäßig Probleme gibt, das VT die Kreuzung noch nicht geräumt haben ist die zuständige Behörde gefordert , die Schaltzeiten der Ampel neu berechnen zu lassen.

  • So wie das Foto aussieht, ist die Situation doch relativ eindeutig. Das Aufsteller für die Fahrräder ist eindeutig an/auf der Fahrbahn. Wie die anderen ja schon geschrieben haben. Die Mittelinsel und die Furt sind eindeutig Fußgänger-Bereich, sowohl von der Markierung wie auch die Ampel.

    Als Radler bleibt man also auf der Fahrbahn.

    Es scheint auch keinen Radweg auf der anderen Seite zu geben, es sind zumindest keine Schilder da.

    Warum sollte ich als Radler also das Radl über eine Fußgängerfurt schieben?

  • Ein Luftbild der Kreuzung mit Darstellung aller für Radfahrer benutzungspflichtigen, freigegebenen und gesperrten Flächen (Gehwege, Fußgängerfurten) und der sich daraus ergebenden bzw. angenommenen Fahrwege könnte für die Diskussion hilfreich sein.

    Ansonsten kann man wohl davon ausgehen, dass man die Straße von der Aufstellfläche bzw. Haltlinie aus senkrecht quert, wenn es keine anderslautenden Markierungen gibt. Auf dem Foto sieht es allerdings so aus, als würde man dann geradewegs auf die Spitze der Mittelinsel zufahren, was auch die Gestaltung der Radverkehrsführung in Frage stellen würde.

    Auf jeden Fall waren die Straßenmaler kreativ mit dieser Kombination aus dem winzigsten Links-Pfeil und einem Fahrradpiktogramm, das offensichtlich für Radfahrer gedacht ist, die von rechts über die Wiese an die Kreuzung heranfahren. In den ERA sieht das irgendwie anders aus.

  • Beitrag von krapotke (30. Dezember 2020 um 11:11)

    Dieser Beitrag wurde vom Autor gelöscht (5. Januar 2023 um 10:27).
  • Wäre aus Sicht der Behörde nicht die einfachste Lösung die Radfahrerampel abzubauen und die Fußgängerampel mit kombinierten Streuscheiben auszurüsten?

    Damit Radfahrer in den Genuss der Fußgänger-Räumzeiten kommen? :thumbdown:


    Im hier diskutierten Fall geht/fährt aber niemand bei rot los.

    Betrachte das mal aus Sicht des Autofahrers im Querverkehr. Wenn dessen Ampel auf grün schaltet muss er zwar damit rechnen, dass andere Verkehrsteilnehmer noch unterwegs sind, aber er braucht nicht damit rechnen, dass noch welche dazukommen. Genausowenig wie die Oma bei rot loslaufen darf, darf ein Radfahrer auf die Fußgängerfurt auffahren, wenn der Querverkehr schon bzw. fast grün hat.

    Solange Dummheit als plausible Erklärung ausreicht, sollte man keinen Vorsatz annehmen.

  • Beitrag von krapotke (30. Dezember 2020 um 12:01)

    Dieser Beitrag wurde vom Autor gelöscht (5. Januar 2023 um 10:27).
  • Die "Trennmarkierung" ist keine solche sondern das sind Rippenplatten als Leitsystem für Blinde.

    Auf der anderen Seite mag es von rechts nach links einen Hochboard-Radweg geben, aber ob es auch einen in Fahrtrichtung gibt ist bei der fehlenden Beschilderung erst einmal auszuschließen.

    Das ein Radler auf dem Gehweg steht ist ja noch nicht wirklich ein Hinweis auf einen Radweg.

  • Beitrag von krapotke (30. Dezember 2020 um 12:25)

    Dieser Beitrag wurde vom Autor gelöscht (5. Januar 2023 um 10:26).
  • Keine mit Benutzungspflicht. Also ist auch dann fahrbahnradln schlüssig und der Weg des Radlenden geht auf der Fahrbahn über die Kreuzung.

    Die Aufstellfläche ist doch eindeutig markiert, warum sollte ein Radler dann quer zum Fußgängerfurt fahren?

  • Genausowenig wie die Oma bei rot loslaufen darf, darf ein Radfahrer auf die Fußgängerfurt auffahren, wenn der Querverkehr schon bzw. fast grün hat.

    Die Oma darf aber noch 0,0001 s bevor es rot wird loslaufen. Bei den Räumzeiten von Fußgängerfurten wird aber nicht mit langsamen Omas mit 0,5 m/s gerechnet sondern mit zügigen Fußgängern mit 1m/s. So das es eine Wahrscheinlichkeit > 0 gibt , das eine langsame Oma sich noch auf der Fußgängerfurt befindet, wenn der Querverkehr grün bekommt. Solange die zu beachtende Ampel grün ist und es nicht zu erwarten ist, das man durch anderen Verkehr vom zügigen Überqueren der Kreuzung abgehalten wird,darf man in die Kreuzung einfahren bzw gehen. Wenn es grün wird darf man sich aber nicht darauf verlassen, das die Kreuzung auch frei ist.

  • Dein Argument mit dem Querverkehr verstehe ich nicht so ganz.

    Und nicht nur du.

    Es ging ursprünglich um die Frage, ob man als Radfahrer, wenn man die Fußgängerfurt nutzt, die Lichtzeichen für die Fußgänger beachten müsste.

    Um die Frage zu beantworten, muss man die Situation aus Sicht des PKW-Querverkehrs betrachten.

    Wenn der PKW grün bekommt, muss er im Regelfall auch freie Bahn haben. Typische Ausnahme ist natürlich der Opa mit Gehwagen, der noch paar Schritte bis zur anderen Seite braucht. Jedenfalls darf kein neues Hindernis mehr unerwartet auftauchen, weil es sonst zu Unfällen kommt.

    Wenn in dem Moment wo der Autofahrer grün bekommt, noch ein Radfahrer auf die Fußgängerfurt rauf, kann das schnell zum Unfall führen.

    Das kann aber nur dann passiert sein, wenn die Fußgängerampel bereits einige Zeit auf Rot stand, der Radfahrer also nicht an der Fußgängerampel orientiert hat. Und dann ist das auch ein Rotlicht-Verstoß durch den Radfahrer. Vermutlich wird nämlich auch die Radfahrer- bzw. Fahrverkehrs-Ampel rot gewesen sein.

    Ergo sollten sich Radfahrer auf der Fußgängerfurt an der Fußgängerampel orientieren, auch wenn die Ampel gar nicht für sie gilt.

    Aber: Wenn sich der Radfahrer an der Radampel orientiert hat und rechtzeitig vor Querverkehr-Grün über die Furt rüber ist, sehe ich keinen Rotlichtverstoß, auch wenn die Fußgängerampel rot zeigte.

    Solange Dummheit als plausible Erklärung ausreicht, sollte man keinen Vorsatz annehmen.