30. August: Fahrradgroßkontrolle am Alsterglacis

  • Das ist ein Ansatzpunkt. Von Radlern wird verlangt, was man selbst von Fußgängern nicht fordert.

    Und ein OLG-Urteil wird es nicht geben, eben weil es so schwer ist, den Fall so weit zu treiben.

    Der richtige Ansatz wäre es, die StVO entsprechend zu ändern. Das wird mangels Interesse der VW-Minister aber nicht geschehen.

    bye
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  • Die Geldbuße als Fußgänger beträgt gerade mal 5€.

    Der Radfahrer, der im Gegensatz zum Fußgänger sehr viel schneller die Kreuzung gequert hat, muss aber 60€+1P zahlen.

    Für denselben Verstoß.

    Der Autofahrer der bei früh-gelb noch fährt zahlt für den Verstoß: Nichts. Weil ist ja legal.

    Ich finde Countdown-Ampeln sehr angenehm. Es dürfte mit heutiger Technik auch nicht sonderlich teuer oder aufwendig sein. Meinetwegen auch so, dass man bei "0" die Kreuzung verlassen haben sollte, weil dann anderer Verkehr Grün bekommt.

    Solange Dummheit als plausible Erklärung ausreicht, sollte man keinen Vorsatz annehmen.

  • Die Regelung, dass bei Radfahrampeln das Gelb fehlen darf, gehört geändert.

    Wenn man dann Fußgängerampeln nicht einfach per Streuscheibe zu Kombiampeln machen kann, ist das eben so. Zur Not spendiert man denen halt auch ein Gelblicht.

    bye
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  • Die Gelbphase fehlt in der Regel bei den kombinierten Fußgänger- und Radfahrampeln. Ist da die Reaktion der Polizeibeamten nicht erst recht übertrieben? Wo die Räumzeiten dort auf die deutlich langsameren Fußgänger ausgelegt ist? Noch ein Grund mehr innerhalb der fiktiven Gelbphase nicht auf einem Rotlichverstoß zu bestehen.

    Ohne fiktive Gelbphase kann ich so langsam an die Ampel heranfahren wie ich will, es gibt immer eine Reaktionszeit, sagen wir mal von 0,5 bis 1 Sekunde, in der ich erstmal ungebremst weiterfahre und möglicherweise den Rotlichtverstoß begehe, wenn Rot Rot ist. Da wäre die einzige Möglichkeit tatsächlich, trotz Grün die nächste Grünphase abzuwarten.

  • die Hamburger Fahrradstaffel nimmt nach eigener Aussage ja schon großzügige "virtuelle Gelbphasen" an. Und zieht nur die Radfahrer raus, die nach Meinung der Beamten die virtuelle Gelbphase verpasst/missachtet haben. Auch dann wirft man im Zweifel meist keinen qualifizierten Rotlichtverstoß vor.

    Die Rücksichtnahme auf die "virtuelle Gelblichtphase" ist schon eine Ermessensentscheidung nach OWi-Gesetz, auf die auch in den Antworten des Bundesministeriums hingewiesen wird.

    Und vermutlich hat die Richterin am AG sich gesagt: "na wenn die Rennleitung schon den deutlichen Rotlichtverstoß geahndet hat, dann wird da was dran sein", hat sich auf eine Einstellung durch die Rennleitung "verlassen".

  • die Hamburger Fahrradstaffel nimmt nach eigener Aussage ja schon großzügige "virtuelle Gelbphasen" an. Und zieht nur die Radfahrer raus, die nach Meinung der Beamten die virtuelle Gelbphase verpasst/missachtet haben. Auch dann wirft man im Zweifel meist keinen qualifizierten Rotlichtverstoß vor.


    Die Rücksichtnahme auf die "virtuelle Gelblichtphase" ist schon eine Ermessensentscheidung nach OWi-Gesetz, auf die auch in den Antworten des Bundesministeriums hingewiesen wird.

    Und vermutlich hat die Richterin am AG sich gesagt: "na wenn die Rennleitung schon den deutlichen Rotlichtverstoß geahndet hat, dann wird da was dran sein", hat sich auf eine Einstellung durch die Rennleitung "verlassen".

    Tja — ich hatte es hier ja schon mal geschrieben, in dem Bericht beim NDR behauptete damals einer der Beamten, es würden nur deutliche Rotlichtverstöße von mehr als drei Sekunden geahndet. Wenn man die Kontrolle unter dieser Prämisse anlegt, braucht man natürlich keine geeichte Stoppuhr, sondern verlässt sich auf das Zeitgefühl der Beamten und nimmt dann halt auch Radfahrer mit, die nach 2,5 Sekunden über rotes Licht gefahren sind.

    An dieser Stelle noch mal die Frage: Wie groß ist wohl die Wahrscheinlichkeit, dass ich vorsätzlich im Vollbesitz meiner geistigen Kräfte nach drei Sekunden über eine rote Ampel sause? Bonus: Wie groß ist wohl die Wahrscheinlichkeit für ein Manöver bei Malte Hübner, wenn er auch noch weiß, dass nebenan gerade die Beamten ihre Beobachterposition eingenommen haben?

    Das passt doch alles vorne und hinten nicht.

    Zusammen mit den ganzen Rückmeldungen über Facebook und andere Wege habe ich das Gefühl, dass da mehrfach Verstöße unter einer Sekunde geahndet wurden, also das, was das Bundesministerium in seiner Antwort auch nicht unbedingt gutheißt, weil der bebußte Radfahrer sein Fehlverhalten nicht erkennen könnte, weil es nunmal abwegig wäre, sich mit dem Rad in Schrittgeschwindigkeit einer grünen Ampel zu nähern.

  • Ein Detailproblem liegt darin, wie der bundeseinheitliche Tatbestandskatalog abgefasst ist. Beim Gelblichtverstoß gibt es nur die Variant "Obwohl eine gefahrlose Bremsung möglich gewesen wäre, ..." Der Polizist kann da gar nicht erst etwas anderes zur Anzeige bringen, es geht nicht.

    Dasselbe wäre beim Rotlichtverstoß für Radfahrer auch anzubringen, damit wäre dies geklärt. Leider fehlt diese Klarstellung.

  • Ich bin nun mal gemäß der Prämisse, mich mit Schrittgeschwindigkeit an grüne Ampeln anzunähern, nach Hause gefahren. Ziel war, die vom Amtsgericht Hamburg präferierten Verkehrsregeln umzusetzen, ohne das jetzt allzu sehr ins Lächerliche zu ziehen.

    Das Ergebnis ist eher ernüchternd: Die beiden abbiegenden Kraftfahrerinnen, denen ich begegnet bin, wussten angesichts meiner Bremsung nicht so richtig, ob ich nun stehenbleibe oder nicht, so dass die Nummer schon geradezu prädestiniert ist, um in einen Abbiegeunfall zu geraten. Einmal wurde ich vom örtlichen Pizzadienst beinahe über den Haufen gefahren, aber da ich glücklicherweise mit Schrittgeschwindigkeit unterwegs war, ist mir und Brompti nichts passiert.

    Da es praktischerweise leicht nieselte, musste ich das Video gar nicht erst anonymisieren:

    https://youtu.be/yAB_3lpZogo

    Ich habe dabei ein paar Dinge feststellen müssen:

    1. Mit Schrittgeschwindigkeit an grüne Ampeln heranzufahren ist absolut weltfremd. Das macht kein Mensch, das erwartet außer der Polizei und dem AG Hamburg offenbar auch niemand.
    2. Weil niemand mit Schrittgeschwindigkeit vor grünen Ampeln rechnet, ergeben sich zwei Probleme:
      1. Nachfolgende Radfahrer donnern einem hinten rein, weil eben kein Mensch mit Bremsungen und Schrittgeschwindigkeit bei einer grünen Ampel rechnet.
      2. Man provoziert Unfälle mit abbiegenden Kraftfahrern, die angesichts meiner Bremsung, beziehungsweise meiner langsamen Geschwindigkeit überhaupt nicht abschätzen können, ob ich nun stehenbleibe oder nicht. Eine der Kraftfahrerinnen zeigte sich hinter der Windschutzscheibe schon hinreichend fassungslos. Man braucht nicht viel Fantasie, um sich den passenden Abbiegeunfall vorzustellen.
      3. Zusatzproblem: Wie wird im Zivilrecht mein Abbremsen auf Schrittgeschwindigkeit gewürdigt? Kann ich mir mein kaputtgefahrenes Rad noch von der gegnerischen Versicherung regulieren lassen, wenn der abbiegende Kraftfahrer angesichts meiner Bremsung glauben musste, ich verzichtete auf meine Vorfahrt? Das wird langsam wirklich absurd.
    3. Ich kann nicht abschätzen, wie es um die Ampelphasen bestellt ist. Wirklich nicht. Das geht an der Kieler Straße in Hamburg, wenn ich 3,5 Jahre lang Tag für Tag dort langfahre, das geht aber schon im Anschluss an die Kieler Straße nicht mehr, wenn ich unterschiedliche Kombinationen von Teilstrecken zurücklege.
      1. Hier in Kiel kenne ich die morgendliche Ampelschaltung auf dem Weg zur Arbeit ungefähr — ich weiß aber beispielsweise nicht, wann ich am Dreiecksplatz bei rotem Licht ankomme und wie lange die dortige Ampel noch grün zeigt. Das entsprechende Ampelprogramm scheint noch von weiteren Parametern abhängig zu sein.
      2. Wenn ich mich abends durch verschiedene Teilstrecken zurück nach Hause bummle, gerate ich in verschiedene Umläufe und kann überhaupt nicht abschätzen, wann die nächste Ampel wohl grünes oder rotes Licht zeigen wird, jedenfalls nicht nach fünf Monaten in Kiel. Ich bin zwar heute „nur“ stur den Westring geradeaus gefahren, aber ehrlich: Die Ampelschaltung habe ich einfach nicht drauf. Ich weiß es nicht.
    4. Jedes Hindernis, seien es falsch parkende Kraftfahrzeuge, Fußgänger, Luftreiniger oder Busse an Bushaltestellen, unachtsam abbiegende Kraftfahrzeuge, Geisterradler, Schlaglöcher, was auch immer, alles, was meine Fahrt verlangsamt oder unterbricht, reißt mich auch aus meinem Umlauf an der nächsten Kreuzung raus. Wenn ich mich vorher um drei Falschparker herumdrücken muss, erwische ich die nächste Ampel womöglich bei rotem Licht, die ich sonst immer bei grün passiert habe.
    5. Ich kann nicht gleichzeitig auf Schrittgeschwindigkeit abbremsen, den Signalgeber für den Radverkehr im Blick haben und auf abbiegende Kraftfahrer achten. Das geht nicht. Dann muss ich absteigen und schieben, so viel Kapazität hat mein Gehirn einfach nicht. Entweder konzentriere ich mich auf den Signalgeber, um unbedingt auf jeden Fall vor rotem Licht zum Halten zu kommen, oder ich konzentriere mich auf abbiegende Kraftfahrzeuge.
    6. Im Zusammenhang mit dem ganzen Blabla, welcher Signalgeber überhaupt für den Radverkehr gilt, ist es zwar mittlerweile einfacher als noch vor zwei Jahren, aber immer noch nicht besonders toll: Bevor ich mich an die Beobachtung eines grün zeigenden Signalgebers mache, muss ich erst einmal feststellen, welcher denn überhaupt für den Radverkehr gilt.

    Und zum Schluss frage ich mich tatsächlich: Hätte ich damals die Kontrollstelle artig mit Schrittgeschwindigkeit oder gar schiebend passiert, um nicht über rotes Licht zu fahren, hätten mich die Beamten dann nicht erst recht angehalten? Noch auffälliger kann man ja kaum fahren.

  • Volle Zustimmung. Und in einem rechtsstaatlichen Verfahren müsste sich eine Richterin das alles anhören und angucken und qualifiziert dazu Stellung nehmen.

    Auf die Replik zu 2.2 und 2.3 wäre ich gespannt. Denn die Obrigkeit predigt doch: »eindeutig fahren, so dass die anderen erkennen können, was du vorhast«.

  • Auf dem Wasser gibt es aus genau diesem Grund eine Kurshaltepflicht für denjenigen, der einem anderen Boot/Schiff nicht ausweichen muss: Er soll für den Ausweichpflichtigen berechenbar bleiben und muss daher seinen Kurs und Geschwindigkeit beibehalten. Die Auslegung, man müsse sich einer grünen Ampel so langsam nähern, dass man bei Umschalten auf rot sofort anhalten könnte, ist weltfremd und physikalisch unmöglich.

    Den Tatbestand "bei gelbem Licht noch gefahren, obwohl rechtzeitiges Bremsen möglich gewesen wäre" gibt es doch auch nur, damit es keine Diskussion um Rotlichtverstöße direkt nach Umschalten der LSA auf rot gibt. Oder sind Fälle bekannt, dass das Fahren bei gelbem Licht schon mal geahndet wurde? Außer vielleicht bei Auffahrunfällen, wenn der Vordermann bremst, aber man selbst noch Gas gibt, um bei gelb rüber zu kommen.

    Man kann also immer davon ausgehen, dass jemand, der bei rot fährt, noch genug Zeit hatte, bei gelb zu bremsen und anzuhalten. Wenn es keine Gelbphase gäbe, müsste man genauso eine Karenzzeit einräumen, bei der man noch bei rot fahren dürfte. Erst durch das gelbe Licht wird es eindeutig: Rot ist rot, weil davon niemand überrascht wird und weil es ausreichend Zeit zum Anhalten gab.

  • Auf dem Wasser gibt es aus genau diesem Grund eine Kurshaltepflicht

    die aber nur solange gilt, bis man selbst für sich entscheidet, dass der letzte mögliche Zeitpunkt etwas zu unternehmen gekommen ist. (Manöver des letzten Augenblicks) Und das ganze gilt nur bei guter Sicht. Klugscheißmodus aus ;)

  • Wie hat man dir nachgewiesen, dass du noch hättest bremsen können? (Frage aus Interesse)

    Polizei hat immer Recht. Beweis ist somit erbracht.

    Die standen zwar (laut Maltes Aussage) unter der Brücke und hatten damit einen sehr begrenzten Blickwinkel. Aber: Polizei hat immer Recht.

    Außerdem ist das vollkommen egal. Dass die Ampel Rot zeigte ist unbestritten. Und man muss im Zweifel mit Schritttempo an die Ampel ranfahren, um noch rechtzeitig halten zu können.

    Solange Dummheit als plausible Erklärung ausreicht, sollte man keinen Vorsatz annehmen.

  • Ich meinte bei deinem Gelblichtverstoß, Gerhart

    Antwort passt trotzdem: Polizei hat immer Recht. Tatsächlich war es auch so. Vielleicht war's auch schon Rot, keine Ahnung, ich war in dem Moment mit dem Auto überfordert und abgelenkt.

    Keine Rechtsmittel eingelegt, einfach bezahlt.

    Solange Dummheit als plausible Erklärung ausreicht, sollte man keinen Vorsatz annehmen.