Hamburg - Unfälle mit Radfahrern

  • Wahnsinn. Man kommt sich ja vor, als ob man in einem Esoterik-Forum für Impfungen geworben hätte ...

    Ihr scheint ja echt ein gutes Detailwissen zu dem Unfall und den resultierenden Verletzungen zu haben, um gleich kategorisch auszuschließen, dass ein Helm die Schwere der laut des Artikels lebensgefährlichen Kopfverletzungen gemildert hätte.

    Ich bin ja im Alltag auch meist ohne Helm unterwegs, jedoch mehr aus praktischen und stilistischen Gründen und nicht weil ich ihn als Teufelswerk der Auto- und Versicherungsindustrie sehen würde.

    Bestimmt hättet ihr dem Kollegen in folgendem Video aber auch erklärt, dass er nicht über den Lenker gegangen wäre, wenn er bloß nicht die schwere Styropor-Schale auf dem Kopf gehabt hätte:

    https://youtu.be/Gs6ldwXx9Ps?t=271

  • Ihr scheint ja echt ein gutes Detailwissen zu dem Unfall und den resultierenden Verletzungen zu haben, um gleich kategorisch auszuschließen, dass ein Helm die Schwere der laut des Artikels lebensgefährlichen Kopfverletzungen gemildert hätte

    Äpfel und Birnen und Strohmann.

    Wir wissen natürlich nicht, ob dieser eine Fall tatsächlich das gefundene Korn des blinden Huhnes hätte sein können. Woher auch? Das bestreitet aber hier auch niemand. Wenn ich da falsch liege, hätte ich gerne einen konkreten Beleg, ein konkretes Zitat aus diesem Thread dafür, daß das jemand in diesem Thread für diesen einen Fall ausschloß.

    Wir haben lediglich die Fakten aus der Meta-Ebene: Fahrradhelme haben in der Gesamtschau keine nachweisbare Wirkung bezüglich der Senkung/Vermeidung schwerer Kopfverletzungen bei Fahrradfahrern. Das ist das exakte Gegenteil von Esoterik. Wenn sie also trotzdem erwähnt werden, obwohl es dafür keine Faktenbasis gibt, sollte man nach den Gründen fragen. Und diese mutmaßlichen Gründe zumindest in Frage stellen.

    Bestimmt hättet ihr dem Kollegen in folgendem Video aber auch erklärt, dass er nicht über den Lenker gegangen wäre, wenn er bloß nicht die schwere Styropor-Schale auf dem Kopf gehabt hätte:

    Wie kommst Du darauf, daß wir das bestimmt getan hätten?

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    Peter Viehrig

    "Glaube ist die Überzeugung, dass etwas wahr ist, weil die Belege zeigen, dass es falsch ist."
    (Andreas Müller)

    Einmal editiert, zuletzt von Peter Viehrig (19. Mai 2021 um 11:26)

  • https://injuryprevention.bmj.com/content/18/1/27.short

    Also dieses Abstract hier behauptet, eine Schutzwirkung wäre deutlich nachweisbar. Aus der Zusammenfassung ist rein der medizinische Fall als Grundlage herangezogen, damit wäre die (möglicherweise?) höhere Anzahl an verunfallten Helmträgern hier nicht bewertet.

    Dennoch hätte der einzelne Fahrradfahrer dann einen Anreiz einen Helm zu tragen: wenn bei mehr Helmträgern mehr Radler umgefahren werden, dann ist für den Einzelnen das Ziel unversehrt (oder wenigstens mit weniger Schäden) aus dem Unfall herauszukommen richtig.

  • wenn bei mehr Helmträgern mehr Radler umgefahren werden

    Dafür gibt es keinen Beleg. Das einzige, was es tatsächlich gibt, sind Indizien, die darauf hindeuten, daß *Helmträger* mehr gefährdet sind und werden. Das ist dann aber auch nur ein Nullsummenspiel - bestenfalls.

    Und es gibt Belege, daß die Einführung einer Helmpflicht unter den verbleibenden, nunmehr behelmten Fahrradfahrern das Verletzungsrisiko und auch das Kopfverletzungsrisiko erhöht.

    Das Abstract ist zunächst nicht mehr als eine Behauptung. Man müßte sich die Studie selbst ansehen. Dafür werde ich gewiß keine 34€ hinlegen.

    Ich habe auch ein Abstract (einer von der Hannelore-Kohl-Stiftung finanzierten Studie übrigens), welches das Gegenteil nahelegt:

    https://www.egms.de/static/en/meet…4dgnc0134.shtml

    There was no significant difference concerning the level of head-trauma due to bicycle accident between cyclists wearing a helmet and others.

    Wenn es etwas gäbe, daß die Schutzwirkung von Helmen mit meßbaren Tatsachen belegt, wäre das längst frei zugänglich veröffentlicht, denn das Interesse, Helme zu propagieren und deren Nutzung zu verbreiten, ist allenthalben sicht- und spürbar.

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    Peter Viehrig

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    (Andreas Müller)

  • Irgendwie erschließt sich mir nicht, wie der Unfall passiert sein soll. Der Radler wurde seitlich gerammt und Abbiegen kann man an der Stelle (GoogleMaps), wo das Auto mit gerade Reifen steht, nicht mehr.

    Das sieht doch vielmehr nach einem Rotlicht-Unfall aus. :/

    Ja, das sieht komisch aus. Eventuell fuhr der Fahrradfahrer auf der Fahrbahn und der Zusammenstoß passierte ganz zu Beginn des Abbiegvorgangs?! Aber wie man, dann den Fahrradfahrer übersehen kann... Oder das Auto wurde nach dem Unfall schon wieder bewegt. Immerhin sieht man auf dem Foto auch einen Ford, der da entgegengesetzt der Fahrtrichtung steht.

    Es ist auf jeden Fall eine gemeingefährliche Ecke. Ich saß schon zweimal in einem Bus, dessen Fahrer Radfahrende beim Abbiegen übersehen haben. Einmal hat der Fahrradfahrer eine Vollbremsung hingelegt, einmal der Busfahrer.

  • Die Kohl-Stiftungs-Studie sagt aber, dass Kopfverletzungen bei Fahrradfahrern häufiger auftreten als beim Putzen, Autofahren, Tanzen und am Arbeitsplatz. Das ist meiner Ansicht nach keine Untersuchung, die zeigt, dass Fahrradhelme einen Einfluss auf die Kopfverletzungen haben.

    Wohingegen in der von mir verlinkten Studie eben explizit ausgeführt wird: Helme führen beim Radfahren zu weniger schweren Gesichts- und Kopfverletzungen, ein Einfluss auf Halsverletzungen war nicht zu erkennen.

    Dorten RE: Hamburg - Unfälle mit Radfahrern steht noch, alle Paper wären wertlos weil voller methodischer Fehler. Das sieht hier auf den ersten Blick zunächst nicht so aus.

  • Dorten RE: Hamburg - Unfälle mit Radfahrern steht noch, alle Paper wären wertlos weil voller methodischer Fehler. Das sieht hier auf den ersten Blick zunächst nicht so aus.

    Dazu bräuchte man auch das Paper selbst, um das hier konkret zu beurteilen.

    Im übrigen schrieb ich:

    Be the first. Zeige mir die Studie (und nicht einen Artikel darüber, der irgendetwas behauptet) und ich zeige Dir den methodischen Fehler, der sie wissenschaftlich wertlos macht.

    Also zeige mir die Studie. Nicht das Abstract, keinen Artikel über die Studie, kein Interview mit einem Studienteilnehmer oder -verfasser. Zeige mir die Studie. Und dann gucke ich mir die mal an.

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    Peter Viehrig

    "Glaube ist die Überzeugung, dass etwas wahr ist, weil die Belege zeigen, dass es falsch ist."
    (Andreas Müller)

  • Beitrag von Th(oma)s (19. Mai 2021 um 14:03)

    Dieser Beitrag wurde vom Autor gelöscht (19. Mai 2021 um 14:09).
  • Wobei ich die nachträgliche Erweiterung auf "ich mag kein Abstract" aus "keine Artikel, in denen der Redakteur noch einmal den Inhalt verändert hat" nicht großartig finde.

    Ich hatte geschrieben, zeige mir die Studie. Ich habe noch eine Menge nicht aufgezählt, was alles nicht stattdessen gezeigt werden soll, Blogartikel z.B. Und ja, bei bmj.com gibt es einen Link, der mich zur einer 34€-Forderung führt. Und die zu zahlen, war und bin ich nicht bereit.

    Von Sci-Hub habe ich schon bei methodisch inkorrekt gehört, es aber noch nie genutzt. Daß die Arbeit dort "frei zugänglich" entgegen der Lizenbedingungen des Veröffenlichers zu finden ist, war mir also nicht bekannt. Auf die Idee kam ich gar nicht.

    Sorry, ich komme nicht aus der Wissenschaft. Und ich führe auch keine wissenschaftliche Tätigkeit aus, arbeite auch an keiner Universität oder Fachhochschule, weshalb mir auch ein DOI in diesem Zusammenhang bis eben unbekannt war.

    Also, ich werde mir das heute oder morgen abend in aller Ruhe ansehen. Danke für den Link. Mal gucken. Bin gespannt, ob die z.B. Betrunkene sicher aus ihrer Studie ausgefiltert haben.

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    Peter Viehrig

    "Glaube ist die Überzeugung, dass etwas wahr ist, weil die Belege zeigen, dass es falsch ist."
    (Andreas Müller)

  • Wahnsinn. Man kommt sich ja vor, als ob man in einem Esoterik-Forum für Impfungen geworben hätte ...

    Ihr scheint ja echt ein gutes Detailwissen zu dem Unfall und den resultierenden Verletzungen zu haben, um gleich kategorisch auszuschließen, dass ein Helm die Schwere der laut des Artikels lebensgefährlichen Kopfverletzungen gemildert hätte.

    Unabhängig von der Frage, ob ein Helm die Unfallfolgen gemindert hätte, beschäftigt sich der Artikel erst gar nicht mit der Frage, ob Notfall-Assistenzsysteme den Unfall komplett hätten verhindern können. Was ja wohl noch erstrebenswerter ist.

    Beides ist nicht vorgeschrieben. Der Helm nicht, und ein Notbremsassistent oder ein Spurhalteassistent oder ein intelligenter Geschwindigkeitsassistent ebenfalls nicht.

    Warum wird aber über den fehlenden Helm spekuliert. Über die möglicherweise ebenfalls fehlenden Assistenzsysteme aber nicht?

  • Zitat

    Also, ich werde mir das heute oder morgen abend in aller Ruhe ansehen. Danke für den Link. Mal gucken. Bin gespannt, ob die z.B. Betrunkene sicher aus ihrer Studie ausgefiltert haben.

    Kein Stress, wir sind ja nicht in Eile. Einige Dinge bestätigen sich hervorragend (ohne jetzt vorgreifen zu wollen, aber Helmträger hatten mehr andere Verletzungen). Nur scheint eben der Kopf tatsächlich wirksam geschützt.

  • ! Aber wie man, dann den Fahrradfahrer übersehen kann...

    Ich kann dir aus Erfahrung (als Radfahrer mit riesigem Lastenrad) sagen: Es geht.

    „Zeigen wir dem staunenden Ausländer einen neuen Beweis für ein aufstrebendes Deutschland, in dem der Kraftfahrer nicht nur auf den Autobahnen, sondern auf allen Straßen durch den Radfahrer freie, sichere Bahn findet.“ (Reichsverkehrsministerium, 1934)

  • https://injuryprevention.bmj.com/content/18/1/27.short

    Also dieses Abstract hier behauptet, eine Schutzwirkung wäre deutlich nachweisbar. Aus der Zusammenfassung ist rein der medizinische Fall als Grundlage herangezogen, damit wäre die (möglicherweise?) höhere Anzahl an verunfallten Helmträgern hier nicht bewertet.

    Ich versuche mich einfach an einer Kritik:

    Den Hauptkritikpunkt hast Du ja genannt. Die Risikokompensation wird ausgeblendet.

    Es wird eine "fully adjusted OR" genutzt. Eigentlich ist eine odd ration recht einfach aus 4 Zahlen zu berechnen. Ich weiß nicht, was es da zu adjusted gibt. Die genannten Verhältnisse sich aber durch das Adjusten besser für den Helm geworden. Nachtigall ...

    Bei 39 % ist nicht klar, ob ein Helm getragen wurde. Das wurde von den Autoren als unbedeutend abgetan. Ein Singvogel hat mir aber gezwitschert, dass es einem Helmträger viel leichter fällt, seinen Helm nicht auszusetzen, als einem Nichthelmträger, seinen Nichthelm nicht auszusetzen.

    Auch ist die Altersstruktur interessant. Nur etwa jedes achte verunfallte Kind hat einen Helm getragen. Dagegen etwa jeder dritte Erwachsene. Oder anders ausgedrückt: Erwachsene sind hauptsächlich Rennradfahrer und mit Helm ausserorts unterwegs. Ausserorts beträgt die Wirksamkeit der Helme übrigens gute 85 %! Helme werden halt viel besser, wenn man den Ort verlässt. Oder es werden einfach zwei gänzlich andere Unfalltypen verglichen und es dem Helm zugeschrieben.

  • Ich fange mal vorne an: für mich ist die Studie hier passend, weil ich das Argument "Helme helfen nicht gegen Kopfverletzungen" gerne aus der Welt geräumt sähe. Das Argument ist mir nicht gefällig, weil die Ingenieursarbeit, die in einen Helm gegangen ist, damit einfach als nutzlos beiseite gewischt wird. Gefällt mir nicht.

    Ich schrieb (hoffentlich deutlich genug) auch schon oben, dass ich die "restliche" Argumentation (von mir unvollständig wiedergegeben als "Helmträger verhalten sich riskanter oder risikobereiter", "Helmträger werden von Anderen häufiger angefahren" und "Helme schützen nicht vor Unfällen") damit überhaupt nicht angreifen will.

    Vielleicht als persönliche Anekdote: Im Straßenverkehr brauche ich keinen Helm, ich trage aber einen wenn ich im Gebirge Mountainbike oder wenn ich mit den Hunden Trails fahre. In den beiden letzten Fällen sind die Unfälle "Gegenstand kracht gegen Kopf" nicht auszuschließen.

    So, und nu verteidige ich weiter das Paper:

    Bei 39 % ist nicht klar, ob ein Helm getragen wurde. Das wurde von den Autoren als unbedeutend abgetan. Ein Singvogel hat mir aber gezwitschert, dass es einem Helmträger viel leichter fällt, seinen Helm nicht auszusetzen, als einem Nichthelmträger, seinen Nichthelm nicht auszusetzen.

    Als Gegenargument sei vorgetragen, dass haben die Authoren gar nicht als unbedeutend abgetan:

    However, helmet status was not completed for 39% (n¼5419) of the registered injured cyclists. In a logistic regression, a case-complete analysis (ie, excluding subjects with missing data) is said to be robust to ‘not missing at random’ data. Accordingly, we excluded subjects with missing helmet status from the analysis, leaving 8373 subjects.

    Die wurden für die Auswertung einfach nicht berücksichtigt, weil eine wichtige Information nicht vorhanden war. Damit gehen die Betroffenen auf keiner Seite der Auswertung falsch ein. Halte ich für den richtigen Ansatz zur Bewertung.

  • Vielleicht als persönliche Anekdote: Im Straßenverkehr brauche ich keinen Helm, ich trage aber einen wenn ich im Gebirge Mountainbike oder wenn ich mit den Hunden Trails fahre. In den beiden letzten Fällen sind die Unfälle "Gegenstand kracht gegen Kopf" nicht auszuschließen.

    Klassische Risiko(über?)kompensation.

  • Klassische Risiko(über?)kompensation.

    Vielleicht?

    "Steine von oben" kommen leider relativ häufig vor. Alles zu überlaufen. Ast ins Gesicht kommt auch vor. Aber ist es Überkompensation, wenn man persönliche Schutzausrüstung benutzt? Meistens passiert ja auch im Stahlwerk nichts, trotzdem ist ein Handschuh vielleicht eine gute Idee und so.

  • Vielleicht?

    "Steine von oben" kommen leider relativ häufig vor. Alles zu überlaufen. Ast ins Gesicht kommt auch vor. Aber ist es Überkompensation, wenn man persönliche Schutzausrüstung benutzt? Meistens passiert ja auch im Stahlwerk nichts, trotzdem ist ein Handschuh vielleicht eine gute Idee und so.

    Risikokompensation ist, wenn man Sachen tut, die man ohne Schutzausrüstung in der Form sonst gar nicht erst in Betracht ziehen würde.