Woche 41 vom 07. bis zum 13. Oktober

  • Die Unfähigkeit deutscher Behörden, einschließlich der Polizei, ist halt schier grenzenlos.

    Meine Einschätzung: Im Bereich Radverkehr ist die formale Rechtsstaatlichkeit auf den "unteren Ebenen" komplett durch ein System der Informalität substituiert ("Radfahrer haben auf der Straße nix zu suchen"). Das gibts auch in anderen Bereichen, siehe z.B. "Schattenrecht der Schwarzarbeit (Europaeische Hochschulschriften Recht 5720)".

    Ich denke, wir haben noch "Glück", dass diese Substitution momentan wenigstens auf der Ebene höherer Verwaltungsgerichtsinstanzen ein Ende findet. In anderen Bereichen ist es diesbezüglich wohl noch schlimmer, dort wird der Widerspruch zum dokumentierten Willen der Legislative durch alle Instanzen durchdekliniert. Man findet das z.B. auch in den höchsten Staatsämtern. In praktisch jeder Regierung gibt es Personen, die gleichzeitig dem Parlament und der Regierung angehören. Außer dort, wo das eine "lokale Geschäftsordnung" verbietet (Hamburg, glaub ich). Das ist aber natürlich überflüssig, weil das Verbot ja schon in der deutschen Verfassung steht.

    Ein echter Durchbruch des "Schattenrechts" wäre geschafft, sobald ein Oberrichter die Interessen der Autofahrerschaft über das Gesetz stellt. Die Verbände, die das genauestens beobachten sollten (VCD, ADFC, etc) interessieren sich aber gar nicht dafür, die sind happy, wenn die Radfahrer "weg von der Straße" sind. Und mit einem lokalen Stadtrat o.ä. braucht man über sowas gar nicht reden...

  • Meine Einschätzung: Im Bereich Radverkehr ist die formale Rechtsstaatlichkeit auf den "unteren Ebenen" komplett durch ein System der Informalität substituiert ("Radfahrer haben auf der Straße nix zu suchen").

    Das ist zwar „unterste Schublade“ aber nicht „unterste Ebene“. Wenn ein Staat eine Verkehrsregel „benutzungspflichtige Radwege“ vorsieht, die an spezifische Gefahrenlagen für Radfahrer gekoppelt ist, deren Entstehung aber nur möglich ist, wenn grundlegenste Verkehrsregeln selektiv (ergo: vorsätzlich…) gegenüber Radfahrern gebrochen werden, dann stinkt der Fisch vom Kopf. Und zwar ganz gewaltig.

  • Das ist zwar „unterste Schublade“ aber nicht „unterste Ebene“. Wenn ein Staat eine Verkehrsregel „benutzungspflichtige Radwege“ vorsieht, die an spezifische Gefahrenlagen für Radfahrer gekoppelt ist, deren Entstehung aber nur möglich ist, wenn grundlegenste Verkehrsregeln selektiv (ergo: vorsätzlich…) gegenüber Radfahrern gebrochen werden, dann stinkt der Fisch vom Kopf. Und zwar ganz gewaltig.

    Woraus entspringt denn die Intention der obigen Hamburger Polizisten, einen Radfahrer auf einen Radweg zwingen zu wollen? Doch nicht der dokumentierten gesetzlichen Lage, die sie eigentlich exekutieren sollen (nämlich, dass Radfahrer auf der Fahrbahn zu fahren haben), sondern vielmehr einer allgemeinen informativen Lage, die besagt, dass Radfahrer auf Straßen grundsätzlich nichts verloren haben.

    Und Behörden, Verbände, Stadt-/Gemeinderäte vertreten offiziell diese informative Lage, nur noch Gerichte können überhaupt noch korrigierend eingreifen. Niemand sonst ist dazu in der Lage.

    Ich bin mir noch nicht mal sicher, ob die komplette Streichung der Benutzungspflicht aus den Gesetzen daran etwas ändern würde.

  • Apropos Behördenversagen: FragDenStaat hat zusammen mit dem Böhmermann eine vermeintliche Steueroase entdeckt. An einer Holzhütte mitten im Wald hängen ca. 20 Briefkästen, die z.T. zu millionenschweren Heuschrecken-Konzernen gehören. Der Wald gehört einem Nachfahren von Otto von Bismarck, selbst Millionär. Nachfrage von FragDenStaat an die zuständigen Behörden, wieviel Gewerbesteuer denn in dieser Hütte anfällt, ergab: Null. :)

    Bismarcks Hütte im Wald: Die absurdeste Steueroase Deutschlands
    Millionenschwere Unternehmen betreiben Briefkästen an einer Holzhütte mitten im norddeutschen Wald. Die günstigen Steuern dort zahlen sie nicht in öffentliche…
    fragdenstaat.de
  • Woraus entspringt denn die Intention der obigen Hamburger Polizisten, einen Radfahrer auf einen Radweg zwingen zu wollen?

    Es ist der vermeintliche Doppelnutzen: die Autos werden weniger aufgehalten *und* die Radfahrer gefährden sich (!) nicht mehr selber. Das ist so dermaßen Win-Win, dass keinem die Unlogik auffällt (auffallen will), dass die Gefährdungen, wegen denen die Radfahrer weggesperrt werden, eigentlich streng verboten sind, und dass Polizisten, die ihre Arbeit korrekt tun, eigentlich gegen die Gefährder vorgehen müssten anstatt die Gefährdeten zu vertreiben.

  • Wieder mal jemand, der Fahrlässigkeit mit Vorsatz gleichsetzt.

    Wieder mal jemand, der KFZ mit PKW und PKW mit privatem PKW gleichsetzt.

    Wieder mal jemand, der übersieht, dass es weitestgehend die Verursacher selber sind, die zum Opfer der von ihnen verursachten schweren Verkehrsunfälle werden.

    Wieder mal jemand, der damit auf Bauernfang geht, dass er die weitgehend aus Personen mit Beulen und Schrammen bestehende Verkehrsopferzahl zu Beinahetoten stilisiert.

    Wieder mal jemand, der kein Gefühl dafür hat, dass „Risiko“ ein Bruch ist, der nicht nur den Zähler „Verkehrsunfälle“ hat, sondern in dessen gigantischem Nenner „Exposition“ 84 Millionen Menschen stehen, die sich jeder mehrmals täglich auf der Straße fortbewegen.

    Der Vorsatz unterstellende gedankliche Brückenschlag von der angeblichen Diskussion mit der Autofahrerin zum kurz darauf folgenden Tod von Natenom ist Volksverh^h^h auch sehr dreist.

    Edit: In der TAZ-Polemik findet sich auch die Aussage, dass ein Viertel aller Straftäter Verkehrstäter seien. Da fragt man sich, wie das Skandalisieren dieser Zahl zur Klage passt, dass die Kuscheljustiz andererseits nicht gegen Verkehrstäter durchgreifen würde.

    Die Aufschlüsselung der beim KBA erfassten Verkehrsstraftaten stellt sich dann übrigens wie folgt dar:
    Fahren ohne Führerschein: 110.000
    Fahren unter dem Einfluss von Alkohol 82.000
    Unfallflucht 33.000
    Fahrverbot missachtet 5.000
    Drogen 4.000
    Unfall mit Tod oder Körperverletzung verursacht: 6.500.

    IOW: bei Verkehrsstraftaten geht es nur bei 2,7% um das Verursachen von Verletzungen oder Tod bei Dritten. Mit 1,7% Straftaten-Anteil noch niedriger ist die Quote bei Bezug auf die insgesamt Verunglückten im Verkehr.

    2 Mal editiert, zuletzt von Th(oma)s (13. Oktober 2024 um 14:35)

  • 65-Jähriger schwer verletzt: Autofahrer fährt Radfahrer in Berlin-Hermsdorf an
    Ein 65-jähriger Fahrradfahrer erlitt am Freitag schwere innere Verletzungen und Kopfverletzungen. Ein Autofahrer hatte ihn angefahren – auf dem Radweg.
    www.tagesspiegel.de

    Google Maps
    Find local businesses, view maps and get driving directions in Google Maps.
    maps.app.goo.gl


    Evtl. hier. Mal abgesehen von dem Sahnestück an Radweg an sich, ist das mit dem Pflasterwechsel dann eigentlich Einfahren in einen anderen Straßenteil, wenn ich das Ding denn nutzen würde 🤔 so Konstrukte wie hier finde ich ja besonders abenteuerlich

  • Geht auch ohne Fahrtenbuch?

    Streit um Fahrtenbuch - Pirmasens
    Was passiert, wenn sich eine Firma weigert, ein Fahrtenbuch zu führen, obwohl es ihr auferlegt wurde? Das wird gerade vor dem Pirmasenser ...
    www.rheinpfalz.de

    Meine Einschätzung: Im Bereich Radverkehr ist die formale Rechtsstaatlichkeit auf den "unteren Ebenen" komplett durch ein System der Informalität substituiert ("Radfahrer haben auf der Straße nix zu suchen"). Das gibts auch in anderen Bereichen, siehe z.B. "Schattenrecht der Schwarzarbeit (Europaeische Hochschulschriften Recht 5720)".

    Ernst Fraenkl. "Der Doppelstaat". Muss ich irgendwann mal lesen.

    Das Hauptproblem bleibt, dass im Endeffekt (meine ich) auch allen klar ist, dass es ja gar nicht um die "Sicherheit" (was immer das auch sein soll) geht; die wird halt nur vorgeschoben, um das wesentlich wichtigere Ziel - nämlich den (motorisierten) Verkehrsfluss zu steigern - zu verschleiern. Ich hab hier ja auch so ein Fahrbahnverbot auf 600 m gerader Kreisstraße, auf der es (wegen durchgezogener Linien an keiner Stelle möglich ist, einen Radfahrer legal zu überholen. Dennoch wird das "gefährliche Überholen" und die Verkehrsstärke herangezogen, um den eigentlichen Zweck - kein unnötiges "Ausbremsen" der Auto- durch Radfahrer - durchzusetzen. Flankiert vom örtlichen Kreis- und Landesvorsitzenden des "ADFC", für den Aufhebung des Fahrbahnverbots keine denkbare Option ist.

  • Evtl. hier. Mal abgesehen von dem Sahnestück an Radweg an sich, ist das mit dem Pflasterwechsel dann eigentlich Einfahren in einen anderen Straßenteil, wenn ich das Ding denn nutzen würde 🤔 so Konstrukte wie hier finde ich ja besonders abenteuerlich


    An der gezeigten Stelle gibt es keinen "gegenüberliegenden Radweg", im Gegensatz zu hier:

    Google Maps
    Find local businesses, view maps and get driving directions in Google Maps.
    www.google.com

    ebayForumKopfverkl.jpg
    Peter Viehrig

    "Glaube ist die Überzeugung, dass etwas wahr ist, weil die Belege zeigen, dass es falsch ist."
    (Andreas Müller)

  • Mal abgesehen von dem Sahnestück an Radweg an sich, ist das mit dem Pflasterwechsel dann eigentlich Einfahren in einen anderen Straßenteil, wenn ich das Ding denn nutzen würde 🤔

    Was meinst Du damit genau? § 10:

    Zitat

    Wer [...] von anderen Straßenteilen [...] auf die Fahrbahn einfahren [...] will, hat sich dabei so zu verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist; erforderlichenfalls muss man sich einweisen lassen.

    "Fahrbahn" + "anderer Straßenteil [als die Fahrbahn]" = ganze Straße

    Eine Querstraße ist eine "andere Straße", aber kein "anderer Straßenteil der Straße, zu der mein Radweg gehört".

    Und solange ich auf meinem "anderen Straßenteil", also auf meiner Radverkehrsführung bleibe und nicht in die Fahrbahn "meiner Straße" einfahre, ist § 10 an Kreuzungen nicht anwendbar, weil § 8 und § 9 als speziellere Regel vorgehen. Nur wenn man sich, weil der Radweg oder dessen Benutzungspflicht enden oder weil man sich einordnen will oder Radweg unbenutzbar etc.pp., in die zu mir parallele Fahrbahn meiner Straße einfädeln will in einem Kreuzungsbereich , kommt § 10 zur Anwendung.

    Andere dagegen haben, sollte es um die Tankstelle gehen, andere Teile des § 10 zu beachten:

    Zitat

    Wer aus einem Grundstück [...] auf die Straße [...] einfahren [...] will, hat [...]

    Hier: die ganze Straße, nicht nur Fahrbahn, also auch Radweg beachten. Anders beim abgesenkten Bordstein, dieser Teil ist mit der Fahrbahn kombiniert in § 10. Ähm ... Radwege? Oops, vergessen ... ?! Da hülfe erst ein zusätzliches 205 für Ausfahrende ...

  • Hier: die ganze Straße, nicht nur Fahrbahn, also auch Radweg beachten. Anders beim abgesenkten Bordstein, dieser Teil ist mit der Fahrbahn kombiniert in § 10. Ähm ... Radwege? Oops, vergessen ... ?! Da hülfe erst ein zusätzliches 205 für Ausfahrende ...


    Die optische Gestaltung dieser Ein/Ausfahrt suggeriert allerdings das Gegenteil der geltenden Regeln

  • […] deren Entstehung aber nur möglich ist, wenn grundlegenste Verkehrsregeln selektiv (ergo: vorsätzlich…) gegenüber Radfahrern gebrochen werden […]

    Wieder mal jemand, der Fahrlässigkeit mit Vorsatz gleichsetzt.

    …du definierst Vorsatz aber auch, wie es dir gerade passt?

    Und ja, die überwältigende Mehrheit der Verkehrsunfälle geschieht aus Fahrlässigkeit – sämtliche (!) Verkehrsregeln und Straßengestaltungen dienen dazu, die Folgen dieser Fahrlässigkeit zu mindern.

  • Wahrscheinlich ist das rote Zeugs des Radwegs nicht stabil genug für große Ausfahrten?:/

    Könnte man durchgehend markieren ...

    Im Fall von Radverkehrsanlagen im Zuge von Vorfahrtstraßen (Zeichen 306) und an Kreuzungen oder Einmündungen mit vorfahrtgebendem Zeichen 301 sind Radwegefurten stets zu markieren.

    ... muss man aber nicht, Ausfahrten fe_len in der VwV zu § 9 ... *seufz*

    Aber irgendwo ... *such*

    Ach, nur da:

    c)

    die Linienführung im Streckenverlauf und die Radwegeführung an Kreuzungen und Einmündungen auch für den Ortsfremden eindeutig erkennbar, im Verlauf stetig und insbesondere an Kreuzungen, Einmündungen und verkehrsreichen Grundstückszufahrten sicher gestaltet sind.

    Das Abbiegen an Kreuzungen und Einmündungen sowie das Einfahren an verkehrsreichen Grundstückszufahrten ist mit Gefahren verbunden.

    ... kann man indirekt auch zu einer Furtpflicht entwickeln ... :/

  • …du definierst Vorsatz aber auch, wie es dir gerade passt?

    Und ja, die überwältigende Mehrheit der Verkehrsunfälle geschieht aus Fahrlässigkeit – sämtliche (!) Verkehrsregeln und Straßengestaltungen dienen dazu, die Folgen dieser Fahrlässigkeit zu mindern.

    Ich hätte im ersten Halbsatz den Konjunktiv verwenden müssen. Mea culpa.

    "[…] deren Entstehung aber nur möglich wäre, wenn grundlegenste Verkehrsregeln selektiv (ergo: vorsätzlich…) gegenüber Radfahrern gebrochen würden […]"

    Will sagen: die unterstellten Gefährdungen gibt es gar nicht. Wenn es sie aber so wie unterstellt gäbe, müssten sie auf Vorsatz zurückzuführen sein, weil die ansonsten anzunehmende fahrlässige Gefährdung von Fahrbahnradlern bei gleichzeitiger Wahrung der Sicherheit von Kraftverkehr sowie Radwegradlern und Fußgängern aus logischen Gründen schlichtweg unmöglich ist.

  • was ist denn ein "Stadtrechtsausschuss"? das klingt so nach "lokaler Gerichtsbarkeit"

    Das ist quasi eine "mündliche Verhandlung" über die Widersprüche von Bürgern.

    Kann dir aber nicht sagen, ob das nur hier in der Stadt Pirmasens und im Landkreis Südwestpfalz so gehandhabt wird oder ob das in ganz RLP so üblich ist.

    Ich hatte ja damals auch einen Widerspruch erhoben, weil die Stadt meinen Antrag, sie möge die Schillerstraße (Einbahnstr.) für den Radverkehr öffnen, abgewiesen hatte. Das Ganze war auch im Hinblick auf die Frage, ob ich statt Verpflichtungs- eine Untätigkeitsklage hätte erheben können, auch nicht ganz eindeutig. Nach meinem Widerspruch wurde ich (Siehe auch den entsprechenden Thread) vor den "Stadtrechtsausschuss" geladen. Im Nachhinein kann ich mich immer noch nicht entscheiden, ob jene Ausschussitzung oder die mündl. Verhandlung vor dem VG kafkaesker war.

  • Das Hauptproblem bleibt, ...

    Äh, nein, für mich nicht :). Das ist vielleicht eine Rechtfertigung, warum die Behörden so handeln. Das "Hauptproblem" ist für mich, dass es überhaupt möglich ist.

    Die Rechtfertigung interessiert mich eigentlich nicht. Wenn ich andersrum von der Polente verknackt werde, weil ich eine RWBP mißachtet habe, kann ich jammern soviel ich will, hilft mir ja auch nichts.

  • Fahren unter dem Einfluss von Alkohol 82.000

    Man konnte mal ein Büchlein als PDF laden, „Betrunken fahren? Aber sicher!“ oder so ähnlich, es ging ums Kfz. Doch erst jetzt überrascht mich diese Zahl.
    Demnach werde die Dunkelziffer der Betrunkenheitsfahrten seriös auf 100 bis 1000 geschätzt. Der Autor vertritt außerdem die nachvollziehbare Ansicht, das nahezu jede Trunkenheitsfahrt als solche geplant ist.
    Der Radfahrer kann behaupten, ein besserer Mensch zu sein, der Autofahrer nicht.