25. Geburstag Fahrradnovelle

  • Was haben eigentlich die bayerischen Fahrschulen und die Landeszentrale für politische Bildung in den letzten 25 Jahren so gemacht? Und die Medien?

    Die Fahrschulen und Medien und andere Akteure in diesem Bereich haben ihren Schüler*innen / Zuhörer*innen gesagt, dass das mit der Aufhebung der Benutzungspflicht ja so gar nicht stimme. Und leider haben sie damit ja sogar recht, denn es war nur eine sehr halbherzige Aufhebung der Benutzungspflicht. Und die Details dazu wurden und werden vielfach bis heute noch immer wieder sehr beliebig dargestellt.

    Und ich bin mir sicher, dass es bis heute noch zahlreiche Menschen gibt, die das bisschen Aufheben der Benutzungspflicht, das stattgefunden hat, am liebsten durch eine AfD-CDU-FDP-Regierung sofort revidiert sehen wollen. Und dafür gäbe es dann auch noch von vielen SPD-Mitgliedern und Anhängern Beifall.

    In den Verwaltungen, Bauämtern usw. sieht das vermutlich ähnlich aus, da haben viele nicht aus Unkenntnis der Rechtslage es unterlassen an der Radverkehrsinfrastruktur etwas zu ändern. Die haben vielmehr überwiegend gedacht, dass in wenigen Jahren eine neue Regierungsmehrheit eine Rolle rückwärts machen würde in dieser Frage und den alten Zustand wieder herstellt, dass alles, was ein bisschen nach Radweg aussieht, benutzungspflichtig ist.

    Die schwarz-gelbe Regierungskoalition unter Merkel hatte ihre vier Jahre von 2009 bis 2013 dafür genutzt, den Atomausstieg zurückzudrehen. Damit hoffte sie besser zu punkten beim Wahlvolk als mit einer vollumfänglichen Wiedereinführung der Fahrradwegbenutzungspflicht. Dann hätte es nämlich landauf, landab eine Gegenkampagne mit sehr vielen publikumswirksamen Bildern von armseligen "Fahrradwegen" gegeben. Dann doch lieber von Energie-Sicherheit und billigem Atom-Strom fabulieren. Und gleichzeitig die Windkraftnutzung mit "Verspargelung" der Landschaft gleichsetzen.

  • Meinem Arbeitskollegen, mit dem ich Tisch an Tisch sitze, habe ich erklärt, dass es seit 25 Jahren keine Radwegbenutzungspflicht mehr gibt, wenn nicht eine entsprechende Beschilderung die Benutzung der Fahrbahn als Radfahrer verbietet. Er wollte es mir zunächst gar nicht glauben, sondern dachte vielmehr, dass Radfahrer Radwege IMMER benutzen MÜSSEN. Somit habe ich ihn erst einmal aufgeklärt und auch das 25-jährige Jubiläum der betreffenden Novelle nicht unerwähnt gelassen. Er war davon so beeindruckt, dass er in der Pause gleich noch weitere Kollegen über den Sachverhalt aufklären musste. Was habe ich da nur losgetreten...?

    Wie war denn die Reaktion? Eher so „Spannend. Muss ich gleich mal ausprobieren.“, oder „Die da oben spinnen ja wohl jetzt völlig. Wozu bauen wir denn Radwege, wenn man die hinterher nicht benutzen muss? Ich selber käme nie auf die Idee, Radwege zu ignorieren!“?

  • Dann hätte es nämlich landauf, landab eine Gegenkampagne mit sehr vielen publikumswirksamen Bildern von armseligen "Fahrradwegen" gegeben.

    "Dann sollen Sie halt schieben oder wie normale Menschen mit dem Auto fahren."
    Bedenke, dass du solche Diskussionen in der Regel nicht mit Leuten aus Münster, Freiburg oder einer fast beliebigen norddeutschen Großstadt (außer Wolfsburg) führst – sondern mit welchen aus Saarbrücken, Bochum oder irgendeinem sächsischen Dorf, wo der Radverkehrsanteil bei <5% liegt. Für diese Leute sind Radfahrer "Kinder, Rennräder und ein paar gestörte Öko-Hippies".

  • „Die da oben spinnen ja wohl jetzt völlig. Wozu bauen wir denn Radwege, wenn man die hinterher nicht benutzen muss? Ich selber käme nie auf die Idee, Radwege zu ignorieren!“?

    Ich vermute, für CDU-CSU und FDP ist genau das der Grund gewesen, warum sie der Aufhebung der Radwegbenutzungspflicht zugestimmt hatten.

    Diese Reaktion, "Wozu bauen wir denn Radwege, wenn man die hinterher nicht benutzen muss?", damit hatten diejenigen gerechnet, die zwar einerseits zustimmten, Benutzungspflicht aufzuheben, aber andererseits gar nicht so richtig die Benutzungspflicht aufheben wollten.

    Benutzungspflicht bedeutet im Umkehrschluss: Es muss ein Angebot bestehen.

    Selbst unter Radverkehrs-Aktivisten gibt es einige, die die Aufhebung der Benutzungspflicht bedauern, weil sie befürchten, dass deshalb keine Fahrradwege mehr gebaut werden. Frei nach dem Motto:

    "Es gibt ja keine Pflicht einen Radweg zu benutzen, also sieht sich die Verwaltung auch nicht in der Pflicht, Radwege zu bauen."

    Halte ich für nicht zutreffend, genauso wenig diese Vermutung: "Die wollen den Fahrradfahrer ja nur deshalb auf die Fahrbahn bringen, damit der Autoverkehr ausgebremst wird."

    Ich denke vielmehr: Fahrradwege werden immer noch dort gebaut, wo sich die Auto-Lobby durchsetzen konnte und kann mit ihrem Verlangen nach schnellen Straßen für den Autoverkehr, auf denen kein langsamer Fahrradverkehr stören darf. Und unabhängig von der Gesetzeslage würden nicht mehr oder weniger Fahrradwege gebaut werden. Außerorts ist das fast überall, weil nach wie vor Tempo 100 für alle Straßen außer Autobahnen als Ausbau-Standard gilt.

  • "Es gibt ja keine Pflicht einen Radweg zu benutzen, also sieht sich die Verwaltung auch nicht in der Pflicht, Radwege zu bauen."

    Halte ich für nicht zutreffend, genauso wenig diese Vermutung: "Die wollen den Fahrradfahrer ja nur deshalb auf die Fahrbahn bringen, damit der Autoverkehr ausgebremst wird."

    Beides schon so direkt von Kommunen gehört. Oder noch drastischer die Behauptung, es sei verboten einen Radweg zu _bauen_, wenn dieser nicht durch ein besonderes Risiko (de facto: hohes Verkehrsaufkommen) geboten ist. Auch ist Hannover einer der ganz wenigen Orte, die explizit Angebotsradwege bauen. Anderenorts gibt es nur noch Radfahrstreifen (die sind immer benutzungspflichtig) oder absolut offensichtliche Fälle. Ein Kernproblem ist, dass dieses Recht eine Einbahnstraße ist: Du kannst zwar eine Benutzungspflicht weg klagen, du kannst aber keinen Radwegebau erzwingen. Vor allem Klagen gegen [Zeichen 240] an extrem viel befahrenen Straßen am Stadtrand erweisen dem Radverkehr oft einen Bärendienst, weil man dann an Orten wo gar keine Fußgänger sind mit dem affigen Gefasel von "Schrittgeschwindigkeit" kommt.

  • ich lese aus deinem Beitrag heraus, dass du Fehlentscheidungen und Schutzbehauptungen von Behörden/Ämtern als Grundlage dafür nimmst, möglichst viele Radwege mit B-Pflicht hinzuklatschen :/

    :|

  • Nein, aber es muss andersherum genauso möglich sein, die Kommunen zur Schaffung von vernünftiger Fahrradinfrastruktur zu zwingen, wo diese geboten ist. Und das andere Problem ist, dass wir eine standardisierte Lösung für kombinierte Geh- und Radwege ohne Benutzungspflicht brauchen, in denen der Radverkehr trotzdem Vorrang hat. Heißt ja nicht, dass man die Fußgänger ummähen soll, sondern dass diese einen doch bitte durch lassen müssen und man nicht sogar wenn gar keine da sind (!) Schritttempo fahren muss – eine Regelung, auf die ja sowieso absolut alle scheißen.

    Der saubere Weg wäre eigentlich, dass ein [Zeichen 240] _nie*_ benutzungspflichtig ist (sondern das Schild besagten Vorrang definiert), ein [Zeichen 237] bzw [Zeichen 241-30] es durch das Schild aber wird. Zudem sollte die Rechtmäßigkeit einer Benutzungspflicht in diesem Falle nicht von der Verkehrslast, sondern von der Eignung für zügiges Vorankommen abhängen - und nein, innerorts möchte ich Rennradfahrer bewusst nicht fördern, da diese oft genug eine Gefahr für sich und andere darstellen. Und um den Schild [Zeichen 241-30] wenigstens irgendeinen Sinn zu geben, sollte in dem Falle ein Ausweichen über den Gehweg erlaubt sein, solange sich in dem Abschnitt keine Fußgänger aufhalten (passiert de facto eh).

    *) löst dann auch das Problem mit Rennradfahrern außerorts; der Rest benutzt solche Wege eh freiwillig.

  • Du kannst zwar eine Benutzungspflicht weg klagen, du kannst aber keinen Radwegebau erzwingen.

    Ich vermute, dass 1998, also vor 25 Jahren zumindest einige Menschen die (Teil-)aufhebung der Radwegebenutzungspflicht begrüßten, weil sie damit die Hoffnung verbunden hatten, dass in absehbarer Zeit die Autodominanz deutlich zurückgeht und viele Straßen quasi vom Fahrradverkehr "erobert" würden.

    Nüchtern betrachtet muss man leider feststellen, dass sich diese Hoffnung nicht erfüllt hat, oder nur sehr partiell Verbesserungen in der Fahrradverkehrsinfrastruktur eingetreten sind.

    Trotzdem hat die Diskussion um die Benutzungspflicht unter den 1998 ermöglichten neuen Vorzeichen einiges bewirkt. Zwar ist immer noch sehr weit die Einstellung verbreitet, wenn es für den Fahrradverkehr keine Fahrradwege gibt, dann fahre ich auch kein Fahrrad. Aber diese Haltung ist eher in solchen Kreisen verbreitet, die eine faule Ausrede dafür suchen, am gewohnten Autokonsum unbeirrt festzuhalten.

    An anderer Stelle sagen solche notorischen Autofahrer*innen entsprechend: Weil es ja keinen gut ausgebauten ÖPNV gibt, sehe ich auch gar nicht ein, dass ich jetzt mein Auto abschaffen soll.

    Wo ein Wille ist, da ist ein Weg. Aber der ist mitunter mühsam und umständlich und viele sagen sich: "Lass andere vorangehen und dann schau ich mal, ob ich ihnen vielleicht nachfolge! Auf keinen Fall will ich hier der Vorreiter sein, weil ich dann von vielen anderen als der Depp (der unverbesserliche Weltverbesserer oder als der verbissene Ideologe oder als der ein schlechtes Gewissen verbreitende Heilapostel etc.) verlacht, verspottet, beleidigt oder sonst wie gedisst werde."

    Wer über das Stadium hinaus ist und das "Wagnis" eingegangen ist, mit dem Fahrrad mobil zu sein, der kann in der (Teil-)Aufhebung der Radwegbenutzungspflicht schon die Vorteile erkennen.

    Auch die Vorteile für den Radwegebau! So wird zumindest bei Neubau-Plänen häufiger als früher auf eine ausreichende Fahrradweg-Breite geachtet, während davor oft schon ein Taschentuch-schmaler Hochbord-Fahrradweg als große Errungenschaft für den Fahrradverkehr abgefeiert wurde.

    Beispiel Egestorffstraße: Vor 25 Jahren mal ein benutzungspflichtiger Radweg. Zwischenzeitlich ein Angebotsradweg mit Konfliktpotenzial mit dem Fußverkehr, heute ein reiner Fußweg. Das Schild [Zeichen 239] steht vor allem deshalb an der Stelle, damit die Fahrradfahrer*innen nicht die frühere Auffahrt auf den früheren Angebotsradweg nutzen. Das alte Radwegpflaster und die alte Absenkung müssten eigentlich mal dringend zurückgebaut werden. Dann könnte vermutlich das [Zeichen 239] auch weg.

    Es gibt natürlich auch Leute, die glauben, es wäre besser, wenn es keine Vorschriften für die Mindestbreiten von Fahrradwegen gäbe, weil dann mehr Radwege gebaut würden.
    Das ist ungefähr so, wie Leute, die meinen, es sei besser, wenn es keine Vorschriften für einen Mindestlohn gäbe, weil dann mehr Jobs angeboten würden.

    Oder Leute, die meinen, es sei besser, wenn es keine Vorschriften für die Wärmedämmung bei Häusern gäbe, weil dann mehr Wohnungen gebaut würden.

    Der ADFC Hamburg schreibt zu den Mindestbreiten:

    "Während zuvor jeder vorhandene Radweg von den Radler*innen benutzt werden musste, das Fahren auf der Fahrbahn also generell verboten war, wird seit dem 1.10.1998 zwischen benutzungspflichtigen Radwegen und anderen Radwegen unterschieden.

    Damit ein Radweg als benutzungspflichtig ausgewiesen werden kann, muss dieser nach der Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung (VwV-StVO) gewisse Mindestkriterien erfüllen. Diese Kriterien spiegeln die Erkenntnis wider, dass nicht jeder Radweg sicher zu befahren ist. Die Kriterien sind u.a. mindestens 1,50 m Breite, eindeutige, sichere und stetige Führung, einwandfreie Oberflächenbeschaffenheit, Sicherheitsabstand zu parkenden Autos und anderen Hindernissen."

    Radwegbenutzungspflicht
    Radfahrende müssen längst nicht jeden vorhandenen Radweg entlang einer Straße benutzen - oft dürfen sie ebenso auf der Fahrbahn fahren.
    hamburg.adfc.de

    Auch ist Hannover einer der ganz wenigen Orte, die explizit Angebotsradwege bauen.

    Ist das so? Mein Eindruck ist eher der, dass in Hannover halt schon sehr früh (bereits in den 70er Jahren relativ viele Fahrradwege gebaut wurden. Die waren mal benutzungspflichtig. Besonders bei solchen an breiten und viel befahrenen Straßen waren (und sind sie noch) in beide Richtungen freigegeben. Und das ist gut so!

    Darunter gibt es auch einige nicht benutzungspflichtige Fahrradwege. Die sind auch ohne Ausschilderung für die legale Benutzung durch den Fahrradverkehr freigegeben. Aber nur in Fahrtrichtung.

    In Hannover gibt es darüber hinaus mehrere Beispiele dafür, dass Zweirichtungs-Fahrradwege, die früher mit [Zeichen 237] + [Zusatzzeichen 1000-31] (in Fahrtrichtung) und mit [Zeichen 237] + [Zusatzzeichen 1022-10] entgegengesetzt der Fahrtrichtung beschildert waren, heute nur noch mit den früheren Zusatzschildern beschildert sind. Also [Zusatzzeichen 1000-33] in der üblichen Fahrtrichtung und mit [Zusatzzeichen 1022-10] für die Fahrt entgegengesetzt der üblichen Fahrtrichtung. Diese Beschilderung ist rechtlich einwandfrei möglich. Wenn ein Angebots-Fahrradweg jedoch nur in eine Richtung befahrbar ist, dann wird er nicht extra ausgeschildert.

    Beispiel Allerweg in Hannover-Linden:

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    Find local businesses, view maps and get driving directions in Google Maps.
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    Wo hast du denn gesehen, dass in Hannover Angebotsradwege neu gebaut werden? Ich will das nicht ausschließen, aber mir fällt grad kein Beispiel ein. Es wäre ja besonders dahingehend interessant, um zu sehen, ob bei solchen Neubauten die Mindestmaße für Fahrradwege eingehalten werden.

  • Das man schon Radwege gebaut hat, als in Bayern noch Radfahrer als Hexen verbrannt wurden gilt für viele norddeutsche Städte – die Hamburger "Ost-West-Straße" hatte schon 1956 einen richtigen eigenen und recht breiten (der Sicherheitstrennstreifen wurde ja erst später abgezogen) Radweg – nur leider wurde später teilweise ein Parkstreifen draus und der neue Radweg führt Slalom weiter hinten (besonders grotesk am westlichen Eingang der U-Bahn Station Meßberg).

    Hier ist die ursprüngliche Führung noch erhalten:

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    Wo das jetzt in Hannover war, bin ich überfragt, aber mir war eben die Kombination aus erkennbar neu gebaut und [Zusatzzeichen 1022-10] aufgefallen. Ist aber rechtlich eben auch nicht sauber: [Zusatzzeichen 1022-10] darf eigentlich nicht rechts stehen (und wäre mit Verweis auf die "bauliche Offensichtlichkeit" wahrscheinlich eine Überbeschilderung) und [Zusatzzeichen 1000-33] gibt es nicht mehr.

  • Wo das jetzt in Hannover war, bin ich überfragt, aber mir war eben die Kombination aus erkennbar neu gebaut und [Zusatzzeichen 1022-10] aufgefallen. Ist aber rechtlich eben auch nicht sauber: [Zusatzzeichen 1022-10] darf eigentlich nicht rechts stehen (und wäre mit Verweis auf die "bauliche Offensichtlichkeit" wahrscheinlich eine Überbeschilderung) und [Zusatzzeichen 1000-33] gibt es nicht mehr.

    Oh Mann, TheK! Asche auf mein Haupt. Was ist bloß mit meinem Gedächtnis los =O ?

    Wo hast du denn gesehen, dass in Hannover Angebotsradwege neu gebaut werden? Ich will das nicht ausschließen, aber mir fällt grad kein Beispiel ein. Es wäre ja besonders dahingehend interessant, um zu sehen, ob bei solchen Neubauten die Mindestmaße für Fahrradwege eingehalten werden.

    Kann es sein, dass du diese Ausschilderung [Zusatzzeichen 1022-10] für einen erkennbar neu gebauten Hochbordradweg in Hannover auf der Göttinger Chaussee gesehen hast? Entlang der Stadtbahn-Neubaustrecke nach Hemmingen?

    Ich bin da vor ein paar Wochen mal lang gefahren und hatte sogar Fotos davon gemacht, und trotzdem ist es mir nicht eingefallen, als du kürzlich hier darüber geschrieben hast. :/

    Aber die Erinnerung ist letztlich doch noch gekommen. Und die Fotos habe ich auch wiedergefunden. Siehe auch oben!

    Auch auf streetview ist die Ausschilderung zu sehen: https://www.google.com/maps/@52.33569…i8192?entry=ttu

    Und hier die Maße:

    Wenn Angebotsradwege neu gebaut werden, wie dieser Angebotsradweg an der Göttinger Chaussee, muss er dann die gesetzlichen Mindestvorgaben erfüllen? (Mindestbreite 1,50 m)

    "Die Breite benutzungspflichtiger Radwege soll nach der VwV-StVO in der Regel durchgehend mindestens 150 cm, möglichst jedoch 200 cm betragen." https://de.wikipedia.org/wiki/Radverkeh…t%20sein%20muss.

    In dem gezeigten Fall in der Göttinger Chaussee erfüllt der neu gebaute Angebotsradweg mit 1,60 m das Mindestmaß, jedoch nicht das empfohlene Maß von 2,00 m, bzw. nur dann, wenn man die rot geklinkerten Begrenzungsstreifen mit dazu rechnet.

  • Interessante Frage, ob der rote Streifen dazu zählt – von dem Mülleimer her wohl weniger. Aber andererseits wäre der Sicherheitstrennstreifen auch ohne bei weitem erfüllt, immerhin parkt da ja keiner. Der Unterschied ist im Endeffekt, ob man Lastenräder jederzeit überholen kann (punktuell geht das auch auf weitaus engeren Radwegen).

    Bezüglich der Breite ist die Benutzungspflicht ohnehin die einzige Stelle, wo man irgendeine Norm mal erzwingen kann – und wenn das nicht erfüllt ist, lässt man's eben. Insofern geht es wahrscheinlich eher darum, Radfahrer anzulocken. Allerdings scheinen mir an der Stelle eh öfters die Autos auf der Fahrbahn (stauend) im Weg zu stehen, da geht das eh fast von alleine :)

  • Allerdings scheinen mir an der Stelle eh öfters die Autos auf der Fahrbahn (stauend) im Weg zu stehen, da geht das eh fast von alleine :)

    In einer hoffentlich nicht mehr allzu fernen Zukunft - ohne Autos - könnte der Hochbordradweg für den langsamen Radverkehr genutzt werden und die Fahrbahn für schnelleres Fahrradfahren und das Fahren mit Transportfahrrädern wie die auf den Bildern.

    Dann erfüllt sich die Hoffnung, die viele mit der Radverkehrsnovelle von 1998 einmal verknüpft haben.

  • Benutzungspflicht bedeutet im Umkehrschluss: Es muss ein Angebot bestehen.

    Selbst unter Radverkehrs-Aktivisten gibt es einige, die die Aufhebung der Benutzungspflicht bedauern, weil sie befürchten, dass deshalb keine Fahrradwege mehr gebaut werden. Frei nach dem Motto:

    "Es gibt ja keine Pflicht einen Radweg zu benutzen, also sieht sich die Verwaltung auch nicht in der Pflicht, Radwege zu bauen."

    In Hamburg nannte man das „Radentscheid“ ;(

  • Meinem Arbeitskollegen, mit dem ich Tisch an Tisch sitze, habe ich erklärt, dass es seit 25 Jahren keine Radwegbenutzungspflicht mehr gibt, wenn nicht eine entsprechende Beschilderung die Benutzung der Fahrbahn als Radfahrer verbietet. Er wollte es mir zunächst gar nicht glauben, sondern dachte vielmehr, dass Radfahrer Radwege IMMER benutzen MÜSSEN. Somit habe ich ihn erst einmal aufgeklärt und auch das 25-jährige Jubiläum der betreffenden Novelle nicht unerwähnt gelassen. Er war davon so beeindruckt, dass er in der Pause gleich noch weitere Kollegen über den Sachverhalt aufklären musste. Was habe ich da nur losgetreten...?

    Wie war denn die Reaktion? Eher so „Spannend. Muss ich gleich mal ausprobieren.“, oder „Die da oben spinnen ja wohl jetzt völlig. Wozu bauen wir denn Radwege, wenn man die hinterher nicht benutzen muss? Ich selber käme nie auf die Idee, Radwege zu ignorieren!“?

    Heute habe ich das Thema bei meinem Arbeitskollegen nochmal aufgewärmt. Und leider ist es mit seiner Anschauung der Dinge tatsächlich so, wie ich es schon befürchtet hatte. Leider konnte ich neulich aus seiner Reaktion zwar nicht herauslesen, ob er die Aufhebung der allgemeinen Benutzungspflicht vor 25 Jahren nun befürwortet oder nicht. Seit heute weiß ich, dass seine neulich gezeigte Entrüstung sich tatsächlich GEGEN die Möglichkeit richtet, als Radfahrer auch die Fahrbahn zu benutzen, wenn es sich um einen anderen Radweg neben der Fahrbahn handelt.

    Mein Kollege ist gemäß seinen Äußerungen klar der Meinung, dass ein Radweg gefälligst IMMER benutzt werden müsse, wenn es ihn gibt. Dies begründet er kurzsilbig damit, dass Radfahrer auf "Straßen" totgefahren würden. Ich habe vorsichtig versucht, zu erklären, dass meine bisherige Erfahrung jedoch genau das Gegenteil zeigt. Ich wäre bislang zwar nicht auf Fahrbahnen totgefahren worden, jedoch hätte ich in meinem bisherigen Radfahrerleben viel häufiger Gefahrensituationen auf Radwegen erlebt als auf Fahrbahnen. Natürlich prallte dieses und auch weitere Argumente an seiner inneren Überzeugung ab. Ob er denn auch der Meinung wäre, Radfahrer sollten auch immer Gehwege mit Radfreigabe benutzen, konnte ich nicht mehr herausbekommen, da er sich auf keine weitere Diskussion mehr einlassen wollte. Dass man als Radfahrer auf solchen freigegebenen Gehwegen dann möglicherweise kilometerweit nur in Schrittgeschwindigkeit fahren darf, habe ich ihm hier noch gar nicht eröffnet. Sicherlich würde es aber auch begrüßen, wenn Radfahrer Gehwege auch ohne Radfreigaben benützten.

    Man sieht also: Die weitläufige Ansicht in der Gesellschaft, Radfahrer haben entgegen § 2 StVO NICHTS auf Fahrbahnen zu suchen, ist nach 25 Jahren immer noch ziemlich weit verbreitet. Selbst der allernächsten Arbeitskollege verteidigt eine solche Sichtweise strickt. Ich bezweifle stark, dass sich das in den nächsten 25 Jahren irgendwie ändern wird. Und bei 45 Millionen Erwerbstätigen in Deutschland gibt es eine ganze Menge Arbeitskollegen...

  • Mach Dir nix, ich wurde heute auf der B2 auf die parallele Fahrradstraße aufmerksam gemacht.

    Weil es sicher sehr wahrscheinlich ist, das ein Radfahrer in kurzen Hosen, Sandalen und ohne Helm nicht ortskundig ist ;)

    Spoiler anzeigen

    Von dem hinter dem Schüler auf dem Kleinkraftrad hinterherfahrenden Fahrlehrer

  • Mein Kollege ist gemäß seinen Äußerungen klar der Meinung, dass ein Radweg gefälligst IMMER benutzt werden müsse, wenn es ihn gibt. Dies begründet er kurzsilbig damit, dass Radfahrer auf "Straßen" totgefahren würden.

    Der hätte auch diesen Leserbrief schreiben können:

    Zitat

    Ich bin kein Autofahrer, sondern nur Beifahrer. Immer wieder kommt es vor, dass sich die Fahrradfahrer so positionieren, dass kein Auto vorbeikommt. Erst vor kurzem hat ein Fahrradfahrer gar nicht den Fahrradweg benutzt. Er ist wirklich im Schneckentempo vor uns her gefahren.

    Da frage ich mich, muss das sein? Wenn jeder mehr Rücksicht nehmen würde, würde es vielleicht funktionieren. Aber so klappt das nicht.

    Leserbrief: „Aber so klappt das nicht“
    Betr.: Verhalten von Radfahrerinnen und Radfahrern
    www.wuppertaler-rundschau.de
  • In München heißt das genauso, allerdings ist man grad dabei, von den beschlossenen Maßnahmen, insbesondere den Qualitätsstandards, Abstand zu nehmen: SZ-Artikel.

    Macht man in Hamburg genauso. Der Trick den die Polizei Hamburg als StVB gefunden hat, besteht darin, dass man Straßenabschnitte mit unbenutzbaren „Radwegen“ mit [Zeichen 237] gar nicht anfasst bzgl. Grundinstandsetzungen, weil das ja Fahrstreifen kosten würde, sondern es wird stattdessen eine Deckschichtsanierung nach der anderen durchgeprügelt, da dann die ReStra und die ERA 2010 nicht beachtet werden müssen… Große Teile des Ring 2 in 2021, große Teile der ehemaligen B 434 in 2022, Teile der B 73 in 2021, erhebliche Teile der B 5 in 2022.

    Ganz aktuell erhebliche Teile der B 4 in der Innenstadt…

  • Mein Kollege ist gemäß seinen Äußerungen klar der Meinung, dass ein Radweg gefälligst IMMER benutzt werden müsse, wenn es ihn gibt. Dies begründet er kurzsilbig damit, dass Radfahrer auf "Straßen" totgefahren würden. Ich habe vorsichtig versucht, zu erklären, dass meine bisherige Erfahrung jedoch genau das Gegenteil zeigt.

    Weise ihn doch auf radunfaelle.wordpress.com hin.🥳