Und dabei wird verdrängt, dass sich in Folge der Untätigkeit in den nächsten Jahren / Jahrzehnten sehr viel ändern wird. Für mich ist das die größere Herausforderung im Kampf gegen die Klimakatastrophe. Die technischen Möglichkeiten hätten wir, das Schlimmste abzuwenden. Aber die Leute sind nicht bereit, ihre Gewohnheiten zu ändern.
Schlimmes Beispiel dazu:
Berliner Morgenpost vom 14.5.23: "Brötchentaste", die für Diskussion sorgt. Was es damit auf sich hat.
Bremen. Verkehrspolitik scheint in den Deutschen Stadtstaaten bei Wahlen das Zünglein an der Waage zu sein. Bereits der Berliner Wahlkampf war geprägt vom Hin und Her um die Friedrichstraße. Jetzt zieht Bremen bei eigenwilligen Verkehrsthemen nach: Die sogenannte „Brötchentaste“ entzweit das kleinste Bundesland an der Weser.
Das Prinzip ist ganz einfach: Wenn der Bremer mit seinem Auto vor dem Bäcker oder anderen Geschäften hält, dann kann er an ausgewählten Parkscheinautomaten die „Brötchentaste“ drücken. 15 Minuten kostenloses Parken werden ihm dann gewährt, um schnell in das Geschäft zu huschen. Doch der Grünen Umweltsenatorin Maike Schäfer war das Bremer Privileg ein Dorn im Auge. Zu hoch ist wohl der Anreiz, mit dem Auto zum Bäcker zu fahren, als auf das umweltfreundliche Fahrrad zu steigen.
Schäfer strich die kostenlose Parkfunktion im April, was in Bremer Regionalmedien zum Politikum wurde. Die katastrophalen Umfragen der Bremer Grünen allein auf die Brötchentaste zurückzuführen, wäre zu einfach. Doch sie reiht sich in eine Reihe von Verkehrsexperimenten, die bei Bremer Autofahrern nicht gut ankamen. Das registrierte auch Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD). Im Wahlkampf fuhr er dem Grünen Koalitionspartner in die Parade und kündigte an, dass die Bremer nach der Wahl wieder kostenlos parken dürfen."
Merke: Taste die Privilegien der Autofahrer nicht an, wenn du gewählt werden willst. Tust du es trotzdem (und sei es noch so geringfügig), dann rechne nicht damit, dass dir die Medien oder der Koalitionspartner SPD beistehen werden. Für die Medien ist das Antasten der Autofahrer-Privilegien ein gefundenes Fressen. Ziemlich enttäuscht war ich, dass auch Oliver Wilke in der heuteshow sich äußerst schäbig darüber amüsiert hat, dass die Grünen "so blöd waren" im Vorfeld einer Landtagswahl die Brötchentaste abzuschalten.
Dabei ist diese völlig kontraproduktive Funktion an Parkscheinautomaten doch geradezu eine Lachnummer in dem Sinne, dass es die Ignoranz der Autovirus-befallenen Bevölkerung offenbart, der Umwelt und Klima schnurzegal ist. "Brötchentaste" ist doch geradezu ein Synonym dafür, dass es völlig in Ordnung ist, wenn man selbst kleinste Besorgungen, die völlig unproblematisch zu Fuß oder mit dem Fahrrad erledigt werden könnten, trotzdem mit dem Auto macht. So werden tonnenschwere Fahrzeuge in Bewegung gesetzt, um eine Tüte Brötchen beim Bäcker einzukaufen. Und wer das kritisiert, oder in seiner Funktion als in die Regierung gewählter Politiker sogar abschafft, der wird dann von den Medien als Trottel gebrandmarkt, weil er doch hätte wissen müssen, dass die Brötchentaste sich großer Beliebtheit erfreut. Besonders diese Verknüpfung mit den Wahlen, die von den Medien hergestellt werden, ist einfach nur noch tödlich für jeglichen Veränderungswillen in Richtung einer Verkehrswende.
In Hannover soll ab 1.6.2023 die Brötchentaste abgeschaltet werden.
Dass die Bild-Zeitung dagegen hetzt. Geschenkt! Zumindest scheinen derzeit die etwas seriöseren Medien nicht versucht zu sein, daraus einen Riesenpopanz aufzublasen. Aber in Hannover und Niedersachsen stehen derzeit auch keine Kommunalwahlen oder Landtagswahlen an.