Woche 49 vom 6. bis zum 12. Dezember 2021

  • Welche Infrastruktur hat denn den Tod des fahrbahnquerenden Joggers (mit)verursacht?

    Das ist eine grundsätzliche Frage, welche anderen Faktoren so schwere Unfälle begünstigen. Hat jemand von Euch z.B. mal versucht, eine fremde erwachsene Frau beim Vorbeifahren darauf hinzuweisen, wie leichtsinnig ihr Verzicht auf den Schulterblick ist? Welche Konsequenzen er schlimmstenfalls haben kann? Lächelndes Kopfschütteln oder Empörung bekommt man häufig zurück. Viele meinen, sie seien sicher unterwegs weil sie nicht so aggressiv fahren wie die "Kamikaze-Radler". Diese Problematik spielt in der öffentlichen Diskussion eine sehr untergeordnete Rolle, was ihr m.E. nicht gerecht wird.

    Auf der politischen Ebene ist Infrastruktur hingegen etwas, wo man sichtbar nachweisen kann, was man gemacht hat bzw. nachgewiesen bekommt, was man nicht gemacht hat. Dass nach einem tödlichen Unfall mit dem Finger auf die Verantwortlichen gezeigt wird, wenn sie überhaupt nichts gemacht haben, ist verständlich. Der Ärger darüber war ja schon länger vorhanden. Wann soll man ihn äußern, wenn nicht jetzt?

  • Witzbold.

    War nicht als Witz gemeint. Muss man gesehen haben.

    Zitat aus einem Beitrag eines Berliners im Tagesspiegel-Forum.

    Ansichtssache eines Foristen, nach meiner Einschätzung relativierend. Das Kreuzungsdesign ist gefahrenträchtig. Abbiegen über zwei Spuren, knappe Ampelschaltung, kurze Taktung für Fußgängergrün, Spurwechselproblematik, Drängelgitter undundund

  • Es sagt viel über dieses Land aus, dass das gerade alle Medien erwähnenswert finden: Ein Mensch benutzt für eine 1,5km lange Strecke nicht das Auto sondern das Fahrrad (Pedelec).

    Cem Özdemir fährt mit E-Bike beim Bundespräsidenten vor
    Mit dem Fahrrad statt mit der Limousine: Cem Özdemir reiste unkonventionell zu seiner Ernennung im Schloss Bellevue an. Auch beim Transport seiner Urkunde…
    www.spiegel.de

    Der Mensch ist in diesem Fall der neue Landwirtschaftsminister Cem Özdemir, der mit dem Fahrrad zum Schloss Bellevue gefahren ist, um seine Ernennungsurkunde in Empfang zu nehmen und anschließend wieder mit dem Fahrrad zurück zum Bundestag gefahren ist.

    Den hätte ich gerne als Verkehrsminister gehabt, nicht nur wegen dieser Aktion heute.

  • ber es ist etwas dran. Auf der Karte des ADFC sind die beiden Radfahrer die Ziffern 4 und 10. Das sind sogar verschiedene Kreuzungen.

    ...die miteinander verbunden sind, mindestens über die Taktung der Grünphasen. Man kann das im Wortsinne erfahren, indem man sich aus nordöstlicher Richtung (also aus Richtung Greifswalder oder P'Berg) in Richtung Friedenstraße bewegt: vergleichend mit Auto, Fahrrad oder zu Fuß hat man da ganz unterschiedliche Erfahrungen. Vice versa genauso. Man wird mit dem Rad auf der Fahrbahn entweder vom Spurwechsel physisch oder akustisch abgehalten oder gejagt, weil der KfZler hinter einem un-be-dingt noch die Grünphase erwischen will.

    Von den diskriminierenden Taktzeiten für Fußgänger und den Drängelgittern will ich gar nicht erst anfangen. Das ganze Ensemble ist so auf MV konditioniert, dass es als Lehrbuchbeispiel für Autozentrismus geeignet ist. Fußgänger und Radfahrer existierten im Kopf des Planers offensichtlich gar nicht oder nur als Störfaktor.

    Ich hatte eine Zeitlang im Umweltforum zu tun und das war mein Weg. Irgendwann habe ich es gelassen mit dieser Ecke und bin Umwege gefahren.

    Damals war zwar die Friedenstr. noch zur Landsberger geöffnet, aber das hat das Problem dieser Kreuzungsanordnung nur quantitativ gemildert, nicht qualitativ.

    Vor Jahren gab es mal einen online-Gefahrstellen-Melder für Radfahrer. Hat eine Menge Daten produziert, und ich meine, diese Ecke war ganz weit vorne. Weiß jemand, was aus dem Melder und aus den Daten geworden ist?

  • Noch ein Medienhinweis, der den Kontext mit dem Mobilitätsgesetz vielleicht nochmal verdeutlicht (einiges ist redundant zu bereits geposteten Literaturstellen):

    EPaper

    und noch ein Sinnbild (Foto ist aus Twitter, aber ich fahr da jeden Tag lang): das MobG wird auch anderswo und im kleinen Karo missachtet. Beschwerden zwecklos, Behördenignoranz vom Feinsten:

    Bild

    Benutzungspflicht wird bei Baustelle angeordnet, wo vorher keine war. Radverkehr in den Fußverkehr geleitet, direkt vor den Schönhauser Allee Arkaden, einer sehr sehr gut besuchten Einkaufsmeile mitsamt Tram, SBahn und UBahn Haltestelle. Währenddessen büsst der KfZ-Verkehr drei Parkplätze Parkplätze ein und rollt wie gehabt auf zwei Fahrspuren an der Stelle vorbei. Laut MobG wäre das anders zu regeln, nämlich mit temporärer Führung, die die Verkehrsmittel des Umweltverbundes priorisiert.

  • Aber es ist etwas dran. Auf der Karte des ADFC sind die beiden Radfahrer die Ziffern 4 und 10. Das sind sogar verschiedene Kreuzungen.

    Man müsste konsequenterweise die gesamte Greifswalder Straße/B2 für alles über 7,5t sperren. In meiner "radunfaelle"-Karte kannst du den Straßenzug selbst bei ausgeblendeter Underlay-Karte recht gut nachverfolgen (Marken 21-047 bis 19-043; Sterne = LKW als Gegner; der aktuelle Unfall wird noch nicht angezeigt, da die Karte nur jeweils am Monatsende aktualisiert wird).

  • Sehr selten lasse ich mich zu emotionalen Antworten hinreißen, aber hier kann ich nicht anders: diesen Quatsch angesichts eines durch Infrastruktur mitverursachten tragischen Unfalls zu schreiben finde ich zum Kotzen. Die geistige Haltung, die man haben muss, um so eine Scheiße abzusondern, finde ich nur noch armselig.

    Hier greift wie so oft der Antiradwegreflex und beißt zu, sobald ein Artikel nicht das Fahrbahnradeln immer und überall zum Heilsbringer erhebt.

    Und nein: Meine Signatur steht damit nicht in Widerspruch, da ich Überspitzung von unvoreingenommener Evaluation und Differenzierung zu unterscheiden vermag.

    „Zeigen wir dem staunenden Ausländer einen neuen Beweis für ein aufstrebendes Deutschland, in dem der Kraftfahrer nicht nur auf den Autobahnen, sondern auf allen Straßen durch den Radfahrer freie, sichere Bahn findet.“ (Reichsverkehrsministerium, 1934)

  • Ergänzung, da auch beim TS-Forum mehrfach die Forderung nach verpflichtendem Einbau von Abbiegeassistenten erhoben wird. Am 3. Dezember starb ein 17-jähriger Radfahrer bei einem LKW-Rechtsabbieger-Unfall in Alfeld. Heute berichtet der NDR, dass der LKW mit einem Abbiegeassistenten ausgestattet war. Das ist AFAICS bereits der dritte Rechtsabbiegertote (von bislang 18 solcher Fälle ingesamt) in diesem Jahr, wo irgendeine Form von elektronischer Abbiegehilfe im Spiel war...

    Warum erinnert mich diese "Logik" nur hieran: "Ich weiß jetzt schon von drei Covid 19-Erkrankten mit allesamt schweren Verläufen, wo irgendein Impfstoff im Spiel war ..."

    „Zeigen wir dem staunenden Ausländer einen neuen Beweis für ein aufstrebendes Deutschland, in dem der Kraftfahrer nicht nur auf den Autobahnen, sondern auf allen Straßen durch den Radfahrer freie, sichere Bahn findet.“ (Reichsverkehrsministerium, 1934)

  • Hat jemand von Euch z.B. mal versucht, eine fremde erwachsene Frau

    Die Frauen mit ihren vorgeblich so spezifisch anderen Eigenschaften und Verhaltensweisen als die der Männer haben es dir aber angetan, nicht wahr?

    Aus dem Gedächtnis: Ist bereits dein dritter Post, der eine scheinbare (sic!) allgemeine Differenz aus anekdotisch Erlebtem sieht.

    Jetzt kommt aber nicht noch 1. Korinter 14,34,35, oder? ;)

    „Zeigen wir dem staunenden Ausländer einen neuen Beweis für ein aufstrebendes Deutschland, in dem der Kraftfahrer nicht nur auf den Autobahnen, sondern auf allen Straßen durch den Radfahrer freie, sichere Bahn findet.“ (Reichsverkehrsministerium, 1934)

  • Die Frauen mit ihren vorgeblich so spezifisch anderen Eigenschaften und Verhaltensweisen als die der Männer haben es dir aber angetan, nicht wahr?

    In gewisser Weise schon. Mich hat da neulich die umfangreiche Studie https://bast.opus.hbz-nrw.de/files/191/V184.pdf sensibilisiert. Dort wurde die Frage nach geschlechtsspezifischen Auffälligkeiten oft gestellt. Z.B. finden sich Bemerkungen wie:

    Auf der Ludwig-Wucherer-Straße (Halle (Saale)) nutzen viele Radfahrer (an einer Baustelle) zudem eine Gehwegumleitung (insbesondere Frauen) oder weichen über die Fahrbahn auf den Straßenbahngleiskörper (fast ausschließlich 18-bis 44-jährige Männer) aus.

    Auf den Straßen mit Schutzstreifen sind an Unfällen mit parkenden oder haltenden Kfz fast ausschließlich Frauen beteiligt. Im Vordergrund stehen hier Kollisionen mit den Fahrertüren im Zuge der Schutzstreifen. Diese Unfälle ereignen sich fast nur auf Straßen mit bis zu 1,0 m breiten Schutzstreifen. Die ausgeprägte Beteiligung von Frauen kann damit in Zusammenhang stehen, dass Frauen nach dem Eindruck des Erhebungspersonals auf einem der Untersuchungsabschnitte der Verfolgungsfahrten bei derart schmalen Schutzstreifen eher den rechten Bereich des Schutzstreifens belegen.

    Auch die von Th(oma)s akribisch zusammengetragenen Daten zeigen bei tödlichen Rechtsabbiegeunfällen einen signifikant höheren Frauenanteil.

    Das sind also keine Vorurteile (von denen sicher noch mehr als genug in mir stecken), sondern die Realität.

    Und irgendwie bedrückt es mich auch, dass viele, die ihre Fahrweise als eher vorsichtig empfinden, stärker gefährdet sind als ich, der gelegentlich zu hören bekommt, ein Kamikaze-Radler zu sein.

  • Warum erinnert mich diese "Logik" nur hieran: "Ich weiß jetzt schon von drei Covid 19-Erkrankten mit allesamt schweren Verläufen, wo irgendein Impfstoff im Spiel war ..."

    Warte, bis ich die Frage aufwerfe, ab die Opfer an oder mit Abbiegeassistenten starben. :evil:

    Im Ernst: wie ist wohl momentan die Verbreitungsquote der Abbiegeassistenten? Sind ernsthaft schon deutlich mehr als 20% der LKW damit ausgerüstet?

  • Regeln für Radfahrer im Überblick
    Wer hat recht im Straßenverkehr? Die wichtigsten Regeln für Radfahrer, die auch Autofahrer kennen sollten. Ein Überblick.
    www.ndr.de

    Ein NDR-Beitrag vom 17.11.21: Was dürfen Radfahrer - und was müssen sie?

    Wer hat recht im Straßenverkehr? Die wichtigsten Regeln für Radfahrer, die auch Autofahrer kennen sollten. Ein Überblick.

    So weit ich das sehe wurde in Medienhinweise noch nicht drauf hingewiesen.

    Zum Beispiel das Zebrastreifen-Benutzen wird richtig dargestellt. Kommt auch nicht so oft vor.

    "Wie verhalte ich mich als Radfahrer am Zebrastreifen? Radfahrer sollten am Zebrastreifen absteigen, wenn er zum Überqueren der Straße genutzt wird. Nur dann haben sie den gleichen Vorrang wie Fußgänger. Der Radfahrer auf dem Bild verhält sich also falsch. Sind Radfahrer auf der Fahrbahn unterwegs, müssen sie anhalten, wenn Fußgänger einen Zebrastreifen überqueren möchten."

    Nur das Bild (Bild 2 von 19) dazu ist problematisch. Ein schimpfender Fahrradfahrer, der sich im Recht fühlt. So was kommt bestimmt auch mal vor. Aber eher sehr selten. Weitaus häufiger aber erlebe ich in Gesprächen, dass Autofahrer darüber schimpfen, Radfahrer würden einfach immer über Zebrastreifen radeln, obwohl sie das nicht dürften. Wenn man dann an der Stelle einwendet, dass Radfahrer sehr wohl über Zebrastreifen fahren dürften, allerdings dann ohne Vorrang-Recht wie ein Fußgänger, dann wird das sofort vehement bestritten von Autofahrern. Es stört ja deren Weltbild vom Fahrradfahrer, der angeblich alles darf und dafür angeblich nie belangt wird.

    Auch Bild 13 von 19 ist schlecht gewählt. Es geht darum dass Eltern ihre kleinen Kinder auf dem Gehweg begleiten dürfen. Gezeigt wird aber ein Gehweg mit fahrradfahrenden Kind, das komplett von einer großen Hecke verdeckt wird. Als Elternteil würde ich das Kind dort auf dem Gehweg begleiten und nicht auf der Fahrbahn fahren, wo ich das Kind nicht sehen könnte und das Kind mich nicht sehen kann.

  • Nochmal zu dem NDR-Beitrag, der mir immer schlechter gefällt, je öfter ich drauf schaue.

    Das Zebrastreifenbild (2 von 19) mit dem zu Unrecht schimpfenden Radfahrer wird als Bild benutzt, das auftaucht, wenn man den Artikel verlinkt.

    Und zu Bild 1 von 19 heißt es: "Welche Abstände müssen eingehalten werden? Radfahrer sollten mindestens einen Meter Abstand zu parkenden Autos halten, um nicht in Gefahr zu geraten, wenn sich eine Tür öffnet."

    Mir ist ein Meter Abstand zu wenig, schließlich ragen viele Türen ein Meter in den Fahrbahnraum beim Öffnen. Da geht der Autor wohl davon aus, dass die Türen nicht ganz geöffnet werden. Doch genau damit muss ich als Fahrradfahrer*in leider rechnen.