US-Wahl 2020: Trump oder Biden?

  • Zwei Dinge finde ich ja ganz beachtlich:

    Ich höre nun schon seit über einem Jahr, dass Trump eigentlich erledigt wäre. Wegen seiner Steuererklärung, wegen dem 6. Januar, wegen seinen komischen Geschäften, wegen dies, wegen das, wegen jenem, es hieß ja sogar mal, er wandere direkt aus dem Weißen Haus in den Knast. Ist ja bis heute nicht passiert — stattdessen heißt es nun zum x-ten Mal, irgendein Enthüllungsbuch irgendeines Mitarbeiters werde ihn jetzt so richtig in die Bredouille bringen. Ich habe den Eindruck, das wird einfach nicht passieren. Never ever.

    Und auch wenn man sich im Fatalismus gerade so richtig wohl fühlt: Gibt es eigentlich noch Zweifel daran, dass Trump im Jahr 2024 wieder antreten und erneut gewinnen wird? Momentan ist Biden dermaßen unpopulär, seine ehrgeizigen Pläne werden von zwei demokratischen Senatoren nicht mitgetragen und geradezu zerpflückt, dass die Demokraten bei den Midterm-Wahlen im Herbst 2022 mit momentan an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit beide Häuser verlieren werden. Gleichzeitig arbeiten die Republikaner in denen von ihnen regierten Bundesstaaten an weiteren Änderungen der Wahlgesetze, um zu verhindern, dass noch mal ein Demokrat irgendeine wichtige Wahl gewinnen kann. Das passiert dermaßen offensichtlich, dass die Leute sogar eine PowerPoint-Präsentation über ihre Pläne eines Staatsstreiches veröffentlichen und sich nicht mal die Mühe machen, irgendwas zu verschleiern:

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    Oder um es noch mal deutlicher zu sagen:

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    Das wird einfach eine Katastrophe, deren Auswirkungen sich nicht nur auf die Vereinigten Staaten von Amerika beschränken werden.

  • Ich höre nun schon seit über einem Jahr, dass Trump eigentlich erledigt wäre.

    Ist nunmal eine schöne Schlagzeile.

    Nach den Schlagzeilen dauert es immer eine ganze Weile, bis Urteile folgen. In großen und komplexen Prozessen naturgemäß noch länger. Und die Höchststrafen aus der Presse gibt es meistens auch nicht.

    Trump hat anscheinend ein recht gut funktionierendes Geschäftsmodell entdeckt. Zumindest wirkt es auf mich so, als ob er gerade ganz gut verdient. Dass die Demokratie darunter leidet, ist ihm wohl seit Jahren egal.

  • Ja, no shit. Statt das eigentliche Problem ernstzunehmen, hat man auf Sündenböcke wie Facebook oder Putin eingeschlagen. Wenn der Facebook-Algorithmus nicht wäre, wenn die russische Einflusseinahme nicht wäre, ja dann... dann wären immernoch nahezu 50% der Wähler in den USA stramm rechts bis rechtsextrem. Das ist das eigentliche, fast unlösbare Problem.

  • Was für eine Katastrophe sondergleichen:

    (S+) Ebnet ein Demokrat Donald Trump den Weg zurück an die Macht?
    Der demokratische Senator Manchin torpediert die ambitionierten Reformpläne von US-Präsident Biden. Wenn das Paket scheitert, wäre es eine Katastrophe für das…
    www.spiegel.de

    Okay, dann halt kein Klimaschutzpaket. Sei’s drum, da ist eh nicht mehr viel zu retten und Manchin war ja eigentlich ohnehin eher ein Republikaner in der falschen Partei. Aber damit dürfte klar sein, dass Joe Bidens Präsidentschaft schon im ersten Jahr scheitern wird. Das Infrastrukturpaket und das Klima- und Sozialpaket waren nunmal sein zentrales Wahlversprechen, das war das große Ding, das er direkt im ersten Jahr seiner Präsidentschaft umsetzen wollte. Das Infrastrukturpaket hat er noch durchbekommen, vom zweiten Paket ist gerade mal noch ein Scherbenhaufen übrig.

    Ich habe keine Ideen, wie die ebenfalls vollkommen ratlos agierenden Demokraten das wieder in den Griff bekommen wollen. Fatalismus ist ja momentan hoch im Kurs, aber ich denke mal, damit sind die Midterm-Wahlen für die Demokraten gelaufen. Die zweite Hälfte seiner Amtszeit bekommt Biden dann so gut wie gar nichts auf irgendeine Weise geregelt.

    Und dann wird ja im Jahr 2024 wieder mal gewählt. Das ist aus heutiger Sicht noch lange hin, aber Biden wird wohl kaum noch mal antreten, Harris, die mal als seine Nachfolgerin gehandelt wurde, ist quasi aus dem Rennen, während auf der Seite der Republikaner sowohl Trump als auch eine Reihe weiterer Kandidaten hochmotiviert in den Wahlkampf starten wollen. Die Demokraten haben dann das gleiche Problem wie die Union hierzulande im letzten Wahlkampf: Sie müssen mit einem neuen Kandidaten antreten, der irgendwie alles besser machen möchte, können aber nicht erklären, wie es denn besser werden soll, weil sie ja momentan bereits regieren. Abgesehen davon entwickelt sich dort ein parteiinterner Konflikt zwischen dem linken und den moderaten Flügel, bei dem auch noch nicht klar ist, wie sehr die beiden Flügel im Wahlkampf miteinander auskommen werden.

    Abseits davon ist natürlich die Frage, wie sehr die Wahlgesetze zugunsten der Republikaner geändert werden.

  • Dass Trump als Betrüger bezeichnet wird, ist ja nichts Neues und sehr oft trifft es zu. Jetzt wird er von seinen eigenen Anhängern als Betrüger bezeichnet: Der Grund ist, dass Trump dazu aufruft sich gegen Corona impfen zu lassen und angibt, dass er selbst geimpft und geboostert sei.

    FR vom 25.12.2021

    Donald Trump enttäuscht Corona-Impfgegner im Trump Tower: „Er ist ein Betrüger!“
    Weil sie ungeimpft gegen Corona keinen Zutritt zum Trump Tower bekamen, laufen einige Anhänger von Donald Trump Sturm.
    www.fr.de
  • Jetzt auch auf der Startseite des SPIEGELs, leider hinter der Bezahlschranke, aber nach meinem Dafürhalten lesenswert:

    (S+) Ein Jahr Attacke auf das US-Kapitol: Es kann noch schlimmer kommen
    In den USA wächst die Angst vor mehr politischer Gewalt. Die Verantwortung dafür tragen Donald Trump und die Republikaner. Sie sind dabei, den demokratischen…
    www.spiegel.de

    Leider spart auch der Artikel das Szenario aus, dass Trump 2024 gewinnt, ganz unabhängig von der Art und Weise des Wahlsieges. Da er ja nichts mehr zu verlieren hat, beziehungsweise seine Republikanische Partei mächtig genug sein wird, um das Wahlrecht dahingehend zu ändern, dass er tatsächlich Präsident 4eva bleibt, darf es uns in Westeuropa gern etwas gruseln.

    Wie ich schon etwas früher schrieb, haben wir ja längst nicht nur Kultur und Technik aus den USA importiert, insofern würden wir wohl etwas dumm gucken, wenn es Netflix nicht mehr gäbe, weil dort vielleicht unamerikansiche Serien gezeigt werden, oder Trump sich mit dem reichsten Mann der Welt anlegt, oder was auch immer. Unsere digitale Welt basiert darauf, dass viel Datenverkehr durch viele amerikanische Unternehmen rauscht und wenn das aufgrund einer autokratischen Entwicklung in den USA nicht mehr gewährleistet wäre, tja, dann gucken wir dumm.

    Noch dümmer gucken wir allerdings, wenn Trump wieder das Weltklimaabkommen torpediert (okay, ist dann eh fast egal) oder aus der NATO austritt und die amerikanischen Streitkräfte aus Europa abzieht. Falls Putin sich anschickt, die russischen Grenzen ein bisschen zu verschieben, was wollten wir dagegen tun? Auf politischer Ebene demonstrieren? Na, viel Erfolg.

    Wir mögen vielleicht gelangweilt die Entwicklungen in Kasachstan beobachten, weil Kasachstan weit entfernt ist und uns nicht direkt betrifft, aber ich gehe davon aus, dass die Abschaffung der Demokratie in den USA direkte Auswirkungen auf unseren Alltag haben wird. Und zwar keine guten.

  • Falls Putin sich anschickt, die russischen Grenzen ein bisschen zu verschieben, was wollten wir dagegen tun?

    Im Tagesspiegel gibt es einen ganz guten Kommentar dazu:

    Furcht vor Europas Irrelevanz
    Baerbock in den USA, der EU-Außenbeauftragte in der Ukraine. Der Aktionismus kann nicht verdecken: Putin nimmt Europa nicht ernst, nur die USA. Ein Kommentar.
    www.tagesspiegel.de

    Abschaffung der Demokratie in den USA

    Bereits das "Erlebnis Trump" empfand ich als ziemlich verstörend. Ich hoffe, dass die Selbstheilungskräfte der amerikanischen Gesellschaft ausreichen, um die faktische Abschaffung zu vermeiden. In den ganzen Meldungen aus dem Land entdecke ich aber leider keine Hinweise darauf, dass die sehr verhärteten Fronten bröckeln könnten.

  • Und dann nehmen wir neben der lupenreinen russischen Demokratie, dem Make-America-great-again-again-Movement und unseren Abhängigkeiten von diesen Ländern in wirtschaftlicher, technischer und militärischer Hinsicht noch China (militärische Drohgebärden, Entwicklungen in Hongkong, Total-Überwachung der Bevölkerung, Social Score, Umerziehungslager für Uiguren, Aufkaufen deutscher klein- und mittelständischer Unternehmen, Technologietransfer etc. pp.) dazu.

    Da wünscht man sich schon fast den recht übersichtlichen Ost-West-Konflikt der 50er bis 80er Jahre zurück, nicht wahr?

  • Da wünscht man sich schon fast den recht übersichtlichen Ost-West-Konflikt der 50er bis 80er Jahre zurück, nicht wahr?

    Nun, wir standen ja damals auf der richtigen Seite, da kann man sich sowas wünschen ... *flöt*

    Das sind auch alles so Dinge die mich darean zweifeln lassen, dass die Menschheit es noch irgendwie hinkriegt den Planeten zu retten...

    Kleiner mathematischer Exkurs in die Historie der Menschheit:

    Wie viele (Hoch-)Kulturen/Gesellschaftssysteme/... gab s schon auf dieser Erde?

    n

    Wie viele davon sind schon untergegangen?

    n-1

    (den heutigen Globalismus mal als 1 zählend ...)

    Welches Indiz lässt Dich vermuten, dass wie die allererste Ausnahme von dieser Regel sein könnten?

    Die Wahrscheinlichkeit, dass auch wir dieser Regel folgen werden, liegt verdammt hoch ... Der einzige Unterschied zu allen Untergängen zuvor: Unserer wird viel fulminanter werden, einfach weil wir das endlich können ...

    PS: Erzählt das, wenn ihr welche habt, besser nicht euren Kindern/Enkeln, die sollen noch paar schöne Jahre haben ...

    PPS: Die Menschheit ist zäh, unter "genetischer Flaschenhals" findet man, dass wir schon paar mal auf nur wenige 1000 geschrumpft waren, n+1 wird also irgendwann kommen, für die sollte man vielleicht die Wikipedia irgendwo in einer Höhle an die Wand malen, damit die nicht die selben Fehler machen, sondern eigene neue ...

  • Das Problem dabei ist , das n+1 nicht mehr die Ressourcen nutzen kann, die wir bereits verbraucht haben. Und die vorigen Hochkulturen uns keinen strahlenden Müll hinterlassen haben. Davon wird es sehr viel geben, wenn der Untergang "fulminant" wird.

  • Das sind auch alles so Dinge die mich daran zweifeln lassen, dass die Menschheit es noch irgendwie hinkriegt den Planeten zu retten...

    „Wir müssen utopisch denken, um realistisch zu sein.“ Harald Welzer macht sich Gedanken, wie eine gute Zukunft aussehen könnte: etwa eine Gesellschaft, in der solidarisches Handeln gestärkt wird. Eine Wirtschaft, die dem Gemeinwohl verpflichtet ist. Eine Umwelt, die repariert werden kann.

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    Video-Sendung des österreichischen Karl-Renner-Instituts vom 19.4.21

    (Das Dr.-Karl-Renner-Institut (kurz: Renner-Institut) ist die politische Akademie der Sozialdemokratischen Partei Österreichs, die nach Karl Renner benannt wurde und als Verein organisiert ist.)

    Welzer kritisiert den seit Jahrzehnten dominierenden Alarmismus in Zukunftsfragen. Ein Auslöser war ganz sicherlich der Zukunfts-Bericht des Club of Rome, Die Grenzen des Wachstums von 1972.

    Welzer plädiert dafür anstatt den Alarmismus anzuheizen lieber zukunftsfähige, nachhaltige Utopien in den Vordergrund zu stellen.

  • Da wünscht man sich schon fast den recht übersichtlichen Ost-West-Konflikt der 50er bis 80er Jahre zurück, nicht wahr?

    Den, wo sich zwei Weltmächte dermaßen bewaffnet und provoziert haben, dass sie beinahe aus Versehen einen Vernichtungskrieg mit Atomwaffen von, auf und über deutschem Boden geführt hätten?

    Den wünsch ich mir nicht zurück.

  • Die beste Zeit war vermutlich zwischen Mauerfall und 9/11, also knapp 12 Jahre (in diesen Zeitraum fiel auch die Aufhebung der allgemeinen Radwegebenutzungspflicht, falls irgendjemand an meiner Einschätzung zweifeln sollte!).

  • Nun, wir standen ja damals auf der richtigen Seite

    "Wir"? Und welche "Seite" sollte das sein? Weißt du, wo ich geboren bin und gelebt habe seinerzeit? ;) Ich habe dein "flöt" aber schon richtig eingeordnet, glaube ich. Wollte nur darauf hinweisen, dass nicht unbedingt jeder hier im "kapitalistischen Westen" aufgewachsen sein muss.

    2 Mal editiert, zuletzt von cubernaut (7. Januar 2022 um 23:18)

  • Den, wo sich zwei Weltmächte dermaßen bewaffnet und provoziert haben, dass sie beinahe aus Versehen einen Vernichtungskrieg mit Atomwaffen von, auf und über deutschem Boden geführt hätten?


    Den wünsch ich mir nicht zurück.

    Ich wünsche mir eine genauere Lektüre meines Beitrags. :whistling: Dabei bitte das Augenmerk auf das in diesem enthaltene Adverb "fast" und den überdeutlich (?) wahrnehmbaren ironisch-sarkastischen Grundton legen.

    P. S.: Auch wenn ich ad hominem-"Argumente" eigentlich nicht mag, da je nach Blickwinkel Arroganz oder Polemik vermutet werden kann, muss es hier doch heraus: Ich bin Geschichtslehrer* und weiß sehr vieles nicht, aber ein paar grundlegende Informationen über den Ost-West-Konflikt (früher gern "Kalter Krieg" genannt) liegen mir vor.

    P. P. S.: Ne ne, das streiche ich lieber, denn nichts ist beliebter als jetzt die Mottenkiste aufzumachen und über all die faulen und verblödeten Säcke ...

    P. P. P. S.: Wat soll's. Nach dem zweiten Glas Merlot ist mir das jetzt auch latte.

    3 Mal editiert, zuletzt von cubernaut (7. Januar 2022 um 23:22)