StVO fast komplett ungültig?

  • "es gälte dann das Recht von 1970."

    Vor der Neufassung von 2013 war die letzte Neufassung in der Tat von 1970 als "Grund-StVO".

    Die Frage wäre, ab wann falsch zitiert wurde, bis dahin wären alle Änderungs-VOs ja gültig, das wäre dann also eher nicht "das Recht von 1970".

    Auf jeden Fall sollte man mal zur Republik wechseln statt bayrische Wahlmonarchie im Verkehrsmysterium ..

  • Vor der Neufassung von 2013 war die letzte Neufassung in der Tat von 1970 als "Grund-StVO".

    Ich dachte, die Fahrradnovelle von 1998 wäre ein Durchbruch gewesen? Hab mich schon immer gefragt, wie die CSU damals rumgekriegt wurde? Ein zusätzlicher parlamentarischer Geschäftsführer-Posten? Ist soweit ich weiß die übliche Währung im Politbusiness.

  • Ich dachte, die Fahrradnovelle von 1998 wäre ein Durchbruch gewesen?

    1997! 1998 trat nur die B-Pflicht-Sache in Kraft, weil man meinte, 1 Jahr täte als Übergangsfrist für die Überprüfung der B-Pflichten reichen ... *flöt*

    1970 meint, dass es da vor 2013 zuletzt eine StVO komplett neu veröffentlicht wurde, also alle gut 50 §§ in kompletter Fassung, während es sonst nur Änderungs-VOs gibt nach dem Muster "In § 4711 wird in Abs. 2 Satz 3 das Wort "vielleicht" durch "eventüll" ersetzt"

  • Ich dachte, die Fahrradnovelle von 1998 wäre ein Durchbruch gewesen? Hab mich schon immer gefragt, wie die CSU damals rumgekriegt wurde?

    Lies die Begründung zur Änderung des § 2 Abs. 4 StVO, die das Verkehrsministerium für den Bundesrat verfasst hat (S.6). Sie stellt allein auf Baumängel und ungenügende Abmessungen ab, und strahlt damit die Hoffnung aus, dass die geforderte Abschilderung die Behörden alsbald zur Ertüchtigung ihres Radwegenetzes veranlassen werde, woraufhin die Schilder problemlos wieder angebracht werden sollten.

    Die Konsequenz aus den "gefährdeten Rechtsgütern der vorgenannten Abschnitte" und der "zwingenden Notwendigkeit" in §45 Abs. 9 war im Hinblick auf die Radwegebeschilderung dagegen ein Versehen, dessen Konsequenzen den Verantwortlichen beim Schreiben der Neufassung nicht bewusst waren. So jedenfalls angeblich Wolfgang Bouska (damals Ministerialdirigent im Bayerischen Staatsministerium des Inneren und Mitautor sowohl der 97er-Novelle als auch eines vielzitierten juristischen Wälzers zur StVO-Interpretation) im Nachhinein.

  • Nun steht wiederum zur Debatte, ob vielleicht die berühmte 45. Änderungsverordnuung wieder gilt. Dass ist die, auf die Ramsauer sich damals während des so genannten Schildergates zurückzog, als er feststellen musste, dass in den Straßen noch Abermillionen Verkehrszeichen in der plötzlich mit der 46. Änderungsverordnung ungültigen Gestaltung zu sehen waren.

    Vielleicht können wir es ja einfach so regeln, dass jeder Verkehrsteilnehmer einfach selbst entscheidet, ob und welche Version der Straßenverkehrs-Ordnung für ihn gültig sein soll?

  • Gibt es eigentlich Erfahrungen, wie in der Praxis damit umgegangen wird? Entweder müsste ja eine Behörde das alte Recht komplett anerkennen oder das neue. Scheinbar werden sich aber Rosinen herausgepickt z.B. Geschwindigkeitsverstösse/ Fahrverbote oder wurden irgendwo z.B. E-Scooter verboten?

  • Gibt es eigentlich Erfahrungen, wie in der Praxis damit umgegangen wird? Entweder müsste ja eine Behörde das alte Recht komplett anerkennen oder das neue. Scheinbar werden sich aber Rosinen herausgepickt z.B. Geschwindigkeitsverstösse/ Fahrverbote oder wurden irgendwo z.B. E-Scooter verboten?

    Das macht nach meiner Kenntnis quasi jede Behörde anders. Eine bundesweite Koordinierung auf Ebene der Länder ist ja vor ein paar Wochen offenbar ergebnislos fehlgeschlagen.

    Und natürlich wird eine Stadt nicht plötzlich die E-Roller wieder einkassieren, weil ein Bundesland Bedenken hinsichtlich der Gültigkeit der letzten x Änderungsverordnungen angemeldet hat. Da wird man erstmal belastbare Ergebnisse abwarten und dann weitersehen. Dass die E-Roller wieder verschwinden mag ich nicht glauben, aber ich kann mir schon vorstellen, dass beispielsweise die lustigen Ampelregelungen aus der 45. Änderungsverordnung wieder einschlägig werden und auch künftig keine Rettungsgasse mehr gebildet werden muss.

  • 993. Sitzung des Bundesrates am 18. September 2020

    Vorerst keine Reparatur der StVO-Novelle

    Der Bundesrat hat am 18. September 2020 über Änderungen im Straßenverkehrsrecht debattiert - insbesondere über eine mögliche Reparatur der StVO-Novelle vom 20. April 2020, die derzeit wegen eines Formfehlers teilweise außer Vollzug gesetzt ist.

    Zur Heilung des Formfehlers oder Änderungen an der Straßenverkehrsordnung wird es jedoch vorerst nicht kommen: Entsprechende Vorschläge aus den Fachausschüssen fanden jeweils nicht die erforderliche absolute Mehrheit im Plenum.

    Was die Fachausschüsse vorgeschlagen hatten

    Verkehrs- und Innenausschuss hatten übereinstimmend empfohlen, die StVO-Novelle inklusive der ergänzten Eingangsformel noch einmal neu zu erlassen - und dabei die ursprünglich beschlossenen, derzeit aber nicht angewandten Sanktionen für Geschwindigkeitsüberschreitungen ab 21 km/h innerorts und 26 km/h außerorts zu modifizieren: Fahrverbote sollten künftig nur bei Geschwindigkeitsverstößen an Gefahrstellen wie Autobahnbaustellen oder Schulen und Kindergärten sowie im Wiederholungsfall verhängt werden. Rasern sollten dafür aber höhere Bußgelder drohen. Dieser Vorschlag erhielt keine Mehrheit im Plenum.

    Der Umweltausschuss hatte dafür plädiert, ausschließlich den Formfehler im Einleitungsteil der StVO-Novelle zu heilen, den Inhalt der damaligen Verordnung aber unverändert noch einmal neu zu erlassen. Auch diese Empfehlung fand in der Plenarsitzung nicht die erforderliche absolute Mehrheit.

    Zeitplan offen

    Wann es zu einem weiteren Reparaturversuch kommt, ist derzeit nicht absehbar. Die nächste Plenarsitzung findet am 9. Oktober 2020 statt.

    Aufhänger: Umsetzung von EU-Recht

    Zustimmung fand allerdings die Grundlage der aktuellen Beratungen - eine Verordnung der Bundesregierung zur Umsetzung einer EU-Richtlinie zu den höchstzulässigen Abmessungen und Gesamtgewichten für bestimmte Fahrzeuge und Fahrzeugkombinationen: Ihr stimmte der Bundesrat mit einigen fachlichen Änderungsmaßgaben zu. Setzt die Bundesregierung diese um, kann sie die Verordnung im Bundesgesetzblatt verkünden.

    Plenarsitzung des Bundesrates am 18.09.2020

  • Die naheliegendste Methode - einfach die Bürger der Bundesrepublik Deutschland entscheiden zu lassen - ist ja, wie wir wissen, völlig abwegig.

    Auch wenn mir das Ergebnis vermutlich (aber wer weiß, vielleicht sind wir in der Mehrheit ja gar nicht so doof?) nicht gefallen würde, ich wäre jedenfalls Demokrat genug, damit leben zu können. Jedenfalls besser, als wenn sich Fachausschüsse (Profis?) streiten und faule Kompromisse schließen, die ich und meine Kinder/Enkel dann ausbaden müssen.

  • und faule Kompromisse schließen

    Ich finde den Kompromiss ganz gut:

    - Die Verbesserungen für Radfahrer bleiben alle drin.

    - Fast alle anderen Änderungen bleiben auch.

    - Nur Fahrverbot wird etwas aufgeweicht, indem abseits von Kitas, Schulen u.ä. erst der zweite Verstoß mit 21+ innerorts bzw. 31+ außerorts zum Fahrverbot führt.

    - An Kitas, Schulen u.ä. reicht weiterhin ein Verstoß.

    Dem nicht zuzustimmen halte ich schon für ganz schön zickig.

    Ohne die Vorgeschichte hätten die Grünen dem doch sofort zugestimmt.

  • Dem nicht zuzustimmen halte ich schon für ganz schön zickig.


    Ohne die Vorgeschichte hätten die Grünen dem doch sofort zugestimmt.

    Die Vorgeschichte, dass das BMVI aber diesen Zitierfehler nutzt, um die beim Unionswähler unbeliebten Fahrverbote wieder zu streichen, hätte sich das Ministerium allerdings auch sparen können. Den Wahlkampf hätten ja auch die unionsgeführten Länder im Bundesrat bestreiten können, da hätte man das Ministerium außen vor lassen können.

  • Ich finde den Kompromiss ganz gut:

    Hm. Das Fahrverbot beim "ersten Mal" ist m.E. der erste ernstgemeinte Versuch, die Unfallursache Nummer Eins wenigstens ein bisschen zu sanktionieren: Da muss sich dann einer 5 Minuten in die Ecke stellen und darf erst anschließend wieder mitspielen, anstatt sich freikaufen zu können. Das ist eh schon lächerlich.

    Wir haben jährlich 2 Millionen polizeilich gemeldete Verkehrsunfälle, die selbstgeregelten Blechschäden sind da gar nicht mitgezählt. Im Schnitt fährt alle 15 Sekunden ein Streifenwagen zu einer Unfallaufnahme, dafür sind m.W. 200.000 Polizeibeamte rund um die Uhr im Einsatz.

    Für einen Kompromiss sehe ich "fachlich" gar keinen Spielraum, und das sind doch alles Fachleute?

  • Hm. Das Fahrverbot beim "ersten Mal" ist m.E. der erste ernstgemeinte Versuch, die Unfallursache Nummer Eins

    Wie kommst du denn auf die Idee, unangepasste bzw. überhöhte Geschwindigkeit sei "Unfallursache Nummer Eins"? Das stimmt einfach nicht, Diese Ursache rangiert bei Unfällen mit Personenschaden nur auf dem vierten Platz. Hinter "Fehler beim Abbiegen, Wenden, Rückwärtsfahren, Ein- und Anfahren" (kann denke ich gerade jeder Radfahrer bestätigen, dass es dabei oft gefährlich wird...,), "Missachten der Vorfahrt/des Vorrangs" und "Abstandsfehler".

    Quelle: https://www.runtervomgas.de/unfallursachen…Personenschaden.