„Fahrrunter“-Kampagne

  • Erinnert an die Wiener Kampagne vor einiger Zeit. Dort war es (glaube ich) mehr auf die Kommunikation zwischen Autofahrern ausgelegt. Ich fand das Wiener Vorbild besser. Dort war das Ziel das Entschuldigen bei eigenen Fehlern:

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    Ich halte das für besser, weil die Bremer Variante ja davon ausgeht fremde Fehler einfach hinzunehmen und sich nicht aufzuregen, die Wiener eigene Fehler zuzugestehen. Das erscheint mir nachhaltiger - und aus eigener Erfahrung, wenn mir einer die Vorfahrt nimmt und sich entschuldigt ist die eigene Haltung sehr schnell ein "naja, passiert, war nicht schlimm", wohingegen einer der mich fast von der Straße drängt und dann an der nächsten Ampel bewusst wegschaut einfach nur Ärger produziert.

  • Nach dem ersten Eindruck finde ich sie nicht gut.

    • Warum muss ich mir Plakate voller vulgärer Ausdrücke anschauen?
    • Die Botschaft "#fahrrunter" ist doch arg gestelzt. Meine erste Interpretation war: "Warum soll ich irgendwo drunter fahren? Unter einen LKW?" Das ist nicht eingängig.
    • Es fehlt das Vorbild: die zeigen nur, wie man es NICHT machen soll. Aber überhaupt nicht, wie man auch reagieren kann.
    • Wie soll ich freundlich kommunizieren, wenn mich ein Autofahrer zu eng überholt?
    • Ich habe nach dem Betrachten der Bilder schlechte Laune.
  • Klingt fast so, als wären bei der Bremer Polizei überdurchschnittlich viele Anzeigen wegen Engüberholens eingegangen und deswegen wurde eine Kampagne ins Rollen gebracht, damit diese nervigen Radfahrer nicht aufmucken. So wie das Bild minimalen Abstand zum Gehsteig und Berührung der Hand durch den Spiegel zeigt, dürfte das sowieso bereits im strafrechtlich relevanten Abdrängen und Verletzen liegen. Da ist "Ey, bring mich nicht um!" noch sehr höflich formuliert.

    Die Gelder wären besser in sinnvolle Aufklärung investiert worden, z. B. dass man in der Stadt beim Überholen von Radfahrern nahezu nie Zeit gewinnt und es absolut sinnlos ist (und meistens gar nicht erlaubt). Oder dass Nebeneinanderfahren für alle sinnvoller ist als hintereinander, was Überholmöglichkeiten angeht. Oder wie gefährlich und aufwendig Rechtsabbiegen ist und dass man sich nicht von ungeduldigen Idioten hinter einem dabei stressen lassen darf. Oder wie LKW mit Auflieger selbst bei Stillstand des Radfahrers tödlich werden. Oder wie schnell Dooring einen umbringt, selbst mit Helm. So viele sinnvolle Ideen, stattdessen so ein Mist. Schade.

  • Bild 4: Was gibt es an der Reaktion des Radfahrers "Ich darf hier fahren" zu beanstanden?

    Bild 7: Warum soll es "verboten" sein, einen blockierenden und trantütigen Autofahrer mit "Hallooo" wecken zu wollen?

    Und ich finde die Gleichsetzung einer Angstreaktion eines beinahe umgebrachten Radfahrers mit einer aus einem tonnenschweren Auto hervorgebrüllten Beleidigung ziemlich daneben.

  • Ich komme gar nicht über den Mist hinweg...

    Zitat von Von der Facebook-Seite

    Abstand und Respekt gehören klar zusammen. Du jagst der Radfahrerin oder dem Radfahrer sonst einen riesigen Schrecken ein. Ein Mindestabstand von 1,5 Metern ist jetzt auch in der StVO festgeschrieben. Bei geringeren Abständen kannʼs schnell gefährlich werden. Das darfst du einem Ignoranten gerne klarmachen, aber freundlich. Und der sollte nicht mit Beleidigungen, sondern mindestens dem vorgeschriebenen, sprich sicheren, Abstand reagieren.

    Mit dem ersten "Du" und den folgenden Sätzen wird klar der Autofahrer angesprochen. Und dann kippt es plötzlich und mit "du" ist der Radfahrer gemeint.

    Es wird immer peinlicher, was die da zusammen geschustert haben.

  • ufffff. harter Tobak.

    die Rad Fahrende Person im Kampagnen-Logo sieht aus wie Calimero.

    Die Person im KFZ dank halben Lenkrad wie ein griesgrämiger Trauerbolzen :(, der gleichzeitig wütend ist.

    erst im letzten "Beispielbild" hab ich mal auf das Plus unten rechts geklickt. ||

    ich hätte es sein lassen sollen.

    auch empfinde ich "fahrrunter" als unfassbar dämliches wording.

  • Ja grundsätzlich sollte man Fehlertolerant sein. Aber kommt die Wut doch dann, wenn sich Leute systematisch benachteiligt/unterdrückt/... sehen. Da wäre es viel wichtiger die Dinge die dort aufgeführt werden mal intensiv anzugehen. Z.B. indem man dichtes Überholen, Vorfahrt nehmen, nachts ohne Licht fahren, usw mal intensiv ahndet. Die Gesetze sind da, jetzt müssten die nur auch mal angewendet werden.

    Doomsday: It's nature's revenge for what we've done (Chris Pohl)

  • Interessant, dass eigentlich niemand aus der so genannten Fahrradblase die Kampagne toll findet. Angesichts dieser Ablehnung frage ich mich, was denn der ADFC Bremen wohl dazu beigetragen hat — nur das Logo zur Verfügung gestellt?

    Die Hoffnung stirbt zuletzt?

    Der ADFC ist keine Interessenvertretung der Radfahrer mehr. Er ist die Interessenvertretung des ADFCs geworden. Fundierte Radverkehrspolitik schreckt viele ab, ist schwer zu vermitteln also deutlich schwerer als schöne Radtouren. Um als Verband Erfolg zu haben, ist es dementsprechend leichter sich den Auchradfahrern zu widmen: Radweg, Radweg über alles! Wirkliche Radverkehrspolitiker haben fast alle aufgegeben. Wenn ich mir anschaue, was selbst aus dem Hamburger Verband geworden ist, …. Der ADFC lässt sich für die Unterstützung der Zwangsseparierung feiern. Die, die im ADFC das Sagen haben, wollen nicht auf der Fahrbahn fahren. Bei denen gelten Radfahrer, die genau das aber wollen, als gescheiterte Ideologen. Die wollen keine Fahrbahnfahrer, weil sie dem Verbandsinteressen (sO) schaden. Dem ADFC traue ich sogar zu, inhaltlich zu solchem Mist beigetragen zu haben.

  • Ich habe meine Mitgliedschaft im ADFC bislang nur deshalb noch nicht gekündigt, weil es mir manchmal nützlich erscheint, sagen zu können, dass ich Mitglied im ADFC bin. Sozusagen als kleines Gegengewicht zu den ganzen Wahnwesten-Gehweg-Geisterradlern.

    Hier vor Ort sehe ich den ADFC auch mehr als Teil des Problems, denn als Lösung. Damit möchte ich aber nicht alle ADFC-Mitglieder über einen Kamm scheren.

  • Die Hoffnung stirbt zuletzt?

    Ich fürchte, wir driften mit dieser Fragestellung wieder ganz weit vom eigentlichen Thema ab, aber ich bin mittlerweile nach ungefähr zehn Jahren in dieser Fahrradblase zu der Überzeugung gekommen, dass die Fragestellung falsch ist: Die Verkehrswende wird sich nach meiner momentanen Meinung nicht darüber entscheiden, ob auf der Fahrbahn oder auf dem Radweg gefahren wird. Da hängen noch eine ganze Menge anderer Faktoren dran.

    Aber selbst wenn man als ADFC der vermeintlich falschen Lehre anhängt, wenn ich das jetzt einmal so überspitzt formulieren darf, dann ist das ja immer noch kein Grund, sich an eine solche Kampagne anzuhängen, die den Radverkehr wieder in die Rolle des pöbelnden Regelbrechers zurückdrängt.

  • Die Verkehrswende wird sich nach meiner momentanen Meinung nicht darüber entscheiden, ob auf der Fahrbahn oder auf dem Radweg gefahren wird. Da hängen noch eine ganze Menge anderer Faktoren dran.

    Natürlich hängen da noch viel mehr Faktoren dran. Aber selbstverständlich ist das eine Kernfrage, ob man Radfahrer als vollwertige Verkehrsteilnehmer betrachtet oder als Verkehrshindernisse, die man dem richtigen Verkehr lieber aus dem Weg schaffen will. Da schließt sich doch der Kreis zu dieser Kampagne, welches Bild vom Radverkehr gezeichnet wird: Radfahrer sollen sich devot dem Autoverkehr unterordnen, nicht aufbegehren, nicht auf ihr Recht pochen, nicht im "Toten Winkel" fahren und vor allem nicht im Weg sein. Eine echte Verkehrswende würde für mich damit beginnen, dass sich dieses Bild ändert.

  • Aber selbstverständlich ist das eine Kernfrage, ob man Radfahrer als vollwertige Verkehrsteilnehmer betrachtet oder als Verkehrshindernisse, die man dem richtigen Verkehr lieber aus dem Weg schaffen will.

    Ich sehe das nicht als Kernfrage.

    Wenn es um die Verkehrswende geht, geht es darum, möglichst viele Menschen auf's Rad zu bekommen. Und bei diesem Ziel sind gute Radwege der Führung auf der Fahrbahn überlegen. Keine Aufklärungskampagne der Welt wird dafür sorgen, dass die Mehrheit der Menschen die Führung auf der Fahrbahn besser finden als auf einem Radweg. So ist die Mehrheit nunmal einfach nicht gestrickt.

    Ich merke es an mir selbst: Früher hat mir der Verkehr von hinten nicht viel ausgemacht. Hunderte Nahüberholer später ist das anders. Der Kopf weiß, dass der Radweg gefährlicher ist. Und trotzdem finde ich es unangenehmer, wenn die Gefahr ständig von hinten lauert.

  • Aber selbst wenn man als ADFC der vermeintlich falschen Lehre anhängt, wenn ich das jetzt einmal so überspitzt formulieren darf, dann ist das ja immer noch kein Grund, sich an eine solche Kampagne anzuhängen, die den Radverkehr wieder in die Rolle des pöbelnden Regelbrechers zurückdrängt.

    Der ADFC wird von Freizeitfahrern dominiert. Die wollen in Ruhe ihre Runden drehen. Der Weg ist das Ziel, nicht das Ziel. Von dem, also dem geparktem Auto, fahren sie nämlich los, um dort wieder anzukommen. Für das Ungemach, das ihnen unterwegs widerfährt, sehen sie die Querulanten (also unsereins) verantwortlich. Laut Stork ist Fahrbahnfahren eine gescheiterte Ideologie, soll der Kampf gegen Benutzungspflichten aufhören. Der ADFC will keine Fahrbahnfahrer, sehen sie als ein Übel. Diese Kampagne passt bestens in deren Konzept.

  • Da kann ich nur zu einem (kleinen) Spiegel raten.

    Alle Straßen umbauzubauen ist auch nicht gerade umweltfreundlich und dauert Jahrzehnte. Kopenhagen ist da 30-40 Jahre voraus, viel weniger lang wirds hier sicher nicht dauern.

    Nebenbei habe ich noch keine getrennte Führung von KFZ und Rad gesehen, die das Problem der Konflikte an Kreuzungen löst ohne Baumaßnahmen wie Brücken oder Tunnel.

    In Holland und Dänemark ist das besser, aber trotzdem gibt es die Konflikte und der Radverkehr wird auch oft dem KFZ Verkehr untergeordnet, wenn man mal aus der Kernzone der Städte raus ist. Auch da ist indirekt abbiegen gang und gebe mit entsprechend aufgemalten Wartestreifen, unterschied ist in der Regel ein eigenes Licht-Signal.

    Man kann vielleicht in der Innenstadt-Kernzone Bereiche sperren für Autos, aber da leben und arbeiten gar nicht so viele Leute, da wird nur eingekauft und touristisiert, wichtiger sind die Bereiche um die Innenstädte, aber da ist meistens wenig Platz, wenn man mal von den Hauptachsen in Berlin absieht.

    Dann denke ich, in den größeren Städten ist der Anteil an Radlern schon relativ hoch, der Aufwand da noch ein paar mehr aufs Radl zu bekommen steht vielleicht gar nicht im Verhältnis zum Einsatz der Mittel, außer man bringt die Radler auf die Straße. Was anderes sind die Pop-up-Lanes auch nicht.

    Es würde vielmehr bringen Pendler im 10-30km Umkreis der Städte und Bewohner von Kleinstädten auf das Rad zu bringen. Aber genau das sind die Bereiche, wo eher nix passiert, bzw. da wird dann in der Politik gerne von so Projekten wie einem Radschnellweg gesprochen, weils gut klingt, man was fürs Radl tut und klar ist, dass sich darum eher die nächste oder übernächste Generation im Stadt-, Kreis und Landtag kümmern darf.

    Würden viele Räder auf der Straße fahren, wäre das Verhalten der KFZler auch anders. Dann wäre klar, das ein Radler genau da auch hingehört. Momentan ist das eher ein Einzelfall, wo die Leute erstaunt, erschrocken, manche beleidigt sind.Auf jeden Fall ist es eine Störung. Genauso sind die Reaktionen, man hat dort nichts zu suchen, ist die Meinung eines gar nicht so kleinen Teils der Autofahrer!

    Ist wie im Frühjahr Motorrad fahren, da staunen die Autofahrer auch jedes Jahr Bauklötze, was da plötzlich auf der Straße bewegt wird.

    So, wie das momentan läuft, erst mal einen Radweg planen, dann irgendwann bauen und danach schauen, ob auch jemand drauf fahren will, das bringt doch nicht wirklich was und ist unökonomisch.

    Da fände ich es besser 2m breite Radstreifen hinzumalen auf den Hauptstraßen, mit Radlpiktogramm, und wenn das angenommen wird, kann man sich immer noch überlegen, wie es in der Zukunft gestaltet wird.