Tatütata, die neue StVO ist da

  • So einfach ist das wohl nicht. Laut StVG erlässt das BMVI mit Zustimmung des Bundesrats Änderungen an StVO und BKatV.

    Vermutlich kann der Bundesrat also gar nicht von sich aus tätig werden. Dazu braucht er eine Initiative von Scheuer.

    Außerdem wird Scheuer den verschärften Fahrverboten vermutlich nicht nochmal zustimmen. Aber gleichzeitig es dürfte schwer werden, die Änderung ohne Fahrverbote durch den Bundesrat zu bekommen. Da haben sich ja auch einige Politiker sehr deutlich positioniert und die Fronten sind wohl verhärtet.

    Und die Verbesserungen für Radfahrer kommen dabei unter die Räder.

  • Mein aktueller Kenntnisstand:

    Das BMVI darf nur ins Bundesgesetzblatt schreiben, wozu der Bundesrat zugestimmt hat. Der Bundesrat hat aber nicht einfach zugestimmt, sondern Änderungen vorgenommen (und dabei den Fehler eingebaut). Scheuer konnte nur genau diese Version ins Bundesgesetzblatt schreiben oder eine geänderte Version nochmal in den Bundesrat einbringen.

    Der Bundesrat ist wohl nur für die fachliche Seite der Verordnungen zustimmungspflichtig. Die Einhaltung der formellen Vorgaben obliegt dem BMVI, welches die Präambel wohl nach der Änderung durch den Bundesrat noch bearbeitet hat. Der Fehler hätte also (ob beabsichtigt oder nicht) nur durch das Justizministerium noch korrigiert werden können, welches die Verordnung zu spät für eine gründliche Prüfung erhslten haben will. (siehe Müllers Kolumne: StVO-Novelle)

  • welches die Verordnung zu spät für eine gründliche Prüfung erhslten haben will

    Naja. Soviel Zeit, wie man sich für die Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt gelassen hat, mag ich das ja nicht so ganz glauben.

    (siehe Müllers Kolumne: StVO-Novelle)

    Ah, fein: Wenn jetzt wieder der alte Bußgeldkatalog angewendet wird, wie es ja in vielen Bundesländern nun gehandhabt wird, wäre das ein Verstoß gegen Bundesrecht. Das heißt, die Alternative wird über kurz oder lang darin bestehen, bis zur nächsten Änderungsverordnung, die ja locker noch bis nach der nächsten Bundestagswahl auf sich warten lassen kann, erstmal gar keine Bußgelder mehr zu verteilen.

  • (siehe Müllers Kolumne: StVO-Novelle)

    Danke. Sehr hilfreich beim Verständnis des Formfehlers.

    Und überraschend, wie deutlich er sich festlegt, dass nur die Änderungen an den Fahrverboten nichtig sind, der Rest aber in Kraft bleibt.

    Die Bundesländer verhalten sich ja uneinheitlich. Hoffentlich kommt zügig eine belastbare neue Version, die die Unsicherheit beseitigt.

  • Auch das wird demnächst ein findiger Anwalt durchprügeln, dann ist der Anarchie im Straßenverkehr endlich Tor und Tür geöffnet. Es gilt dann offiziell das Rech der Stärkeren. :(

    Das verteilen von Bußgeldern ist möglicherweise ein zu "stumpfes Schwert" um besonders den Schwächeren Teilnehmern am Straßenverkehr Gerechtigkeit zu verschaffen.

    Dabei gibt es sehr viel wirksamere Maßnahmen als Bußgelder. Siehe zum Beispiel Wien: Dort gab es immer wieder Ärger mit Tretroller-Fahrern. "Der erste Bezirk hat im Dezember mit den E-Scooter-Anbietern eigene Bestimmungen ausverhandelt. Dabei ging es vor allem um Abstell- und Geschwindigkeitsbestimmungen. In vielfrequentierten Zonen müssen etwa die Gefährte automatisch auf Schrittgeschwindigkeit gedrosselt werden. Das betrifft etwa den Stephansplatz oder den Graben. (red, 23.1.2019)

    Was bei Elektro-Tretrollern machbar ist, dass sollte doch eigentlich bei einem PKW kein Problem sein. Versucht jemand seinen PKW auf einem Radfahrstreifen abzustellen oder einem Schutzstreifen, dann beginnt das Fahrzeug zu hupen und zu blinken. Und man kann es nicht abschließen.

    Hat das Auto die jeweils gültige zulässige Höchstgeschwindigkeit erreicht, dann kann es nicht weiter beschleunigt werden.

  • Was bei Elektro-Tretrollern machbar ist, dass sollte doch eigentlich bei einem PKW kein Problem sein. Versucht jemand seinen PKW auf einem Radfahrstreifen abzustellen oder einem Schutzstreifen, dann beginnt das Fahrzeug zu hupen und zu blinken. Und man kann es nicht abschließen.

    Hat das Auto die jeweils gültige zulässige Höchstgeschwindigkeit erreicht, dann kann es nicht weiter beschleunigt werden.

    Das momentan für die zivile Nutzung zugängliche GPS-System ist für so etwas viel zu ungenau. Natürlich kann man ungefähr abschätzen, ob man sich in einer Fußgängerzone befindet oder in einer anderen Straße, aber zur Abschätzung, ob du auf einem Seitenstreifen stehst oder daneben reicht es dann eben nicht. Da müsste man wohl mit optischen Maßnahmen arbeiten.

  • Das momentan für die zivile Nutzung zugängliche GPS-System ist für so etwas viel zu ungenau. Natürlich kann man ungefähr abschätzen, ob man sich in einer Fußgängerzone befindet oder in einer anderen Straße, aber zur Abschätzung, ob du auf einem Seitenstreifen stehst oder daneben reicht es dann eben nicht. Da müsste man wohl mit optischen Maßnahmen arbeiten.

    Bezogen jetzt auf Tretroller oder PKW?

  • Ist so nicht ganz richtig mit dem GPS, geht nur nicht mit einem 1,50€ GNSS-Chips.

    Problematisch ist eher, dass es im Stadtbereich nicht immer 100% zuverlässig funktioniert, zum Beispiel wegen Multipass oder Gebäudeabdeckung, aber mit L1/L2-GNSS-Empfängern würde man gerade in der "Parksituation" mit ~1 Minute stationärer Positionsbestimmung in den <1m Bereich kommen, also meistens durchaus ausreichend.

    Die OBU für das LKW-Mautsystem kann zum Beispiel durchaus in der Regel durch den GNSS-Empfänger und Mapmatching die Fahrspur auswerten, auf der der LKW fährt.

  • Ich will von mir nicht behaupten, dass ich Experte sei in Fragen autonom fahrender Autos. Aber ist es nicht merkwürdig, dass einerseits darüber berichtet wird, dass es bereits autonom fahrende Autos gibt und diese täglich im Einsatz sind, aber andererseits so getan wird, als sei es nicht möglich, dass in moderne Neufahrzeuge Mechanismen eingebaut werden, die zuverlässig durch entsprechende GPS-Steuerung, Kamerasteuerung, ... und was es alles gibt, zuverlässig sicher stellen, dass Autos nicht schneller fahren als jeweils angeordnet?

    Natürlich ist das alles möglich! Zuverlässig möglich! Erprobt und bewährt!

    Schon seit rund 20 Jahren!!!

    In einem Zeit-Artikel vom 15. Januar 2015 (also bereits vor 5 Jahren) beschreibt Dirk Asendorpf ISA.

    "ISA, Intelligent Speed Adaptation.

    So heißt ein schlauer Tempomat, der schon seit Ende der neunziger Jahre zur Verfügung steht. (...)

    Ein Dutzend Versuchsreihen in Australien, Japan und sieben europäischen Ländern hat in den vergangenen 15 Jahren die Praxistauglichkeit nachgewiesen. Hunderte Testautos waren mit ISA im normalen Verkehr unterwegs. Größere Probleme mit der Technik oder gefährliche Situationen sind nirgendwo aufgetreten. Und mit der Erfahrung stieg die Akzeptanz. Sogar Fahrer, die sich selbst als Raser bezeichneten, lobten das System und fuhren nach dem Ende des Tests zurückhaltender."

    https://www.zeit.de/2015/03/tempom…verkehr-technik

    Gerade streitet man sich in Deutschland über die gerechten Strafen für Tempoverstöße. Und Scheuer gelingt es, wie schon bei der Maut, wie schon bei der Fahrradhelmdiskussion ... die Diskussion emotional aufzuheizen und in komplett zweitrangige, drittrangige, viertrangige Richtungen zu lenken, um zu verhindern, das über das gesprochen wird, was schon seit Jahren bereit liegt und endlich verbindlich für alle eingebaut werden muss in alle Autos. Ob das Ding nun ISA heißt oder wie auch immer. Die Technik steht bereit und es ist unverantwortlich, so zu tun als gäbe es das alles nicht, oder die Technik stecke noch in den Kinderschuhen.

    (Siehe zum Beispiel: Jahresbericht 2000, Verband der Automobilindustrie: "Aufbauend auf den bereits heute in einer Reihe von Fahrzeugtypen angebotenen Fahrerassistenzsystemen wird in den EU-Mitgliedstaaten Großbritannien, Niederlande und Schweden die Einführung eines Systems in der Europäischen Union gefordert, welches die Fahrgeschwindigkeit der Fahrzeuge in bestimmten

    Regionen automatisch begrenzt - von außen gesteuert etwa durch Eingriffe in die Kraftstoffzufuhr des Fahrzeugs. Dieser als Intelligent Speed Adaptation (ISA) bezeichnete Ansatz soll die Zahl der Unfälle im Straßenverkehr vermindern helfen, ..." https://www.vda.de/dam/vda/public…_1653338842.pdf )

  • Auch das wird demnächst ein findiger Anwalt durchprügeln, dann ist der Anarchie im Straßenverkehr endlich Tor und Tür geöffnet. Es gilt dann offiziell das Rech der Stärkeren. :(

    vielleicht wären dann nach wenigen Wochen plötzlich viel mehr Menschen für strengere Regeln und Bußgelder?

  • ...von außen gesteuert etwa durch Eingriffe in die Kraftstoffzufuhr des Fahrzeugs....

    Es gibt wohl momentan noch so eine Art Konsens, dass technische Systeme nur "assisitieren" dürfen, aber niemals die Handlungs-Kontrolle übernehmen dürfen, wenn der Fahrer das nicht explizit wünscht. Ist so 'n gesellschafts-politisches Ding.

    Hab ich mal irgendwo gelesen, wo es darum ging, warum nicht längst innerhalb von geschlossenen Ortschaften das Auto einfach gedrosselt wird.

    Gesellschaftlich schlichtweg "unerwünscht".

  • Was bei Elektro-Tretrollern machbar ist, dass sollte doch eigentlich bei einem PKW kein Problem sein. Versucht jemand seinen PKW auf einem Radfahrstreifen abzustellen oder einem Schutzstreifen, dann beginnt das Fahrzeug zu hupen und zu blinken. Und man kann es nicht abschließen.

    Hat das Auto die jeweils gültige zulässige Höchstgeschwindigkeit erreicht, dann kann es nicht weiter beschleunigt werden.

    Mein Vorschlag seit ca. 2000 Jahren: Um das Auto zu starten, muss erst mal eine Kreditkarte eingeführt werden. Bei jedem Verstoß wird einfach Geld abgebucht, laut hörbar durch ein "Klonk". Wenn kein Geld mehr drauf ist, bleibt das Auto beim nächsten Verstoß stehen. War leider noch nie gesellschaftsfähig.

    Und noch viel älter ist mein Vorschlag, den Auspuff bei Autos grundsätzlich in den Innenraum zu führen. Wer nicht sterben will, muss eben seinen Kopf aus dem Fenster halten. Hat mir mehrere Lynch-Versuche eingebracht...

  • So extreme Regeln braucht es eigentlich nicht. Man müsste nur mal die Reglungen heute mit dem technischen Stand neu überdenken:

    • Ich fände es sinnig, wenn man bei PKW mal über eine Leistungsbeschränkung wie beim Motorradführerschein nachgedacht hätte. Dort gibt es die ja, weil schon recht früh die Fahrleistungen von Motorrädern sehr potent waren. Nur das PKW da mittlerweile kräftig aufgeholt haben.
    • Ein Ähnliches Problem beim generellen Tempolimit auf der Autobahn. Auch hier stammt die Reglung noch aus einer Zeit, wo die technischen Möglichkeiten (sowohl was maximale Leistungen als auch die durchschnittliche Höchstgeschwindigkeit angeht) deutlich geringer waren. Ein Limit bei 180 km/h wäre für die Sicherheit heute sehr sinnvoll, da es ab diesem Tempo für ungeübte Fahrer schon schwer wird noch alles richtig einzuschätzen. Dieses Tempo konnte früher kaum jemand überschreiben, heute kann das fast jeder Kleinwaagen.
    • Die maximal 3,5 Tonnen sind noch aus Zeiten, wo Autos das Thema Leichtbau noch nicht kannten. Diese Grenze könnte man jetzt locker auf 2 Tonnen absenken um dem SUV Wettrüsten mal einen Grenze zu setzen.
    • Die maximale Lautstärke ist wieso bitte heute immer noch nicht einfach generell für alle Fahrzeuge festgelegt? Wieso darf ein Motorad oder Sportauto lauter sein? Wer gerne Krach haben möchte, kann sich heute doch ganz einfach über Lautsprecher im Innenraum oder Helm beglücken lassen.

    Doomsday: It's nature's revenge for what we've done (Chris Pohl)

  • Neu ist die aktuelle Situation bzgl. der StVO jedenfalls nicht. History repeating, das Ganze scheint Methode zu haben:

    Zitat

    Die vom Bundesverkehrsministerium seit 2002 immer wieder angekündigte radverkehrsrelevante StVO-Novelle wurde 2009 verkündet und war seit dem 1. September 2009 in Kraft. Seit dem 13. April 2010 meinte der Bundesverkehrsminister aber, diese Novelle sei wegen eines Formfehlers nichtig. Das Verkehrsministerium stellte seither wieder die alte Fassung der StVO auf seiner Webseite als die gültige dar, während das Justizministerium weiterhin davon ausging, dass die neue Fassung galt und diese als die gültige präsentierte. Welche Fassung galt, mussten sich die Verkehrsteilnehmer selbst aussuchen.

    Kettler, Dietmar. Recht für Radfahrer: Ein Rechtsberater (German Edition) . Rhombos-Verlag. Kindle-Version.

  • Es gibt wohl momentan noch so eine Art Konsens, dass technische Systeme nur "assisitieren" dürfen, aber niemals die Handlungs-Kontrolle übernehmen dürfen, wenn der Fahrer das nicht explizit wünscht. Ist so 'n gesellschafts-politisches Ding.

    Hab ich mal irgendwo gelesen, wo es darum ging, warum nicht längst innerhalb von geschlossenen Ortschaften das Auto einfach gedrosselt wird.

    Gesellschaftlich schlichtweg "unerwünscht".

    In bestimmten gesellschaftlichen Kreisen ist das ganz sicher unerwünscht.

    Es gab da mal Kreise, in denen war es unerwünscht, das Rauchen in Gaststätten und öffentlichen Gebäuden zu verbieten. Andere wiederum forderten Schluss mit Rauchvergiftung.

    Ein automatischer Tempobegrenzer ist bei vielen Menschen durchaus erwünscht, die sich nicht zu denen zählen, die vom Tempovirus befallen sind. Und die es sehr schätzen würden, wenn sie in einer verkehrsberuhigten Zone keine Raser befürchten müssten. Oder die nichts übrig haben für illegale Autorennen auf den Ausfallstraßen usw.

    Technische Systeme assistieren außerdem bereits seit Jahren zum Teil Jahrzehnten.

    Siehe zum Beispiel Bremskraftverstärker.

    Antiblockiersystem.

    Spurhalteassistent.

    Einparkhilfe.

    An und für sich ist das Auto als solches bereits ein technisches Assistenzsystem für die Fortbewegung.

    Leider verknüpft mit einem hohen Suchtpotenzial und hoch infektiös, weil es den Tempovirus verbreiten hilft, eine gefährliche Suchterkrankung, die manche Menschen dazu treibt etwas aus heutiger Sicht so Einfaches wie einen automatischen Tempobegrenzer zu verteufeln.

  • Zitat

    Leider verknüpft mit einem hohen Suchtpotenzial und hoch infektiös, weil es den Tempovirus verbreiten hilft, eine gefährliche Suchterkrankung, die manche Menschen dazu treibt etwas aus heutiger Sicht so Einfaches wie einen automatischen Tempobegrenzer zu verteufeln.

    Quelle?