Woche 16 vom 15. bis zum 21. April 2019

  • Zitat von Malte

    Das würde mich auch sehr interessieren. Interessant wäre ob eine andere Argumentation vielleicht gewirkt hätte wie z.B. "wollte gleich direkt links abbiegen" oder "Auffahrt auf Radweg war blockiert durch haltendes Auto". Sowas ohne Zeugen ist nun echt blöd. Im Endeffekt müsste er noch Anzeige gegen unbekannt gegen den Lkw-Fahrer stellen, oder?

    Mich lassen solche Urteile den Glauben an den Rechtsstaat echt wackeln. Ich hoffe, dass da entsprechend Einspruch erhoben wird. Leider kenne ich mich da nicht aus, was da wie möglich ist.

    Andererseits, sofern die (hoffentlich abgeschlossene) Haftpflichtversicherung das übernimmt wird es wenig Antrieb geben, gegen das Urteil vorzugehen.

    Ähnlich schlimm:

    Twitter: OWi-Anzeige weil nicht in Dooring-Zone gefahren (Stuttgart)

  • Hab ich ein anderes Urteil gelesen? Das Verhalten des mutmasslichen LKW wird doch garnicht im Urteil thematisiert.

    Hier geht es um Schadensersatz nach §823 Absatz 1 BGB. Da haftet man auch für Fahrlässigkeit. Und verklagt wird der Radfahrer. Der gegen eine Vorschrift verstoßen hat. Und der unmittelbar kausal einen Schaden verursacht hat. Sich dafür nicht ausreichend rechtfertigen kann. Und ein unmittelbar schädigendes Verhalten eines Dritten nicht beweisen kann. Dann wird man genau nach Klageantrag verurteilt. Da gibts keinen Rabatt.

    Das sieht unser BGB nunmal so vor, damit der völlig schuldlose Geschädigte seinen Schaden ersetzt bekommt.

    Der Standardfall, warum man eine Haftpflichtversicherung haben sollte.

    Für mein Rechtsempfinden ist das ganz fair, der unbeteiligte Geschädigte verdient den Schaden erst recht nicht.

  • Das Radweg-Geschwurbel ist die Zurückweisung der Äußerungen des Beklagten. Das kann man nicht weglassen. Das gehört in ein Urteil hinein.

    Wenn der Beklagte behauptet hat, dass Radwege nicht vor Unfällen im Längsverkehr und den daraus entstehenden Schäden schützen sollen/können, muss sogar ich als Radweggegner widersprechen. Unfallverhinderung im Längsverkehr ist so ziemlich die einzige positive Wirkung, die Radwege haben. Mit der Begründung werden sie doch überall dauernd gefordert.

  • Radfahrer als Spielbälle zwischen Gewalttätern, Kfz-Besitzern und Richtern. Ein unschönes Beispiel dafür, warum ich viele blaue Schilder, aber eben auch [Zeichen 250] angreife. Nicht wegen der 15 oder 20 Euro Bußgeld. Sondern um genau derartige Fälle einer Haftungs-Willkür auszuschließen. "Hättste mal den Radweg benutzt...!" :cursing: Das passt auch zu den zahlreichen Versuchen, über die Haftung Helmpflichten zu etablieren.

    Es bleibt die Frage, ob das Nichtbeachten einer RwBp grob "fahrlässig" - oder das grob verkehrswidrige und wohl vorsätzliche Verhalten des Lkw-Fahrers ursächlich für den Schaden war? Ich halte es schon für arg grenzwertig, die Unfallflucht des Lkw-Fahrers völlig zu ignorieren und den Radfahrer dann die Zeche bezahlen zu lassen. Das war doch so wie ich das sehe auch gar kein "Unfall", sondern vorsätzliches Abdrängen. Welches zynischerweise sogar ziemlich sicher erst durch die RwBp ausgelöst wurde! Th(oma)s hat m. E. auch Recht, wenn er fragt, wie die Sache bei einem anderen zweirädrigen Gefährt (oder ohne blaues Schild) gelaufen wäre?

    Auch bei Verstößen gegen eine 20-Euro-Ordnungswidrigkeit sollte man was Ursache, Wirkung und die Haftung betrifft bitteschön auch die Verhältnismäßigkeit wahren.

    Für mein Rechtsempfinden ist das ganz fair, der unbeteiligte Geschädigte verdient den Schaden erst recht nicht.

    Das Problem dabei ist aber, dass hier der "Geschädigte" (mittelbar) von jemandem geschädigt wurde, der selbst (unmittelbar) Geschädigter ist. In diesem Falle muss man sich eben an den Verursacher wenden - und nicht den Radfahrer, den man (wohl gezielt) gegen ein geparktes Auto gedrückt hat...

    Angenommen, ich schubse im Museum jemanden, der stolpert und haut eine teures Ausstellungsstück vom Sockel. Ich haue unerkannt ab. Ist nun der Geschubste Schuld (weil "fahrlässig" gestolpert?) und muss den Schaden ersetzen (sind wir beide dann etwa "Gesamtschuldner"?)...!? Eher nicht. Da kann es meiner Ansicht nach auch keine Rolle spielen, ob ich oder der Geschubste Hausverbot hatten. Im Grunde wird hier die Missachtung einer Radwegbenutzungspflicht missbraucht, um dem eigentlichen Opfer nochmal eins reinzuwürgen!

    Der Standardfall, warum man eine Haftpflichtversicherung haben sollte.

    Wenn eine Solche denn in diesem Fall überhaupt zahlen sollte... Man hat ja grob fahrlässig ein blaues Schild missachtet... :rolleyes:

  • Angenommen, ich schubse im Museum jemanden, der stolpert und haut eine teures Ausstellungsstück vom Sockel. Ich haue unerkannt ab. Ist nun der Geschubste Schuld (weil "fahrlässig" gestolpert?) und muss den Schaden ersetzen (sind wir beide dann etwa "Gesamtschuldner"?)...!? Eher nicht. Da kann es meiner Ansicht nach auch keine Rolle spielen, ob ich oder der Geschubste Hausverbot hatten. Im Grunde wird hier die Missachtung einer Radwegbenutzungspflicht missbraucht, um dem eigentlichen Opfer nochmal eins reinzuwürgen!

    Um's nochmal zu wiederholen: Aus dem Urteil geht nicht hervor, dass es diesen LKW überhaupt gegeben hat. Der Radfahrer hat's behauptet, ob an der Behauptung was dran ist, wissen wir nicht. Wenn das Gericht auch keine Belege hatte, dass es diesen LKW gab, ist das Urteil dem Grunde nach richtig.

    Der geschädigte PKW-Halter hat seinen Schaden selbstverständlich ersetzt zu bekommen. Der Radfahrer darf nun gerne versuchen, den LKW-Fahrer in Regress zu nehmen.

    Den Kram mit der RWBP hätten die trotzdem lassen sollen.

    Solange Dummheit als plausible Erklärung ausreicht, sollte man keinen Vorsatz annehmen.

  • Angenommen, ich schubse im Museum jemanden, der stolpert und haut eine teures Ausstellungsstück vom Sockel. Ich haue unerkannt ab. Ist nun der Geschubste Schuld (weil "fahrlässig" gestolpert?) und muss den Schaden ersetzen ..!? Eher nicht.

    Natürlich. Gleicher Fall. Ersetze Hausverbot durch das Übertreten der Absperrung, die das versehentliche Umwerfen der Vase hätte verhindern sollen. Das kommt wohl der Benutzungspflichtverletzung nahe.

  • Stadt und Polizei informiert darüber wie sie sich Verkehrsreglungen denken, weil sie nicht in der Lage sind Verkehrszeichen ordentlich zu nutzen:

    https://www.soester-anzeiger.de/lokales/werl/polizei-stadt-informieren-duerfen-radfahrer-werls-strassen-12201059.html#

    Woher weiß man wie man in der Fußgängerzone (zweites Bild) ein Radweg interpretieren soll?


    Woher weiß man ob die zeitliche Beschränkung (drittes Bild) für den Lieferverkehr oder das [Zusatzzeichen 1022-10] gilt?

    Doomsday: It's nature's revenge for what we've done (Chris Pohl)

  • Immer wieder versuchen Leute die Radwegbenutzungspflicht als Regelfall darzustellen: :cursing:

    https://transport-online.de/news/rechtstip…hren-14091.html

    Das für die Benutzungspflicht ein Verkehrszeichen nötig ist steht zwar im Text, aber das es Radwege ohne diese Schilder gibt wird verschwiegen.

    Doomsday: It's nature's revenge for what we've done (Chris Pohl)

    Einmal editiert, zuletzt von KleverRadfahrer (18. April 2019 um 12:12)

  • Woher weiß man ob die zeitliche Beschränkung (drittes Bild) für den Lieferverkehr oder das [Zusatzzeichen 1022-10] gilt?

    Ich würde das in dem Fall auch so sehen, dass man da den ganzen Tag (mit Schrittgeschwindigkeit...) durchfahren darf.

    Das für die Benutzungspflicht ein Verkehrszeichen nötig ist steht zwar im Text, aber das es Radwege ohne diese schilder gibt wird verschwiegen.

    Ist doch gut so; dann kommen die Leute auch nicht auf blöde Gedanken. Das mit den Wegelchen ohne Benutzungspflicht versteht sowieso keiner. ;)

  • Aus dem von KleverRadfahrer verlinkten Beitrag des Soester Anzeigers:

    Zitat

    Neuesten Erkenntnissen nach sei es für Radfahrer sogar sicherer, wenn sie – bei angemessenen Verhältnissen wie ausreichender Straßenbreite und nicht allzu hoher Verkehrsbelastung – auf der Fahrbahn fahren.

    Und schon wieder fehlt der facepalm-Smiley :rolleyes:

  • Aus dem von KleverRadfahrer verlinkten Beitrag des Soester Anzeigers:

    Und schon wieder fehlt der facepalm-Smiley :rolleyes:

    Die Einschränkung bezüglich Straßenbreite und Verkehrsbelastung ist natürlich ebenfalls Blödsinn. Es besteht nach BASt V9 („Verkehrssichere Anlage von Radwegen“) keinerlei Korrelation zwischen der KFZ- (oder auch Rad-)Belastung einer Straße und dem Unfallrisiko je Millionen Radkilometer.

    Dass dennoch die Nummer mit der angeblich eingeschränkten Sicherheit bei hoher Verkehrsbelastung und geringer Breite vorgekramt wird, hatt einzig damit zu tun, dass Radfahrer um so mehr stören, je mehr Autos durchfahren sollen und um so schlechter man ggf. überholen kann.

  • Schon wieder ein Opfer des "Überholzwanges" ;(

    https://m.tlz.de/startseite/det…ungen-993522020

    Wieso überholt man noch, wenn man abbiegen möchte? Das es sehr knapp wird müsste nach dem geschildertem Text bereits vorher klar gewesen sein. Wann wird so etwas endlich mal ein wirksames Konzept vorgelegt um diese völlig unnötigen Unfälle (und zig mal mehr Gefahrensituationen) endlich zu bekämpfen?

    Man könnte ja z.B. mal den vorhandenen § 315c anwenden, der sieht bis zu 5 Jahre Gefängnis für derartige Überholmanöver vor.

    Doomsday: It's nature's revenge for what we've done (Chris Pohl)

  • Wieso überholt man noch, wenn man abbiegen möchte? Das es sehr knapp wird müsste nach dem geschildertem Text bereits vorher klar gewesen sein. Wann wird so etwas endlich mal ein wirksames Konzept vorgelegt um diese völlig unnötigen Unfälle (und zig mal mehr Gefahrensituationen) endlich zu bekämpfen?

    Sooo häufig sind Unfälle in der Konstellation nicht. Eigentlich müsste jetzt die Fraktion, die nach Radweg-Rechtsabbiegerunfällen notorisch von "auch-mal-zurückstecken" und "selten-doof-könnte-mir-nicht-passieren-Darwin-regelt" schreibt, dem überholten Radfahrer die eigentliche Schuld an seinem Schicksal zuschreiben.

    Abgesehen davon: die Polizeimeldung nennt zwei Straßen, die laut GMaps gar keine gemeinsame Kreuzung teilen. Der plausibelste Unfallort ist aber diese Kreuzung, an der die genannte Nebenstraße von der Hauptstraße, die die direkte Verlängerung der im Unfallbericht genannten Straße darstellt, gleich dreimal abzweigt. Fall der Rechtsabbieger von Südwesten kommend fuhr, könnte der Unfall dadurch begünstigt worden sein, dass der Abbieger einfach nur mit Tunnelblick geradeaus gefahren ist.

    Einmal editiert, zuletzt von Th(oma)s (19. April 2019 um 11:55)

  • Sehr schön auch die Verniedlichung des Schuldanteils des Autofahrers, der den Radler nicht etwa umgefahren hat, sondern lediglich touchiert.

    Und der Radler ist eben gestürzt, warum auch immer, und hatte keinen Helm auf. Tja, dann war das wohl Schicksal.

    Ich hoffe, der Staatsanwalt sieht das anders, befürchte aber, dass da nicht viel bei rumkommt. Besteht ja auch wenig öffentliches Interesse. Hier fehlt jetzt der kotzende Smilie.

    oder auch nicht....

    bye
    Explosiv smilie_be_131.gif

  • IRONIE: Seltsam, wieso ist diese Stecke so gefährlich? Da fahren doch kaum Radfahrer, fast nur PKW die alle ein Kennzeichen haben.

    https://www.youtube.com/watch?v=ugjb4TASMGQ

    Das Irre daran ist ja, dass die Tatsache dass man "da ja gar nicht langlaufen kann weil viel zu gefährlich" als gottgegeben hingenommen wird und keiner fordert, dass da vernünftige Wege für Radfahrer und Fußgänger geschaffen werden. Deutschland heilig Autoland.