Sichtfahrgebot und Warnwesten

  • Über die Radwestenpflicht würde man nicht mal nachdenken, wären alle Fahrräder mit den vorgeschriebenen Ausrüstungen nach StVzO ausgestattet und diese auch zuverlässig gewartet und in Betrieb. Dann wäre jedes Fahrrad und damit dessen Fahrer auch bei Dunkelheit und verminderter Sicht ausreichend gut zu sehen.

    Hm, finde ich nicht ganz schlüssig. Warum sollte jemand die Warnwestenpflicht beherzigen, die Pflicht für eine Fahrradbeleuchtung aber nicht? Warnweste billiger als Lampe?

    Es wird (laut Artikel) ja auch nicht die Warnweste als Ersatz für Beleuchtung gefordert, sondern zusätzlich.

    Natürlich ist Sichtbarkeit Voraussetzung zur Vermeidung von Zusammenstößen. Um diese zu erhöhen, können Warnwesten ein Mittel sein - andere wären z.B. generell helle Kleidung auf dem Rad, funktionieren Beleuchtung, oder auch eine reduzierte Geschwindigkeit aller Verkehrsteilnehmer bei Dunkelheit.

    Gegen die Autofahrer, der mich direkt anblicken, während er mich bewusst gefährden, helfen Warnwesten nicht. Und auch nicht gegen diejenigen, die im Vertrauen auf ihr dickes Stahlblech blind rechts abbiegen; dann ist nämlich der Radfahrer samt Warnweste im "toten Winkel" der Scheinwerfer.

    Mir fehlt bei der Forderung nach Warnwestenpflicht einfach eine Ursachenforschung, und auch eine Folgenabschätzung: Weniger Radverkehr durch mehr "Gängelung"? Reduziererte Aufmerksamkeit bei Autofahrern, die normale Fahrradbeleuchtung noch eher "übersehen"?

    So bleibt der schale Geschmack, dass hier versucht wird, die Schuld für Unfälle proaktiv den Opfern aufzubürden.

  • Explosiv

    Jaja, wenn du einen deiner Pedalreflektoren verlierst, steigst du ab und schiebst dein Rad nach Hause...? :rolleyes: Das Problem ist: Gäbe es bereits die Wahnwesten- und Narrenkappen-Pflicht, würdest du wohl auch ähnlich vehement die Einhaltung "der Regeln" einfordern und anderen Radfahrern vorwerfen, sie hielten sich nicht an "die Regeln" bzw. sie machten nicht genug auf sich aufmerksam...!? Und seien dann ja auch irgendwie selber Schuld, wenn...

    Über die Radwestenpflicht würde man nicht mal nachdenken, wären alle Fahrräder mit den vorgeschriebenen Ausrüstungen nach StVzO ausgestattet und diese auch zuverlässig gewartet und in Betrieb.

    "Beleuchtungsmängel" tauchen in der Unfallstatistik doch eh erst sehr weit hinten auf?

    Natürlich denkt man völlig ungeachtet der derzeit eh schon maßlos übertriebenen StVZO-Weihnachtsbaum-Anforderungen über eine Wahnwestenpflicht nach. JEDES vorgeschriebene Utensil eignet sich prima, bei dessen Fehlen dem Radfahrer eine Mitschuld anzudichten. Und die Polizei hat regelmäßig schon einmal mindestens 12 Gründe, einen Radfahrer anzuhalten und zu beknollen bzw. gar an der Weiterfahrt zu hindern! Es reicht ja, wenn nur EIN Reflektor fehlt. Und sei es nur ein einzelner Speichenstick...!

    Warum reicht an einem Fahrrad nicht einfach funktionierendes Front- und Rücklicht...!? In der Schweiz ist das m. W. die einzige Voraussetzung - und mir ist nicht bekannt, dass dort haufenweise Radfahrer im Dunkeln überfahren werden. Warum werden (im Gegensatz zum Pkw, da reichen ja zwei hinten, die so in die Leuchten integriert werden, dass sie quasi gar nichts reflektieren) haufenweise "Reflektoren" am Rad gefordert, die man nicht einmal an allen Radtypen ohne Weiteres montieren kann? Warum brauche ich noch einen Front- und Heckreflektor, wenn ich bereits eine funktionierende Beleuchtung habe? Als "Rückfallebene" taugen die doch eh nix, weil das Rad ja auch dann "nicht" mehr "verkehrssicher" (allerübelster Neusprech übrigens...) ist. Warum reichen nicht sagen wir mal 8 Speichensticks pro Laufrad, anstatt an jeder einzelnen Speiche? Warum braucht man unbedingt Pedalreflektoren, wohl wissend, dass es viele Pedaltypen gibt, die keine Reflektoraufnahme haben? An Liegerädern sind die ja bspw. eh unsichtbar...

    Regeleinhaltung schön und gut. Man sollte aber den Punkt nicht verpassen, an dem man sich irgendwann selbst lächerlich macht, weil man "Regeln", die gegen einen selbst zielen und die zur "Unterdrückung" der eigenen Gruppe dienen, auch noch verteidigt.

    Wer den Radverkehr wirklich fördern will, sollte mal drüber nachdenken, ob es nicht besser wäre, überflüssige Fesseln wie die angestaubten Beleuchtungsvorschriften in den Mülleimer zu schmeißen. Damit auch Moutainbikes und Rennräder "legal" zu Alltagszwecken genutzt werden können. Wie ich das schon seit 2 Jahrzehnten mache. Ich bin noch keinen einzigen meiner > 310.000 km mit einem "verkehrssicheren" Rad gefahren.

  • Du musst nur mal genau hinschauen, dann siehst du die auch!

    Radfahrer und Licht: https://youtu.be/Brof50iOYGg

    Ich war heute Abend bzw. dann nochmal in der Nacht insgesamt knappe zwei Stunden mit meinem Eisenschwein in Berlin unterwegs. Gezählt habe ich nur jene Radfahrer, bei denen ich es sicher beurteilen konnte und nur auf solchen Teilstrecken, wo ich Radfahrer ohne Licht nicht übersehen kann (etwa, weil sie sich 50m von mir entfernt hinter einer zugestellten Parkreihe auf einem abgedunkelten Hochbordradweg befinden). Ergebnis meiner kleinen Stichprobe:

    Von 71 Radfahren waren 15 ohne bemerkbare Beleuchtung, also etwas mehr als jeder 5.

    Das Problem ist also durchaus nennenswert vorhanden, inzwischen jedoch kleiner als vielfach vermutet.

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    Peter Viehrig

    "Glaube ist die Überzeugung, dass etwas wahr ist, weil die Belege zeigen, dass es falsch ist."
    (Andreas Müller)

    Einmal editiert, zuletzt von Peter Viehrig (21. Oktober 2018 um 11:57)

  • Pirminator:

    Es wäre schön, wenn Du in einer sachlichen Diskussion persönliche Angriffe unterlassen könntest. Danke

    Woher willst Du wissen, was ich machen würde, wenn das eine oder andere eintritt?

    Ich würde mitnichten wegen einem verlorenen Pedalreflektor das Rad heimschieben, so wenig wie ich mit einem defekten Hauptscheinwerfer am Auto das Auto stehen lassen würde und heimliefe. Und auch die Polizei würde ähnliches nicht verlangen. Denn wenn alle geforderten Beleuchtungseinrichtungen vorhanden sind, ist eine Redundanz gegeben, die einen verlorenen Pedalreflektor kompensieren kann. Was sie verlangen würde, ist, dass ich unverzüglich den verlorenen Reflektor ersetze. Also vor der nächsten Nutzung des Rades. Was in Ordnung ist und auch bei defektem Hauptscheinwerfer am Auto nicht anders wäre.

    Auch propagiere ich nicht jede unsinnige Regelung, nur weil sie in einem Gesetz steht. Aber für sinnvolle Regelungen trete ich ein. Narrenkappe gehört nicht dazu, Warnweste auch nicht, aber die vorgeschriebenen Beleuchtungseinrichtungen schon.

    Und ja, wenn jemand im Dunkeln ohne Alles unterwegs ist, sich auch noch dunkel Kleidet und in einen Unfall verwickelt wird, der mit ein bisschen besserer Sichtbarkeit vermeidbar gewesen wäre, kann ich ihn nicht von jeder Schuld freisprechen. Welchen Schuldanteil er genau hat, hängt vom Einzelfall ab und wird von Gerichten festgestellt. Aber unschuldig ist er nicht mehr. Wenn Du das als Victim Blaiming auffasst, nur weil der, der den größten Schaden hat mit Schuld sein kann, dann ist das eben so, da kann ich Dir nicht helfen. Ich entlasse den Führer des KFZ, das vielleicht der Unfallgegner ist, nicht aus seiner Verantwortung. Aber den Radler eben auch nicht. Und es gab auch schon tragische Unfälle Fahrrad-Fahrrad, die mit korrekter Ausrüstung so nicht passiert wären. Sind dann beide unschuldig, wenn beide Beteiligten Radler sind? Nur, weil sie Radler sind?

    Und sei beruhigt, auch Autofahrer können von der Polizei angehalten und beknollt und zur Vorführung ihres Fahrzeugs in korrektem Zustand befohlen werden, wenn auch nur eine der zahlreichen Beleuchtungseinrichtungen am Auto defekt ist und ihr das auffällt. Ich hatte schon das Vergnügen mit einem defekten Rücklicht. Laut zahlreichen Aussagen von Polizisten fischen sie im laufenden Verkehr, wenn nicht gerade eine Schwerpunktkontrolle Radlerbeleuchtung angesagt ist, nur die Radler raus, die ohne Licht unterwegs sind. Nach Reflektoren wird dann gar nicht geschaut, die kommen nur dazu, wenn jemand rausgezogen wird, der entweder vorne oder hinten oder gar kein aktives Licht hat. Und selbst bei Schwerpunktkontrollen wird kaum jemand wegen eines fehlenden Reflektors schieben müssen. Ist erkennbar, dass nie einer verbaut wurde, wird es ne Knolle geben. Zu Recht. Wenn erkennbar ist, dass er erst seit kurzem fehlt, ist es möglich, dass davon abgesehen wird.

    Das erst hinten in der Statistik auftauchen von fehlender Beleuchtung kann mehrere Ursachen haben. Eine davon wäre, dass es wenige Unfälle deswegen gibt. Eine weitere wäre, dass es mehrere Ursachen für den Unfall gibt und man eine der anderen, etwa Rotlichtverstoß oder Vorfahrtsverletzung, als Hauptursache angegeben hat und das mitursächliche Fehlen von Beleuchtung daher in der Statistik untergeht. Gemeint ist etwa, Radler kommt dunkel auf bevorrechtigtem Radweg, KFZ sieht ihn nicht und fährt, es kommt zum Unfall. Grund für Statistik ist Vorfahrtsverstoß des KFZ, Hauptunfallursache ist aber die fehlende Beleuchtung des Rades. Der Führer des KFZ hätte gehalten, hätte er das Rad gesehen, konnte er aber nicht, da Rad dunkel.

    Zu den Reflektoren:

    in der Tat, fehlt einer, gilt das Rad rechtlich als verkehrsuntauglich. Das ist ein Auto mit fehlendem Reflektor oder defekter Blinkerbirne aber auch. In der Praxis ist es aber so, dass bei z.B. auf der Fahrt unbemerkt ausgefallenem Rücklicht der hintere Reflektor eine Redundanz darstellt und das Rad von hinten dann zwar schlechter, aber immerhin bei Fremdbeleuchtung noch zuverlässig sichtbar ist. Und auch ein rausgefallener Speichenstick ist keine Katastrophe, solange es bei einzelnen verlorenen bleibt. Und diese alsbald ersetzt werden. Sind Fälle bekannt, bei denen einzelne fehlende Speichensticks beknollt wurden?

    Und die Forderung nach den Warnwesten hängt auch nicht an einer Statistik. Sie hängt an der Wahrnehmung, dass viele Radler ohne Beleuchtung im Dunkeln unterwegs sind. Die fehlenden Reflektoren sind da nur das Tüpfelchen auf dem i. Führen alle mit wenigstens einer aktiven Front- und Rückbeleuchtung, würde man über Warnwesten eher weniger nachdenken, falls überhaupt. Die Beobachtung von Peter Viehrig deckt sich in etwa mit meinen eigenen, dass gut 20% der Radler im Dunkeln mit wenigstens einer fehlenden oder defekten Lampe unterwegs sind, an vielen brennt gar kein Licht. Und ein guter Teil davon hat auch keine Reflektoren montiert, die das wenigstens zum Teil kompensieren könnten. Und da kommen dann eben die Nichtradler und fordern nicht nur stärkere Kontrollen, sondern auch noch ne Warnweste. Da kann ich nur sagen: Danke, Dunkelradler, die Diskussion hat uns gerade noch gefehlt.

    Daran sind eben nicht die Radfahrer schuld, die ein ordnungsgemäß ausgerüstetes Rad fahren und selbiges auch von anderen wünschen oder fordern. Sondern diejenigen, die in der Praxis mit defekten, nicht eingeschalteten oder gar keinen Lichtern rumfahren. Und womöglich noch nicht mal Reflektoren montiert haben. Ich kann nicht beurteilen, inwieweit Du dazu zählst, da Deine Aussage, noch nie mit einem verkehrssicheren Rad gefahren zu sein, viel Interpretationsspielraum lässt. Ich hoffe jedenfalls, dass es nur darum geht, nicht alle Reflektoren verbaut zu haben, nicht aber, völlig ohne Licht zu fahren.

    Ich habe und hatte zahlreiche Fahrräder in meinem Besitz, darunter auch Rennräder und Mountainbikes. Keines davon fuhr ich auf der Straße ohne die korrekte vorgeschriebene Beleuchtungsanlage. Es gibt für alle Problemfälle Lösungen. Man muss nur wollen. Nach den letzten Novellierungen der StVzO ist es sogar leichter geworden.

    Und wenn es in der Schweiz außer Licht vorne und hinten keine weiteren Auflagen gibt, so kann ich Dir berichten, dass eine kurze Google-Suche das Gegenteil ergibt. Die Schweizer sind da zwar liberaler, aber es sind durchaus auch Reflektoren gefordert. Hier der Link zur Entsprechenden Verodnung, Aritkel 217: https://www.admin.ch/opc/de/classif…index.html#a217

    Ich wünsche Dir weiterhin gute Fahrt und dass es Dir weiterhin gelingt, das Fehlen wichtiger Sicherheitseinrichtungen an Deinem Rad zu kompensieren. Ich würde mich aber nicht darauf verlassen. Da sind unsere Einstellungen wohl inkompatibel.

    bye
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    Einmal editiert, zuletzt von Explosiv (21. Oktober 2018 um 08:23)

  • Ich fasse zusammen: Eine aktive Beleuchtung ist das einzig Sinnvolle; Reflektoren oder Warnwesten funktionieren nicht per se. Wenn sich zwei auch wenn hell bekleidete und mit allen Reflektoren beflaggte Radfahrende ohne Licht im Stockdunklen begegnen, machen hoffentlich beide Geräusche und halten sich rechts.

    Wenn ich mich richtig erinnere, war der Zwang zu Reflektoren und mit K~~ zertifizierter Beleuchtung am Fahrrad ursprünglich eine Maßnahme zur Wirtschaftsförderung, die dann halt 80 Jahre nicht mehr aus der StVZO gestrichen wurde...

    Ich glaube, das war meine Quelle.

  • Die Reflektoren bilden die Redundanz, wenn die aktiven Lampen ausfallen. Wenn sich zwei Radler im Dunkeln begegnen und nur bei einem die Frontlampe ausgefallen ist, passiert nix. Und wenn sich beide an das Sichtfahrgebot halten, was von Autofahrern immer eingefordert wird, passiert selbst bei ausgefallener aktiver Beleuchtung bei beiden Rädern nix, da sie so langsam fahren, dass sie sich rechtzeitig wahrnehmen.

    Da dies bei Radfahrern genau so illusorisch ist wie bei Autofahrern- man weiß gar nicht, was man alles nicht sieht, es sei denn, man fährt in es rein- wird ab und zu aber doch was passieren. Und in der Tat, dann helfen Reflektoren und Warnwesten nicht viel. Wobei eine Winzigkeit Fremdbeleuchtung dann den Unterschied ausmacht zwischen Reflektor montiert oder nicht. Es ist sehr selten so Stockdunkel, dass man selbst Reflektoren nicht irgendwann sieht. Dann fährt man aber ohne eigenes Licht komplett im Blindflug.

    bye
    Explosiv smilie_be_131.gif

  • Es wäre schön, wenn Du in einer sachlichen Diskussion persönliche Angriffe unterlassen könntest. Danke

    Nunja. Dabei hab ich mir den Spruch mit dem "daran erkennt man die Auch-Autofahrer" ja noch verkniffen. 8o Wenn man schon absolute Regeltreue von anderen einfordert, dann sollte man auch selber konsequent sein. Einen persönlichen Angriff sehe ich darin nicht. Mich irritiert es halt, wenn die meines Erachtens höherrangige und sinnvollere Regel namens "Sichtfahrgebot" relativiert wird und umgekehrt vom Radfahrer die Einhaltung absurder, maßlos übertriebener Reflektoren-Vorschriften eingefordert wird.

    Wie du ja richtig schreibst: Die Polizei weiß in den allermeisten Fällen die Verhältnismäßigkeit zu wahren und hat sicherlich besseres zu tun, als Radfahrer anzuhalten, weil am beleuchteten Rad ein Reflektor (oder ein paar...) fehlen. Andererseits gibt es auch derartigen Blödsinn, wie gezielte Großkontrollen, bei denen die Polizei im hellen Sommer zig Schülern Mängelkarten in die Hand drückt. Leider dienen solche Vorschriften auch dazu, Ansprüche gegenüber Dritten zu begründen, wenn es einen Unfall gibt; dann dient es dazu, dem überfahrenen Radfahrer die Ansprüche zu kürzen. Es gibt ja sogar immer noch das Urteil, welches NUR Rennradfahrern sogar ohne gesetzlich vorgeschriebenes Helmtragen eine eigene Schuld zuschreibt.

    Sind Fälle bekannt, bei denen einzelne fehlende Speichensticks beknollt wurden?

    Der Witz an den Dingern ist ja: Es gibt unzählige Laufradtypen - mit sehr vielen, aber auch sehr wenigen Speichen. Und ob ein einzelner fehlender Reflektor beknollt wurde, spielt doch keine Rolle. Das Rad ist dann "nicht verkehrssicher". Wo ziehst du dann also die Grenze des "vertretbaren"?

    Zur Unfallstatistik: Es ist grade umso erstaunlicher, dass jene erst so weit hinten auftaucht, weil sie sich wirklich perfekt eignet, um Radfahrern eine Mitschuld anzudichten. Dass das trotz der Einfachheit nicht getan wird, sagt wohl viel drüber aus, wie "wichtig" das Thema überhaupt ist.

    Daran sind eben nicht die Radfahrer schuld, die ein ordnungsgemäß ausgerüstetes Rad fahren und selbiges auch von anderen wünschen oder fordern.

    Natürlich sind sie (auch) Schuld. Sie zeigen, dass ihnen maßlos übertriebene Anforderungen egal sind; sie sind ja sogar noch "stolz" drauf, ihre Räder mit 20+ Reflektoren zu verschandeln - und sie sind bereit, jeden Unfug mitzumachen, solange er "Vorschrift" ist. Da macht dann eine Wahnweste oder ein "Helm" auch nicht mehr viel aus. Wie gesagt: In der Schweiz sind die Anforderungen an ein "ordnungsgemäß ausgerüstetes Rad" um Welten geringer. Die ständigen Forderungen nach der Wahnwestenpflicht sind dabei doch die gleichen wie bei der Forderung nach der Helmpflicht: sie eignen sich hervorragend, um den Kfz-Haftpflichtversicherern Gründe dafür zu liefern, den Opfern von Kfz-Unfällen die Leistungen zusammenzustreichen!

    Ich kann nicht beurteilen, inwieweit Du dazu zählst, da Deine Aussage, noch nie mit einem verkehrssicheren Rad gefahren zu sein, viel Interpretationsspielraum lässt.

    Ja. Lässt sie. Und da liegt halt eben auch mein orwell'sches Problem mit diesem absolutistischen Begriff. ;) Ich bin grade im Winter sehr viel im Dunkeln unterwegs - wäre mein Rad wirklich "nicht verkehrssicher", dürfte ich gar nicht mehr in der Lage sein, diese Zeilen hier zu tippen, weil man mich unzählige Male hätte "übersehen" müssen. An meinen Rädern habe ich eine aktive Front- und Heckleuchte (Akku / LED), das gegenwärtige Rücklicht allerdings ohne diese ominöse K-Nummer (noch so'n Thema...). Front- und Heckreflektor halte ich für überflüssig bzw. kann ich mangels Gebäckträger eh nicht montieren. In den Speichen hab ich je Laufrad 10 bis 12 Sticks (von denen sich immer wieder welche verabschieden). Manchmal habe ich Pedalreflektoren dran, manchmal nicht (weil sie sich mal wieder gelöst haben und ich in der Reserveschachtel keine mehr rumfliegen habe).

    Einmal editiert, zuletzt von Pirminator (21. Oktober 2018 um 10:39)

  • Was der ADFC da offiziell von sich gibt ist in dem Artikel nicht gerade hilfreich:

    Zitat

    Sicherheitsexperte Roland Huhn sagte: „Das Radfahren muss sicherer werden. Der richtige Ansatzpunkt hierfür ist eine vom Autoverkehr getrennte und durchgängige Fahrrad-Infrastruktur.“ Die fehle in Deutschland.


    Eine durchgängig vom Autoverkehr getrennte Infrastruktur ist unmöglich umzusetzen. Fakt wo Leute von A nach B wollen (Arbeitsweg, Einkaufen) fahren auch Autos. Wie soll man dort durchgängig getrennte Wege realisieren, irgendwo müssen da zwangsläufig Kreuzungen entstehen und schon ist es nicht mehr durchgängig getrennt. Oder man müsste überall Unter/Über-Führungen bauen, was viel zu teuer ist.

    Es wird nicht anders gehen, als dass verschiedene Verkehrsarten miteinander auskommen müssen.

    Doomsday: It's nature's revenge for what we've done (Chris Pohl)

  • Wie soll man dort durchgängig getrennte Wege realisieren, irgendwo müssen da zwangsläufig Kreuzungen entstehen und schon ist es nicht mehr durchgängig getrennt. Oder man müsste überall Unter/Über-Führungen bauen, was viel zu teuer ist.

    Im vergangenen Jahrtausend hat man versucht für ungehinderten Autoverkehr "durchgängig getrennte Wege" anzulegen. Die dabei entstandenen Stadtautobahnen werden inzwischen als städtebauliche Monstrositäten bewertet und sogar teilweise wieder abgerissen. Ein analoges Radwegenetz wird ebenso eine städtebauliche Katastrophe werden.

    Wenn , wie die UDV in ihrem FB 21 ( Kapitel 2.2.2.2) feststellt, 32% der Autofahrer keinen Schulterblick ( oder etwas Äquivalentes) beim Rechtsabbiegen machen und und weitere 28% zwar Schauen aber trotzdem den Fußgängern oder Radfahrern den Vorrang nehmen , weis man warum es keine "sicheren Radwege" geben kann.

  • Eigentlich müsste man mal den Umkehrschluss machen. Wenn ein Radfahrer mit Licht, Reflektoren und Warnweste von einem Autofahrer übersehen wurde, dann ist dieser offensichtlich unfähig ein Auto zu führen und müsste sofort den Führerschein abgeben.

    Wieso eigentlich nur Radfahrer und nicht auch Fussgänger? Und natürlich auch Rehe, Hirsche, usw. (Postillon)?

    Seltsamer weise will auch niemand darüber reden ob die Sichtbarkeit von Radfahrern ausserhalb des Lichtkegels eines PKW evt. auch dadurch schlecht wird, dass immer stärkere Scheinwerfer am Auto alle nicht ausgeleuchteten Bereiche dunkler wirken lassen. Dazu werden Radlichter überstrahlt wenn jemand mit starkem PKW Licht auch nur weit hinter einem Radfahrer fährt.

    Die wichtigste Frage zu diesem Thema sollte aber immer sein, was eine Warnweste nützt, wenn Radfahrer sich auf Radwegen hinter geparkten SUV "verstecken" müssen?

    Doomsday: It's nature's revenge for what we've done (Chris Pohl)

  • Bei der SPD hat man ja oft den Eindruck, dass das eine durch und durch von den Autoherstellern und den Arbeitnehmervertretern im Fahrzeugbau korrumpierte Partei ist. Ist sie wahrscheinlich auch. Aber um so interessanter ist es dann zu beobachten, dass dort auch durchaus Autokritiker mitwirken, bzw. in diesem speziellen Fall mitwirkte:

    "Der Sozialdemokrat setzte auf einen starken Staat. Was als schädlich erkannt war, musste verboten werden. Um giftige Abgase und Lärm zu reduzieren, sollte der Bundestag Bau und Verkauf von Verbrennungsmotoren untersagen, sobald wirtschaftliche Alternativen vorlagen. Dafür fasste er 1985 ins Auge. Neuffer schrieb: „Die Bundesregierung unterstützt aussichtsreiche Entwicklungen für emissions- und geräuschlose Antriebe mit Dringlichkeit.“ Ihm schwebte ein „Autokabinensystem“ vor, er hatte von recht weit entwickelten selbstfahrenden Systemen gehört. Ein europäisches „Schnellbahnnetz“ sollte entstehen und, war es einsatzfähig, wären Passagierflugzeuge über Deutschland nur noch für interkontinentale Strecken erlaubt. Das Verbot für innereuropäischen Luftverkehr sollte zu einer Zeit beginnen, „wo er noch kein Volksvergnügen geworden ist“. Grober Zeitpunkt: Anfang der 90er-Jahre."

    Dieses Zitat stammt aus der heutigen HAZ, die passend zur Diskussion um Dieselfahrverbote an den ehemaligen Oberstadtdirektor (1963 bis 1974) erinnerte. HAZ vom 20.10.2018

    http://www.haz.de/Hannover/Aus-d…ist-das-Problem

    Interessant ist auch ein Blick auf diese Grafik (aus dem HAZ-Artikel), die von Neuffer stammt und in der er einen verkehrspolitischen Entwurf macht: http://www.haz.de/var/storage/im…ser_article.jpg

    Weiß übrigens jemand hier, was es mit dem von Neuffer prognostizierten „Autokabinensystem“ auf sich hat. Und ist das möglicherweise gleichzusetzen mit selbstfahrenden Autos, oder geht es da um ganz was anderes? Wenn ich das Wort in die Suchmaschine eingebe, dann erscheint lediglich ein Hinweis auf den HAZ-Artikel über Neuffer.

  • Die Augsburger Allgemeine mischt auch noch mit: Sollte man auf dem Fahrrad eine Warnweste tragen?

    Habe den Artikel gelesen und ich vermisse zwei Gedanken darin: Wenn immer mehr Radfahrer und Fußgänger mit Warnwesten unterwegs sind, dann wird es für Straßenbauarbeiter oder Rettungsdienstmitarbeiter, die in besonderer Weise darauf angewiesen sind durch ihre Warnweste erkannt zu werden, nicht einfacher.

    Und der andere Gedanke: Es muss ja nicht gleich eine Warnweste sein. Es gibt ja auch noch die Möglichkeit, eine helle Jacke zu tragen. Oder eine dunkle mit ein paar Reflexstreifen.

  • Es gäbe noch mehr Antworten. Zum Beispiel kluges Verhalten.

    Wenn ich als Fußgänger im Dunkeln unterwegs bin und mir dessen Bewußt bin, dass ich vielleicht schlecht zu sehen bin, muss ich mich anders verhalten, als wenn heller Tag wäre.

    Und wenn ich mich eben so verhalten will, als wenn heller Tag wäre, so habe ich zahlreiche Möglichkeiten, von denen Warnwesten nur eine von vielen ist, meine Sichtbarkeit zu erhöhen.

    Ich kann mich also entscheiden. Nur fehlt halt das Bewußtsein, dass es da ein Problem gibt, bei vielen Leuten. Wenn man in einen Unfall verwickelt ist, ist es zu spät, darüber nachzudenken.

    Sicher kann man mit Hinweis auf das Sichtfahrgebot die ganze Diskussion erschlagen. Dann sollte man aber mal überlegen, was man selber denkt, wenn gefährliche Mängel auf Radwegen seitens der Behörden mit dem gleichen Argument gekontert werden.

    Zu dem Autokabinensystem:

    ich kann mich da an Visionen erinnern, dass überall auf den Fahrbahnen Gespanne aus einzelnen Fahrkabinen herumfahren, von denen man einzelne abrufen kann. Die lösen sich dann aus dem Verband und halten am gewünschten Ort, damit man einsteigen kann. Daraufhin fährt die Kabine dann los und schließt sich entweder einem in gleiche Richtung bewegenden Verband an oder gründet einen eigenen. Autonom natürlich.

    bye
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  • Hallo Schlau Meier, da denkt man, dass man doch schon einiges gesehen habe und dann so was. Die H-Bahn, die in dem Wikipedia-Artikel genannt wird, kannte ich tatsächlich schon. (Bin allerdings leider noch nicht damit gefahren.) Aber das Cabinentaxi (in dem HAZ-Artikel zu Neuffer Autokabinensystem genannt, denn das muss es wohl sein, was gemeint ist) kannte ich tatsächlich noch nicht.

    Warum hat sich das Cabinentaxi oder Autokabinensystem anders als von Neuffer vermutet, nicht etabliert? Ich befürchte es sind die recht unansehnlichen geständerten Fahrbahnen, die erforderlich sind. Über Hannover hatte ich mal gelesen, dass alternativ zur Einführung der U-Bahn darüber diskutiert wurde, eine Alwegbahn, also eine Einschienenbahn auf Ständern zu bauen. Das wurde jedoch verworfen, weil man eine Verschandelung des Stadtbildes befürchtete. Stattdessen wurde angefangen, die deutlich teurere U-Bahn zu bauen. Herausgekommen ist dann ein Stadtbahn genanntes System mit Klapptrittstufen für die oberirdischen Stationen, die jetzt nach und nach mit Hochbahnsteigen ausgestattet werden, um Barrierefreiheit zu ermöglichen. In dem von dir verlinkten Film sieht man eine Station des Cabinentaxis, die mit einem Aufzug ausgestattet ist, denn die Eltern benutzen, während das Kind die Treppen runterflitzt. Die U-Bahn in Hannover plante man dagegen zunächst ohne Aufzüge. An manchen Untergrund-Stationen gab es bis vor wenigen Jahren nicht einmal Rolltreppen.

    Was mich ärgert ist, dass mit solchen Systemen nicht das Hauptverkehrsproblem gelöst wird. Der massenhafte Autoverkehr. Es wird versucht dem ein attraktives Angebot entgegenzusetzen, was aber nur mit unansehnlichen Stelzen-Bauten oder in Tunneln unter der Erde möglich ist.

    Ein anderer Versuch, alternative ÖPNV-Mobilität zu gewährleisten, wird aktuell an einigen Orten bereits erfolgreich umgesetzt ist: Die Seilbahn. Möglicherweise haben die dünneren Seile eine höhere Akzeptanz als geständerte Fahrbahnen. Nachteil. Es gibt natürlich keine individuell wählbaren Ziele wie beim Cabinentaxi. Hier ein Foto von der Koblenzer Seilbahn und zwei Fotos aus der Kabine heraus aufgenommen. Das erste Bild zeigt das Traggerüst für die Seile, das zweite die Überfahrt über den Bahnhof Koblenz-Ehrenbreitstein (rechtsrheinisch), das dritte die Ankunft an der Bergstation.

    Es ist übrigens möglich, das Fahrrad mitzunehmen, wie man auf dem dritten Bild sehen kann!

     


    Wer auf der Rheinstrecke unterwegs ist, der sollte sich eine Fahrt mit der Koblenzer Seilbahn gönnen. Die Talstation ist nur ca. 20 Minuten zu Fuß vom Hauptbahnhof (linksrheinisch) entfernt. Es gibt auch eine Busverbindung vom Bahnhof zur Talstation. Zeitbedarf ab Bahnhof ca. 1 bis 2 Stunden. Die einfache Fahrt selbst dauert ca. 5 Minuten.

  • Mir fehlt bei der Forderung nach Warnwestenpflicht einfach eine Ursachenforschung, und auch eine Folgenabschätzung: Weniger Radverkehr durch mehr "Gängelung"?

    Keine Radfahrer = keine Unfälle mit Radfahrern. Das scheint die Zielsetzung zu sein. Autos = Fortschritt, willkommen in den 1960ern...