30. August: Fahrradgroßkontrolle am Alsterglacis

  • Darf ich an dieser Stelle einmal fragen, welcher normale Verkehrsteilnehmer sich das einprägt, beziehungsweise überhaupt auf die Idee kommt, sich so etwas einprägen zu wollen? Die Annahme des AG Hamburg, man könne sich die Ampelhasen einprägen, beziehungsweise hätte das als Ortskundiger im Gefühl, mag auf einigen Strecken stimmen — aber auch nur dann wenn nichts dazwischenkommt.

    Schaltungen werden mal umprogrammiert oder sind bedarfsgesteuert. Dann ist das, was man sich teilweise über Jahre eingeprägt hat, plötzlich falsch.

    Mit dem Bus-Beschleunigungsprogramm in Hamburg ist's auch nochmal komplizierter geworden. Z. B. muss ich mich nun in der Martinistraße umdrehen und schauen ob mich gleich ein Bus überholen wird. Wenn ja: reintreten, um 500m weiter nicht stehen zu brauchen. Klappt aber auch nicht immer, wenn dann ein Bus aus der anderen Richtung kommt.

    Und Freitag stand ich ich tatsächlich mal Ecke Eppendorfer Weg, Mansteinstraße stadteinwärts. Keine Ahnung was da schiefgegangen ist; normal komme ich da immer rüber.

    Auf der Fahrbahn kann ich immerhin selbst entscheiden, ob ich bei rot fahre oder nicht. Bei Fußgängerampeln hat man darüber quasi keine Kontrolle, außer man fährt nur wenn die Ampel von rot auf grün umspringt.

    Ich habe mir ziemlich viel Ärger mit anderen Verkehrsteilnehmern angelacht, sowohl mit Radfahrern als auch Kraftfahrern. Mir sind in den letzten Tagen beinahe sieben Radfahrer hinten reingefahren, weil ich bei grünem Licht gebremst habe. Ungefähr zwei von drei Kraftfahrern biegen verständnislos ab, wenn ich trotz Blickkontakt und allem drum und dran, was zu einer gefahrlosen Begegnung am Knotenpunkt zählt, plötzlich abbremse. Die wissen überhaupt nicht was los it und fahren dann halt weiter — und das ist brandgefährlich.

    Hatte ich doch irgendwo weiter oben schon prognostiziert. Danke für's Ausprobieren!

    anstatt als Straßenverkehrsbehörde einen Signalgeber für Radfahrer mit Gelbphase anbauen zu lassen

    Die kriegen's doch nichtmal hin, zeitnah Tempo-30-Schilder aufzustellen. Für einen neuen Signalgeber muss man ggfs. die Ampel umprogrammieren. Angeblich ist das bei sehr vielen Altbeständen aber nicht mehr möglich.

    Solange Dummheit als plausible Erklärung ausreicht, sollte man keinen Vorsatz annehmen.

  • Ich finde diese Experimente vergleichsweise gefährlich. Ich halte ja schon Maltes Bremsen bei bremsenden KFZ/LKW an Übergängen teilweise für schwierig (aber viel nachvollziehbarer). Magst so was nicht wieder einstellen (jetzt, wo die Daten gesammelt sind) bevor jemand zu Schaden kommt?

  • Darf ich an dieser Stelle einmal fragen, welcher normale Verkehrsteilnehmer sich das einprägt, beziehungsweise überhaupt auf die Idee kommt, sich so etwas einprägen zu wollen?

    Angefangen hat es bei mir mit 18. Da hatte ich ein Motorrad mit 17 PS und bin im Stau immer nach vorne gefahren. Schnell habe ich gemerkt, dass es am ungefährlichsten ist, wenn man mit Schwung ankommt, wenn die Ampel gerade auf grün umschaltet. Seitdem lerne ich quasi automatisch jede Ampelschaltung auswendig, schaue sobald eine Ampel sichtbar ist, auf die verschiedenen Streuscheiben bzw. wenn die Ampel noch nicht sichtbar ist, achte ich auf die entgegenkommenden Fahrzeuge (wann die anfahren, wann viele am Stück kommen). Je früher man sein Tempo anpassen kann, desto besser.

    Gefährlich wird das ganze, wenn

    - sich Ampelschaltungen ändern. Das passiert sehr selten, kommt dann aber unerwartet

    - Ampelschaltungen zu unterschiedlichen Uhrzeiten anders sind

    - man das ganze nutzt, um "gefahrlos" bei rot fahren zu können und andere ebenfalls bei rot fahren/gehen

    - und generell wenn Autos bei rot fahren! Dadurch bekommt man einen falschen Eindruck vom aktuellen Zustand und die Erwartung, wann man grün bekommt, ist mitunter falsch.

    Und 0,5 Sekunden zu früh losfahren, kann auch dazu führen, geblitzt zu werden.

  • Ich ziehe das jetzt seit ein paar Tagen durch.

    Du lässt Dich aber ganz schön stark von einer einzelnen inkompetenten Richterin verunsichern. Schüttel den Blödsinn ab und fahr wieder normal: "Don't let idiots ruin your day".

    Wenn Du Pech hast, bekommt Du bei diesem Experiment sogar eine Teilschuld, wenn Du vor einer grünen Ampel bremst und einer auffährt.

  • Darf ich an dieser Stelle einmal fragen, welcher normale Verkehrsteilnehmer sich das einprägt, beziehungsweise überhaupt auf die Idee kommt, sich so etwas einprägen zu wollen?

    Ich weiß nicht, ob ich als "normaler" Verkehrsteilnehmer gelte. Egal:

    Auf meinen früheren Stammstrecken mit dem Auto kannte ich die Ampelschaltungen auswendig. Sehr lebhaft in Erinnerung ist mir eine Schaltung geblieben, bei der ich nachts drei Ampeln lang damit beschäftigt war, anhand der Schaltung der Fußgängerampeln das Timing für die vierte zu optimieren, so dass ich bei "geradeso grün" ohne Bremsen ankomme, um die fünfte bei "konnte-nicht-mehr-bremsen-gelb" zu kriegen. Aber das war hauptsächlich sportlicher Ehrgeiz während nächtlicher Langeweile auf einer Hauptstraße: Wie bekomme ich die für mich denkbar schlecht geschaltete Ampel ohne zu starke Beschleunigungskräfte und unter Einhaltung der Verkehrsregeln?

    Mit dem Fahrrad gelingt mir das aber viel weniger. Dazu liegen die Ampeln zeitlich zu weit auseinander. Und etwas Wind bringt sowieso alles durcheinander.

  • Laut diversen Berichten in den gesellschaftlichen Medien kontrolliert die Polizei gerade wieder vermeintlich bei rotem Licht fahrende Radfahrer, unter anderem am Bahnhof Dammtor.

    Ich habe kurz überlegt, ob ich mich aufs Rad setze und mal nachschaue, wie dort kontrolliert wird und ob grundsätzlich Radlinge angehalten werden, die kurz nach Umschalten auf rotes Licht nicht bremsen konnten, aber irgendwie denke ich mir: Nö, das ist vor einem halben Jahr schon gründlich schiefgegangen und hat mir eine Menge Ärger eingebracht.

  • Ich weiß nicht, ob ich als "normaler" Verkehrsteilnehmer gelte.

    Nein, die Nutzer dieses Forums sind allesamt nicht normal ;)

    Ich war letzte Woche mit dem Brompton in Hamburg und hatte noch ein wenig Zeit, in der Umgebung des Hauptbahnhofs rumzufahren, unter anderem auch an der besagten Kreuzung. Das mache ich in anderen Städten gerne, um zu sehen, ob es im Verkehrsgeschehen intuitiv möglich ist, sich korrekt zu verhalten, ob das sicher ist und ob man dabei zügig voran kommt. Alleine das ist schon nicht normal und schon gar nicht, wenn man anschließend eine Kreuzung und deren Signalgeber, sowie sein eigenes Verhalten selbstkritisch analysiert. Ein normaler Verkehrsteilnehmer will einfach nur über die Kreuzung und fährt, wenn er glaubt, fahren zu dürfen oder manchmal auch, wenn er weiß, nicht fahren zu dürfen, es aber dennoch dem schnelleren Fortkommen dienlich ist.

    Aufgabe einer Verkehrsbehörde und des Tiefbauamtes wäre es, Kreuzungen so zu gestalten, dass die Verkehrsteilnehmer auf den ersten Blick begreifen, was gemeint ist und dass regelkonformes Verhalten nicht gefährlich ist. Als Ergebnis meiner bisherigen Forschungsreisen lässt sich festhalten, dass bei Radverkehrsführungen doch noch erheblicher Nachholbedarf besteht.

  • Man kann sich die Ampelphasen nicht (mehr) einprägen. Gerade Hamburg hat viel Geld in den Zentralrechner investiert, um "bedarfsgerecht" das Ampelprogramm ganzer Straßenzüge manuell oder vom Computer per aktueller Datenlage ändern zu können. Hinzu kommen die Busse, die sich munter an jeder Kreuzung anmelden und grün holen können.

    Von der Zentrale aus können die Beamten nach Angaben der Polizei 1752 Ampeln schalten.

    (...)

    Im vergangenen Jahr hatte die Leitstelle rund 88 000 Mal in Ampelschaltungen eingegriffen,(...)

  • Laut diversen Berichten in den gesellschaftlichen Medien kontrolliert die Polizei gerade wieder vermeintlich bei rotem Licht fahrende Radfahrer, unter anderem am Bahnhof Dammtor.

    Ich habe kurz überlegt, ob ich mich aufs Rad setze und mal nachschaue, wie dort kontrolliert wird und ob grundsätzlich Radlinge angehalten werden, die kurz nach Umschalten auf rotes Licht nicht bremsen konnten, aber irgendwie denke ich mir: Nö, das ist vor einem halben Jahr schon gründlich schiefgegangen und hat mir eine Menge Ärger eingebracht.

    An den zwei Kontrollpunkten (Lerchenfeld, Dammtor) an denen ich vorbei gefahren bin, gibt es meines Wissens nach jeweils gelbe Lichtzeichen – auch für den Radverkehr.

  • Tja. Was die Presse der Hansestadt aus der gestrigen Großkontrolle gemacht hat spricht mal wieder für sich:

    Eigentlich wird nur stumpf aus der Pressemitteilung der Polizei zitiert und das halbe Kampfradler-Lexikon daruntergerührt. Alles schön aufgeblasen im Sinne des Krieg-auf-der-Straße-Narrativs.

    Weil ich nun aus eigener Erfahrung weiß, dass man in der Hamburger Lokalpresse als rücksichtsloser Rüpelrowdyradler zum Abschuss freigegeben wird, sobald man an einer roten Ampel ohne Gelbphase ohne die empfohlene Schrittgeschwindigkeit über rotes Licht fährt, ist mein Unverständnis über diese Art der so genannten Berichterstattung noch ein bisschen gewachsen.

    Wer weiß, wie viele von den vermeintlich auf der falschen Seite gefahrenen Radfahrern vielleicht nur eine andere Interpretation der dort aufgestellten Schilder teilten?

  • Eigentlich wird nur stumpf aus der Pressemitteilung der Polizei zitiert und das halbe Kampfradler-Lexikon daruntergerührt. Alles schön aufgeblasen im Sinne des Krieg-auf-der-Straße-Narrativs.


    Weil ich nun aus eigener Erfahrung weiß, dass man in der Hamburger Lokalpresse als rücksichtsloser Rüpelrowdyradler zum Abschuss freigegeben wird, sobald man an einer roten Ampel ohne Gelbphase ohne die empfohlene Schrittgeschwindigkeit über rotes Licht fährt, ist mein Unverständnis über diese Art der so genannten Berichterstattung noch ein bisschen gewachsen.

    Wenn bei der Hamburger Morgenpost die Auflage weiter den Bach hinuntergeht, ist der Asteroid in acht Tagen wohl das kleinere Problem. Aber wie titelte man so schön auf der „echten“ Seite 1: „Wein leise“

    „Sie haben es sicher bemerkt“

  • Aber wie titelte man so schön auf der „echten“ Seite 1: „Wein leise[r]“*

    Ich bin sehr für Sarkasmus und schwarzen Humor empfänglich und pflege beides aktiv.

    Dass der Rapper Famo das während einer Vergewaltigung zu seinem weiblicher Opfer gesagt haben soll, testet meine Grenze allerdings gerade hart aus.

    *Zitat korrigiert

    „Zeigen wir dem staunenden Ausländer einen neuen Beweis für ein aufstrebendes Deutschland, in dem der Kraftfahrer nicht nur auf den Autobahnen, sondern auf allen Straßen durch den Radfahrer freie, sichere Bahn findet.“ (Reichsverkehrsministerium, 1934)

  • Ich bin sehr für Sarkasmus und schwarzen Humor empfänglich und pflege beides aktiv.

    Dass der Rapper Famo das während einer Vergewaltigung zu seinem weiblicher Opfer gesagt haben soll, testet meine Grenze allerdings gerade hart aus.

    Pardon — ich muss zugeben, dass ich den zusätzlichen Text zu dem „Artikel“ gar nicht gelesen hatte. Insofern war mein es wohl unpassend von mir, das Zitat in diesem Kontext noch mal zu nutzen.

  • Das hatte ich schon vermutet.

    Im Übrigen erinnert der Spruch an "Chantal, heul leise!" aus "Fak ju Göte", den ich durchaus lustig finde und auch gern mal zitiere.

    „Zeigen wir dem staunenden Ausländer einen neuen Beweis für ein aufstrebendes Deutschland, in dem der Kraftfahrer nicht nur auf den Autobahnen, sondern auf allen Straßen durch den Radfahrer freie, sichere Bahn findet.“ (Reichsverkehrsministerium, 1934)

  • Hauptunfallursachen bekämpfen ... und dann das hier:

    »127 x Befahren einer Fußgängerzone«

    Sprich: Kurz nachdem ein rücksichtsloser LKW-Abbieger einen Radweg-Radler getötet hat, legt die Polizei sich in der Fußgängerzone (Ottenser Hauptstraße? Vor IKEA?) auf die Lauer und vermeldet 185 Radfahrverstöße und 12 Kfz-Verstöße.

    Und ist's auch Wahnsinn, so hat es doch Methode ...

  • Ich glaube die Polizei hat sich die StVO ausgedruckt und spielt Darts. Dort wo der Pfeil hintrifft wird dann gezielt kontrolliert. Heute war's wohl Anlage 2, Nr. 21.

    Solange Dummheit als plausible Erklärung ausreicht, sollte man keinen Vorsatz annehmen.