Woche 47 vom 20. - 26.11.2017

  • Die Autos hinter mir hupen. Sie fahren dicht auf. Blickt man zurück, was man bei 45 km/h ungern tut, sieht man, dass sie mit einer Hand herumfuchteln und auf den Radweg zeigen. Ist klar: Sie ärgern sich, dass ich mit einem Fahrrad am rechten Rand der mehrspurigen Autostraße fahre und nicht auf dem Radweg daneben.
    Aber sie haben unrecht. Denn das Rad, mit dem ich unterwegs bin, ist ein ST1X vom Schweizer Hersteller MyStromer, ein S-Pedelec, ein E-Bike also, aber eines, dessen Motor nicht bei 25 Stundenkilometern, sondern erst bei 45 abgeregelt wird. Und damit ist es laut Gesetz, zumindest in Deutschland und in Österreich, wo ich es teste, kein Fahrrad, sondern ein Kleinkraftrad. Ich darf damit also gar nicht auf dem Radweg fahren.
    Man benötigt einen Rückspiegel, ein Nummernschild und einen Helm, und zwar keinen Fahrradhelm, sondern einen, der den ganzen Kopf umschließt. Das ist bei der Geschwindigkeit sinnvoll, dennoch: Ich sitze auf einem Ding, das aussieht wie ein Fahrrad (und eigentlich auch eins ist, nur nicht dem Gesetz nach), trage aber einen - geliehenen - Motorradhelm. Mit anderen Worten: Ich sehe aus wie ein Idiot.

  • Der Autor des Artikels ist ein Freund von uns. Er ist in der Nähe von Stade aufgewachsen und hier zur Schule gegangen. Daher fühlt er sich selbst mit einem S-Pedelec auf der Fahrbahn unwohl ;)

  • Zitat

    Ich darf damit also gar nicht auf dem Radweg fahren.

    Ja, sehr schade aber auch...

    Das kann ein vernünftig denkender Mensch nicht ernsthaft wollen, oder?

    Zitat

    Was, wenn man damit doch auf Radwegen fahren dürfte (wie in der Schweiz)? (...) Wäre ein S-Pedelec dann nicht das perfekte Fahrzeug?

    Oh man ||

  • Ich kann dem Autor des Artikels nur vollumfänglich zustimmen.

    Edit: zum S-Pedelec

    „Zeigen wir dem staunenden Ausländer einen neuen Beweis für ein aufstrebendes Deutschland, in dem der Kraftfahrer nicht nur auf den Autobahnen, sondern auf allen Straßen durch den Radfahrer freie, sichere Bahn findet.“ (Reichsverkehrsministerium, 1934)

  • Was mir insbesondere bei den Kommentaren zu dem S-Pedelec Artikel auffällt, ist, dass alles, was in der Stadt nicht mindestens 50km/h fahren kann oder darf, offensichtlich allgemein als Verkehrshindernis gilt. Dabei ist 50km/h in geschlossenen Ortschaften nicht die geforderte Mindestgeschwindigkeit sondern die zulässige Höchstgeschwindigkeit (Theorie und Wirklichkeit)

  • Also die 25 verstehe ich schon irgendwie. 30 ist auf einem Radweg schon ganz schön fix. Da sollte man schon wissen, was man tut. Irgendwie vertraue ich da jemandem mehr, der sich dieses Tempo über Jahre antrainiert hat.
    Die 45 kapiere ich auch nicht. Ich schiebe es mal einfach ohne jegliches Hintergrund- oder Detailwissen auf irgendwelche EU-Vorschriften :)

  • Die 25 und 45 meine ich nicht nur in Verbindung mit Pedelecs sondern auch mit Mofas und Motorrollern z.B.
    Die 45km/h sind eine EU Festlegung, ich weiß nur nicht, warum man gerade diese Zahl gewählt hat. Das innerörtliche Limit liegt europaweit in der Regel ja bei 50km/h. Diese 45km/h scheinen einem Troll-Ausschuss entsprungen zu sein.

  • da sind Aussagen drin, da knallt mir die Kinnlade auf den Tisch.

    Zitat

    "Wie aber sieht es mit einem Handwerker aus, der seine Kreissäge ein- und ausladen muss?" So jemandem sei schon ein Kfz-Stellplatz in einem Parkhaus am Rande des Quartiers kaum zu vermitteln.

    Kennt man ja - die Handwerker, die abends alle Geräte aus dem Auto in die Wohnung schleppen. Eigentlich auch ein Grund, Aufzüge in allen Gebäuden nachzurüsten. Sonst muss man nämlich die Kreissäge in den 4. Stock schleppen! schwer vermittelbar...


    Zitat

    Wo heute ein Supermarkt drin ist, könnten später - sofern nötig - Kfz-Stellplätze entstehen.

    klar, parken statt einkaufen. Und wenn man vor Ort nicht mehr einkaufen kann, muss man woanders hinfahren. Womit? Mit dem Auto. Logisch...

  • Zitat

    schlicht weil sich viele Mieter in der teuren Landeshauptstadt kein Auto leisten können


    Es soll auch Menschen geben, die eingesehen haben, dass man in der Großstadt auch gut ohne Auto auskommt, sich aber eines leisten könnten.

    Aus meiner Sicht sollte man diese Stellplatzschlüssel komplett abschaffen und es den Haus- und Wohnungsbauern überlassen, was sie gerne bauen möchten.
    Der Markt wird es schon regeln. Entweder wird für Tiefgaragen bezahlt, dann ist das in Ordnung. Oder nicht, dann ist den Leuten das Auto halt nicht so wichtig.
    Der öffentliche Eingriff in den Parkplatzmarkt durch kostenlose Stellplätze auf der Straße sollte auch unterbunden werden. Ausnahmen z. B. für Gehbehinderte Menschen.
    Und ja, Autobesitz muss so teuer werden, dass es sich viele Menschen nicht mehr leisten können. Es geht leider nicht anders.

    Mein Fahrrad steht übrigens auch auf privatem Grund, da hat mein Vermieter direkt vor der Haustür Fahrradbügel gebaut und ich zahle das mit meiner Miete mit.

    Solange Dummheit als plausible Erklärung ausreicht, sollte man keinen Vorsatz annehmen.

  • Ich würde das Pferd ja anders herum aufzäumen und festlegen, dass jeder, der ein Auto besitzt auch einen privaten Parkplatz vorweisen muss. Ansonsten führt die Abschaffung des Stellplatzschlüssels nur dazu, dass eben der Parkdruck auf öffentlichem Grund weiter steigt und die armen Autofahrer sich gezwungen fühlen falsch zu parken.
    Da fällt mir diese Dame ein, die in einem Münchner Lokalblatt klagt, die Stadt sollte doch wenigstens keine Knöllchen für Falschparker verteilen, wenn durch Baustellen Stellplätze wegfallen.
    Bei jemanden, der zweieinhalb Stunden nach einem Parkplatz sucht, obwohl in der nächsten Querstraße ein Parkhaus steht, dem ist aber abgesehen davon wahrscheinlich überhaupt nicht mehr zu helfen...

  • Ich würde das Pferd ja anders herum aufzäumen und festlegen, dass jeder, der ein Auto besitzt auch einen privaten Parkplatz vorweisen muss.

    Dem steht aber Bestands- und Vertrauensschutz entgegen. Wer beim Autokauf darauf vertrauen konnte, daß öffentliche Parkplätze in Laufweite zur Verfügung stehen (und das kann man bis heute), dem kann man diese nicht einfach ersatzlos entziehen. Eine Gebührenpflicht für einen solchen Parkplatz hingegen ist relativ einfach durchzusetzen, diese Gebühren allmählich, dafür aber kontinuierlich zu steigern, ist ebenfalls möglich.

    Ohne relativ lange Übergangsfristen wird es nicht gehen, so sehr man es sich auch anders wünschen mag.

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    Peter Viehrig

    "Glaube ist die Überzeugung, dass etwas wahr ist, weil die Belege zeigen, dass es falsch ist."
    (Andreas Müller)

  • Eine Gebührenpflicht für einen solchen Parkplatz hingegen ist relativ einfach durchzusetzen, diese Gebühren allmählich, dafür aber kontinuierlich zu steigern, ist ebenfalls möglich.

    Das ist wohl ein sinnvolles Mittel. Parken im Hamburger Univiertel soll grundsätzlich kostenpflichtig werden, Anwohner zahlen 2.53€ im Monat und dürfen dafür parken soviel wie wollen. Wenn das zu kürzerer Parkplatzsuche führt, dürften die Widerstände der Anwohner gering sein, hoffe ich.
    Nun muss man die Gebühren nur noch langsam anheben und gleichzeitig Parkraum besseren Nutzungen zuführen.
    Die Gebühren sollten am Ende halbwegs kostendeckend sein. Ich kann mir nicht vorstellen, dass 2.53€ pro Monat die Bau- und Unterhaltskosten auch nur annähernd deckt.

    Solange Dummheit als plausible Erklärung ausreicht, sollte man keinen Vorsatz annehmen.

  • Dem steht aber Bestands- und Vertrauensschutz entgegen. Wer beim Autokauf darauf vertrauen konnte, daß öffentliche Parkplätze in Laufweite zur Verfügung stehen (und das kann man bis heute), dem kann man diese nicht einfach ersatzlos entziehen.

    beziehst du dich auf den Fall, dass von jetzt auf gleich ein Gesetz in Kraft tritt:
    "Ein KFZ darf nur besitzen, wer einen Stellplatz für dieses KFZ auf nicht-öffentlichem Grund vorweisen kann." ?
    Dann sage ich: ja. Ja, der Bürger darf sich darauf verlassen, er darf darauf vertrauen, dass nicht von jetzt auf gleich eine derart nachteilige Regelung in Kraft tritt.

    Wenn es aber auf das bloße Verringern der öffentlichen Stellplätze auf der Straße abzielt, würde das doch bedeuten, dass es einen rechtlichen Anspruch auf einen Parkplatz vor der Haustüre gibt?! Weil: "früher konnte ich da parken!"? ?(
    Würde ja in seinem Extrem bedeuten, dass Ersatzparkplätze geschaffen werden müssen, wenn eine Straße umgebaut wird. Zum Beispiel von 1 Fahrspur + paralleles Parken auf Seitenstreifen zu 2 Fahrspuren + kein Parken.
    :huh:

  • Ich denke nicht, dass es ein Anrecht gibt. Aber das müsste im Zweifel ein höchstes Gericht beurteilen.
    Die praktischen Auswirkungen wären einfach katastrophal. Es würde der Platz für die existierenden Autos fehlen. Wohin damit?
    * Falschparken und entsprechende Kontrollen? Dann haben wir spätestens nach paar Wochen, wenn die Bußgeldstellen die ersten Massen bewältigt haben, wütende Mobs auf den Straßen.
    * Verkaufen? Will doch keiner so viele kaufen, das wäre dann ein 95%iger Wertverfall. Und wir hätten wütende Mobs auf den Straßen.
    * Verschrotten? So viele Schrottpressen haben wir gar nicht. Achja, und Mobs.
    * Private Parkplätze nutzen? Haben wir nicht so viele, und niemand will 5km bis zum nächsten Parkplatz laufen. Da bildet man lieber einen Mob.

    Es gab ja bei Projekten wie am WIesendamm schon wütende Mobs, wenn auch eher in den Lokalausschüssen. Und da ging es nur um paar Dutzend Parkplätze.

    Sowas muss schon längerfristig und schleichend gemacht werden. Parkgebühren einführen + erhöhen, Parkraum umnutzen.

    Solange Dummheit als plausible Erklärung ausreicht, sollte man keinen Vorsatz annehmen.

  • Wenn es aber auf das bloße Verringern der öffentlichen Stellplätze auf der Straße abzielt, würde das doch bedeuten, dass es einen rechtlichen Anspruch auf einen Parkplatz vor der Haustüre gibt?! Weil: "früher konnte ich da parken!"?

    Nicht "vor der Haustür"; darauf zu vertrauen, daß man da parken kann, ist heute bereits albern, da meist alles zugeparkt ist. In "Laufweite" (irgendwas zwischen 300 bis maximal 500m) - ja, da muß Ersatz her.

    Schritt 1: Anwohnerparkausweise gegen Entgelt
    Schritt 2: Entgelte moderat, aber kontinuierlich erhöhen
    Schritt 3: Ersatzsammelparkflächen gegen vergünstigtes, aber ebenfalls kontinuierlich steigendes Entgelt bereitstellen
    Schritt 4: Straßenraum der Parknutzung für PKW entziehen
    Schritt 5: Ersatzparkflächen weiterhin moderat, aber kontinuierlich derart verteuern, daß man irgendwann keine mehr braucht.

    Alles natürlich bis auf weiteres mit Ausnahmen für Gebrechliche und Behinderte.

    Und für den Kauf von Neufahrzeugen kann man schon jetzt eine Stellplatznachweispflicht einführen, das ändert aber zunächst nix am Altbestand und dessen "Gewohnheitsrechten". Und ja, die wären vor Gericht einklagbar.

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    Peter Viehrig

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