Therings kleine Anfrage zu Aggro-Bikern, Radrambos, Kampfradlern und Zweiradraudis

  • Ich finde ja, das es auch andere Möglichkeiten außer Fahrradhelmen gibt, um die Sicherheit im Straßenverkehr zu erhöhen. Für Thering sind Helme aber offenbar ein integraler Bestandteil jeglicher Radverkehrsförderung: https://twitter.com/DennisThering/status/1056161616037900288

    Schade, dass er nicht auf die Kommentare zu seinem Tweet eingeht. Ein Fahrradhelm verhindert nunmal keine Unfälle, ordentliche Infrastruktur schon.

  • Ich finde ja, das es auch andere Möglichkeiten außer Fahrradhelmen gibt, um die Sicherheit im Straßenverkehr zu erhöhen. Für Thering sind Helme aber offenbar ein integraler Bestandteil jeglicher Radverkehrsförderung: https://twitter.com/DennisThering/status/1056161616037900288

    Schade, dass er nicht auf die Kommentare zu seinem Tweet eingeht. Ein Fahrradhelm verhindert nunmal keine Unfälle, ordentliche Infrastruktur schon.

    Der Hinweis darauf, dass es andere Möglichkeiten als den Fahrradhelm gibt, den Radverkehr sicherer zu machen reicht möglicherweise nicht aus. Denn diese Aussage beinhaltet ja indirekt, dass der Fahrradhelm eine Möglichkeit sei, den Radverkehr sicherer zu machen.

    Gibt es Argumente, die deutlich machen, dass das Fahrradhelmtragen den Radverkehr gefährlicher machen?

    In deinem Link habe ich unter anderem diese Aussage gefunden: "Es gab dazu mal eine Studie, das Fahrradfahrer mit Helm zu mehr Risikobereitschaft neigen. Und eine andere, die zeigte, dass Kraftfahrer noch weniger weniger Sicherheitsräume einräumen, da die Radfahrer ja geschützt sind." Leider gab es keine genauen Angaben zu dieser Studie. Weißt du welche Studie da gemeint ist?

    Unanhängig von irgendwelchen Studien sehe ich aber auch noch diese Möglichkeit dem Argument, "Der Fahrradhelm macht das Fahrradfahren sicher.", zu entgegnen: Wenn tatsächlich alle Fahrradfahrerinnen und Fahradfahrer einen Helm tragen würden, dann hätte man das Gefühl, an einem Radrennen teilzunehmen. Dort, auf einem Radrennen, hat der Fahrradhelm seine Berechtigung, weil mit hohen Geschwindigkeiten in einem sehr dichten Feld gefahren wird und es deshalb immer wieder zu Stürzen oder gar Massenstürzen kommt. Siehe auch dieses Beispiel von der 3. Etappe der Tour de France 2015: https://www.youtube.com/watch?v=a_a-gPpgPpg

    Was uns Radfahrerinnen und Radfahrern von Leuten wie Thering und Scheuer aufgezwungen werden soll, sind Zustände auf den Radwegen und Straßen wie bei einem Radrennen, wie in dem gezeigten Beispiel bei der Tour de France. Autos und Fahrräder und die Fahrräder miteinenader sollen bei möglichst hohen Geschwindigkeiten möglichst dicht nebeneinanderher rasen, bis es knallt.

    Und das wollen wir Radfahrerinnen und Radfahrer nicht! Das ist keine Verkehrsinfrastruktur für alle, sondern eine Verkehrsinfrastruktur für Raser. Gemacht von Leuten und für Leute, die "Benzin im Blut" haben und darauf auch noch stolz sind und das für ein wichtiges Qualifikatioinsmerkmal für den Job des Verkehrsministers halten.

  • Bei Radhelmstudien, bei denen ins Krankenhaus eingelieferte Radfahrer als Studienobjekt dienten, kam es öfters vor das der Anteil der Helmträger unter den eingelieferten Radfahrern deutlich höher war als die durch Zählung ermittelte Helmtragequote für den Studienzeitraum.

  • Es gibt Geschichten, die so gut sind, dass dich keiner fragt, ob du eine ganz bestimmte Quelle nennen kannst. Was nicht ausschließt, dass es trotzdem eine gibt. In jedem Fall ist deine Geschichte so gut, dass ich sie mir unbedingt merken muss, falls mir mal wieder einer im Gespräch vorhält, dass es doch eindeutig bewiesen sei, dass das Helmtragen das Fahrradfahren sicherer mache.

  • Der Hinweis darauf, dass es andere Möglichkeiten als den Fahrradhelm gibt, den Radverkehr sicherer zu machen reicht möglicherweise nicht aus. Denn diese Aussage beinhaltet ja indirekt, dass der Fahrradhelm eine Möglichkeit sei, den Radverkehr sicherer zu machen.

    Sie impliziert v.a. die unzulässige Unterstellung, dass "Infra" irgendwas mit Verkehrssicherheit zu tun hätte.

    Zitat

    Gibt es Argumente, die deutlich machen, dass das Fahrradhelmtragen den Radverkehr gefährlicher machen?

    In deinem Link habe ich unter anderem diese Aussage gefunden: "Es gab dazu mal eine Studie, das Fahrradfahrer mit Helm zu mehr Risikobereitschaft neigen. Und eine andere, die zeigte, dass Kraftfahrer noch weniger weniger Sicherheitsräume einräumen, da die Radfahrer ja geschützt sind."

    Zur Risikobereitschaft habe ich nichts. Zum Überholabstand gibt es 2 Studien des britischen Verkehrsforschers Ian Walker, in denen er im Selbstversuch auf dem Arbeitsweg mit einem Abstandsmesser am Rad statistisch ermittelt hat, ob die Seitenabstände von seinem äußeren Erscheinungsbild abhängen. Abgesehen davon, dass die Unterschiede der Mittelwerte minimal sind (AFAIRC maximal 12 cm), lässt diese vielzitierte Studie aber gerade keinen Rückschluss auf das Risiko beim Radfahren zu. Erstens, weil bewusstes Überholen in der Regel nicht die Ursache für schwere Auffahr- und Streifunfälle ist (sondern ein Nicht-Ausscheren, weil der Radler gar nicht wahrgenommen wurde). Dann kann der Auffahrer logischerweise auch keinen Sicherheitsabstand in Abhängigkeit vom Erscheinungsbild des übersehenen Radfahrers beeinflussen. Zweitens, weil Auffahr- und Streifunfälle auch im Mischverkehr so geringfügige Anteile am Gesamkuchen der Radunfälle stellen, dass sich deren Änderung angesichts der beträchtlichen jährlichen Schwankungen über die Unfallstatistik nicht bestimmen lassen wird. Und Drittens, weil man nicht vom Median oder Mittelwert der Überholabstände gestreift wird, sondern von extremen Ausreißern. Da Ian Walker seine Experimente unfallfrei überlebt hat, sind solche Ausreißer in seinen Messreihen gar nicht vorhanden gewesen.

  • Erstens, weil bewusstes Überholen in der Regel nicht die Ursache für schwere Auffahr- und Streifunfälle ist (sondern ein Nicht-Ausscheren, weil der Radler gar nicht wahrgenommen wurde).

    Ich halte es zumindest für möglich, dass die Wahrscheinlichkeit vom dahinter fahrenden Auto übersehen zu werden, grösser ist, wenn der Vordermann eng(er) überholt.

  • Ich halte es zumindest für möglich, dass die Wahrscheinlichkeit vom dahinter fahrenden Auto übersehen zu werden, grösser ist, wenn der Vordermann eng(er) überholt.

    Das Argument kenne ich, und deswegen achte ich bei meiner Statistik darauf, ob es Indizien für solch einen Mechanismus gibt. Dies kann ich ausschließen. Die Quote solcher Situationen im Kollektiv der Überholunfälle ist m.E. weit geringer als es nach der Alltagserfahrung für die Verteilung von Überholvorgängen durch Einzel-KFZ vs. KFZ-Schlangen der Fall ist. Der typische Überholunfall geschieht bei Verkehrsstille.

    Hinweis: Meine Einschätzung beschränkt sich notwendigerweise auf Unfälle, die so schwer sind, dass sie es hinterher in die Medien schaffen. Aber schwere Unfälle sind schließlich auch die, vor denen die Leute Angst haben, oder?

  • Das mit der höheren Helmquote unter Opfern als unter realen Radlern ist mir schon öfters begegnet, u.a. im Zusammenhang mit einer Helmkampagne des ba-wü Verkehrsministers, kann aber so spontan auch keine Quelle aus dem Hut zaubern ...

    Bzgl. Abständen und Erscheinungsbild sollte man einen Blick auf die Berliner Radmesser-Studie aus dem letzten Jahr werfen mit einer wohl deutlich höheren Stichprobe als die britische, die da meiner Erinnerung nach keine Zusammenhänge mehr finden konnte.

  • Wie ermittelst du, ob vor dem Unfall ein weiteres Fahrzeug unterwegs war?

    Die Unfallorte liegen sehr oft außerorts auf kleineren Kreisstraßen. Außerdem geschehen die Auffahrunfälle oft außerhalb der Hauptverkehrszeiten (mitten in der Nacht, am späten Vormittag etc.). Das spricht auch auf Landes- und Bundesstraßen für Verkehrsstille.

    In seltenen Fällen haut der Auffahrer unerkannt ab. Dann ist durch die Unfallflucht nachgewiesen, dass der Täter allein mit seinem Opfer war.

    In der Mehrzahl der Fälle bleiben die Auffahrer aber brav vor Ort und kooperieren mit der Polizei. Sie würden es dann zu Protokoll geben (zu ihrer Entlastung, und auch weil im Rahmen der Unfallaufnahme nach möglichen Zeugen gefragt wird), wenn der Unfall durch die Anwesenheit weiterer Fahrzeuge begünstigt worden wäre. Die Polizei würde diesen Umstand sehr wahrscheinlich dann auch so in der Pressemeldung nach außen kommunizieren, so wie sie es auch bei Sichtbehinderung durch tiefstehenden Sonne tut. Pressemeldungen sollen zudem immer auch verkehrserzieherisch auf die Allgemeinheit einwirken (Helmwerbung...!), und zu dichtes Auffahren wäre ein durchaus erwähnenswerter Fahrfehler.

    Im Allgemeinen ist aber hinterher davon die Rede, dass die Ursache mangels Zeugen völlig unklar sei und jetzt erstmal ein Gutachter den Unfallhergang aufklären müsse.

  • Zur Risikobereitschaft habe ich nichts.

    https://journals.sagepub.com/doi/full/10.1177/0956797615620784

    Es wurden Probanden mittels Vorwand ein Helm oder eine Baseballmütze aufgesetzt, diese mussten einen virtuellen Luftballon aufpusten und zwar soweit es geht, ohne dass er Platzt. Die die Probanden mit Helm waren dabei bereit ein höheres Risiko einzugehen und gaben bei der Befragung hinterher auch an mutiger zu sein, als die Mützenträger. Ähnliche Studien (und Ergebnisse) gab es auch bezüglich (Auto-)Gurt oder anderer Schutzausrüstung (im Sport z.B.).

  • Tja — da hat die CDU Hamburg ja zu alter Form zurückgefunden. Dass mit steigendem Radverkehrsanteil auch die Unfallzahlen steigen werden, ist ja nun so ganz überraschend eigentlich nicht.

    Wegen der Zahlschranke konnte ich nur die Überschrift lesen. Aber die legt es nahe, am Fahrrad-Image zu arbeiten. Dafür gibt es bereits gute Vorlagen. Zum Beispiel der Begriff "sanfte Mobilität", der auch für den ÖPNV angewandt wird. "Sanfte Mobilität steht für ein politisches Konzept, das als nachhaltige, umwelt­schonende, sozial verträgliche und unfallarm bezeichnete Fortbewegungsarten wie zu Fuß gehen, Radfahren und die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel (ausgenommen Flugverkehr; vgl. Umweltverbund) insbesondere im Rahmen einer Verkehrswende fördern will." Quelle: https://howlingpixel.com/i-de/Sanfte_Mobilit%C3%A4t

    Das Problem: Wer zum Beispiel als Radfahrer von seinem Recht Gebrauch macht, die Fahrbahn zu benutzen, in den Fällen in denen keine Radwegebenutzungspflicht angeordnet ist, der wird schnell auch von anderen Radfahrern als so eine Art Kämpfernatur empfunden, jedenfalls nicht als jemand, den man mit dem Adjektiv "sanft" in Verbindung bringen könnte.

    Gleichzeitig steigen die Unfallzahlen, nicht weil das Radfahren gefährlicher wird oder sich die Radfahrer zunehmend selbst gefährden, sondern weil das Radfahren zunimmt. Streng genommen dürften an dieser Stelle nur relative Zahlen veröffentlicht werden, die das darstellen. Stattdessen wird von fahrradkritischen Medien gerne mit absoluten Zahlen gearbeitet, und dem Radverkehr damit geschadet. Statt "sanfter" Mobilität entsteht ein Bild von "rabiater" Mobilität.

    Nach meiner Beobachtung findet tatsächlich von verschiedenen Medien ein gezielter Angriff auf das Mobilitätssystem Radverkehr statt, um diesen zu schädigen und im Gegensatz dazu das Mobilitätssystem MIV "reinzuwaschen".

    So wettert beispielsweise gerade die Neue Presse Hannover gegen E-Bikes, die angeblich zu einem hohen Prozentsatz frisiert seien: "Bis zu 60 Stundenkilometer sind locker drin. Hannovers Polizei warnt vor frisierten Pedelecs. Bis zu 30 Prozent könnten manipuliert sein. Die Unfallgefahr ist groß. Wer erwischt wird, muss seinen verbotenen Renner abgeben. Doch die Folgen können noch viel dramatischer sein." Besonders suggestiv ist die Aussage, dass die Polizei davor warnt. Und direkt im Anschluss steht "30% könnten frisiert sein". Das kann man auch so lesen, dass die Polizei die gesicherte Erkenntnis habe, dass 30% der Pedelecs so frisiert seien, dass man damit Geschwindigkeiten von 60 km/h erreichen kann. Seriös ist eine solche Berichterstattung meines Erachtens nicht mehr. Aber mal schauen, was da noch alles drin steht, wenn in einigen Tagen der Artikel frei zugänglich ist. https://www.neuepresse.de/Hannover/Meine…ver-ein-Problem

    Auch die Helm-Debatte ist in diesem Kontext zu sehen. Das Helmtragen wird ja am stärksten von denjenigen propagiert, die dem Autoverkehr sehr viel näher stehen als dem Radverkehr. Darin steckt der Versuch, das Verkehrsgeschehen zu beschleunigen. Statt eines an der Radverkehr angepasstes niedriges Tempolimit soll die Helmtragepflicht eingeführt werden. Statt fahren auf der Fahrbahn, wo der Radverkehr für alle Autofahrer gut sichtbar jederzeit präsent ist, Hochbordradwege für Radfahrer.

    Radverkehr hat das Potenzial, die Geschwindigkeit aus dem Straßenverkehr herauszunehmen. Den Straßenverkehr zu entschleunigen. Aber damit entfacht die Radfahrerschaft den geballten Widerstand der Raser. Und wie man nicht zuletzt an den Kampagnen von Thering sieht, versteht die Autolobby sich darauf, sich zur Wehr zu setzen. Zum Teil auch sehr geschickt. Ich denke es sollte dennoch gelingen, Thering als den Antreiber zu entlarven, der er eigentlich ist. Als den Verfechter von Tempo und Rücksichtslosigkeit im Straßenverkehr, was er stets zu kaschieren versucht. Thering ist ein Getriebener im Dienst der Autofahrerschaft, unterwegs mit dem Auftrag das Tempo anzuziehen! Ganz im Sinne von Scheuers Aussage, "Temolimits seien gegen jeden Menschenverstand". https://www.kfz-betrieb.vogel.de/scheuer-zu-tem…stand-a-791762/

  • Gerade im Radio gehört und weil es grad so richtig gut passt zu meinem vorigen Beitrag: "Nach dem Autogipfel im Kanzleramt hat sich die kommissarische SPD-Parteichefin Malu Dreyer zuversichtlich geäußert. Es sei ein "gutes und konstruktives Treffen" gewesen, sagte Dreyer am Dienstag im ARD-"Morgenmagazin". "Alle sind bereit, Tempo zu machen." Thema war vor allem der Ausbau der Ladeinfrastruktur für Elektromobilität." Die Welt vom 25.6.2019 https://www.welt.de/newsticker/new…-zu-machen.html

    Mit dem Elektroauto will die SPD also die Verkehrswende herbeiführen. Und das Wichtigste dabei ist: "Tempo machen!"

    Ich will das nicht "Tempo machen"! Viel wichtiger ist es, die ganze Mobilitätsentwicklung zu entschleunigen!