Luftverschmutzung: „Hamburg kann aufatmen“

  • Hört sich so weit ganz gut an, was unter diesem Link zu finden ist. Wenn auch an vielen Stellen die typischen Linken-Forderungen gegen Privatisierung und für mehr Sozialisierung von Betrieben dominiert. Aber sei's drum.

    Problematisch wird es doch dann, wenn es konkret wird. Zum Beispiel die Frage nach Parkplätzen. Klar, wer genug Geld hat, der wird nicht unbedingt die Linken wählen und der hätte auch kein Problem damit, dass öffentliche Stellflächen zurückgebaut werden. Wer Geld hat, der kann sich dann ja einen privaten Stellplatz finanzieren.

    Autofahrer mit kleinem Budget werden jedoch wenig begeistert sein von einem Rückbau öffentlicher kostenfrei zugänglicher Stellplätze. Und dann ist die Bereitschaft von Vertretern der Linken Kurs zu halten schwach ausgeprägt.

    Anstatt jedoch auf die Chancen zu verweisen, die sich daraus ergeben, dass der ÖPNV ausgebaut wird, wie es in dem Link zum Linken Parteiprogramm geschieht, wird dann von den Linken im politischen Alltagsbetrieb lieber versucht, die Grünen als die Partei der Reichen schlecht zu reden, die die ökologische Wende auf Kosten der ohnehin benachteiligten Autofahrer durchdrücken will. Und es wird das Bild vom "Malocher" zelebriert, der unabdingbar auf sein Auto angewiesen ist, das ihm böse grüne Mächte wegnehmen wollen.

    Was ich vermisse ist ein entschiedenes Engagemant für diejenigen, die ohnehin auf den ÖPNV (oder auf das Rad und auf zu Fuß gehen) angewiesen sind, weil sie kein Auto haben und sich auch keines leisten können. Da dürfte ein großes Wählerpotenzial schlummern. Bisweilen habe ich jedoch den Eindruck, da traut sich keiner auch die Grünen nicht, auch die Linken nicht ran, weil man befürchtet, dass es ohnehin nicht gelingt, die "Abgehängten" (leider Gottes weit verbreitete Fremdsicht aber auch Selbsteinschätzung der Betroffenen) zum Wahlgang zu ermuntern. Oder sogar Angst davor hat, dass die dann die AfD wählen, wenn sie tatsächlich zur Wahl gingen.


  • "May zögert wegen Neuwahlen" heißt es in einer der Zwischenunterschriften in dem verlinkten Artikel. Will heißen, die britische Regierung verzögert Maßnahmen zur Luftreinhaltung, weil sie befürchtet, dass es vom Wahlvolk nicht belohnt wird, diese durchzusetzen.


    Das erinnert mich doch sehr an die blaue Plakette Diskussion bei uns in deutschland. "Vor der Bundestagswahl ist diesbezüglich nicht mit Maßnahmen zu rechnen.", heißt es landauf, landab.


    Warum gelingt es den Verantwortlichen in Politik und Verwaltung nicht, dieses Thema so anzupacken, dass diejenigen Parteien, dieBereitschaft signalisieren, wirksame Maßnahmen zur Luftreinhaltung umzusetzen, als eine gute Wahl angesehen werden? Stattdessen gewinnt man den Eindruck, dass sich die Parteien mehr oder weniger stark davor hüten, dieses Thema überhaupt anzuschneiden, weil sie Angst haben, dann als Verbotspartei oder Bevormunderpartei dazustehen.


    Das spüren die Wählerinnen und die Wähler doch, dass die Angst regiert in den Köpfen der Parteivorderen. Die Angst vor der Autolobby. Aber dieses "Kuschen" vor der Autolobby inklusive dem "Kuschen" vor Gewerkschaften, die Mitarbeiter der Autoproduzenten vertreten, verschlechtert jeden Tag die Chancen einer wirksamen Verkehrswende weg vom Auto hin zu mehr ÖPNV, Radverkehr und Fußverkehr. Und es verstärkt den Vorgang, dass wir uns von denen bevormunden lassen, die wir nicht einmal gewählt haben. BMW, Mercedes, VW usw. stehen jedenfalls nicht auf den Wahlzetteln.

  • Eben auf der Präsentation zum Umbau der Max-Brauer-Allee.

    Tja, berechnet wurden die (prognostizierten) Schadstoffmengen anhand der Schadstoffklassen (z. B. Euro-6) und der Anzahl der jeweiligen KFZ. Der tatsächliche Schadstoffausstoß (Dieselgate) der KFZ wurde nicht berücksichtigt. Den Behörden ist das Problem bekannt, sie hoffen auf eine Lösung in paar Jahren.
    Dass es nicht einfach sein wird, das Verbot in der Max-Brauer-Allee durchzusetzen, ist den Behörden ebenfalls bekannt. Auch hier hofft man noch auf eine Lösung.
    Der Großteil der Stickoxide käme eh von den Schiffen.
    Der Behördenvertreter sagte dann noch, man müsse wegen des Gerichtsbeschlusses bis Juni einen Plan präsentieren.

    Offenbar gibt es keine ernsthaften Bestrebungen, die Luftqualität zu verbessern, sondern man will einfach irgendwie das Urteil umsetzen ohne die Autofahrer zu sehr zu vergrätzen.

    Solange Dummheit als plausible Erklärung ausreicht, sollte man keinen Vorsatz annehmen.


  • Offenbar gibt es keine ernsthaften Bestrebungen, die Luftqualität zu verbessern, sondern man will einfach irgendwie das Urteil umsetzen ohne die Autofahrer zu sehr zu vergrätzen.

    Sehr erhellend außerdem:

    • Die Sperrung der Max-Brauer-Allee erfolgt frühestens nach Abschluss der Umbauarbeiten — und die beginnen frühestens im Herbst 2019. Ist jemandem der ungefähre Zeitrahmen bekannt? Ich kann mir ja kaum vorstellen, dass man mit der ganzen Sache vor 2023 durch sein wird.
    • Man ist angeblich lange Zeit davon ausgegangen, einfach die so genannte Umweltplakette kontrollieren zu können. Ob man mittlerweile weiß, dass dort die Schadstoffgruppe und nicht die Euro-Norm abgebildet ist?
    • Man hat überhaupt gar keinen Plan, wie das Fahrverbot kontrolliert werden soll. Überhaupt gar keinen. Man weiß es einfach nicht.

    Ich lehne mich mal ganz weit aus dem Fenster und behaupte, dass es ein Fahrverbot auf freiwilliger Basis werden wird, etwa nach dem Stuttgarter Modell: Es wäre schön, wenn die betroffenen Diesel-Fahrzeuge nicht mehr durch die Straße fahren. Vielleicht spielt man auch einfach derart frech auf Zeit, dass man hofft, bis 2023 irgendeine Umrüstung geschafft zu haben, so dass man sich die Fahrverbote eh sparen kann.

  • wobei ich es durchaus so verstanden hatte, dass man intern Möglichkeiten diskutiert hatte. Genannt wurden Kennzeichenerfassung (und dann wohl Abgleich mit Datenbank) und Kontrolle durch Polizei, wobei natürlich "der Verkehrsfluss" gewährleistet sein muss...

  • Meiner Meinung nach ist die Kennzeichenerfassung eine ganz drollige Idee. Die Kennzeichenerfassung bei Section Control ist aus Datenschutzsicht äußerst problematisch, da gab es jahrelange Diskussionen drüber, das wird ja gerade im innerstädtischen Bereich noch viel schwieriger werden.

    Und ich kann mir beim besten Willen auch keine Polizeikontrolle vorstellen. Weder die Stresemannstraße noch die künftige Max-Brauer-Allee bieten Platz für eine Polizeikontrolle, also müsste man mindestens einen Fahrstreifen blockieren. An der Stresemannstraße wäre der Rückstau auch bei einer vorsichtigen Stichprobenkontrolle immens und dürfte sich bis zur Autobahn fortpflanzen — schau dir die Google-Maps-Verkehrskarte an, wenn wieder irgendwo auf der Kieler Straße ein kleiner Unfall stattgefunden hat.

    Ich kann mir in praktischer Hinsicht nur vorstellen, dass es sich um Stichprobenkontrollen an einigen Tagen im Monat handeln wird. Wie du auf facebook schon geschrieben hast: Die Polizei wird die Sache im Rahmen ihrer Kapazitäten und der Prioritäten kontrollieren.

    Daraus folgt wiederum, dass das Risiko für den einzelnen Dieselfahrer, tatsächlich mal zwanzig Euro zahlen zu müssen, absolut überschaubar ist. Und daraus schließe ich wiederum: Man spielt in Hamburg tatsächlich auf Zeit und hofft, dass die Technik die Sache bis 2025 schon irgendwie regeln wird.

  • dass die ganze Kontrollsache wohl eher eine Luftnummer sein wird, bestreite ich gar nicht.
    Ich wollte das eben nur nicht so stehen lassen, dass man sich in der Behörde so absolut garkeine gedanken gemacht hätte.

    Hat man. Garantiert auch mit all den genannten Problemen und Herausforderungen.
    Der Herr von der BWVI musste sich ja ohnehin da vorn grillen lassen zu Themen, die maximal peripher etwas mit der MBA zu tun hatten....

  • dass die ganze Kontrollsache wohl eher eine Luftnummer

    In der Tat - sowieso.

    „Zeigen wir dem staunenden Ausländer einen neuen Beweis für ein aufstrebendes Deutschland, in dem der Kraftfahrer nicht nur auf den Autobahnen, sondern auf allen Straßen durch den Radfahrer freie, sichere Bahn findet.“ (Reichsverkehrsministerium, 1934)

  • Meiner Meinung nach ist die Kennzeichenerfassung eine ganz drollige Idee. Die Kennzeichenerfassung bei Section Control ist aus Datenschutzsicht äußerst problematisch, da gab es jahrelange Diskussionen drüber, das wird ja gerade im innerstädtischen Bereich noch viel schwieriger werden.

    Es gibt so Momente, da hängt mir der Datenschutz so was zum Halse raus:

    Wenn es beispeilsweise darum geht, innerhalb von ÖPNV-Fahrzeugen die Leute zu filmen, dann ist der Datenschutz offensichtlich eine "taube Nuss", die das nicht verhindern kann.

    Wenn es aber drum geht, verkehrsgefährdendes oder ordnungswidriges Verhalten von Autofahrern zu filmen, dann ist der Datenschutz plötzlich ein scharfer Hund, mit extra spitzen Zähnen, der alles im Ansatz wegbeißt.

    Wie kann das sein?

  • Wie kann das sein?

    Das eine stört gewohnheitsmäßige Ordnungswidrigkeiten, das andere niemanden. Bei ersterem wird jedes noch so bekloppte Argument ins Feld geführt. Und gerne von vielen Menschen akzeptiert, die ihre Freiheiten ungerne hergeben. Ist zwar ein bisschen peinlich, aber eigentlich nur menschlich.

    Drüben im VP gibt es gerade einen Thread, ob die Bußgelder nicht erhöht werden sollten, damit sie wenigstens die Kosten der Erhebung decken. Mein Standpunkt fiel aus der Reihe: Bußgelder drastisch erhöhen. In der folgenden Diskussion habe ich unter anderem darauf hingewiesen, dass Falschparker im Kreuzungsbereich Kindern die Sicht nehmen.
    Und was kommt von zwei Teilnehmern?
    Die Falschparker würden Kindern helfen, sich auch in gefährlichen Situationen zurecht zu finden. Ich müsse den Falschparkern also eher noch dankbar sein, dass sie eine zusätzliche Gefahr schaffen, in der sich Kinder bewähren können. Oder halt überfahren werden. (Letzter Satz von mir.)

    Kein Argument ist zu blöd, um die eigenen Freiheiten zu rechtfertigen.

    Das gilt natürlich nicht nur für Autofahrer, sondern für alle Gruppen, die irgendwelche "nicht-ganz-in-Ordnung"-Freiheiten genießen :)

  • Videos in ÖPNV-Fahrzeugen und eine Kennzeichenerfassung unterscheiden sich in wesentlichen Punkten und deshalb kann man sie nicht einfach so gleich setzen. Sie wären sich ähnlicher, wenn alle ÖPNV-Benutzer sich ihre Personummer in einem standardisierten Verfahren auf den Kopf kleben würden und das ganze mit einer zentralen Datenbank abgeglichen wird.

    Ich finde automatische Kennzeichenerfassung ein gute Lösung, solange es datenschutztechnisch gut gemacht wird. Müsste doch eigentlich ausreichen alle Kennzeichen (und die zugehörigen Daten), für die kein Bußgeld fällig wird, nach dem Abgleich direkt zu löschen.


  • Müsste doch eigentlich ausreichen alle Kennzeichen (und die zugehörigen Daten), für die kein Bußgeld fällig wird, nach dem Abgleich direkt zu löschen.

    Genau das dürfte der rechtliche Knackpunkt werden: Bei Section Control berechnet man die Durchschnittsgeschwindigkeit des Fahrzeuges und verwirft „unschuldige“ Kennzeichen direkt nach der Erfassung. Es wird meiner Meinung nach aber nicht möglich sein, binnen weniger Sekunden direkt zu entscheiden, ob das aufgenommene Kennzeichen zu einem berechtigt durch den fraglichen Bereich fahrenden Motor gehört oder nicht, also wird man erst einmal alle Kennzeichen speichern und nachgelagert auswerten müssen.