Fundstücke der Woche

  • Jetzt amtlich: Auto ist ein "gemeingefährliches Mittel"

    Sehr offen spricht die Staatsanwaltschaft Hannover in einem Fall von illegalen Autorennen mit Todesfolge davon, dass es sich beim Auto um ein "gemeingefährliches Mittel" handelt:

    ""Wir halten das Mordmerkmal Angriff mit gefährlichen Mitteln für erfüllt", sagte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft." (Quelle: HAZ-Printausgabe vom 17.9.2022: "Illegales Autorennen? Fahrerin wegen Mord angeklagt".)

    Eigentlich müsste man von einem Auto als "Mordwerkzeug" sprechen.

    Die Bildzeitung wiederum vermeidet solche Begrifflichkeiten für das Auto. Der entsprechende Bildzeitungsbericht vom 16.9.22 ist überschrieben mit:

    "Totraserin (40) wegen Mordes an zwei Kindern angeklagt"

    Hannover: Raserin (40) wegen Mordes an zwei Kindern angeklagt
    Die Staatsanwaltschaft ist sich sicher: Ein illegales Autorennen führte zu dem verhängnisvollen Unfall.
    www.bild.de

    Auch interessant: Im Link der Bildzeitung wird der Begriff "Totraserin" nicht benutzt. Hier ist die "Totraserin" "nur" eine "Raserin".

    Das Auto, ein Verkehrsmittel, das solche "Unfälle" oder besser Mordfälle aufgrund seiner Beschaffenheit geradezu provoziert, wird von der Bildzeitung geschont. Stattdessen wird der Vorgang, den die Staatsanwaltschaft als "Mord" einstuft, als ein Einzelversagen der Fahrerin dargestellt.

    Hier der Unfallbericht in der Kreiszeitung vom 1.3.22:

    Der Unfall ereignete sich vor rund einem halben Jahr.

  • Der Prozess findet erst noch statt. Und das Ergebnis kann man natürlich nicht vorwegnehmen.

    Aber alleine die Tatsache, dass die Staatsanwaltschaft Anklage wegen Mordes erhebt und das Auto als "gemeingefährliches Mittel" bezeichnet wird, hat eine neue Qualität.

    In einem vergleichbaren Fall in Berlin 2017 gab es bereits eine Verurteilung eines Autorasers als Mörder. "Es war das erste Mordurteil in einem Raser-Fall. Bis dahin wurden die Täter meist nur wegen fahrlässiger Tötung verurteilt – ein Unterschied, der sich ganz besonders im Strafmaß bemerkbar macht. Während Mord nach § 211 Strafgesetzbuch (StGB) stets mit lebenslanger Haftstrafe belangt wird, können Gerichte fahrlässige Tötung nach § 222 StGB mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von maximal fünf Jahren ahnden."

    Ku’Damm-Raser: Zweiter Fahrer endgültig wegen versuchten Mordes verurteilt
    Inhalt Unbeteiligter bei illegalem Autorennen auf dem Kurfürstendamm getötetRaser-Prozess beschäftigt Gerichte seit JahrenGab es einen gemeinsamen…
    www.wbs-law.de

    Eigentlich gehört nicht nur der Fahrer, sondern auch das Fahrzeug auf die Anklagebank. Und zwar nicht nur als konkretes Mordwerkzeug in den beschriebenen Fällen, sondern das Auto ganz allgemein als ein Verkehrsmittel, das in seiner jetzigen Form zu gefährlich ist, um als Verkehrsmittel für jederfrau und jedermann zugelassen zu werden.

    Eine österreichische Sicht auf die Thematik und auch auf die Vorgänge in Deutschland gibt der österreichische Standard vom 13.9.22:

    Sollen tödliche Autorennen als Mord gelten?
    Nach dem Unfall auf der Wiener Ringstraße diskutieren Fachleute über eine Verschärfung des Strafrechts. Denkbar wäre ein eigener Tatbestand für Straßenrennen
    www.derstandard.de
  • Im Grunde ist das aber doch auch nur eine überspitzte Umschreibung der "allgemeinen Betriebsgefahr" von Kfz, die daraus resultiert, dass Autos per se gemeingefährliche Maschinen sind, das aber gesellschaftlich in Kauf genommen wird.

  • Dieses Video aus Wiesbaden zeigt das indirekte Linksabbiegen an einer Kreuzung, an denen andere Verkehrsteilnehmer als Fahrradfahrende nicht die Möglichkeit haben, links abzubiegen:

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    Weil es mein Lieblingsviertel in Wiesbaden ist, hier ein Link zu mapillary mit einer Aufnahme von der Kreuzung aus dem Video:

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    In Hannover gibt es ebenfalls an zunehmend mehr Kreuzungen diese oder ähnliche Versionen von Linksabbiegen für Fahrradfahrende.

  • Dieses Video aus Wiesbaden zeigt das indirekte Linksabbiegen an einer Kreuzung, an denen andere Verkehrsteilnehmer als Fahrradfahrende nicht die Möglichkeit haben, links abzubiegen:

    Aber das beidseitige VZ 214 hat ja gar kein [Zusatzzeichen 1022-10] .

  • Aber das beidseitige VZ 214 hat ja gar kein [Zusatzzeichen 1022-10] .

    Vermutlich deshalb, weil der Radverkehr nicht zu einem direkten Linksabbiegen bewegt werden soll. Dann stünde ein Radfahrer auf dem kleinen Stück Querstraße zwischen den beiden entgegengesetzten Fahrbahnen. Weiterfahren könnte der Fahrradverkehr aber auch erst dann, wenn die ganze Kreuzung für den Querverkehr freigeschaltet ist.

    Außerdem müsste ein Fahrradfahrer, der an der Kreuzung links abbiegt, schon sehr genau hinschauen, in der Phase, in der er die Umweltspur verlässt, um sich auf der linken Fahrspur zum Linksabbiegen einzuordnen. Da gilt Tempo 50. Und wie andernorts auch mangelt es an effektiven Geschwindigkeitskontrollen.

    Wenn der Fahrradfahrer dagegen wie im Film gezeigt erst am Ende der Kreuzung Aufstellung nimmt, um von dort in die Querstraße weiterzufahren, dann ist es kein Abbiegen mehr, sondern ein neuer Fahrtbeginn auf der Querstraße.

  • im "Radverkehrsbeirat" der Stadt Jena im Oktober 2022 gab es wohl den Themenblock "Fahrradunfälle".

    Im SessionNet steht ein PDF zu den Unfallberichten.

    und direkt im ersten Bericht:

    Zitat

    ON01 fährt hier auf einem Radweg am rechten Fahrbahnrand. Auf Höhe des Grundstücks der Hausnummer 12 wird durch starken Wind das Zaunsfeld eines Bauzauns umgeworfen. Die ON01 kommt in der Folge durch die Kollision mit dem Zaunsfeld zu Fall. Die ON01 wird durch den Sturz verletzt.

    Ursache: "andere Fehler beim Fahrzeugführer"

    Klar, wenn Radfahrerin zu schnell war und nicht mehr bremsen konnte: ok. Aber wenn Bauzaun neben dir umfällt, was war dein Fehler?

    Naaaaja.

    Aber schöne Beispiele drin für "die Statistik" dieser Auswahl: in 100% der Fälle hatte die Rad Fahrende Person Hauptschuld am Unfall :S

  • Erstaunlich wie viele Alleinunfälle erfasst werden.

    Kurios:

  • Erstaunlich wie viele Alleinunfälle erfasst werden.

    das sind die Unfälle, bei denen es einen Sachschaden gibt oder mittelschwere Verletzungen...

    Jena hat ca. 100.000 EW.

    Sollten das alle erfassten Alleinunfälle sein, find ich das ehrlich gesagt nicht viel :|

    ich hätte mit mehr "Alkohol" und weniger Bremsfehlern gerechnet.

    Wobei nach meinem Dafürhalten ja auch ein Überbremsen wegen "Autofahrer nimmt Vorfahrt/Vorrang" nun kein Alleinunfall ist.

  • im "Radverkehrsbeirat" der Stadt Jena im Oktober 2022 gab es wohl den Themenblock "Fahrradunfälle".

    Im SessionNet steht ein PDF zu den Unfallberichten.

    Ja, deswegen war ich dort. Zumal es auch um den Schulweg meiner Tochter ging. Aus dem Beirat heraus kam die Bitte, das pdf entweder herumzuschicken oder ins SessionNet zu stellen. Am Ende ist es das SessionNet geworden, wo ich jetzt nachlesen kann, dass sich die Freundin meiner Tochter bei ihrem Sturz einen Schneidezahn ausgeschlagen hat. :/

    Etwas enttäuscht war ich, dass nur Alleinunfälle betrachtet wurden. Beim nächsten Beirat soll es die gewünschte Gesamtbetrachtung von Wiesenstr. und KarLi geben. Da werde ich nochmal für die erste Stunde hingehen.

  • In der polizeilichen Unfallstatistik sind etwas über die Hälfte der erfassten , von Radfahren verursachten Unfälle, Alleinunfälle

    .. etwa die Hälfte der erfassten Unfälle mit Radfahrerbeteiligung Alleinunfälle. Deswegen sind Radfahrer in etwas über der Hälfte aller Unfälle, an denen sie beteiligt sind, die Hauptverursacher. ;)

  • .. etwa die Hälfte der erfassten Unfälle mit Radfahrerbeteiligung Alleinunfälle. Deswegen sind Radfahrer in etwas über der Hälfte aller Unfälle, an denen sie beteiligt sind, die Hauptverursacher. ;)

    Du hast , wie immer auch die Polizei , vergessen zu erwähnen, das Autofahrer in über 80% der Unfälle mit Autobeteiligung auch Unfallverursacher sind. Die Alleinunfallquote ist bei Autofahrern mit unter 20% aber relativ gering.

  • :rolleyes:

    Auf der L1087 zwischen Zeulenroda-Triebes und Auma, an dieser Stelle.

    Oder oder per gmaps: klick

    Mapillary in Auma. An der Stelle hängt mittlerweile auch ein Banner quer über die Straße mit "Radweg blablaba, Sicherheit für alle"

    entbehrt natürlich nicht einer gewissen Ironie, das ausgerechnet an der Stelle hinzuhängen, wo man noch Fußverkehr-Piktos auf die Fahrbahn schmiert, weil die Gehwege so eng und ...ach, klar, außerorts, da isses was anderes.

    Auf der Strecke zwischen Zeulenroda-Talsperre und Auma hab ich zwei Kreuze am Straßenrand wahrgenommen. wobei ich jetzt auch nicht herausfinden konnte, ob da ein Zusammenhang besteht.

    Im Unfallatlas sieht der Abschnitt eher unauffällig aus.

    Was da natürlich wie in jedem Gebiet rund um "Talsperren" ist: Abschnitt mit Gefälle und Steigungen.

    Und so ganz wenig Verkehr ist da nicht. Aber auch nicht viel.

    Wie immer gilt: wenn die StVO eingehalten wird, ist das kein Problem da. Wenn man aber unbedingt vor der Kuppe noch vorbei will, müsste man auch Treckerwege fordern.

  • Auf der Strecke zwischen Zeulenroda-Talsperre und Auma hab ich zwei Kreuze am Straßenrand wahrgenommen. wobei ich jetzt auch nicht herausfinden konnte, ob da ein Zusammenhang besteht.

    Im Unfallatlas sieht der Abschnitt eher unauffällig aus.

    Auf der radunfaelle-Map ist auch kein Eintrag für die Straße.

    Wenn immer es irgendwo knallt, wird es zuverlässig jemanden geben, der sich hinstellt und sagt: "Siehst du, habe ich nicht immer schon an dieser Straße einen Radweg gefordert!?".

    Das ist aber bloß statistisches Texas Sharpshooting, weil es auch für Straßen, wo nie was passiert, immer jemanden gibt, der genau die gleiche düstere Prophezeihung macht. Bisher gab es jedenfalls noch in keiner deutschen Straße im von mir beobachteten Zeitraum (immerhin knapp 10 Jahre) zwei oder mehr tödliche Auffahrunfälle im Mischverkehr.