• Mal wieder etwas weniger fürs Geld:

    Ab März: Zugang zur DB Lounge nur noch mit Fernverkehrs-Ticket (oder BahnCard 100)
    Letztes Jahr hat die Deutsche Bahn umfassende Änderungen am Loyalitätsprogramm BahnBonus implementiert. Statt der bisherigen Stufe Bahn.Comfort wurden drei…
    travel-dealz.de

    Ich weiß nicht, ob das für den „normalen Bahnfahrer“ relevant ist, aber mit dem im letzten Juni eingeführten Statuspunkte-Programm gab es jetzt ab dem Gold-Status, für den 2.500 Euro Umsatz im Jahr genügen, den Zugang zur DB-Lounge inklusive Begleitperson. Fahrgäste mit einem Fernverkehrs-Abo erreichten diesen Status locker, ohne Abo oder BahnCard 100 wird’s etwas schwieriger. Ich musste allerdings feststellen, dass überraschend viele Menschen aus meinem Umfeld locker den Gold-Status erreicht haben, ohne es zu wissen. Nun ja.

    Das hat dazu geführt, dass die Lounges in den Bahnhöfen überfüllt wurden. Das Problem hatte man ja schon einmal, als es noch mit dem Sparpreis der 1. Klasse den einmaligen Zugang zur Lounge gab. Die neuen Zugangsregeln werden direkt zum 1. März umgesetzt, man darf jetzt nur noch mit Gold-Status und tagesaktueller Fernverkehrsfahrkarte rein oder mit Platin-Status oder BahnCard 100 1. Klasse oder noch weiteren lustigen Bedingungen. Die Mitnahme von Begleitpersonen wird ebenfalls eingeschränkt, ein Zutritt zur Premium-Lounge ist damit nicht mehr möglich.

    Naja, man hat diese Zugangsbedingungen im Juni eingeführt und nun festgestellt, dass es nicht funktioniert. Dennoch halte ich es für bemerkenswert, dass mit einem Monat Übergangsfrist die Bedingungen einseitig zu Ungunsten des Kunden geändert werden. Ich bin auch noch nicht durchgestiegen, ob ich als Platin-Kunde mit BahnCard 100 2. Klasse noch rein darf. Ich werd’s einfach mal ausprobieren.

    Mal sehen, was dann als nächstes wegrationalisiert wird. Die kostenlose Fahrradmitnahme für BahnCard-100-Kunden soll ja auch mit dem nächsten Fahrplanwechsel fallen, die so genannte Fastlane für BahnBonus-Kunden im Reisezentrum gibt’s offenbar auch nicht mehr.

    Vielleicht ist das auch einfach eine der Herausforderungen der Verkehrswende: Wo ist der Break-Even-Punkt zwischen dem Komfort für einzelne Vielfahrer und der Attraktivität für eine Vielzahl von Fahrgästen?

  • Nun also ein Knopf für den stillen Alarm in Nahverkehrszügen:

    https://www.spiegel.de/panorama/justi…a1-699672369b9f

    Diese Diskussion um Überwachung offenbart die ganze Scheinheiligkeit mancher politischen Protagonisten. Wenn es um die Verkehrsüberwachung geht, zum Beispiel Section-Control gegen Schnellfahrer, dann wird der "böööse Überwachungsstaat" als Schreckgespenst beschworen, obwohl nachweislich zu schnelles Fahren Menschen tötet und schon entsprechende Tötungsdelikte als Mord verurteilt wurden.

    Wenn jedoch in der Bahn ein Attentat geschieht, wie jetzt in Schleswig-Holstein, dann wird sofort nach schärfsten Sicherheitsmaßnahmen gerufen, inklusive Video-Totalüberwachung.

  • Ich denke, dass es sich bei den jetzt geäußerten Forderungen zu mehr Sicherheit im Bahnverkehr einfach um die erste Empörungswelle nach solchen schlimmen und verunsichernden Ereignissen handelt. Die Debatte flammt auf, flaut wieder ab und verläuft sich. Erinnert sich noch jemand an den 2019 in FaM getöteten Jungen? Der wurde vor einen einfahrenden Zug gestoßen. Danach gab es Forderung nach Barrieren an Bahnsteigen, die sich erst nach Einfahrt des Zuges öffnen. Es gibt heute keine Barrieren und die Menschen stehen immer noch dicht gedrängt an den Bahnsteigkanten. I

  • Die sind meiner Erfahrung nach häufig ebenso schlimm wie manch Türsteher mit gut gefülltem Vorstrafenregister.

    „Zeigen wir dem staunenden Ausländer einen neuen Beweis für ein aufstrebendes Deutschland, in dem der Kraftfahrer nicht nur auf den Autobahnen, sondern auf allen Straßen durch den Radfahrer freie, sichere Bahn findet.“ (Reichsverkehrsministerium, 1934)

  • Content Notice: Gewalt, Homophobie, Messer, Vergewaltigung

    Nun hab ich’s auch geschafft, mit einem Messer bedroht zu werden.

    Okay, das ist so eine erste Zeile im LinkedIn-Stil, um Aufmerksamkeit zu erheischen. Los ging’s gestern morgen in Lüneburg mit dem Metronom nach Hamburg. Wir hatten versäumt, vor Fahrtantritt den Kalender der Fußballspiele zu überprüfen und so standen wir einem bereits recht gut gefüllten Zug voller Magdeburger Fußballfans auf dem Weg nach Kiel gegenüber, die schon seit kurz vor sechs Uhr unterwegs waren und offenkundig mächtig getankt hatten. Mit Fahrrädern hatten wir keine andere Wahl als uns im Fahrradwagen niederzulassen, wo bereits ausgelassene Stimmung herrschte.

    In der folgenden halben Stunde wurde das übliche Programm abgespult: Es wurde exzessiv dem Alkohol zugesprochen, geraucht und anschließend in die Ecke gepinkelt, dazu laute Musik abgespielt und gegrölt und hin und wieder mal ein Hitlergruß gezeigt. Die dutzenden Aufkleber, die anschließend Fenster, Sitzlehnen und die Decke zierten, waren da noch das kleinste Problem. Das ist, wie man so schön sagt, an Fußball-Wochenenden in der Bahn die neue Normalität.

    Interessant war bei dieser Fahrt, dass drei Kinder anwesend waren und ebenfalls Magdeburger Farben trugen. Und diese Kinder, zwei junge Mädchen und ein etwas älterer Junge, durften auch mal die Wodka-Flaschen halten, wenigstens der Junge nahm auch schon mal einen Schluck oder tat wenigstens so. Das führte dann zu skurrilen Situationen, dass die erwachsenen Frauen und Männer das übliche Liedgut anstimmten, zu denen auch frauenverachtende Texte zählten, die Frauen nicht nur am Herd, sondern primär draußen an der Laterne verorteten. Bloß gut, dass die beiden jungen Mädchen sicherlich nicht verstanden, was Papa dort eigentlich meint, wenn er grölt, er werde die Kieler Frauen so richtig in alle Körperöffnungen „ficken“ und anschließend „wie ein Stück Dreck“ behandeln.

    Nachdem man sich eine Weile den Kieler Frauen gewidmet hatte, waren nun „die Ausländer“ dran, aber diese Texte muss ich hier nun wirklich nicht reproduzieren. Ihr kennt den Kram ohnehin, wenn ihr mal an solchen Wochenenden unterwegs gewesen seid.

    Dritter Akt: Homophobe Scheiße. Im Nachhinein bin ich froh, dass ich nicht meine Fahrradkleidung trug, denn die lange Fahrradhose gleicht dem betrunkenen Fußballhirn zu sehr einer Strumpfhose, so dass man mir in der Vergangenheit mehrfach freundliche Angebote zum Oralverkehr unterbreitete oder auch schon mal tätlich wurde. Abgesehen davon ist das absolut widerlich-komisch: Man besingt St. Pauli als homosexuell, korrigiert dann das Liedgut auf Holstein Kiel, was sich zwar nicht mehr so gut reimt, aber immerhin zum heutigen Spiel passt, ist aber selbst so unglaublich touchy, denn die besoffenen Fans fassen sich gegenseitig ständig an und schlabbern sich mit der Zunge am Ohr oder was auch immer. Es fällt mir schwer, das alles einzuordnen.

    Okay, wo war nun eigentlich das Zugpersonal? Wie so oft: Nicht da. Es gab auch nicht mal die obligatorischen Durchsagen zum Alkohol- und Rauchverbot in der Bahn, abgesehen davon, dass das die Leute vermutlich auch nicht gestört hätte. Was sollen denn zwei oder drei Zugbegleiter, womöglich noch Zugbegleiterinnen, denn auch gegen mehrere hundert stark betrunkener Magdeburg-Fans ausrichten? Die Bundespolizei kommen lassen, um die Sache so richtig eskalieren zu lassen? Damit die Fans mit dem Nothammer die Scheiben einschlagen und draußen im Gleis herumlaufen?

    Die Leute beim Metronom sind wohl auch froh, wenn sie ihre vertraglich vereinbarten Verkehrsleistungen erbringen können, das Rollmaterial so einigermaßen im rollbaren Zustand bleibt und das Zugpersonal nicht in eine Schlägerei verwickelt wird.

    Als ich mal vor einigen Jahren in Schleswig-Holstein von angetrunkenen Fußballfans belästigt wurde, empfahl mir das Zugpersonal folgerichtig: Wenn ich nicht möchte, dass mich betrunkene Fans homophob belästigen oder mir gar eine Backpfeife verpassen, dann dürfe ich halt nicht am Wochenende mit der Bahn fahren. Insofern halte ich ja auch die tollen Aufrufe wie „#respektvollreisen“ oder „Bleibt friedlich, dann fahren wir euch gern“ für schönen Feelgood-Aktionismus, den man als Pressemitteilung verschicken kann, der leider nicht funktioniert, solange man die Leute nicht knallhart vor die Tür setzt.

    Ankunft in Hamburg. Wir warten einen Moment, bis sich die lieben Fußballfans die Treppe hochgeschlichen haben und machen uns dann ebenfalls auf den Weg.

    Dann passiert, was natürlich passieren muss: Einer der Fans zieht am Hinterrad meines Fahrrades, so dass ich beinahe nach hinten die Treppe herunterfalle. Natürlich stürze ich nicht, haha, als Vielfahrer, der häufig das Rad mitschleppt, bin ich solche Späße ja gewöhnt. Allerdings schubst er auch Lischen-Radieschen beinahe die Treppe hinunter, die daraufhin ihren Missmut kundtut.

    Und nun geht’s los. Fußballfans halten natürlich zusammen, klar, und nun stehen wir oben, eingeklemmt zwischen so genannten Sicherheitskräften der DB-Sicherheit und so genannten Polizeibeamten, während mir die angesoffenen Fans in der Hoffnung auf eine zünftige Schlägerei mehrfach mit der flachen Hand ins Gesicht langen und mir erzählen, Leute wie mich hätte man früher in die Gaskammer gesteckt, dass ich unwertes Leben wäre und was man alles mit meiner Frau anstellen werde.

    Normalerweise bin ich nach vielen Jahren des Radfahrens in Hamburg und als Vielfahrer in der Bahn geübt darin, mir solchen Unsinn nicht zu Herzen zu nehmen, aber in diesem Fall konnte ich mich der Situation ungünstigerweise nicht direkt entziehen, denn direkt hinter mir standen ja die Leute von der DB-Sicherheit und widmeten sich intensiv ihren Smartphones. Und so gerne höre ich mir die detaillierte Beschreibung, wie ein betrunkener Fan meine Frau vergewaltigen wird, auch nicht an. Ich sag mal so: Ein Ermittlungsverfahren würde mutmaßlich wegen „gegenseitiger Beleidigung“ eingestellt. Ist ja nichts passiert, wie man so schön sagt. Aber ich habe mich tatsächlich auch nicht unbedingt mit Höflichkeiten zurückgehalten.

    „Ist ja nichts passiert“ ist allerdings auch ein sehr optimistischer Ausgang, denn einer der Fans, der eben noch seine Wodka-Flasche in der rechten und seine junge Tochter an der linken Hand hielt, zog plötzlich ein Messer. Was für eine absurde Situation: Ein volltrunkener Vater zieht morgens in Gegenwart seiner Tochter und der Polizei ein Messer. Er traute sich zwar nicht zuzustechen, aber das war schon ein, nun ja, interessanter Moment. Die Polizei stand zwar keine drei Meter entfernt, hat’s aber entweder nicht mitbekommen oder sich nicht dafür interessiert oder beides oder keine Lust auf den ganzen Ärger.

    Warum bleibt der Typ mit dem Fahrrad auch nicht einfach zu Hause?

    Andererseits: Wer nimmt denn ein Messer mit ins Stadion? Klar, Pyrotechnik schleusen die Leute auch einfach an den Kontrollpunkten vorbei, aber ein Messer? Sowas nimmt man ja nicht mit, um sich im Stadion einen Apfel zu schneiden. Aber wenn’s kein Messer war, was war’s dann? Ich nahm mir in dem Moment nicht die Zeit, um mir die Sache genau anzusehen, vielleicht hatte er weiterhin nur die Wodkaflasche in der Hand, in die das Licht in dem Moment fiel, so dass mein Gehirn aus diesem Blickwinkel und aus dem Kontext heraus das Ganze als Messer wahrgenommen hat. Ein Lineal wird er ja nicht plötzlich aus der Tasche gezogen haben.

    Wir fuhren dann, Gottseidank, nicht mit dem Nahverkehr weiter, sondern mit dem IC 2070.

    Der RE 70 mit den Fans überholte uns dann noch in Neumünster, wo schon recht viele Bundespolizisten auf dem Bahnsteig warteten. Schade, dass die Beamten nicht direkt im Zug eingesetzt werden und konsequent jeden rauswerfen, der sich nicht zu benehmen weiß.

    Und was lernen wir nun daraus? Am Wochenende lieber noch mal kontrollieren, ob der eigene Fahrplan mit Fußballfans kollidiert? Ist das alles, was uns als Gesellschaft einfällt?

    Ich will jetzt gar nicht Vergleiche anstellen zu dem Anschlag von Brokstedt, aber gegen so genannte Klimakleber oder die Silvester-Randalierer aus Berlin fordern wir als Gesellschaft die volle Härte des Rechtsstaats, doch wenn Fußballfans einen Zug zerlegen und gegenüber Fahrgästen übergriffig auftauchen, dann ist das okay? Das will mir nicht so richtig in den Kopf. Ständig wird mit der Räumung des Zuges gedroht, aber es traut sich niemand, das mal richtig durchzuziehen? Die Polizei beklagt, vermutlich zurecht, eine Enthemmung der Gewalt gegen Polizeibeamte, aber wo findet dann die Gewalt gegen Fahrgäste in der Bahn Berücksichtigung?

    Ich mag ja gar nicht daran denken, wie geil das dann mit dem 49-Euro-Ticket wird, wenn die Leute noch kostengünstiger durchs Land fahren können als mit ihren Schönes-Wochenend-Tickets.

    „Schönes-Wochenend-Ticket“ ist ja auch mal wieder so eine Bezeichnung, die auf den Prüfstand gehört.

  • wow. einfach nur wow.

    :huh:

    was ist eigentlich aus dem Verfahren zur Kostenübernahme von Polizeieinsatz bei Fußballspielen geworden?

    denn: wenn die Bundespolizei ihre Einsätze auch in Rechnung stellt.. oder Metronom & Co private Sicherheitsdienste?

  • Das Skandalöseste finde ich, dass "DB Sicherheit" nicht eingegriffen hat. Wende Dich da ruhig mal an die üblichen Instanzen: DB, Fahrgastbeirat und so weiter.

    Neulich war ja zu lesen, dass sich diese Truppe mit Wonne auf einen Radfahrer gestürzt und ihn zusammengeschlagen hat, aber wenn es darum geht, friedliche Bürger gegen, nun ja, besoffene Rechtsaußen zu schützen, hackt die eine Hakenkr...ähentruppe der anderen wohl kein Auge aus.

  • Und was lernen wir nun daraus? Am Wochenende lieber noch mal kontrollieren, ob der eigene Fahrplan mit Fußballfans kollidiert? Ist das alles, was uns als Gesellschaft einfällt?

    Gestern wollten wir eigentlich von Rostock nach Hamburg radeln. Wir guckten also nach: Rostock spielt zuhause, also werden wir den Teufel tun, in die Bahn zu steigen. Weil das Wetter nicht mitspielte, wurde die Radtour auf heute verlegt: Von Itzehoe irgendwie wieder nach Hamburg auf einem Umweg mit insgesamt 100 km.

    Natürlich haben wir nicht rausgekriegt, dass heute der HSV in Hamburg spielt.

    Das erfuhr ich heute morgen erst am Lüneburger Bahnhof, als ich an den ersten HSV-Fans vorbei kam und direkt homophob belästigt wurde. Klar: Ich habe ohnehin einen seltsamen Körperbau, bei dem die Proportionen nicht so recht zusammenpassen wollen, ein Gesicht zum Reinschlagen, dann habe ich als Alleinstellungsmerkmal noch ein Fahrrad dabei und trage zu allem Überfluss noch meine Fahrrad-Leggins. Mir fehlt eigentlich nur noch das Blinklicht auf dem Kopf: Hier bin ich, macht mich dumm an.

    Die Fahrt nach Hamburg war glücklicherweise einigermaßen in Ordnung, weil der Fahrradwagen weit vom Treppenaufgang entfernt hielt und darum nicht so sehr viele Fans den weiten Weg nach vorne schaffen. Der Alkohol zeigt eben auch um 8:30 Uhr schon seine ersten Auswirkungen.

    Umstieg in Harburg. Ein Typ bittet verlangt einen Euro von mir, ich will ihm keinen geben, weil ich auf Radtouren auch gar kein Bargeld dabei habe. Das kann ich weder verlieren noch vergessen noch kann’s mir jemand klauen. Er findet’s nicht so gut, beleidigt mich, ein Wort gibt sich das andere. Dann zieht er Leine. Kommt nach ein paar Minuten zurück und sucht noch mehr Streit mit noch mehr homophoben Sprüchen. Das mit der Fahrradhose ist echt der Knaller.

    Weiterfahrt im Intercity. Zwischen Harburg und Hamburg treffe ich noch ein paar Fußballfans, die beim Ausstieg in Hamburg ungefähr zehn Euro Dosenpfand zurücklassen, ansonsten aber nur aufgrund des Schals und nicht wegen der Lautstärke als HSV-Fans zu identifizieren waren.

    Zehn Stunden später. Weil ich erst 99 km geschafft habe, drehe ich noch eine Runde um den Hauptbahnhof. Am Ausgang des Südstegs am öffentlichen Urinal ist Hamburg auch zu dieser Stunde noch blau-weiß, man hat ja schließlich gewonnen, und darum müssen dutzende Erwachsene ihr Revier markieren. Das öffentliche Urinal bietet nur zwei Pinkelbecken, der Rest pisst irgendwo in die Gegend, einer sogar gegen einen Rettungswagen.

    Keine zehn Meter kotzt mir einer vors Rad.

    Gut, runter zum Bahnsteig. Mir kommen Fußballfans aus dem Metronom aus Bremen auf der Treppe entgegen, irgendjemand mit gelben Farben hat dort wohl gespielt, und natürlich versucht man wieder am Fahrrad zu ziehen oder mich zur Seite zu drücken. Ist halt nicht jeder damit einverstanden, wenn jemand mit dem Fahrrad die Treppe nimmt, das ist ja an normalen Tagen nicht anders. Unten am Metronom suchen die ersten Leute direkt Streit, aber immerhin nicht mit mir. Dafür stolpert beim Einsteigen jemand theatralisch gegen mein Fahrrad, um mir anschließend eine Blase ans Ohr zu labern. Ich hab jetzt schon keine Lust mehr. Dann fraternisiert der Typ mit Fußballfans auf der anderen Seite des Fahrradwagens, die dort laut grölend ihren Erfolg begießen und das tun, was ein Fan tun muss, also auf dem Klo rauchen und laute Musik hören und sowas alles.

    Und dann diskutieren sie ernsthaft minutenlang darüber, was bei mir wohl schiefgegangen sein muss im Leben. Und wieder fallen die üblichen Phrasen von wegen wo ich denn zur Schule gegangen wäre: Waldorfschule? Oder doch Auschwitz?

    Und ich möchte gerne noch mal irgendjemandem die Frage stellen: Ist das so, dass wir als Gesellschaft diesen Zustand tolerieren? Ist das quasi Brauchtumspflege?

    Und da sich der Staat aus dieser Problematik offenbar zurückgezogen hat: Wie setze ich mich denn als einzelner Fahrgast zur Wehr, wenn ich beispielsweise am Wochenende den Nahverkehr nutzen möchte oder in den Augen der lieben Fußballfans noch weitere einladende Merkmale aufweise, also beispielsweise weiblich bin? Nimmt man dann jetzt Pfefferspray mit oder wie soll ich das verstehen? Oder lautet der Tipp wieder: Tragt keine kurzen Röcke und fahrt am Wochenende mit dem Auto?

  • Ist seitens der Politik eben ein vermeintlich unpopuläres Thema, dieses Fußballbrauchtum.

    Wenn ich sehe, dass man wegen der Tat in Brokdorf über Kontrollen und Überwachung, Zugangs-ID usw. nachdenkt, hab ich mich natürlich auch gefragt, wieso das nicht schon wegen anderer Straftaten im Gespräch war.

    Aber so isses halt.

    Und natürlich frag ich mich auch, wieso die Unternehmen der Regionalbahnen nicht Personal mitschicken oder bei der BPol anfragen.

    Die Spiele sind bekannt. Wobei nach meinem Kenntnisstand nicht alle Termine exakt im Voraus feststehen.

    Der Personaleinsatz vor Ort dürfte doch - behaupte ich - am Ende immer noch günstiger sein, als 3 Wagen für 2 Wochen in die Grundinstandsetzung zu geben.

    Oder hofft man auf Seiten der Unternehmen darauf, dass jetzt erstmal an der Eskalationsschraube gedreht wird, die Zahlen der Vandalismusvorfälle so weit zunimmt, dass man dann sagt: "Bund/Land: mach was, sonst haben wir montags nachm Spiel halt nur 1/2 Kapazität..."?

    Die Versuche, dieser Täter habhaft zu werden, scheitern doch gegenwärtig. Kameras beklebt, BPol schaut weg, weil die auch nur mit 2 Leuten am Bahnhof stehen und die Sache nicht eskalieren lassen wollen. Was ich bei der Personalstärke auch nachvollziehen kann.

    Nur ist dann eben die Einsatzplanung nicht angemessen.

    Was tun? keine Ahnung.

    "schreib deinem politischen Vertreter im Bundestag / Landtag" :rolleyes:

    Und die Sofortlösung für dich ist dann in der Tat: nicht mitm RE fahren.

    Ja, ist Scheiße, wenn sich die Mehrheit einer randalierenden Minderheit unterordnen muss.

    Man könnte jetzt höchstens noch überlegen, ob man bei der nächsten Fahrt mitm RE der Zugbegleitung auf Schritt und Tritt folgt - aber erfahrungsgemäß sitzt die Person auch nur vorn im Fahrzeugstand und traut sich nicht raus. Was auch verständlich ist aus deren Perspektive.

    Wie reagiert da eigentlich der PR der Regio-Unternehmen drauf? Bei der Maskenpflicht waren die doch auch dabei und sagten: "können die MA nicht leisten" - schweigt man da beim Fußball?

  • Ist seitens der Politik eben ein vermeintlich unpopuläres Thema, dieses Fußballbrauchtum.

    Wenn ich sehe, dass man wegen der Tat in Brokdorf über Kontrollen und Überwachung, Zugangs-ID usw. nachdenkt, hab ich mich natürlich auch gefragt, wieso das nicht schon wegen anderer Straftaten im Gespräch war.

    Fußball-Fans wollen einfach nur Spaß haben, denen ist die Regierung in dem Moment egal. Kernkraftgegner haben politische Ziele, die sich gegen jene der Regierung richten.

    War schon immer so und wird wohl auch immer so bleiben, dass der Staatsapparat hauptsächlich auf das drischt, was ihm gefährlich werden könnte.

    Solange Dummheit als plausible Erklärung ausreicht, sollte man keinen Vorsatz annehmen.

  • mh... :/

    ich favorisiere weiterhin die mir naheliegendere Erklärung: wer etwas gegen die Fußballfan-szene auf den Weg bringt, dem ist Wochenlange Präsenz in B**D und an allen Stammtischen sicher.

    Da verbrennt sich aktuell niemand die Pfoten, der bei Verstand ist. Da ist nichts zu gewinnen. Nichtmal für die law-and-order-Fraktionen...

  • Am Sonntag findet das „Hochrisikospiel“ zwischen St. Pauli und Rostock in Hamburg statt.

    Ratet, wer sich an diesem Tag aus nebenberuflichen Gründen auch in Hamburg aufhalten wird. Ich überlege ernsthaft, mit dem Auto zu fahren.

  • Aber wie viele? Ich kann mir vorstellen, dass es auf der Strecke Rostock-Hamburg entsprechend zugeht. Aber die Bummelbahn aus Lüneburg? Und persönlich habe ich eher positive Erfahrungen gemacht. Der S-Bahnhof Stellingen liegt auf meiner Hausstrecke. Mit Fussballfans mag es voll sein, so voll, dass mans ich fragt, ob man noch reinpasst. Die Stimmung habe ich aber immer als positiv empfunden. Agressivität habe ich noch nicht erlebt.

  • Die Deutsche Bundesbahn hat — Gott sei Dank — auch meine persönliche Sicherheit im Blick. Darum bekomme ich neuerdings Fahrkarten oder Fahrradreservierungen für den Fernverkehr, die ich an der Hotline bestelle, nicht mehr per Mail zugeschickt, sondern nur noch einen Code zum Abholen der am Automaten hinterlegten Fahrkarten.

    Okay, gar kein Problem, dachte ich mir, dann hole ich die Fahrkarten eben am Automaten ab. Weil ich für eine Zugfahrt aus nachvollziehbaren Gründen ohnehin zum Bahnhof fahren muss, macht das den Kohl dann auch nicht mehr fett. Dumm nur: Es gibt seit einigen Wochen in Lüneburg keine Fahrkartenautomaten der Bundesbahn mehr, sondern nur noch die des Nahverkehrsunternehmens Metronom. Und die können zwar Fernverkehrsfahrkarten verkaufen, aber offenbar nicht solche anspruchsvollen Tätigkeiten anbieten wie den Ausdruck eines hinterlegten Tickets.

    Das heißt, ich muss ernsthaft von Lüneburg mit der Bahn (mindestens) nach Hamburg-Harburg fahren, um dort meine hinterlegten Fahrkarten abzuholen. Diese Fahrt kann ich aber, sofern ich mein Fahrrad schon dabei habe, nicht mit dem Fernverkehr antreten, denn dann wäre mein Fahrrad ohne Reservierung unterwegs. Und wenn man Pech hat, trifft man Zugpersonal, das solche Probleme nicht ganz so entspannt sieht (was ja aber eh egal ist, denn viel mehr als mich in Harburg rauszuwerfen können sie ja eh nicht tun).

    Die Bundesbahn denkt übrigens nach meiner Kenntnis, dass sie hier noch zwei Fahrkartenautomaten stehen hätte. Hat wohl jemand nicht notiert, dass die hier abgebaut wurden, als nebenan das Reisezentrum geschlossen wurde.

    Ach, Späßchen am Rande noch: Wenn ich die den Sitzplan aus der Reservierungsmöglichkeit richtig verstehe, habe ich einen Fahrradstellplatz in einem ICE-T der Baureihe 415 gebucht. Das sind die kurzen ICE-Ts mit fünf Wagen, die weder Rollstühle noch Fahrräder transportieren und auch kein Bordrestaurant führen. Manchmal ist’s schon arg witzig.