So weit öffnen sich Autotüren - die Dooring-Unfallgefahr in Zahlen

  • Das hört sich jetzt so an, als sei der Fahrradfahrer sehenden Auges in eine schon länger offenstehende Tür hineingefahren.

    Hat sich das tatsächlich so verhalten oder ist die Tür so spät geöffnet worden, dass der Fahrradfahrer nicht mehr ausreichend Zeit hatte, darauf zu reagieren?

    Was bedeutet "Abweisen nach links in den Fahrverkehr"?

    Sind damit Fälle gemeint, in denen ein Fahrradfahrer auf eine sich plötzlich öffnende Autotür durch Ausweichen nach links reagiert hat und dabei überfahren wurde von dem Fahrverkehr der links neben ihm fuhr und schneller fuhr als der Fahrradfahrer?

    Oder sind damit Fälle gemeint, in denen eine Autotür zu dem Zeitpunkt geöffnet wurde, als der Fahrradfahrer sich direkt neben der Autotür befand. Und dabei wurde dann der Fahrradfahrer quasi vom Autofahrer mithilfe der Autotür nach links in den Fahrverkehr geschoben, wo er überfahren wurde?

    Zur ersten Frage: natürlich kann es sich bei der Aussage, die Tür sei bereits offen gewesen, auch um eine Schutzbehauptung des Autofahrers handeln. In einem der drei Fälle dürfte das jedoch sehr sicher nicht so sein, da die Pressemeldung besagt, dass der Autofahrer während der Kollision dabei gewesen wäre, ein Kind im Kindersitz auf der Rückbank anzuschnallen.

    Zur zweiten Frage: mit "Abweisen" habe ich alles zusammengefasst, wo die tödlichen Verletzungen durch den Fahrverkehr entstanden sein dürften. Darunter ist auch ein Fall, wo es sich beim "Fahrverkehr" um eine Straßenbahn handelte sowie ein Fall, bei dem ein fahrendes Kleinkraftrad beteiligt war. Geschätzt würde ich sagen, dass ungefähr die Hälfte der Fälle wohl ohne physischen Kontakt mit der Tür gewesen sein dürften und in der anderen Hälfte der Impuls durch die Türe den Radfahrer nach links in den Fahrverkehr drückte/stürzen ließ.

  • Also Jungs, ob jetzt Schreckreaktion weil Tür aufgeht, oder von Tür geschubst, ist doch egal.

    Deswegen versuche ich ausreichend Abstand zu halten, damit ich nicht davon abhängig bin, immer optimal zu reagieren und auch nicht darauf, das der KFZ-Lenker hinter oder neben mir genauso gut aufpasst.

    Ob da irgend jemand Linien auf den Teer gepinselt hat, ist mir dann ehrlich wurscht. Wenn das nicht reicht, was bei uns praktisch zu 100% bei Schmutzstreifen bei Längsparkern gilt, und zu 70% bei Radfahrstreifen, dann fahr ich halt außerhalb.

    Ich fahr auch nicht auf 60cm breiten "Radwegen" rechts an parkenden Fahrzeugen vorbei.

  • Gefühlt haben die schwereren Alleinunfälle mit Verbreitung von Pedelecs unter älteren Mitbürgen zugenommen. Zumindest liest man öfter darüber. Unlängst ist hier in der Nähe eine Dame bei der ersten Probefahrt mit einem Pedelec tödlich verunglückt. Angefahren, erschrocken über die Geschwindigkeit, vorne gebremst, überschlagen.

    Das "gefühlt" ist ja das Problem. Was bedeutet gefühlt und was bedeutet nüchtern betrachtet, an der Faktenlage orientiert?

    Zum Beispiel in Bezug auf Pedelecs: Die zunehmende Verbreitung von Pedelecs führt selbstverständlich dazu, dass es auch zunehmend mehr Unfälle mit Pedelecs gibt.

    Ich kann mich an keinen Zeitungsbericht und keine Statistik erinnern, wo das berücksichtigt und gegengerechnet wurde. Also bleibt "gefühlt" der Eindruck hängen, Pedelecs seien gefährlich.

    (Und erst recht kann ich mich an keinen Diskussionsanstoß erinnern, ob das überhaupt Not tut, den Fahrradverkehr immer weiter zu beschleunigen. Das wird als selbstverständlich betrachtet.)

    Interessant an der von mkossmann verlinkten Unfallstatistik ist auch:

    Es gab keinen einzigen Alleinunfall im Fußverkehr!

    Siehe auf der von mkossmann verlinkten Seite:

    Die Daten des statistischen Bundesamtes für 2021 ( S. 103) sagen 111 tödliche Alleinunfälle , weitere 147 tödliche Unfälle mit Radfahrern als Verursacher eines Unfalls mit Anderen , 120 tödliche Unfälle mit Radfahrern als Opfer davon 12 tödliche Unfälle Rad gegen Rad, die auch bei den Verursachern gezählt wurden.

    Vermutlich spielt die sehr niedrige Geschwindigkeit von Fußgängern dabei die entscheidende Rolle.

    Wie ist das nun bei Fahrrädern? Langsamer Fahrradverkehr ist vermutlich potenziell weniger "tödlich" als schneller Fahrradverkehr. Da Pedelecs zu schnellerem Fahren beitragen, ist die Gefahr, damit tödlich zu verunglücken, alleine schon deshalb größer, weil damit schneller gefahren wird.

    Auch bei dooring-Unfällen stellt die Geschwindigkeit des Fahrradfahrenden einen entscheidenden Faktor da. Zumindest habe ich noch nichts von tödlichen Dooring-Unfällen gelesen, bei denen Fußgänger getötet wurden.

    Vielleicht unterschätzen diejenigen, die meinen 70 cm Sicherheitsabstand sei genug, dass Fahrradfahrer schneller sind als Fußgänger und schnelle Fahrradfahrer schneller sind als langsame Fahrradfahrer? Und dass die Anzahl der schnellen Fahrradfahrer zugenommen hat?

  • Interessant an der von mkossmann verlinkten Unfallstatistik ist auch:

    Es gab keinen einzigen Alleinunfall im Fußverkehr!

    Das ist trivial, weil die Verkehrsunfallstatistik laut entsprechender gesetzlicher Vorgabe nur das zählt, was im Zusammenhang mit dem Fahrzeugverkehr passiert.

    Übrigens ist der Anteil der Alleinunfälle bei Schwerverletzten (43% in 2021) den Angaben von Destatis zufolge noch größer als bei Getöteten (30%). Zur Einordnung: in 2021 gab es insgesamt 14.966 schwerverletzte Radfahrer. Davon verletzten sich 6.504 ohne Gegner, während bei Kollision mit PKW lediglich 5.456 Schwerverletzte zu beklagen waren. Diese Verhältnisse bei den Schwerverletzten widerlegen nebenbei auch den Verdacht, es handele sich bei vielen Alleintoten in Wahrheit um die zurückgelassenen Opfer unfalllflüchtiger KFZ-Führer, deren Luftzug bzw. provozierte Schreckreaktionen die Radler ohne Kontakt zu Fall gebracht hätten. Schwerverletzte werden regelmäßig früher oder später eine Aussage darüber machen können, was genau ihnen zugestoßen ist.

    Erst bei Leichtverletzten fällt der Alleinanteil wieder auf 25%; das liegt aber sehr sicher nur daran, dass man nicht zur Polizei geht, wenn man sich bloß alleine die Knie blutig macht, während bei KFZ-Beteiligung schon wegen der Versicherung und des Sachschadens auch bei nur marginalen Blessuren regelmäßig eine Unfallmeldung erfolgt.

    Einmal editiert, zuletzt von Th(oma)s (5. Juli 2023 um 08:33)

  • Es gab keinen einzigen Alleinunfall im Fußverkehr!

    Das ergibt sich aus der Methodik: Als "Verkehrsunfall" für diese Statistik werden Unfälle nur erfasst , wenn mindestens ein Fahrzeug beteiligt ist.

    Was auch auffällt:

    iinnerorts ist der Anteil der tödlichen Alleinunfälle bei Radfahrern höher als agO

    Die Alleinunfallquote bei motorisierten Zweirädern ist noch höher als die von Radfahrern.

  • Das ist trivial, weil die Verkehrsunfallstatistik laut entsprechender gesetzlicher Vorgabe nur das zählt, was im Zusammenhang mit dem Fahrzeugverkehr passiert.

    Danke Für den Hinweis. Aber trotzdem die einfach nicht mitgezählt wurden, ich vermute, da wäre auch nicht viel zu zählen gewesen. Ein Alleinunfall eines Fußgängers, über den häufiger berichtet wurde, ist der Fall, dass ein Fußgänger gegen eine Laterne lief, während er sich mit seinem Handy beschäftigte. Er traf die Laterne so unglücklich mit der Stirn, dass er daran verstarb.

  • (Und erst recht kann ich mich an keinen Diskussionsanstoß erinnern, ob das überhaupt Not tut, den Fahrradverkehr immer weiter zu beschleunigen. Das wird als selbstverständlich betrachtet.)

    Pedelecs tragen weit mehr zur Verkehrswende bei als alle Ankündigungen von besserem ÖPNV – zumal die meist eh nur schlecht ausgelastete Autos durch schlecht ausgelastete größere Autos ersetzen wollen.

  • Danke Für den Hinweis. Aber trotzdem die einfach nicht mitgezählt wurden, ich vermute, da wäre auch nicht viel zu zählen gewesen.

    Tod durch/nach Sturz zu Fuß ist mit >12.000 Fällen p.a. in D alles andere als selten. Sicherlich wird nicht alles davon auf öffentlichen Straßen passieren, aber es sind wahrscheinlich immer noch so viele Fälle, dass es für einen Wegezeit-normierten Ausgleich des Risikos gegenüber dem Radverkehr reichen dürfte.

  • Tod durch/nach Sturz zu Fuß ist mit >12.000 Fällen p.a. in D alles andere als selten. Sicherlich wird nicht alles davon auf öffentlichen Straßen passieren, aber es sind wahrscheinlich immer noch so viele Fälle, dass es für einen Wegezeit-normierten Ausgleich des Risikos gegenüber dem Radverkehr reichen dürfte.

    Das ist wahrscheinlich der springende Punkt: Es wird nicht alles auf Öffentlichen Straßen passieren.

    Mit fällt da gerade wieder die hohe Anzahl von Treppenstürzen ein.

  • Mir ist dieser Beitrag in nullbarriere.de zum Thema Treppen aufgefallen:

    Barrierefreie Treppen
    nullbarriere.de

    Und was Schnee und Glatteis angeht:

    In Nürnberg sind zur Reduzierung der Sturzgefahr die U-Bahn-Treppen beheizbar.

    Da haben sich dann einige Leute drüber aufgeregt.

    Aber wer regt sich darüber auf, dass U-Bahnen gebaut werden, um dem MIV Platz zu schaffen? Zu wenige, fürchte ich.

    Aber wie groß ist denn nun die Gefahr für Fußgänger, die von Autotüren ausgehen? Ich behaupte mal gering im Vergleich zum Fahrradverkehr. Und beim Fahrradverkehr spielt auch die Geschwindigkeit noch eine Rolle.

    Langsame Radfahrer sind eher bereit einen schmalen Hochbordradweg zu benutzen, trotz der Gefahr, die von Auto-Beifahrertüren ausgeht. Und andererseits werden viele PKW ohnehin die meiste Zeit ohne Beifahrer bewegt. Dafür haben aber auch Beifahrer möglicherweise noch weniger das Gefahrenbewusstsein beim Türöffnen.

    Für schnelle Fahrradfahrer ist die Verletzungsgefahr, bzw. Schwere vermutlich größer. Aber die fahren auch eher auf der Fahrbahn.

    Aber warum wird dem Autoverkehr überhaupt so viel Platz eingeräumt? Oft zwei oder drei Fahrstreifen je Richtung und ein Parkstreifen!

  • Das "gefühlt" ist ja das Problem. Was bedeutet gefühlt und was bedeutet nüchtern betrachtet, an der Faktenlage orientiert?

    Darum sage ich ja gefühlt.

    Die Alleinunfallquote erstaunt mich jedenfalls nicht, gemessen an eigener Erfahrung.

    Alles schon gehabt: nasses Laub, Längskanten auf Geh-/Radwegen, verstecktes Schlagloch mit Überschlag, Fahrfehler. Kann unter unglücklichen Umständen und mit abnehmender körperlicher Fitness alles auch potentiell tödlich enden.

  • Habe neues Zahlenmaterial:

    Opel Adam, ein zweitüriger Kleinwagen, hat eine Öffnungsweite von 1,20 m.

    Vielen Dank an den netten Autofahrer, der mich hat messen lassen.

    Und ein viertüriger Skoda-Superb hat bei den vorderen Türen eine Öffnungsweite von 1,02 m.

  • Wollte der Designer des Adam ursprünglich ein Flugauto bauen? So viel Tür für so wenig Auto… :D

    Versuch mal einen Mercedes CLK der ersten Generation (noch mit den getrennten Scheinwerfern); die sind auch riesig – und dicker als Reiner Calmund.

  • Wollte der Designer des Adam ursprünglich ein Flugauto bauen? So viel Tür für so wenig Auto… :D

    Versuch mal einen Mercedes CLK der ersten Generation (noch mit den getrennten Scheinwerfern); die sind auch riesig – und dicker als Reiner Calmund.

    Weil es einfacher geht, habe ich nebenbei noch ein paar Autotüren einfach der Länge nach gemessen.

    Und dann durch den Rechner gejagt:

    Hier die Werte für meinen Negativfavoriten mit 1,35 m langen Türen.

    Bei 80°-Öffnung ragt die 1,35 m lange Tür 1,33 m in den Raum.

    Bei 70°-Öffnung sind es: 1,27 m

    Und bei 60°-Öffnung sind es immer noch: 1,17 m

    Selbst bei 45° ist sind es noch 95 cm, also fast ein Meter!

    Hier der Link zum Rechner. Sehr praktisches Tool: 8)

    Rechner zur Trigonometrie - Sinus, Cosinus, Tangens berechnen

    Mein Negativ-Favorit:

    Ausgerechnet ein VW und zwar ein VW-Scirocco siehe Foto!

    Hier mit eingezeichneter Gefahrenfläche:

  • Hier die Werte für meinen Negativfavoriten mit 1,35 m langen Türen.

    Bei 80°-Öffnung ragt die 1,35 m lange Tür 1,33 m in den Raum.

    Bei 70°-Öffnung sind es: 1,27 m

    Und bei 60°-Öffnung sind es immer noch: 1,17 m

    Selbst bei 45° ist sind es noch 95 cm, also fast ein Meter!

    Die Drehachse/das Scharnier sitzt idR im Verhältnis zur vorderen Blechkante ein Stück nach hinten-innen versetzt, so dass die ersten 10-15 cm in die Lücke hineindrehen.