Ich glaube, dass nach 16 Jahren Merkel (davon 12 Jahre GroKo) zunehmend Wechselstimmung aufkommt. Im Wahlkampf tun erfahrungsgemäß die Regierungsparteien so, als hätten sie die ganze Zeit in der Opposition gesessen und bislang noch keine Gelegenheit gehabt, ihre politischen Forderungen umzusetzen.
Armin Laschet merkt man seine Regierungserfahrung bisher eher nicht an und seine Versuche, Führungsstärke zu zeigen, wirken auf mich eher lächerlich. Beim Theater um die K-Frage, die Skandale um persönliche Vorteilsnahme von Unionsabgeordneten, und zuletzt beim Fall Maaßen hat Laschet jedenfalls keine gute Figur gemacht.
Olaf Scholz verkörpert für mich vor allem die Widersprüchlichkeit der SPD zwischen sozialer Gerechtigkeit und Cum Ex oder Wirecard, zwischen Klimaschutz und russischen Gaspipelines. So lange die versuchen, es allen Recht zu machen, machen sie es niemandem Recht und werden weiter auf dem absteigenden Ast sein.
Sobald die Grünen in den Niederungen der Realpolitik mit Regierungsverantwortung ankommen, sind enttäuschte Erwartungen allerdings auch vorprogrammiert. Aber auch aus meiner Sicht wird es Zeit, dass langfristige Themen wie der Klimaschutz Priorität bekommen und dass das Merkelsche "weiter so" ein Ende findet. Cem Özdemir wäre mir jedenfalls als Verkehrsminister deutlich lieber als die nächste Knalltüte von der CSU. Dabei dachte man ja schon bei Ramsauer und spätestens bei Dobrindt, dass es nicht mehr schlimmer kommen kann.