Infrastrukturplanung

  • Es ist kein Geheimnis, dass ich mich über ganz viele Beiträge von Extra3 aufregen kann und die Qualität der Recherche für unterirdisch oder zumindest willentlich falsch halte.

    Die Beiträge sind daher in meinen Augen nichts anderes als "Mario Barth" fürs Bildungsbürgertum.

    Ähnliches gilt für das berüchtigte "Schwarzbuch" des Bundes der Steuerzahler e.V. - auch nur schlaglichtartig Zahlen rausgegriffen ohne "dahinter" zu gucken und vllt. die eigentlichen Gründe herauszuarbeiten und zu kritisieren.

    Kurz: es wird die Symptomatik ins Rampenlicht gestellt und eine Behandlung gefordert, ohne auf die Ursachen einzugehen.

    Seit meinem Stellenwechsel hab ich viel häufiger mit Großplanungen in unterschiedlichen Infrastrukturbereichen zu tun.

    Vielleicht hat der ein oder andere ja an Positiv- und Negativbeispielen Interesse :D

  • Folge 1 - das Ersatzbauwerk:

    Die DB möchte einen beschrankten Bahnübergang auflösen. Ersatzlos.

    Die Bahnstrecke führt unmittelbar südlich an einer kleinen Gemeinde vorbei und trennt bebautes Gebiet von Ackerland.

    DB so: "ja hallo Gemeinde. Zur Info, wir bauen den Bahnübergang am Ortsrand ersatzlos zurück."

    Gemeinde: "äh... neee? Das geht nicht. Weil hinter der Bahnlinie 5 Einwohner gemeldet sind. Wenn die den Bahnübergang nicht mehr haben, der auf direktem Weg ins Zentrum führt, dann müssen die über die Bundesstraße außen rum. Und die Bundesstraße hat keinen Gehweg. Das bedeutet, die müssten mit dem Rollstuhl auf der Fahrbahn fahren. Das ist nicht zumutbar. Auch nicht bei Tempo 70. Aus dem Allgemeinen Gleichstellungsgesetz ergibt sich, dass eine Benachteiligung bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistung und dem Zugang dazu unzulässig ist."

    (Wobei ich als nicht-Jurist es fraglich finde, mit dem AGG um die Ecke zu kommen, wenn in dem Haus niemand wohnt, der eine Behinderung hat)

    DB: "Ja gut, dann bauen wir eine Fußgängerunterführung. Mit Rollstuhlrampen. :|"

    Fazit:

    - Argumentation DB nachvollziehbar

    - Argumentation Gemeinde nachvollziehbar

    - Kostenpunkt für Bau und Planung der Unterführung: 4,4 Mio EUR (ohne Betriebskosten)

    Ich finde keine Protokollnotiz, dass mit den Eigentümern und/oder gemeldeten Bewohnern gesprochen wurde.

    Grundstück (10.000m²) liegt im absoluten Außenbereich (sogar Außerorts) und ist zur Hälfte zugewachsen mit Büschen und Bäumen.

    B-Plan liegt nicht vor. FNP liegt vor. Kein Wohnen geplant. Flächennutzungsplan sagt: Landwirtschaft vorgesehen.

    Die Gebäude auf dem Grundstück könnte man mit schätzungsweise 600.000EUR neu bauen in besserem Standard.

    Grundstück ließe sich nördlich der Bahnlinie in besserer Lage bereitstellen. Die im EGT der Gemeinde bzw. des Landes befindlichen Flächen geben das locker her.

    Selbst wenn man den Eigentümern das Grundstück mit 2 Mio EUR vergoldet hätte, würde man gegenüber der Planung und Herstellung einer Unterführung 2,4 Mio EUR sparen. Aber gut, dann wird eben eine Unterführung geplant. Da beschwert sich mein AG dann eben auch nicht, wenn es bezahlt wird. :rolleyes:

  • wenn in dem Haus niemand wohnt, der eine Behinderung hat

    Was nicht ist kann ja noch werden.

    Man könnte auch einen 24/7-Fahrdienst anbieten. Wenn man sich den 100k€ im Jahr kosten lässt würde das für 44 Jahre reichen.

    Zitat von DMHH

    AG AGG DB EGT EUR FNP

    Noch einen Glossar dazu? Ich glaube ich hab die alle richtig erraten, sicher bin ich mir aber auch nicht.

    Solange Dummheit als plausible Erklärung ausreicht, sollte man keinen Vorsatz annehmen.

  • ja ok, ich ging davon aus, dass jede Abkürzung für sich im Kontext klar wird. Ich gestehe aber ein, dass die Anzahl der Abkürzungen in der Tat zu viel des Guten war. :|

    Yeti lag jedenfalls in allen Punkten richtig.

  • Habe ich jetzt das Bullitt gewonnen? 8)

    Du bist eindeutig infiziert. So fing es nach Kauf meines ersten Lastenrades auch an.

    „Zeigen wir dem staunenden Ausländer einen neuen Beweis für ein aufstrebendes Deutschland, in dem der Kraftfahrer nicht nur auf den Autobahnen, sondern auf allen Straßen durch den Radfahrer freie, sichere Bahn findet.“ (Reichsverkehrsministerium, 1934)