• In Hannover aber auch überall sonst in Deutschland sind ja die Spielplätze gesperrt. Hier ein Bild aus Hannover:

    In der Schweiz so wird es im ZDF am 22.3.2020 berichtet, sind die Spielplätze nicht gesperrt:

    "Nachbarn grüßen sich über die Hecke und an Spielplätzen und Promenaden wird erörtert, wer den Vortritt erhält, wenn zwei dreiköpfige Gruppen das Gelände betreten möchten - auf dem sich nur fünf Personen aufhalten dürfen."

    https://www.zdf.de/nachrichten/po…ziplin-100.html

    Aber dem Bericht zufolge gibt es offenbar strenge Zugangsregelungen, die eine Ansteckung ausschließen sollen. Ob das auch in der Praxis überall so funktioniert, wie es in dem Bericht angedeutet wird. Und ob es wohl in Deutschland funktionieren würde bei der Benutzung der Spielplätze?

    Vielleicht könnte man größere Spielplätze parzellieren? Und zu jeder Parzelle hat bei großem Andrang nur jeweils eine Familie für max. 15 Minuten Zugang? Aber wie ist das mit der Übertragung von Keimen durch Anhaftungen an den Spielgeräten? Man kann ja nicht alle Viertelstunde eine Komplett-Desinfektion vornehmen. Andererseits besteht diese Gefahr auch andernorts:

  • Weitere Beispiele für erfindungsreiche und wirksame Maßnahmen, die hoffentlich dazu beitragen werden, die Ausbreitung des neuen Corona-Virus zu verlangsamen, und trotzdem noch ein Mindestmaß an öffentlichem Leben aufrecht erhalten:

    Nach meiner Beobachtung werden die in Niedersachsen erlassenen Abstands- und Ausgehregeln eingehalten, nicht zuletzt deshalb, weil die Betreiber von Lebensmittelläden oder der gezeigten Hähnchenbraterei eindeutige Hinweise und Hilfen geben.

    Und im Laden hat der Betreiber die Arbeitsplätze an der Kasse mit Plexiglasscheiben ausgestattet:

  • Bevor die Ministerpräsidenten der 16 Bundesländer sich auf ein gemensames Vorgehen einigen konnten, wie die Ausbreitung des Corona-Virus verlangsamt werden kann, gab es ja ein sehr forsches Vorpreschen des bayrischen Ministerpräsidenten, der sich dabei unter anderem darauf berief, dass im Nachbarland Österreich sehr strenge Regeln eingeführt wurden.

    Ein Blick auf die österreichische Vorbeugemaßnahmen zeigt aber auch, dass dort die Spielplatzregel anders aussieht als in Deutschland:

    "Parks und Spielplätze bleiben vorerst offen
    Es muss immer mindestens 1 Meter Abstand eingehalten werden"

    https://www.oesterreich.gv.at/?gclid=EAIaIQo…ASAAEgL4GvD_BwE

    Aktuelle News & Infos (Aktueller Stand 27.03.2020, 21:05)

    Dagegen sind in Deutschland die Kinderspielplätze geschlossen:

  • Ich finde es jeden Tag aufs Neue erstaunlich und beängstigend, welche teilweise drastischen Maßnahmen wir momentan nicht nur größtenteils widerspruchsfrei hinnehmen, sondern dass Widerspruch oder „unbotmäßiges Verhalten“ mittlerweile sogar gesellschaftlich geächtet wird.

    Das beobachte ich beispielsweise in den einschlägigen Fahrrad-Gruppen auf Facebook seit einigen Tagen: Früher waren die Diskussionen sofort vergiftet, sobald jemand die Radweg- oder Helmfrage stellte (und je nach Gruppe passierte das mehrmals pro Woche) — nun sind die Diskussionen sofort vergiftet, sobald jemand beispielsweise ein Foto hochlädt, das (meistens zu recht) vermuten lässt, da habe jemand eine Radtour unternommen. Und was fliegen da die Fetzen! Donnerwetter, da geht’s heißer her als 2013 bei der Critical Mass Hamburg. Sowas mag in einigermaßen anonymen Fahrradgruppen kein Problem sein, aber bei ortsbezogenen Fahrradgruppen, in denen man sich auch im echten Leben zu einer Radtour oder Rennradausfahrt verabredet hat, bin ich mir nicht sicher, ob da nicht auch langsam Freundschaften zerbrechen.

    Das geht auf ähnliche Weise auch an anderen Stellen im Netz weiter, etwa in den einschlägigen Stadtteilgruppen, in denen momentan bei Fotos von frühlingshaften Motiven ganz genau nachgeforscht wird, ob sich da wohl jemand ohne große Not vor die Tür getraut hat, um anschließend unfreundliche Belehrungen auszubringen. Ich staune, und zwar gar nicht mal wenig.

    Im öffentlich zugänglichen Internet sieht das beispielsweise so aus: Jemand stellt eine berechtigte Frage, nämlich warum in Berlin das Sitzen auf einer Bank aufgrund des Infektionsschutzgesetzes verboten sein soll. Die Drunterkommentaristen machen relativ deutlich, dass solche Maßnahmen momentan nicht in Frage zu stellen wären:

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    Alter Falter.

    In Flensburg gingen derweil etwa 25 Menschen zum zweiten Mal auf die Straße, um für die Versammlungsfreiheit und gegen Überwachung zu protestieren. Davon kann man in Zeiten wie diesen halten was man will, aber ich sehe noch gewisse Unterschiede zwischen einem wohlformulierten Kommentar zu solchen Demonstrationen und dem üblichen Bullshit, der da teilweise in den Drunkterkommentaren zu lesen ist:

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    Tjoa. Wir leben in interessanten Zeiten. Und wenn uns ein Virus nicht dahinrafft, dann wenigstens die gesellschaftlichen Verwerfungen.

  • Gegen die Einsamkeit, die jetzt viele Kinder ziemlich hart trifft, gibt es die Aktion, einen Regenbogen ins Fenster zu hängen – als Zeichen dafür, dass man seine Freunde vermisst, und dass man stark ist und daheim bleibt.

    Natürlich habe ich sowas während der Notbetreuung gemacht :D Während die Kinder lieber Regenbögen für die heimischen Fenster malten, panschte ich ein bisschen mit Farbe und habe 'nen ganz Großen gemalt.

    Und gestern, als ich vom Gitarrenspiel am Fluss wieder heimlief, sah ich an einem Balkon einen kleinen Regenbogen hängen. Darauf eine Mutter mit Kleinkind. Ich sprach sie darauf an und so kam es, dass ich für die beiden ein Lied spielte.

    Sie tanzten dazu <3 Es war so wunderwunderschön. Irgendwie sprechen sich Fremde häufiger an, ich erlebe wunderbare Rücksichtsnahme, die sonst in einigen Bereichen eher nicht erfolgt.

    Ein Beispiel ist auch, dass Rechtsabbiegende mich auf den 105km Rad in HH in dieser Woche nicht nur grundsätzlich sahen, sondern mir auch noch freundlich zunickten oder lächelten oder winkten O.o

    Ich leide zwar unter'm Rumsitzen daheim, aber hoffe, dass eine größere Wertschätzung dem gegenüber entsteht, auf das wir gerade verzichten. Wer hätte gedacht, das Arbeiten so schön sein kann :D

    LG
    Anna

  • „unbotmäßiges Verhalten“ mittlerweile sogar gesellschaftlich geächtet wird.

    Bei Verhalten, das die Infektionsgefahr erhöht, habe ich Verständnis dafür. Denn die meisten hocken zu Hause, bis sich die Ausbreitung des Virus soweit verlangsamt hat, dass die Maßnahmen etwas zurück gefahren werden können.

    Und das dauert um so länger, um so mehr Menschen sich nicht daran halten.

    Der Verstoß gegen die Maßnahmen ist halt etwas anderes, als zu Fuß über eine rote Ampel zu gehen. Dabei riskiert man im Wesentlichen nur seine eigene Gesundheit. Wer sich heute nicht an die Maßnahmen hält, verlängert sie für alle.

    Darum:

    Diskutieren, ob etwas angemessen ist: ja

    Währenddessen schonmal unliebsame Dinge ignorieren: nein.

    Bei uns gab es auch schon wütende Mails über den Mailverteiler für Anwohner, weil bei dem schönen Wetter viele Kinder auf der Straße spielen. Kann ich verstehen.

  • Im öffentlich zugänglichen Internet sieht das beispielsweise so aus: Jemand stellt eine berechtigte Frage, nämlich warum in Berlin das Sitzen auf einer Bank aufgrund des Infektionsschutzgesetzes verboten sein soll. Die Drunterkommentaristen machen relativ deutlich, dass solche Maßnahmen momentan nicht in Frage zu stellen wären:

    Tatsächlich war ich auch überrascht, dass ich in der Zeitung Bilder aus Deutschland gesehen habe, auf denen mit Flatterband abgesperrte Bänke zu sehen waren. Dabei war ich mir sicher, dass es das in Hannover nicht gibt und gleichzeitig dermaßen verunsichert, dass ich gleich mal raus bin, um nachzuschauen, dass es tatsächlich so ist.

    Dann war das wohl ein Bild aus Berlin? Oder wo sonst in Deutschland sind ebenfalls noch die Bänke gesperrt?

    Meines Erachtens ist das ein Beispiel für eine Maßnahme, die nicht dazu beitragen wird, den damit gewünschten Effekt zu erzielen. Gewünscht wird ja, dass Abstand gehalten wird, um die Ausbreitung des Corona-Virus zu verlangsamen.

    Wenn ich im Kreis meiner Familie, mit der ich jeden Tag auf engem Raum zusammen bin mich im Freien erhole und einen Spaziergang mache und wir uns dann für ein paar Minuten auf eine Bank setzen wollen, dann geht das nicht in Berlin. In Hannover geht das!

    Das Beispiel und es lassen sich bestimmt noch mehr finden zeigt, wie wenig präzise die Ministerpräsidenten der Länder sich am 16.3.2020 in ihrer "Telefonschalte" darüber abstimmten, welche Maßnahmen denn nun zu ergreifen seien.

    Über eine Rückmeldung zur folgenden Beobachtung würde ich mich freuen:

    Am Montag, 16.3.2020 konnte man in Hannover noch Tischtennis spielen, eine Sportart, bei der man auf deutlicher Distanz zueinander steht. Immerhin ist so eine Tischtennisplatte 2.74 m lang also deutlich länger als der geforderte Abstand von 1,5 bis 2 Meter. Möglicherweise kann man Viren durch das Anfassen des Balls übertragen, das kann ich nicht beurteilen. Am Montag 16.3.2020 jedenfalls spielten in Hannover die Menschen noch Tischtennis an öffentlichen Tischtennisplatten in Hannover:

    Am Abend des 16.3.2020 verkündete Merkel, worauf sich die Ministerpräsidenten der Länder geeinigt hatten:

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    Nur wenige Tage später waren die Tischtennisplatten in Hannover abgesperrt. Hier ein Foto vom 22.3.2020. Und die Absperrungen werden auch akzeptiert:

    Wie ist das in anderen Bundesländern, oder gibt es da sogar Unterschiede von Landkreis zu Landkreis, von Stadt zu Stadt?

    Und wie ist das mit den Sitzbänken an den Haltestellen? Hier zum Beispiel von einer Stadtbahnhaltestelle in Hannover vom 23.3.2020:

    Die Bänke in Parks sind in Hannover ebenfalls geöffnet. Hier eine Bank vor einem Spielplatz, ebenfalls 23.3.2020, der ist jedoch leider gesperrt.

    Einmal editiert, zuletzt von Ullie (29. März 2020 um 12:30) aus folgendem Grund: Rechtschreibung, Datum ergänzt Datum korrigiert: "Am Abend des 16.3.2020 verkündete Merkel, ..."

  • Volle Zustimmung und Danke.

    Dass viele Leute Exponentialfunktionen nicht so wirklich begreifen können und daher immer unterschätzen ist bedauernswert. Wenn jetzt die Politik - eigentlich bereits zu spät - endlich handelt und in Anbetracht der Gefahr sehr zurückhaltende Maßnahmen ergreift, um das Leben von Unschuldigen zu bewahren, dann sollte man wirklich mal innehalten, sich die Zahlen anschauen und überlegen, was man fordert.

    Nur mal als kleine Einordnung, über welche Gefahr wir hier diskutieren:

    • Wir haben es mit einem Virus zu tun, das bei ungebremster Ausbreitung vermutlich ca. 1% aller Infizierten töten wird, das würde für Deutschland dann 500.000 bis 800.000 Tote innerhalb von 2-3 Monaten bedeuten. Zum Vergleich: in einem Jahr sterben (grobst vereinfacht) 3.000 Leute im Straßenverkehr, 75.000 an Alkoholmissbrauch, 345.000 an Herz-Kreislauf-Krankheiten und 230.000 an Krebs. Man kann also - auch wieder stark vereinfacht - sagen, dass bei ungebremster Verbreitung dieses Jahr doppelt so viele Deutsche sterben werden wie normal.
    • Selbst wenn wir alle Beatmungsplätze in den Krankenhäusern nur für COVID-19-Patienten freihalten könnten, wären die Kapazitäten (auch Personal) in kürzester Zeit voll und für lange Zeit gebunden, das heißt dann für die anderen schweren Fälle: Pech gehabt. Unfall im Straßenverkehr mit dem Rad? Sorry, in allen OP-Räumen liegen COVID-19-Patienten - der Notarzt schient dein Bein, gibt dir Morphium für zuhause mit und dann wächst sich das schon hoffentlich wieder korrekt zusammen. Tolle Vorstellung, oder? Jedenfalls solange es noch genug Morphium gibt, das nicht für Sterbebegleitung von nicht mehr intubierten alten COVID-19-Patienten verwendet werden muss. Blöder ist es natürlich, wenn ein großes Krankenhaus nur noch eine Bypass-OP am Tag macht und vor dir eben schon einer dran war, oder wenn deine Krebsbehandlung pausiert wird. Aber nach 4 Monaten dürfte das ja dann generell rum sein, also einfach durchhalten solange!
    • Selbst wenn die getroffenen Maßnahmen von allen korrekt eingehalten werden, ist noch nicht absehbar, wie sich die Lage entwickelt, da wir nicht alle Infektionsketten lückenlos verfolgen können und die Dunkelziffer unbekannt ist. Wir wissen - abgesehen von zwei Laborstudien - nicht wirklich, wie gefährlich Schmierinfektionen über gemeinsam verwendete Gegenständen sind. Wir haben die Grenzen nicht vollständig geschlossen und keinen umfassenden Überblick über Einreisende. Es ist nicht ersichtlich, ob die Schutzausrüstung für das Krankenhauspersonal ausreichen wird oder ob sich dadurch neue Infektionswege ergeben und die Versorgung eingeschränkt wird (wie in Italien, Spanien, Frankreich, New York aktuell). Wir haben nichtmal genug Testkapazitäten, um ein repräsentatives Sample der Gesamtbevölkerung zu testen, um die Dunkelziffer abschätzen zu können, geschweige denn genug Tests für Erkrankte, deren Familien und Angestellte in den Krankenhäusern (dort für alle täglich nötig).

    Klingt bedrohlich? Liegt daran, dass es das auch ist. Wir haben aktuell noch sehr niedrige Todeszahlen um etwa 500 herum, was neben zu wenigen Post-Mortem-Tests vermutlich auch daran liegt, dass wir ein bisschen früher als andere angefangen haben zu reagieren und unsere Bindungen zu alten Leuten nicht so stark sind wie in Italien oder Spanien. Das ist aber kein großer Vorsprung, und wir befinden uns noch immer wie seit einem Monat nahezu auf dem identischen Weg Italiens. Die Todeszahlen werden weiter und stärker steigen, das ist ein Fakt, den keine Ausgangssperre und keine Diskussion darüber aufhalten können, weil er nämlich schon vor ca. drei Wochen passiert ist, als hier noch nichts getan wurde, außer die arme Bundesliga zu beweinen, die sich kurzzeitig die Taschen nicht mehr vollstopfen kann.

    So, und jetzt schauen wir uns an, was wir aktuell für Einschränkungen haben und was unsere Nachbarländer haben:

    • Wir gehen weiterhin zur Arbeit, wenn kein Home Office möglich ist. In China/Hubei, Spanien und Italien ist die gesamte nicht-lebensnotwendige Produktion gestoppt worden, alle Fabriken, Läden und Büros geschlossen und man darf nicht mehr zur Arbeit, egal ob man ein Einzelbüro hat oder nicht, es ist einfach zu.
    • Wir dürfen draußen alleine oder mit Personen aus dem gleichen Haushalt spazieren gehen und Sport (Joggen, Radfahren) machen. In den genannten Ländern ist das mittlerweile nahezu komplett verboten, in Frankreich darf man immerhin einmal täglich eine Stunde lang innerhalb eines Kilometers um die eigene Wohnung spazieren gehen.
    • Wir können nach wie vor in vielen Läden normal einkaufen. In den anderen Ländern ist das schon seit einiger Zeit so, dass man sich (allein, ohne Familie) mit einem Wagen in die lange Schlange vor dem Supermarkt einreiht und wartet, bis man dran ist und seine auf den Eigenbedarf limitierten Waren mitnimmt. In China wurde teilweise sogar auf nur noch Lieferung umgestellt, man konnte also gar nicht mehr selbst in Läden gehen.

    Klingt doch eigentlich gar nicht mehr so übel, oder? Ich denke wir können durchaus mal einen Monat auf Parkbänke bei -5 bis +15 Grad Celsius oder Tischtennisplatten verzichten. Zumindest, wenn die Alternative ist, dass man beim Verlassen des Hauses von der Polizei aufgegriffen und in Quarantänelager verbracht wird. Die allermeisten Leute halten sich ja auch daran, weil sie instinktiv merken, dass lebenslang vernarbte Lungen und eine tote Oma schwerer wiegen als mal einen Monat Pause zu machen und ein paar weitere Monate vorsichtiger zu sein.

    Grundrechte sind bisher wesentlich weniger beschnitten worden als nach Infektionsschutzgesetz möglich, und dieses Gesetz hat in der Zeit davor niemanden aufgeregt, der sich jetzt so wortreich darüber in Zeitungen und Onlinemedien empört. Man könnte fast sagen, das Gesetz war diesen leuten scheißegal, solange es nicht angewandt werden musste. Jetzt darüber zu motzen ist unehrlich. Ein Vergleich mit z. B. den sehr unterstützenswerten Demos gegen die neuen Polizeiaufgabengesetze ist unpassend, da diese Demos ja VOR Inkrafttreten und Anwendung des Gesetzes kamen, nicht danach. Man kann natürlich ein Gesetz auch nachträglich kritisieren, aber wie Epaminaidos geschrieben hat, sollte man es in der Zeit der Kritik trotzdem befolgen, sonst können wir uns die Gewaltenteilung auch gleich schenken.

    Die Angst einiger, das wäre jetzt der neue Superfaschismus und Beginn der dauernden Diktatur, ist aus drei Gründen hanebüchen: erstens sind gar keine neuen einschränkenden Gesetze verabschiedet worden, nur bestehende (sehr mild) umgesetzt worden, zweitens sind die Maßnahmen auf die Dauer der Epidemie begrenzt, und drittens wäre es für die Bürger ein Leichtes, einfach rauszugehen und das ganze zu beenden, wenn die Bedrohung vorbei, aber die Maßnahmen nicht eingestellt werden sollten. Das ist ja ein fest definiertes Problem - sobald die Zahlen fallen, die Krankenhäuser sich leeren, die Schutzausrüstung vorhanden und evtl. sogar Medikamente entwickelt sind, kann und wird niemand den Zustand aufrechterhalten - einfach weil kein Bürger mehr Angst hat, ihn zu brechen, da die konkrete Gefahr dann - anders als aktuell - nicht mehr existiert.

  • Die Angst einiger, das wäre jetzt der neue Superfaschismus und Beginn der dauernden Diktatur, ist aus drei Gründen hanebüchen: erstens sind gar keine neuen einschränkenden Gesetze verabschiedet worden, nur bestehende (sehr mild) umgesetzt worden, zweitens sind die Maßnahmen auf die Dauer der Epidemie begrenzt, und drittens wäre es für die Bürger ein Leichtes, einfach rauszugehen und das ganze zu beenden, wenn die Bedrohung vorbei, aber die Maßnahmen nicht eingestellt werden sollten. Das ist ja ein fest definiertes Problem - sobald die Zahlen fallen, die Krankenhäuser sich leeren, die Schutzausrüstung vorhanden und evtl. sogar Medikamente entwickelt sind, kann und wird niemand den Zustand aufrechterhalten - einfach weil kein Bürger mehr Angst hat, ihn zu brechen, da die konkrete Gefahr dann - anders als aktuell - nicht mehr existiert.

    Nein, das Erstarken von Faschismus und Diktatur befürchte ich nun auch nicht direkt. Ich befürchte eher, dass Werkzeuge wie die Handy-Ortung, die ja im Eilverfahren implementiert werden soll, wieder die üblichen Begehrlichkeiten wecken und schließlich aus dem Kontext des Infektionsschutzgesetzes herausgelöst werden. Diese Begehrlichkeiten waren ja bei Bundesjustiz- und Innenministern zuverlässig zu erkennen, wenn es in der Vergangenheit um Internetsperren gegen Kinderpornographie ging oder das Fotografieren von Kfz-Kennzeichen in Section Control: Wenn man diese Werkzeuge hat, warum sollte man sie nicht zur Verbrechensbekämpfung nutzen?

    Klingt doch eigentlich gar nicht mehr so übel, oder? Ich denke wir können durchaus mal einen Monat auf Parkbänke bei -5 bis +15 Grad Celsius oder Tischtennisplatten verzichten. Zumindest, wenn die Alternative ist, dass man beim Verlassen des Hauses von der Polizei aufgegriffen und in Quarantänelager verbracht wird. Die allermeisten Leute halten sich ja auch daran, weil sie instinktiv merken, dass lebenslang vernarbte Lungen und eine tote Oma schwerer wiegen als mal einen Monat Pause zu machen und ein paar weitere Monate vorsichtiger zu sein.

    Ganz bestimmt können wir darauf verzichten, das wollte ich gar nicht zur Diskussion stellen. Ich finde nur, das sollten wir dann auch entsprechend kommunizieren, beziehungsweise in den Regelungen des Infektionsschutzes festhalten. Mit meinem — hoffentlich — gesunden Menschenverstand ginge ich nämlich davon aus, dass das Verweilen auf einer Sitzbank in Ordnung ist, ganz egal, ob ich mir dazu ein Buch bereit lege oder die Blumen bestaunen möchte wie Ferdinand der Stier. Hier oben in Schleswig-Holstein wird nach meiner Kenntnis immer noch der Aufenthalt im Freien zur Stärkung des Immunsystems und zur Vorbeugung gegen Depressionen empfohlen und nach meiner Kenntnis ist es außerhalb von Berlin auch unproblematisch auf einer Bank zu sitzen.

    Wäre wie in Frankreich nur ein Spaziergang im Radius von einem Kilometer erlaubt, dann wäre mir angesichts dieser durchaus drastischen Maßnahme klar, dass ich wohl nicht unnötig lange im Freien sitzen sollte.

  • Mit meinem — hoffentlich — gesunden Menschenverstand ginge ich nämlich davon aus, dass das Verweilen auf einer Sitzbank in Ordnung ist, ganz egal, ob ich mir dazu ein Buch bereit lege oder die Blumen bestaunen möchte wie Ferdinand der Stier.

    Und genau da kommen wir an den Punkt: »Ja wenn das jeder machen würde!«

    Du sitzt da auf der Parkbank, und das sehen Heinz Mustermann und Hein Blöd. Die wollen daraufhin auch mal so in der Sonne sitzen, denn was Malte darf ...

    Und nun? Wenn auf jeder Parkbank im Umkreis von 4 km schon einer sitzt? Und zwar nicht Opa Röhrich für 5 Minuten auf dem Rückweg vom Arzt, sondern lauter kraftstrotzende Jünglinge oder die prinzipiell erlaubten 2 Personen, den halben Tag lang?

    Dann können wir genauso diskutieren, warum nicht eine Familie pro Spielplatz zugelassen wird.

    Vorbild, sag' ich da mal.

  • dass das Verweilen auf einer Sitzbank in Ordnung ist

    Ist eine blöde Situation. Das Verweilen alleine ist wohl wirklich unproblematisch.

    Aber dann setzt sich eine andere Gruppe in die Nähe. Und dann noch eine. Und noch eine.

    Und dann sieht so ein Park aus wie der in meiner Nachbarschaft gestern:

    Voll mit sitzenden Menschen. Die meisten hielten halbwegs Abstand. Viele leider nicht. Und größere Gruppen gab es gleich auch noch.

    Das ist ein schleichender Prozess, der mit dem ersten Verweilen beginnt.

    Wie soll die Stadt damit umgehen? Einfach machen lassen?

    Oder soll die Polizei mit einem Maßband herumlaufen und die Grüppchen neu anordnen?

    Ich denke, das einzig Praktikable ist das aktuelle Verweilverbot.

    Leider ist es auch nicht unmittelbar einsichtig.

  • Ich befürchte eher, dass Werkzeuge wie die Handy-Ortung, die ja im Eilverfahren implementiert werden soll, wieder die üblichen Begehrlichkeiten wecken und schließlich aus dem Kontext des Infektionsschutzgesetzes herausgelöst werden.

    Dann sollte man vielleicht dann dagegen kämpfen. Aktuell würde eine Handyortung bei der Bekämpfung helfen.

  • Das Ganze hat ja auch eine gewisse Ähnlichkeit mit dem ersten Pkw, der auf einem 4 m breiten Gehweg herumsteht. Und wenn der das kann, dann steht bald ein zweiter da, und ein dritter, ...

  • Achtung: sprachlich und emotional ungefiltert und teilweise destruktiv. Ggf. nicht weiterlesen!

    Derweil im Hamburger Speckgürtel: Nachbarn laden hier Freunde zum Essen ein. Problem nämlich, zwei Eltern, die zu Hause sind, fühlen sich im 140 qm-Haus mit Blick ins Grüne (Koppeln, Felder, Weiden, Pferde), großer Dachterrasse und Garten und dem unmittelbar in der Nähe liegenden Forst (400 m) mit ihrem gepamperten und ansonsten institutionsbetreuten Kind überfordert. Es braucht ja eine Spielkameradin.

    Die Reaktion auf meine Erklärung, warum meine Kinder zur Zeit nicht mit dem Nachbarskind spielen sollten: "Ja, das versteh ich. Muss ja auch jeder halten, wie er es will. Wenn ich wie du Asthma hätte ... usw. usf.". Wie bitte?! Ich kann zur Zeit gar nicht so viel fressen, wie ich kotzen möchte. Das ist wohlgemerkt die sog. bürgerliche Mittel- bis Oberschicht, die es eher als Not begreift, wenn der SUV, der hauptsächlich als Bio-Dinkel-Brötchen-Transporter und KITA-Taxi fungiert, nicht funktioniert oder das Demeter-Brot vom 6 Kilometer entfernten Biohof aus ist (den man - freilich - auch nur mit dem SUV erreichen kann).

    Während Einzelhandelsmitarbeiter_innen, meine Kollginnen und Kollegen in der Schule ihre Gesundheit in der Notbetreuung riskieren und meine Frau (bald mit selbstgebastelter Schutzausrüstung?) auf der Intensivstation schuftet, nutzen andere die Freizeit, um sich zu treffen. Hauptsache genug Klopapier, damit gefressen und geschissen werden kann - während Omi mit AOK-Shopper und Bechterew vor leeren Regalen steht.

    Ja, Malte, ich gebe dir absolut Recht: Es werden nachbarschaftliche, kollegiale, familiäre und freundschaftliche Beziehungen nachhaltig verändert werden. Denn in der Krise zeigt sich das wahre Ich. Ich stimme dir absolut zu, dass die Diskussionsunkultur zum Fremdschämen ist, aber wie ernsthaft bspw. in der Facebook-CM-Gruppe-HH die Hauptsorge vieler anscheinend dem Ausfallen der Mass galt ... Ich habe mich da rausgehalten, da ich es ohne Verbalentgleisung auch nicht geschafft hätte, mich zu äußern.

    Zu Beginn des Schulfrei in SH musste ich meiner Schulleitung erst einmal erklären, was eine Notbetreuung ist - und freiwilliger Unterricht nach Plan für die 5. und 6. Jahrgangsstufe etwas anderes. Akademiker mit zum Teil naturwissenschaftlichen Fächern haben bis heute nicht kapiert, dass Covid 19 nicht mit einfachen Grippeviren vergleichbar ist, und sprechen von Panikmache.

    Ich vertrete, auch in meinem Philosophieunterricht, eine unserer Verfassung entsprechende Gesinnungsethik im Kant'schen Sinne - muss aber einräumen, dass mein Bauch zur Zeit öfter mal sagt: Dann mögen diejenigen, die jetzt unsolidarisch, egoistisch und/oder dumm auf die gebotenen Regeln pfeifen, dann bitte auch auf den Beatmungsplatz verzichten, wenn noch 1 für 2 vorhanden ist. Denn die, welche jetzt ihr Schandmaul aufreißen, alles sei übertrieben usw., heulen erfahrungsgemäß am meisten, wenn sie dann auf der Liege im Krankenhaus liegen.

    Lieber Malte Diese Kritik richtet sich natürlich nicht gegen dich. Ich teile die Befürchtungen, dass Maßnahmen nach der Krise nicht rückgängig gemacht werden. Außerdem sollte bspw. Handy-Ortung erst einmal auf seine Wirksamkeit überprüft werden, bevor man derart in Grundrechte eingreift. Dass die Telekom einfach mal so geliefert hat, und man als Bürger davon nebenbei ein paar Tage später erfährt, finde ich auch ein Unding.

    „Zeigen wir dem staunenden Ausländer einen neuen Beweis für ein aufstrebendes Deutschland, in dem der Kraftfahrer nicht nur auf den Autobahnen, sondern auf allen Straßen durch den Radfahrer freie, sichere Bahn findet.“ (Reichsverkehrsministerium, 1934)

    Einmal editiert, zuletzt von cubernaut (29. März 2020 um 16:00)

  • Mal 'ne doofe Frage: Kann man nicht die derzeitigen Maßnahmen zur Eindämmung des Virus für notwendig halten, aber sich dennoch Sorgen machen dürfen, was diese Maßnahmen langfristig für Folgen haben könnten? Ich halte bei aller persönlichen Betroffenheit die "Whatever-it-takes"-SIchtweise für nicht unproblematisch.

  • Auf jeden Fall!

    Ich kann aber auch eine derartige Haltung hier nicht erkennen.

    „Zeigen wir dem staunenden Ausländer einen neuen Beweis für ein aufstrebendes Deutschland, in dem der Kraftfahrer nicht nur auf den Autobahnen, sondern auf allen Straßen durch den Radfahrer freie, sichere Bahn findet.“ (Reichsverkehrsministerium, 1934)

    • Wir haben es mit einem Virus zu tun, das bei ungebremster Ausbreitung vermutlich ca. 1% aller Infizierten töten wird, das würde für Deutschland dann 500.000 bis 800.000 Tote innerhalb von 2-3 Monaten bedeuten. Zum Vergleich: in einem Jahr sterben (grobst vereinfacht) 3.000 Leute im Straßenverkehr, 75.000 an Alkoholmissbrauch, 345.000 an Herz-Kreislauf-Krankheiten und 230.000 an Krebs. Man kann also - auch wieder stark vereinfacht - sagen, dass bei ungebremster Verbreitung dieses Jahr doppelt so viele Deutsche sterben werden wie normal.

    Das wir dann doppelt so viele Tote hätten ist völlig übertrieben. Viele von den Toten kommen doch gerade aus den Gruppen mit geschwächten Immunsystem, also den Alkoholsüchtigen, Herz-Kreislauf- oder Krebspatienten.

  • Mal 'ne doofe Frage: Kann man nicht die derzeitigen Maßnahmen zur Eindämmung des Virus für notwendig halten, aber sich dennoch Sorgen machen dürfen, was diese Maßnahmen langfristig für Folgen haben könnten? Ich halte bei aller persönlichen Betroffenheit die "Whatever-it-takes"-SIchtweise für nicht unproblematisch.

    Auf jeden Fall! Ich halte das auch für sehr problematisch. Es ist auch nicht (wie viele sagen (z.B. auch Olaf Scholz) und damit jede Diskussion abwürgen) zynisch darüber zu diskutieren, ob man zu Gunsten der Wirtschaft einige Tote durch die Krankheit zulassen will. Es hat sich z.B. hat sich in Griechenland gezeigt, dass die Lebenserwartung als Folge der Wirtschaftskriese sank. Eine Wirtschaftskriese tötet also auch Menschen. Hier ist es also nicht zynisch sondern pragmatisch den gesellschaftlichen Schaden einiger Coronatoter und einer schweren wirtschaftlichen Kriese abzuwägen. Ggf. rettet man dadurch sogar unterdem Strich Menschenleben.

  • Es ist nunmal ein Dilemma, weil das, was auf der einen Seite hilft, auf der anderen Seite schadet. Daher ist es nicht zynisch, dass man abwägen muss. Aber natürlich ist das auch keine leichte Entscheidung, zumal man nicht im Voraus genau weiß, welchen Nutzen oder Schaden die Maßnahmen bringen.

    Derzeit steht Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern noch ganz gut da, was die Quote der tödlichen Krankheitsverläufe angeht. Das liegt zum Einen daran, dass in Deutschland viel getestet wurde und daher die Dunkelziffer der Infizierten nicht ganz so groß ist wie in anderen Ländern. Zum Anderen liegt es daran, dass unser Gesundheitssystem bisher noch nicht an seine Grenzen gekommen ist. Das ist der Punkt, den man unbedingt vermeiden muss, weil wir sonst die selbe Katastrophe erleben werden wie in Italien.

    Auf der anderen Seite muss auch klar sein, dass die Pandemie erst überstanden ist, wenn ein ausreichend großer Teil der Bevölkerung immun geworden ist und die "Herdenimmunität" einer unkontrollierten Verbreitung des Virus entgegen wirkt. Solange es keinen Impfstoff gibt, bedeutet das, dass sich noch viele Menschen infizieren werden. Es gibt ja Ansätze, dass man Antikörper aus Plasmaspenden von Leuten gewinnt, die die Krankheit bereits überstanden haben und diese Antikörper zur Behandlung schwer erkrankter Patienten einsetzt.