Die dreistesten Unfallursachenausreden

  • Hier ist auch noch ein Beispiel einer recht plakativen Überschrift: Tür trifft Radfahrerin

    Im Text wird dann allerdings doch noch aufgelöst, dass diese Tür nicht aus heiterem Himmel durch die Luft flog, sondern nicht nur ein Auto, sondern auch eine 41-jährige Kraftfahrerin involviert war.

    Zitat

    In Gesundbrunnen wurde gestern Abend...

    Darf eine Ortschaft, in der so etwas passiert, sich überhaupt noch so nennen? Entsteht da nicht ein völlig falscher Eindruck?

  • Auf dem Schulhof gab es einen Jungen, der stärker war als ich. Als ich ihm etwas über meine Rechte erzählt habe, hat der mir eine reingehauen. Das durfte der gar nicht. Es tat aber trotzdem weh.

    Darüber kann man jetzt den Rest seines Lebens lamentieren, oder man lernt etwas daraus.

    Und was hast Du daraus gelernt? Feige sein, den Gewalttätern das Feld überlassen und diejenigen, die das nicht hinnehmen, kritisieren?

  • Und was hast Du daraus gelernt? Feige sein, den Gewalttätern das Feld überlassen und diejenigen, die das nicht hinnehmen, kritisieren?

    Ja, feige sein schont die Knochen. Lege Dich nie mit Stärkeren an. Dann lebst Du als Feigling, aber Du lebst.

    Für die mutigen unter Euch, die mannhaft in den abbiegenden Lkw fahren und dort zwischen den Zwillingsreifen den ehrenvollen Tod finden, habe ich wenig Bewunderung übrig. Ehrlich gesagt halte ich das eher für einen unvermeidbaren darwinistischen Ausleseprozess. Wer einen IQ von unter 70 hat soll eben nicht alt genug werden, um sich fortpflanzen zu können.

  • Für die mutigen unter Euch, die mannhaft in den abbiegenden Lkw fahren und dort zwischen den Zwillingsreifen den ehrenvollen Tod finden, habe ich wenig Bewunderung übrig.

    Du weißt, dass das hier niemand fordert.

    Ich bin aber nicht der Meinung, dass sich Unfälle zwischen abbiegenden Kraftfahrzeugen und nichtmotorisierten Verkehrsteilnehmern dadurch verhindern lassen, dass in der Unfallmeldung dazu aufgerufen wird, als Radfahrer oder Fußgänger eine Warnweste zu tragen und auf die Vorfahrt zu verzichten. Das klappt ja offenkundig nicht häufig genug.

    Ein erster Schritt wäre aber nach meinem Dafürhalten, das Problem zu benennen: Etwa parkende Kraftfahrzeuge in den Sichtdreiecken, großzügige Kurvenradien, die zum schnellen Abbiegen einladen, unklare oder auf der falschen Straßenseite geführte Infrastruktur. Wenn dann im Zuge der Berichterstattung über einen Unfall irgendwann deutlich wird, dass hier kein bloßes „Übersehen, kann ja mal passieren“ vorlag, sondern schlechte Sichtverhältnisse und eine unklare Verkehrsführung ursächlich waren, bekommt man solche Problemstellen viel besser wegargumentiert. Momentan wird aber in der Berichterstattung die zugrunde liegende Problematik allzu häufig hinter tiefstehenden Sonnen und „übersehen“ verborgen.

    Darf eine Ortschaft, in der so etwas passiert, sich überhaupt noch so nennen? Entsteht da nicht ein völlig falscher Eindruck?

    Ich schätze es durchaus sehr, wenn hier gänzlich gegensätzliche Meinungen in Diskussionen eingebracht werden. Wir sind hier nicht auf Facebook in den einschlägigen Fahrradgruppen, wo Meinungspluralität eher als Fremdwort aufgefasst wird. Wenn wir aber zu meiner langen Antwort auf deinen Beitrag nur ein solcher Unfug einfällt, bist du an einer Diskussion nicht interessiert. Dann kann ich meine Zeit auch anders verbringen.

  • Ich bin aber nicht der Meinung, dass sich Unfälle zwischen abbiegenden Kraftfahrzeugen und nichtmotorisierten Verkehrsteilnehmern dadurch verhindern lassen, dass in der Unfallmeldung dazu aufgerufen wird, als Radfahrer oder Fußgänger eine Warnweste zu tragen und auf die Vorfahrt zu verzichten. Das klappt ja offenkundig nicht häufig genug.

    ...

    Was in der Zeitung steht, interessiert unter Fachleuten niemanden.

    Ursache für derartige Unfälle ist oft die Überforderung des Kfz.-Fahrers. Dem schlägt in seinem Sichtfeld eine Menge an Signalen, Verkehrszeichen, Markierung, Wegweiser und Werbung entgegen, was alles innerhalb kürzester Zeit geistig verarbeitet werden muss.

    Der Radfahrer befindet sich hingegen außerhalb seines Sichtfeldes.

    Die Lösung ist seit Jahrzehnten sonnenklar:

    1.) Runter mit der Regulierung soweit es nur möglich ist.

    2.) Weg mit allen, was nicht dem Straßenverkehr dienlich ist.

    3.) Nie, nie und nimmer nicht Wegweiser in komplexere Knotenpunkte stellen

    4,) Führung des Radverkehrs entweder innerhalb der Fahrbahn oder konsequent abgesetzt, dann aber mit "Vorfahrt achten" für den Radverkehr.

    Und ja, es mag auch rücksichtslose Autofahrer geben. Gegen die kann keine Straßenverkehrsbehörde dieser Welt etwas machen. Und die Wortwahl in der Berichterstattung ändert auch nichts daran.

    Und ja, den doppelten Boden einziehen, um reagieren zu können, wenn der andere versagt, ist eine guter Tipp.

    Außerdem fehlt noch der Hinweis, dass innerstädtischer Straßenverkehr kein Wellnessurlaub ist, sondern eine gefährliche Sache, bei der man stets aufpassen muss. Es wird sich daran auch nichts ändern.

    Vorschläge von Aktivisten, welche ihre Qualifikation als Verkehrsexperte lediglich aus dem Umstand beziehen, dass sie das Gleichgewicht halten und strampeln können, sind in der Regel wenig hilfreich, sondern eher schädlich.

  • Und die Wortwahl in der Berichterstattung ändert auch nichts daran.

    Da möchte ich vehement widersprechen. Man kann jetzt diskutieren, was vorher da war: Diese Form der Berichterstattung oder das Selbstverständnis, dass Autoverkehr irgendwie der wichtigere Verkehr ist, dem sich alle anderen unterzuordnen haben. Da ist es natürlich ein tolles Argument, dass die Unterordnung nur dem hehren Zwecke der eigenen Sicherheit dient. So wird ja auch die Hauptursache, der ganzen Probleme mit der angeblichen Erhöhung der Sicherheit beworben: Radwege.

  • Was in der Zeitung steht, interessiert unter Fachleuten niemanden.

    Ursache für derartige Unfälle ist oft die Überforderung des Kfz.-Fahrers. Dem schlägt in seinem Sichtfeld eine Menge an Signalen, Verkehrszeichen, Markierung, Wegweiser und Werbung entgegen, was alles innerhalb kürzester Zeit geistig verarbeitet werden muss.

    Und ja, es mag auch rücksichtslose Autofahrer geben. Gegen die kann keine Straßenverkehrsbehörde dieser Welt etwas machen. Und die Wortwahl in der Berichterstattung ändert auch nichts daran.

    Selbstverständlich ist es möglich, Fahrassistenzsysteme zur Vorschrift zu machen, die zum Beispiel beim Überschreiten der Höchstgeschwindigkeit die Motorkraft sofort drosseln, so dass das Fahrzeug nur innerhalb der Höchstgeschwindigkeit gefahren werden kann.

    Wenn man diese Möglichkeiten nur ein bisschen weiter denkt, dann ist es nur ein kleiner Schritt zu einem echten Abbiegeassistenten für LKW, der für den Abbiegevorgang maximal Schrittgeschwindigkeit zulässt, so wie es vorgeschrieben ist.

  • Selbstverständlich ist es möglich, Fahrassistenzsysteme zur Vorschrift zu machen, die zum Beispiel beim Überschreiten der Höchstgeschwindigkeit die Motorkraft sofort drosseln, so dass das Fahrzeug nur innerhalb der Höchstgeschwindigkeit gefahren werden kann.

    Wenn man diese Möglichkeiten nur ein bisschen weiter denkt, dann ist es nur ein kleiner Schritt zu einem echten Abbiegeassistenten für LKW, der für den Abbiegevorgang maximal Schrittgeschwindigkeit zulässt, so wie es vorgeschrieben ist.

    Und was nützt die Schrittgeschwindigkeit, wenn der Radfahrer doch von seinem Grundrecht auf Vorfahrt Gebrauch macht?

  • Ursache für derartige Unfälle ist oft die Überforderung des Kfz.-Fahrers. Dem schlägt in seinem Sichtfeld eine Menge an Signalen, Verkehrszeichen, Markierung, Wegweiser und Werbung entgegen, was alles innerhalb kürzester Zeit geistig verarbeitet werden muss.

    Man kann da ganz einfach die Zeit, die für die Informationsverarbeitung zur Verfügung steht, verlängern. Indem die Geschwindigkeit heruntergesetzt wird.

  • Grundrecht auf Vorfahrt

    Ständige Wiederholung macht das nicht wahrer. NIemand schreibt hier, dass Vorfahrt ein Grundrecht ist und auch wenn ich vorhin von Rechten und Pflichten geschrieben habe, meine ich damit was anderes. Vorfahrt ist eine Pflicht desjenigen, der sie zu beachten hat, aber es gehört für mich zu einem reibungslosen Miteinander im Straßenverkehr, dass man zumindest grundsätzlich davon ausgehen kann, dass andere sich an die Regeln halten. Dass man sich nicht blind darauf verlassen sollte, steht auf einem anderen Blatt und auch das zweifelt hier niemand an.

    Es würde aber wohl niemand auf die Idee kommen, mit einem Kleinwagen besser vor einem LKW anzuhalten, der aus der Gegenrichtung links abbiegen will, weil man der Schwächere ist. Ich habe sowas auch noch nie in einer Polizeimeldung gelesen und offensichtlich geht auch kein LKW-Fahrer davon aus, dass Kleinwagenfahrer besser mal auf ihren Vorrang gemäß §9 verzichten sollten. Es wird auch kein Autofahrer sich bei grün vorsichtig in eine Kreuzung hineintasten, weil grundsätzlich davon auszugehen ist, dass andere bei rot fahren.

    Bei Radfahrern sieht das aber anders aus, obwohl es im Prinzip nichts anderes ist. Vielleicht liegt das auch weniger an der Verletzbarkeit der Radfahrer, als vielmehr an der Folgenlosigkeit für den Kraftfahrer. Immerhin würde eine frontale Kollision mit einem Kleinwagen auch am LKW einen erheblichen Sachschaden nach sich ziehen.

  • Was in der Zeitung steht, interessiert unter Fachleuten niemanden.

    Denke ich schon. Die Leute, die diese Zeitungen lesen und von der Berichterstattung geprägt werden, sind nicht nur jene interessierte Bürger, die Planungsworkshops oder kommunalen Versammlungen beiwohnen, sondern auch jene, die ihre Stadtpolitiker beeinflussen. Die Hamburger Debatten zu Straßenplanungen waren teilweise extrem geprägt von „in der Zeitung stand aber, dass…“, da wäre es meiner Meinung nach schon sehr hilfreich, wenn in der Berichterstattung wenigstens die einzelnen Straßenteile und ihre Bedeutung vernünftig erklärt würden, damit die Diskussion wenigstens auf solidem Grundlagenwissen fußt.

    Ursache für derartige Unfälle ist oft die Überforderung des Kfz.-Fahrers. Dem schlägt in seinem Sichtfeld eine Menge an Signalen, Verkehrszeichen, Markierung, Wegweiser und Werbung entgegen, was alles innerhalb kürzester Zeit geistig verarbeitet werden muss.

    Der Radfahrer befindet sich hingegen außerhalb seines Sichtfeldes.

    (…)

    Und ja, es mag auch rücksichtslose Autofahrer geben. Gegen die kann keine Straßenverkehrsbehörde dieser Welt etwas machen. Und die Wortwahl in der Berichterstattung ändert auch nichts daran.

    Ich würde es nicht in erster Linie Überforderung nennen, auch wenn sich viele Manöver sicherlich letzten Endes auf Überforderung zurückführen lassen. Ich halte aber die selbst erzeugte Überforderung mit Zeitdruck, schlechter Koordination oder einen dünnen Nervenkostüm für genauso problematisch wie eine Armada an Verkehrsschildern am Straßenrand.

    Und ich versuche gern noch einmal einen letzten Erklärungsversuch, bevor ich mich an diesem regnerischen Tag wieder der Arbeit zuwende:

    Es geht mir nicht nur darum, was in der Zeitung steht, sondern um ein allgemeines Bild des Straßenverkehrs. Ich wurde auch mit dem Vorurteil sozialisiert, dass sich Radfahrer nie an die Verkehrsregeln halten und es war immer für eine Anekdote gut, wenn jemand aus meinem Umfeld berichten konnte, irgendwo beim Abbiegen einen Radfahrer fast über den Haufen gefahren zu haben. Niemand machte sich damals Gedanken darüber, dass bei solchen Aktionen, von denen man locker um Zustimmung buhlend beim Kaffeekränzchen berichtet, auch mal jemand sterben könnte. Und es machte sich erst recht niemand die Mühe, die eigene Anekdote mit der Straßenverkehrs-Ordnung und den vorhandenen Beschilderungen abzugleichen: Radfahrer durften und dürfen in meiner Heimatstadt grundsätzlich auf beiden Straßenseite in beide Richtungen fahren. Schon das überfordert die Auffassungsgabe der meisten Führerscheininhaber, die sich aber ganz sicher waren: Der Radfahrer, den ich da eben fast überfahren habe, der wäre ja selbst schuld gewesen, der kam ja aus der falschen Richtung.

    Und wenn dann doch was passiert, dann steht halt in der Zeitung „der Autofahrer hat beim Ausfahren aus der Tiefgarage den Radfahrer übersehen“ und „die Polizei empfiehlt, eine Warnweste und einen Helm zu tragen“. Da kommt jetzt nicht so richtig zur Geltung, dass diese Larifari-Haltung einen Menschen ins Krankenhaus befördert hat. Und manchmal habe ich den Eindruck, das stört auch niemanden so richtig, denn die Versicherung wird das schon regulieren und eventuell gibt es noch nicht mal eine Anzeige wegen Körperverletzung, sondern nur ein Bußgeld.

    Und manchmal sind es auch nur sprachliche Feinheiten. Die Radfahrer, das sind zum Beispiel immer „die anderen“. „Dürfen die das eigentlich?“, nicht „dürfen wir das eigentlich?“ und Die Radfahrer spinnen! — sowas klickt halt gut und labt die Seele des Lesers, der sich in der Regel eher mit der motorisierten Fortbewegung identifiziert als mit Fahrrädern.

    Und so geht’s dann auch schnurstracks weiter bis zu Justitia: Ich war oft genug als Geschädigter, Zeuge oder Zuschauer bei Gerichtsprozessen und der vorangehenden Unfallaufnahme dabei, angefangen von der akribischen Kontrolle von Bremsen und Katzenaugen des Fahrrades, während sich für den motorisierten Unfallverursacher niemand so richtig interessiert bis hin zu dem geradezu verzweifelt anmutenden Versuch, dem beteiligten Radfahrer noch eine Ordnungswidrigkeitenanzeige anzuhängen, während der Kraftfahrer mit „Machen Sie sich keine Sorgen, Sie haben sich nichts zu schulden kommen lassen“ verabschiedet wird. Und wenn es dann tatsächlich soweit kommen sollte, dass man sich vor Gericht wiedersieht, muss man sich als geschädigter Radfahrer geradezu rechtfertigen, warum man denn überhaupt morgens aufs Fahrrad gestiegen ist, während ein aggressiver Fahrstil am Lenkrad als geradezu gottgegeben akzeptiert wird.

    Das beste an der Vernehmung bei der Polizei ist dann ja auch immer diese ganz väterliche Nachfrage, ob man denn selbst eine Fahrerlaubnis habe und um die Schwierigkeiten im Straßenverkehr wüsste — und dass man beim Ausfüllen des Vordrucks für eine Strafanzeige wegen Körperverletzung doch bitte bedenken möge, dass der unfallverursachende Kraftfahrer deswegen seine Fahrerlaubnis oder gar seine Arbeitsstelle verlieren könnte. Das rückt dann in einem Moment, in dem man dort mit kaputtem Fahrrad und blutigem Knie herumsteht, die Machtverhältnisse am Unfallort ein weiteres Mal zurecht: Dort das nützliche Mitglied der Gesellschaft, der einer sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit nachgeht, hier nur ein Radfahrer, der ihm im Weg war.

    Ich für meinen Teil habe daraus gelernt und verzichte geradezu aggressiv auf meine Rechte im Straßenverkehr, wenn ich das Gefühl habe, mir könnte jemand dumm kommen. Sicherer bin ich damit allerdings nicht unterwegs und mit diesem unberechenbaren Fahrstil, bei dem ich aus heiterem Himmel an einer Kreuzung auf meiner Vorfahrt verzichte, weil neben mir jemand mit Handy in der Hand abbiegen möchte, tue ich anderen Verkehrsteilnehmern auch keinen Gefallen.

    Außerdem fehlt noch der Hinweis, dass innerstädtischer Straßenverkehr kein Wellnessurlaub ist, sondern eine gefährliche Sache, bei der man stets aufpassen muss. Es wird sich daran auch nichts ändern.

    Tja, was für ein Trauerspiel eigentlich. Seit Jahrzehnten richten wir unsere Städte auf die Bedürfnisse von Kraftfahrern aus (oder: auf Kraftfahrzeuge?) und unsere Kinder können mittlerweile nicht mehr alleine ihre Freunde besuchen, weil teilweise schon in Tempo-30-Zonen das Überqueren der Fahrbahn aufgrund mangelhafter Sichtverhältnisse zu gefährlich ist — und es ändert sich nichts, weil die Leute ja irgendwo parken müssen.

    Vorschläge von Aktivisten, welche ihre Qualifikation als Verkehrsexperte lediglich aus dem Umstand beziehen, dass sie das Gleichgewicht halten und strampeln können, sind in der Regel wenig hilfreich, sondern eher schädlich.

    Ich würde meine Kenntnisse jetzt nicht unbedingt als „Qualifikation“ bezeichnen. Aber wenn bei Planungsworkshops oder bei Diskussionen mit den Straßenverkehrsbehörden einige lose zusammengewürfelte Fahrrad-Gang mehr Fachwissen hinsichtlich der Verwaltungsvorschriften und der Bedeutung einzelner Verkehrszeichen aufbringen kann als die in jenem Bereich arbeitenden Experten, dann würde ich mir in der Tat Gedanken machen. Aber ich hefte mir gerne die Medaille ans Fahrradshirt, dass ich § 37 StVO erklären und auf vorhandene Kreuzungen übertragen kann. Daran scheitern auch nach Jahren noch viele Straßenverkehrsbehörden.

  • Und was nützt die Schrittgeschwindigkeit, wenn der Radfahrer doch von seinem Grundrecht auf Vorfahrt Gebrauch macht?

    Deine Forderung, sich einfach an die "aktuellen Gegebenheiten anzupassen", trifft ja auf alle zu. Nicht nur auf die, die das falsche Verkehrsmittel wählen, sondern auch auf alle anderen, die z.B. die falsche Hautfarbe, die falsche Religion oder das falsche Geschlecht haben.

    Als verkappter Anarchie-Anhänger finde ich das zwar radikal, aber durchaus legitim. Insgesamt scheint es dem tatsächlichen gesellschaftlichen "Code-Behind" im Gegensatz zu all den offiziellen, komplett verlogenen, politischen Statements am nächsten zu kommen.

    Die Frage ist, will man das tatsächlich, oder findet man es eklig?

  • Ich für meinen Teil habe daraus gelernt und verzichte geradezu aggressiv auf meine Rechte im Straßenverkehr, wenn ich das Gefühl habe, mir könnte jemand dumm kommen. Sicherer bin ich damit allerdings nicht unterwegs und mit diesem unberechenbaren Fahrstil, bei dem ich aus heiterem Himmel an einer Kreuzung auf meiner Vorfahrt verzichte, weil neben mir jemand mit Handy in der Hand abbiegen möchte, tue ich anderen Verkehrsteilnehmern auch keinen Gefallen.

    Meine bislang gefährlichsten Situationen auf dem Fahrrad habe ich erlebt, nachdem (weil?) ich besonders vorsichtig war. In beiden Fällen habe ich die potenzielle Gefahr erkannt, war bremsbereit und habe gerade nicht auf mein Recht gepocht. Und in beiden Fällen frage ich mich im Nachhinein, ob nicht gerade das zögerliche und damit auch etwas unberechenbare Verhalten mitursächlich war.

    Im ersten Fall konnte ich vor einem abbiegenden LKW gerade noch stoppen. Das Hinterrad war schon in der Luft und wäre ich über den Lenker abgestiegen, wäre ich unter die Räder gekommen. Vorher hatte ich Blickkontakt mit dem Fahrer über seinen Außenspiegel und ich habe gesehen, dass er in den Spiegel geguckt hat. Als er vor dem Abbiegen fast angehalten hat, habe ich das als Zeichen gedeutet, dass er mich geradeaus durchfahren lässt.

    Im zweiten Fall kam es zum Unfall mit einem entgegenkommenden Linksabbieger, den ich lange vorher gesehen habe und der auf eine Lücke im Gegenverkehr gewartet hat, um abzubiegen. Leider habe ich mir in dem Moment zu viele Sorgen um die schlecht einsehbare Ausfahrt von rechts gemacht und zu spät gesehen, dass der Linksabbieger losgefahren ist, als ihm nur noch ein Radfahrer (ich), aber kein Auto mehr entgegen kam. Wäre ich nicht wegen der schlecht einsehbaren Ausfahrt schon langsamer gefahren, wäre ich vor dem durchgekommen.

    Aus beiden Situationen habe ich vor allem gelernt, dort nicht auf dem "Radweg" zu fahren.

  • ...

    Und so geht’s dann auch schnurstracks weiter bis zu Justitia: Ich war oft genug als Geschädigter, Zeuge oder Zuschauer bei Gerichtsprozessen und der vorangehenden Unfallaufnahme dabei...

    Kennst Du denn überhaupt irgendeine Statistik über die Anzahl an Geldbußen bzw. Verwarnungsgelder für Kraft- und Radfahrer? Hast Du irgendwelche belastbaren Zahlen zu Anklagen und Verurteilungen?

    Oder argumentierst Du nur aufgrund Deiner persönlichen Erlebnisse und dem was "man" so sagt?

  • Es gibt im Straßenverkehr keine Rechte, auf die man verzichten könnte. Es gibt nur Regel.

    Da du ja immer wieder darauf herumreitest: Auf dem Wasser und in der Luft gibt es den Begriff "Vorfahrt" nicht. Da gibt es bei Begegnung von zwei Wasserfahrzeugen oder Flugzeugen eins, das ist ausweichpflichtig und das andere ist kurshaltepflichtig. Wer nicht ausweichen muss, darf sich also nicht uneindeutig verhalten, damit der andere weiß, wie er ausweichen kann.

    Im Straßenverkehr wird aber Radfahrern geraten, sich maximal unvorhersehbar zu verhalten, weil sie im Falle eines Unfalls den größeren Schaden hätten. Dann kommt es zu solchen Situationen voller Missverständnisse, die zum Unfal führen. Dass Radfahrer von rechtsabbiegenden LKW überfahren werden, weil sie ihren Vorrang erzwingen wollten, ist doch einfach nur eine blödsinnige Unterstellung.