Tatütata, die neue StVO ist da

  • Nach dem Wortlaut wohl alle. Aber da steht "an Kreuzungen und Einmündungen". Hinter der Kreuzung gelten also auf jeden Fall wieder die 1,5m.

    Es geht Im Wesentlichen also nur um die Situation beim Anfahren.

    Aber das ist dann doch doppelt unsinnig, weil wie David Scott richtig gesagt hat, man beim Anfahren pendelt, und weil auf der Kreuzung durch den freien Platz vor wartenden Linksabbiegern der Gegenrichtung ja noch genug Platz für ausreichend Abstand sein sollte, im Fließverkehr hinter der Kreuzung aber evtl. nicht mehr... das klingt so richtig nach einer Rache für Radfahrer, die sich an den wartenden KFZ "vorbeimogeln" und einfach abkürzen (was sie ja dürfen), damit man es ihnen dann wenigstens beim Losfahren richtig zeigen kann. Noch schwieriger wird es bei vorgelagerten Aufstellflächen, durch die die ganze Regel ad absurdum geführt wird.

    Wahrscheinlich sollte man nicht so sehr nach einem nachvollziehbaren Sinn fragen und das ganze eher als übergeblienenes Artefakt des Innenministeriums sehen, das durch absichtliches Schwanken und spurmittige Fahrt im Bereich der Kreuzung ausgeglichen werden muss. ;)

  • Aber das ist dann doch doppelt unsinnig, weil wie David Scott richtig gesagt hat, man beim Anfahren pendelt

    Der Hintergrund ist meines Wissens nach, dass das Auto, das neben dem Radfahrer steht, ja nicht plötzlich zur Seite springen kann, um 1,5 m Abstand herzustellen. Und eine Wartepflicht für den Autofahrer, bis der Radfahrer vor ihm ist, wäre mMn nicht angemessen.

    Die Regelung ist für diesen Zweck ganz schön misslungen. Andererseits sind beim Anfahren die Geschwindigkeiten auch geringer (und damit die Unfallfolgen kleiner) als im normalen Fließverkehr.

  • Der Hintergrund ist meines Wissens nach, dass das Auto, das neben dem Radfahrer steht, ja nicht plötzlich zur Seite springen kann, um 1,5 m Abstand herzustellen. Und eine Wartepflicht für den Autofahrer, bis der Radfahrer vor ihm ist, wäre mMn nicht angemessen.

    Die Regelung ist für diesen Zweck ganz schön misslungen. Andererseits sind beim Anfahren die Geschwindigkeiten auch geringer (und damit die Unfallfolgen kleiner) als im normalen Fließverkehr.

    Die Situation „mehr als ein Radler überholen mehrere Autos rechts“ dürfte es in der Praxis wohl nur mit Schutzstreifen geben. Und da gilt, dass unabhängig von irgendwelchen Mindestabständen (auch) der Radfahrer nicht über die Markierung kreuzen/ragen darf, wenn jenseits davon wer ist. IOW: der Radler muss notfalls solange stehenbleiben, bis alle FZ links von ihm weg sind, wenn er es nicht schafft, loszufahren, ohne dabei über den Strich zu eiern.

    Der 1,5m-Abstand soll mE Radfahrer v.a. davor schützen, von einem wesentlich schneller fahrenden FZ von hinten überrascht und dadurch zu gefährlichen Schreckreaktionen veranlasst zu werden. Der Überraschungseffekt dürfte sich beim gemeinsamen Anfahren allerdings ebenso in Grenzen halten wie auch die angeblich so mörderische Magnet-Windschleppe:evil:, von der alle immer reden, sobald es um Mindestabstände geht

  • Der Hintergrund ist meines Wissens nach, dass das Auto, das neben dem Radfahrer steht, ja nicht plötzlich zur Seite springen kann, um 1,5 m Abstand herzustellen. Und eine Wartepflicht für den Autofahrer, bis der Radfahrer vor ihm ist, wäre mMn nicht angemessen.

    Dann könnte man es aber vom Wortlaut auf die direkt neben einem KFZ stehenden Radfahrer beschränken - es sind aber explizit alle mit erwähnt, die vorher rechts überholt haben und vor dem KFZ stehen, nicht daneben.

    Die Situation „mehr als ein Radler überholen mehrere Autos rechts“ dürfte es in der Praxis wohl nur mit Schutzstreifen geben. Und da gilt, dass unabhängig von irgendwelchen Mindestabständen (auch) der Radfahrer nicht über die Markierung kreuzen/ragen darf, wenn jenseits davon wer ist. IOW: der Radler muss notfalls solange stehenbleiben, bis alle FZ links von ihm weg sind, wenn er es nicht schafft, loszufahren, ohne dabei über den Strich zu eiern.

    Der 1,5m-Abstand soll mE Radfahrer v.a. davor schützen, von einem wesentlich schneller fahrenden FZ von hinten überrascht und dadurch zu gefährlichen Schreckreaktionen veranlasst zu werden. Der Überraschungseffekt dürfte sich beim gemeinsamen Anfahren allerdings ebenso in Grenzen halten wie auch die angeblich so mörderische Magnet-Windschleppe:evil:, von der alle immer reden, sobald es um Mindestabstände geht

    Schutzstreifen sind doch Teil der Fahrbahn, ohne dass man sie benutzen muss. Man darf also als Radler immer und jederzeit die Linien kreuzen, wie man lustig ist, aber ein Autofahrer darf das nur in bestimmten Situationen (Zufahrt zu Parkplätzen und Hofeinfahrten, Rechtsabbiegen und Ausweichen im Begegnungsverkehr), aber in all diesen Situationen auch nur dann, wenn kein Radfahrer behindert wird (faktisch also erst dann, wenn alle Radfahrer durchgefahren und weg sind). An der Ampel ist die Situation "Schutzstreifen" nichts anderes als eine Menge von Autofahrern, die sich links statt rechts eingeordnet haben und somit an der rechten Seite Platz gelassen haben.

    Der Sicherheitsabstand ist ein grundsätzlicher Mindestabstand (bei höheren Geschwindigkeiten und z. B. LKW sind laut Gerichtsurteilen mehr nötig als 1,5 bzw. 2,0 m) und dient der Sicherheit des Radfahrers bei Stürzen - deshalb ist er so bemessen, dass selbst bei einem Umfallen aus dem Stand (z. B. durch Klickpedale oder Gleichgewichtsverlust) ein nachfolgender PKW den Radler nicht unabsichtlich überfahren kann. Dass das Anfahren in den Augen des Gesetzgebers nicht so harmlos ist, wie du schreibst, sieht man schon an den Urteilen zum Rechts-Vorbeifahren an wartenden KFZ - mit "ausreichend Abstand" und unter "äußerster Vorsicht" ist es erlaubt, aber nur, solange die KFZ stehen oder sich nur unwesentlich (Schrittgeschwindigkeit) bewegen. Fahren sie bereits wieder an, ist es streng verboten, eben aus diesem Sicherheitsgedanken heraus.

    Diese Regel sorgt für zusätzliche Ungleichbehandlung und Verwirrung, z. B. wenn ein Radler als erster an die Ampel kommt, gilt für ihn der Mindestabstand, für die dahinter nur der ausreichende Abstand, weil sie an den wartenden KFZ vorbeigefahren sind. Und wenn z. B. ein KFZ an der Ampel wartet und Radfahrer 1 sich hinter diesem aufstellt statt rechts vorbeizufahren, danach aber dann Radfahrer 2 doch dran vorbeifährt, darf ein zweites KFZ dahinter dann RF 1 nur mit 1,5 Metern überholen, danach RF 2 weiter vorne aber mit gegebenenfalls geringerem Abstand, und ein drittes KFZ das noch später kam muss bei beiden den 1,5er-Abstand einhalten. Das ist einfach unlogisch, wenn man es aus Sicherheitsaspekten betrachtet - es macht nur Sinn, wenn man ein "Jetzt hab ich diese nervigen Radfahrer grade überholt und jetzt sind die wieder vor mir und ich darf nicht vorbei!" als Motivation einsetzt...

  • Schutzstreifen sind doch Teil der Fahrbahn, ohne dass man sie benutzen muss. Man darf also als Radler immer und jederzeit die Linien kreuzen, wie man lustig ist,

    Nicht wirklich siehe in den Untiefen DES Urteils des OVG Lüneburg.

    Nach dem Wortlaut der Regel beim Vz 340 darf man auch als Radler oft nicht rechts vom Strich fahren, weil man ohne Stau vorweg keinen Bedarf hat, denn auch Radler führen ja ein Fahrzeug ...:saint:

  • Schutzstreifen sind doch Teil der Fahrbahn, ohne dass man sie benutzen muss. Man darf also als Radler immer und jederzeit die Linien kreuzen, wie man lustig ist,

    Stimmt in dieser Ausschließlichkeit nicht: sofern schon anderer Verkehr jenseits der Linie ist oder dort unmittelbar eintreffen wird, hat er Vorrang, denn die Erläuterung zu Z.340 StVO (Leitlinie) besagt: "Wer ein Fahrzeug führt, darf Leitlinien nicht überfahren, wenn dadurch der Verkehr gefährdet wird." *)

    *) "Verkehr nicht gefährden" ist die StVO-übliche Floskel für "anderer Verkehr hat bedingt Vorrang". Man braucht nicht extra Platz zu machen, wenn man schonmal da ist und ein anderer später hinzukommt (dann würde die StVO vorschreiben, dass anderer Verkehr nicht behindert werden darf...), aber bei Konflikten um die gleiche Straßenfläche darf der andere immerhin zuerst fahren.

  • Nach ein paar Tagen muss ich sagen, dass sich die neuen Strafen ganz hilfreich anfühlen.

    Habe heute das erste Mal einen Rechtsabbieger angezeigt, der einen Radfahrer gefährdet hat.

    Also wenn sich die neuen Strafen herumsprechen, könnte das im Alltag wirklich zu mehr Vorsicht führen.

    140€, 1 Punkt und 1 Monat möchten die meisten dann doch nicht zu häufig haben.

    Auch der Falschparker überlegt sich das hoffentlich nochmal. Über 30€ hätte er vermutlich gelacht.

    Aber 70€ und ein Punkt sind da schon etwas anderes. Und in dem speziellen Fall hätte er wohl anständig in der Parkbucht geparkt und sich nicht diagonal reingestellt, inklusive Blockade von 1/3 des Radwegs.

  • Erst mal abwarten, ob solche Anzeigen überhaupt zu einem Ergebnis führen. Hier in Bruck würde so etwas im Sande verlaufen. Beim parken sagt die Polizei sagt -> nicht zuständig, Ordnungsamt. Ordnungsamt sagt, nur was wir selber sehen.Für Anzeigen ist die Polizei zuständig.

    Im fließenden Verkehr, fragt die Polizei ob was passiert ist, Sachschaden oder Verletzte, wenn nein kein Handlungsbedarf

  • Das ist in Berlin zum Glück anders. Noch nicht perfekt, aber anders:

    Die Bußgeldstelle hat extra eine Mailadresse für Privatanzeigen im ruhenden Verkehr eingerichtet. Für letztes Jahr haben sie die Statistik veröffentlicht: für etwas über 50 % der eingegangenen Mails wurde ein Bußgeldverfahren eingeleitet. Mehr wäre natürlich schöner.

    Und auch bei der Polizei hat sich der Umgang mit Radfahrern gewandelt. Noch vor ein paar Jahren war es hier genauso wie anderswo: Keiner verletzt? Keine Anzeige!

    Das erlebe ich inzwischen normalerweise nicht mehr. Wenn ich mal eine Anzeige persönlich und nicht über die Internetwache aufgebe, erlebe ich normalerweise Polizisten, die die Probleme ernst nehmen. Und sie vermitteln den Eindruck, die Dinge auch ändern zu wollen.

    Nicht immer, aber inzwischen meistens.

  • Also wenn sich die neuen Strafen herumsprechen, könnte das im Alltag wirklich zu mehr Vorsicht führen.

    140€, 1 Punkt und 1 Monat möchten die meisten dann doch nicht zu häufig haben.


    Auch der Falschparker überlegt sich das hoffentlich nochmal. Über 30€ hätte er vermutlich gelacht.

    Bei uns in der Gegend werden ja ab dem späteren Nachmittag die Gehwege und Kreuzungsbereiche teilweise dreifach zugeparkt (einer auf dem Gehweg, zwei entlang der Fahrbahnrundung). Vor ein paar Tagen war das Ordnungsamt da und hat rote Zettel mit der Ankündigung hinterlassen, dass bald ein Bußgeldbescheid ins Haus trudeln werde. Der eine hat den roten Zettel vom Wischer entfernt, der nächste parkt am nächsten Abend wieder dort. Entweder rechnen sich die Leute aus, dass statistisch gesehen der eine Punkt schon verjährt ist, bevor das Ordnungsamt ein zweites Mal vorbeikommt, oder die neuen Tarife haben sich einfach noch nicht herumgesprochen.

  • Vor ein paar Tagen war das Ordnungsamt da und hat rote Zettel mit der Ankündigung hinterlassen, dass bald ein Bußgeldbescheid ins Haus trudeln werde.

    Hast Du mal geschaut, ob da wenigstens der korrekte Tatbestand draufsteht? Also "mit Behinderung"?

    oder die neuen Tarife haben sich einfach noch nicht herumgesprochen.

    Nach den paar Tagen würde ich mal davon ausgehen.

    Wie viel sich tatsächlich ändert, werden wohl erst die nächsten Jahre zeigen.

    Die Abschreckung der höheren Strafe ist ja der erste Effekt.

    Ein anderer ist, dass Kontrollen wirtschaftlicher werden. Denn auch wenn die öffentliche Ordnung eigentlich keinen Preis haben sollte, ist Geld nunmal immer knapp. Da kann man nun bestimmt schonmal ein paar Leute zusätzlich einstellen. Aber vor 2021 (neues Haushaltsjahr) wird da wohl nichts passieren. Vielleicht auch erst 2022.

  • Hast Du mal geschaut, ob da wenigstens der korrekte Tatbestand draufsteht? Also "mit Behinderung"?

    Das sind diese Zettel hier:

    Den Zettel hat übrigens ein Nachbar verloren, der an einer anderen Stelle gerne auf dem Gehweg direkt vor der Haustür parkt und sein Knöllchen so lange mit einer extrem stolz geschwellten Brust, für die er wahrscheinlich erstmal den Fahrersitz zurückschieben muss, durch die Gegend fährt, bis es irgendwann im lauen Frühlingswind davonflattert.

  • Na wie üblich: ohne Qualifikation "mit Behinderung" (wäre unten anzukreuzen).

    Obwohl es in einer Großstadt praktisch unmöglich ist, ohne Behinderung anderer falsch zu parken.

    Außerdem: Scheinbar fehlende Digitalisierung. Oder haben die Ordnungskräfte ein Gerät zur Erfassung der Owis dabei und nur der Drucker fehlt?

  • Obwohl es in einer Großstadt praktisch unmöglich ist, ohne Behinderung anderer falsch zu parken.

    Naja, drüben am Westring ist der Gehweg 4,5 bis 5 Meter breit, da kann man schon einen Kleinwagen abstellen, ohne einzelne Fußgänger zu behindern. Hier in meinem Wohngebiet stört mich auch gar nicht mal unbedingt der eingeengte Gehweg, sondern eher die abschnittenen Sichtachsen. Teilweise sind das hier Tempo-30-Zonen mit üblem Kopfsteinpflaster, aber die Leute gurken trotzdem

    Außerdem: Scheinbar fehlende Digitalisierung. Oder haben die Ordnungskräfte ein Gerät zur Erfassung der Owis dabei und nur der Drucker fehlt?

    Das passiert mit einer Art Smartphone, siehe hier auf dem zweiten Bild und da. Warum es keinen Drucker gibt, sondern noch Post nach Hause geschickt wird, weiß ich leider nicht.

  • Warum es keinen Drucker gibt, sondern noch Post nach Hause geschickt wird, weiß ich leider nicht.

    Naja, den Drucker halte ich nicht für relevant aber die Post nach hause für zwingend, weil ein Zettel unter dem Scheibenwischer keine rechtssichere Zustellung darstellen kann. Deine letzten drei Zettel unter dem Bremsgriff habe übrigens ich mitgenommen, falls Du Dich fragst, warum gleich das höhere Bußgeld fällig wird.

  • Na wie üblich: ohne Qualifikation "mit Behinderung" (wäre unten anzukreuzen).

    Obwohl es in einer Großstadt praktisch unmöglich ist, ohne Behinderung anderer falsch zu parken.

    Bedeutet "mit Behinderung" nicht, dass jemand konkret behindert worden sein muss? Ich meine mich an ein Urtiel zu erinnern, bei dem der OA-Mitarbeiter sich selbst angegeben hat. Er wurde beim Gehen auf dem Gehweg behindert und der Richter hat das kassiert.

  • Bedeutet "mit Behinderung" nicht, dass jemand konkret behindert worden sein muss?

    Ja, das bedeutet es. Wobei die Schwelle für eine Behinderung extrem niedrig liegt. Da genügt jede eigentlich nicht beabsichtigte Handlung. Kurzzeitige Verwirrung reicht schon. Wenn also auf einem 5 m breiten Fußweg ein Auto parkt, genügt es schon, wenn ein einzelner Fußgänger einen leichten Bogen laufen muss.

  • Bedeutet "mit Behinderung" nicht, dass jemand konkret behindert worden sein muss?

    So ist es. Deshalb schreibe ich Anzeigen auch nur, wenn ich selbst konkret behindert wurde. Bin ja nicht Knöllchen-Horst.


    für etwas über 50 % der eingegangenen Mails wurde ein Bußgeldverfahren eingeleitet

    Man muss je einige Angaben machen und Beweisfotos mitliefern. Klar, dass dann vieles nicht bearbeitet werden kann.

    Solange Dummheit als plausible Erklärung ausreicht, sollte man keinen Vorsatz annehmen.