Ich fand es eigentlich auch eindeutig: "Radverkehr (...) zu rechnen ist " ist eine Eigenschaft der Kreuzung und nicht der konkreten Verkehrssituation.
Damit ist innerorts an fast allen Kreuzungen Schrittgeschwindigkeit verpflichtend (die wesentlichen Ausnahmen sind Autobahnen, freie Rechtsabbieger und Abbiegerampeln).
Ich könnte deine Auffassung teilen, stünde im Verordnungstext „wo mit Radverkehr zu rechnen ist“ — das bezöge sich dann auf den gesamten Kreuzungsbereich, auf das gesamte Stadtgebiet, auf was auch immer. Der Verordnungsgeber hat sich aber für die Formulierung „wenn mit Radverkehr zu rechnen ist“ entschieden und zielt in der Begründung überdies darauf ab, die Anzahl der Situationen, in denen Lkw-Fahrer langsam abbiegen müssen, im Interesse der Verkehrsleistung der Knotenpunkte zu reduzieren. Ich halte es weder für abwegig noch für eine böswillige Interpretation, dass im Winter oder nachts vielleicht nicht mehr so sehr vorsichtig abgebogen werden muss.