Tatütata, die neue StVO ist da

  • Ich fand es eigentlich auch eindeutig: "Radverkehr (...) zu rechnen ist " ist eine Eigenschaft der Kreuzung und nicht der konkreten Verkehrssituation.

    Damit ist innerorts an fast allen Kreuzungen Schrittgeschwindigkeit verpflichtend (die wesentlichen Ausnahmen sind Autobahnen, freie Rechtsabbieger und Abbiegerampeln).

    Ich könnte deine Auffassung teilen, stünde im Verordnungstext „wo mit Radverkehr zu rechnen ist“ — das bezöge sich dann auf den gesamten Kreuzungsbereich, auf das gesamte Stadtgebiet, auf was auch immer. Der Verordnungsgeber hat sich aber für die Formulierung „wenn mit Radverkehr zu rechnen ist“ entschieden und zielt in der Begründung überdies darauf ab, die Anzahl der Situationen, in denen Lkw-Fahrer langsam abbiegen müssen, im Interesse der Verkehrsleistung der Knotenpunkte zu reduzieren. Ich halte es weder für abwegig noch für eine böswillige Interpretation, dass im Winter oder nachts vielleicht nicht mehr so sehr vorsichtig abgebogen werden muss.

  • Das ist ja eine ganz neue Auslegung, die im VP nicht gebracht wurde.

    Wir haben also drei Auslegungen, wann kein Schritt nötig ist:

    1. Eigenschaft der Kreuzung
    2. "Lkw-Fahrer hat geguckt"
    3. "Um die Zeit kommt bestimmt kein Radfahrer."

    In der Begründung gibt es eine Aufzählung von Situationen, in denen die Begrenzung nicht gelten soll: Ampelschaltungen und Verkehrsverbote.

    Spatestens damit ist doch klar, dass Variante 1 gemeint ist.

    Und selbstverständlich ist auch im Winter und nachts mit Radfahrern zu rechnen. Oder muss man da etwa keinen Schulterblick machen?

    Edit: "wo mit Radverkehr zu rechnen ist" ist meines Wissens nach kein Hochdeutsch. Das kommt doch aus dem Schwäbischen, oder?

    2 Mal editiert, zuletzt von Epaminaidos (10. März 2020 um 08:56)

  • Edit: "wo mit Radverkehr zu rechnen ist" ist meines Wissens nach kein Hochdeutsch. Das kommt doch aus dem Schwäbischen, oder?

    "Wer ein Kraftfahrzeug mit einer zulässigen Gesamtmasse über 3,5 t innerorts führt, muss beim Rechtsabbiegen mit Schrittgeschwindigkeit fahren," "wo mit Radverkehr zu rechnen ist"

    Ich denke das ist nicht umgangssprachlich oder regional, da es sich tatsächlich auf einen Ort bezieht (im Gegensatz zu "Das Kind, wo Eis isst"). MMn Punkt 2a hier: https://www.duden.de/rechtschreibun…Relativpronomen

  • In der Begründung gibt es eine Aufzählung von Situationen, in denen die Begrenzung nicht gelten soll: Ampelschaltungen und Verkehrsverbote.

    Spatestens damit ist doch klar, dass Variante 1 gemeint ist.

    Gut, der Punkt geht an dich. Ich hatte irgendwie im Hinterkopf, dass in der Begründung etwas von „wo nach den Umständen entsprechend mit Radverkehr zu rechnen ist“ stünde, aber da habe ich mich wohl vollkommen verrannt.

  • Das Bundesverkehrsministerium feiert sich bereits für die neuen Regelungen der Änderungsverordnung. Ich halte die drei Komperative in der Überschrift für ziemlich übertrieben, aber beim Bundeskraftverkehrsministerium sieht man sich wohl in der Position, langsam mal für gute Nachrichten zu sorgen: Wir machen den Straßenverkehr noch sicherer, klimafreundlicher und gerechter

  • Das Bundesverkehrsministerium feiert sich bereits für die neuen Regelungen der Änderungsverordnung. Ich halte die drei Komperative in der Überschrift für ziemlich übertrieben, aber beim Bundeskraftverkehrsministerium sieht man sich wohl in der Position, langsam mal für gute Nachrichten zu sorgen: Wir machen den Straßenverkehr noch sicherer, klimafreundlicher und gerechter

    Typisches DDR-Sprech. Es wird unterstellt, X habe bereits die Eigenschaften a, b und c ...

  • Immerhin man hat bei dem Überholabstand auch an Fußgänger gedacht, dies sind dort auch aufgeführt. Finde ich gut. Hoffentlich wird die Einhaltung dieser Regel dann aber in Zukunft auch kontrolliert.

    Doomsday: It's nature's revenge for what we've done (Chris Pohl)

  • Immer noch nichts neues im Bundesgesetzblatt:

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  • Da stellt sich mir die Frage: Jetzt wo Corona ist und wir ja eine besondere Situation haben, dürfen da aus Sicherheitsgründen auch die Lobbyisten nicht mehr ins Reichstagsgebäude?

    Freie Geh/Radwege kommen nicht, der 52GW Deckel bei Photovoltaik besteht immer noch (der Klimawandel wartet nicht, nur weil gerade nicht über ihn berichtet wird); man versucht heimlich die Bürgerenergiewende zu beenden.

    Es ist schon interessant, um das Gesundheitssystem zu entlasten kann man Verhalten bestrafen, was niemandem schadet, z.B. alleine auf einer Parkbank zu sitzen. Richtig paradox wird es, wenn Leute hohe Geldstrafen dafür zahlen, ihre Schnacks selber mitgebracht zu haben, statt sie am Kiosk zu kaufen (da dürfte die Gefahr sich anzustecken sogar höher sein).

    Würde man Krankenhäuser entlasten wollen und die Luft verbessern (Verringerung Lungentote) könnte man auch probeweise mal die maximalen Geschwindigkeiten innerorts/außerorts senken und ein Limit auf der Autobahn einführen. Seltsam gerade kann man massiv, ohne vernünftige Kontrolle und teilweise ohne Sinn die Grundrechte einschränken. Auf der anderen Seite wird über Reglungen die wirklich was bringen würden und nicht mal in Grundrechte eingreifen nicht mal nach gedacht. Z.B.für die Dauer der Schutzabstände innerorts alle Radwege zu Gehwegen zu erklären und den Radverkehr nur noch auf der Fahrbahn (wo für alle Tempo 30 angeordnet wird) stattfinden zu lassen. Das würde die Abstände "ungeschützter" Verkehrsteilnehmer erhöhen, diese an vielen Stellen überhaupt erst möglich machen. Aber da hat man wohl Angst, dass so eine Reglung funktionieren könnte und dann große/starke Autos nicht mehr so benötigt werden.

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  • Nächsten Montag soll es eventuell soweit sein:

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  • Das wäre schön. Das parken auf Gehwegen/Radwegen teurer wird führt dann hoffentlich dazu, dass die Strafen dafür auch geahndet werden. Ab dann lohnt es sich ja, bisher sind die Verwaltungskosten fürs durchsetzten vermutlich höher als die Bußgelder selber.

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  • Erinnert ihr euch daran, wer damals den Begriff des Kampfradlers prägte und den Diskurs über die Verkehrswende damit ganz geschickt über Jahre vergiftete?

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  • Tatütata, jetzt wirklich da:

    Bundesgesetzblatt

    Ah, ich wollte gerade vorhin noch schreiben, dass es immer noch fehlt.

    Bei Twitter haben wir gerade gerade das nächste Problem festgestellt: In einigen Behörden können die neuen Bußgelder noch nicht genutzt werden:

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    Das ist ja ein Problem, das ich noch überhaupt nicht auf dem Schirm hatte. Ich gehe mal davon aus, dass das kein Mainz-spezifisches Problem ist, sondern auch anderswo auftritt?

    Edit: In Essen gibt es auch Probleme: Noch keine härteren Strafen für Autofahrer

  • Tatütata, jetzt wirklich da:

    Bundesgesetzblatt

    Danke für den Link. Im Abschnitt zum Überholabstand steht ja jetzt folgendes:

    Zitat

    Beim Überholen muss ein ausreichender Seiten- abstand zu den anderen Verkehrsteilnehmern eingehalten werden. Beim Überholen mit Kraftfahrzeugen von zu Fuß Gehenden, Rad Fahrenden und Elektrokleinstfahrzeug Führenden beträgt der ausreichende Seitenabstand innerorts mindestens 1,5 m und außerorts mindestens 2 m. An Kreuzungen und Einmündungen kommt Satz 3 nicht zur Anwendung, sofern Rad Fahrende dort wartende Kraftfahrzeuge nach Absatz 8 rechts überholt haben oder neben ihnen zum Stillstand gekommen sind.

    Ich hatte es von vor ein paar Monaten noch so im Kopf, dass die fett markierte Regelung im Bundesrat dann rausgefallen wäre, jetzt ist sie aber doch wieder drin. Bezieht sich das nur auf das unmittelbar neben einem Radfahrer wieder anfahrende KFZ (damit bei einer Reihe von hintereinander wartenden Radfahrern nicht alle KFZ warten müssen, bis auch der letzte Radfahrer über die Kreuzung ist und es schon wieder rot wird), oder bezieht es sich auf alle wartenden KFZ, die der Radfahrer überholt hat? Zweiteres wäre ja im Stadtverkehr/Stop&Go der Normalfall und würde damit die Regel faktisch weitgehend außer Kraft setzen. Andererseits würde dann dort nur wieder der allgemeine ausreichende Abstand aus der bisherigen Fassung bzw. dem Satz davor gelten, den Gerichte in solchen Fällen auf etwa 1,5 Meter festgesetzt haben... ^^

    Lustig wird es dann wohl auch, wenn man zufällig an einer leeren Ampel vorne ankommt, ohne jemanden überholt zu haben, z. B. weil man aus einer Nebenstraße oder vom Fahrbahnrand angefahren ist. Da müsste dann jeder Autofahrer Buch führen, dass er den ersten Radler nicht mit weniger als 1,5 Meter überholen darf, den zweiten dahinter aber schon, weil der vorhin kurz im Rückspiegel sichtbar war. Als Autofahrer wird man also faktisch entweder alle oder keinen Radler mit ausreichendem Abstand überholen, je nach eigener Einstellung. Ob das so im Sinn der Verfasser war?

  • Ich bin pünktlich um Mitternacht zu einem kurzen Mitternachtsspaziergang aufgebrochen. Auch wenn die Bußgelder im internationalen Vergleich lächerlich sein mögen, so liegt im Vergleich zu unseren bisherigen Bußgeldern das Geld quasi auf der Straße: 55 Euro hier…

    … 70 Euro und einen Punkt hier:

    Hier bin ich mir nicht ganz sicher, zum Parken auf dem Schutzstreifen finde ich kein Bußgeld. Halten auf dem Schutzstreifen kann’s ja nicht sein, das würde aber immerhin 55 Euro kosten, mit Behindern 70 Euro und einen Punkt, wenn das Ding unter Radweg sein sollte, weil man mit den Fachbegriffen mal wieder nicht zurecht kam, kostet die Übernachtung sogar 70 Euro und einen Punkt:

    Ich find’s tatsächlich toll, dass mit dem Sammelpunkt fürs Gehweg- und Radwegparken dieses ständige Zuparken der Verkehrsflächen für nichtmotorisierte Verkehrsteilnehmer abgestellt werden könnte. Wenn man hier im Wohngebiet (!) spazieren geht, muss man an jeder dieser kleinen Bummelkreuzungen aufpassen, nicht von abbiegenden Kraftfahrern übersehen zu werden, weil das doppelt ordnungswidrige Parken im Kreuzungsbereich und auf dem Gehweg nebenan jegliche Sichtbeziehungen unterbindet.

    Jetzt bräuchten wir nur noch eine Ordnungsbehörde, die auch nachts Dienst schiebt und nicht mit 16 Mitarbeitern eine ganze Landeshauptstadt versorgen muss.

  • Bezieht sich das nur auf das unmittelbar neben einem Radfahrer wieder anfahrende KFZ (damit bei einer Reihe von hintereinander wartenden Radfahrern nicht alle KFZ warten müssen, bis auch der letzte Radfahrer über die Kreuzung ist und es schon wieder rot wird), oder bezieht es sich auf alle wartenden KFZ, die der Radfahrer überholt hat?

    Nach dem Wortlaut wohl alle. Aber da steht "an Kreuzungen und Einmündungen". Hinter der Kreuzung gelten also auf jeden Fall wieder die 1,5m.

    Es geht Im Wesentlichen also nur um die Situation beim Anfahren.