Um mal den Ansatz, den ich verfolge, zu verdeutlichen:
Mobilitätssysteme müssen so gewählt werden, dass es möglich ist, dass alle Menschen in der Welt davon gleichermaßen partizipieren können.
Wenn du dem zustimmst, dann lohnt es sich darüber nachzudenken, wie ein solches Mobilitätssystem beschaffen sein muss.
Man kann natürlich die Sache auch so anpacken, dass man in Kauf nimmt, dass es für die Mehrheit der Menschen auf der Welt völlig aussichtslos ist, in dieser und auch in den nächsten Generationen, darauf zu hoffen, dass sich ihre Lebensumstände irgendwie verbessern. Man kann es hinnehmen, dass die Mobilitätsmöglichkeiten für die Mehrheit der Menschen auf der Welt sehr stark eingeschränkt bleiben werden, im Wesentlichen auf das beschränkt was fußläufig erreichbar ist. Ich empfinde das als ungerecht und halte es für wichtig daran zu arbeiten, dass allen Menschen eine auskömmliche Mobilität ermöglicht wird und nicht einige wenige in Autos fahren und viele andere zu Fuß gehen müssen.
Die nach meiner Einschätzung falschen "Heilsversprechungen", die von der Automobilindustrie, oder auch von Fluggesellschaften gestreut werden laufen darauf hinaus, dass die zunehmende technische Entwicklung und der Erfindereichtum der Menschen es eines Tages ermöglichen werden, dass alle Menschen ein so hohes Maß an Komfort in allen Lebensbereichen und Mobilitätsmöglichkeiten haben werden, wie das derzeit global betrachtet nur für wenige Menschen gilt. Um an der Stelle mal eine der bekanntesten Quellen zu nennen: "Grenzen des Wachstums" (1972), eine vom "Club of Rome" in Auftrag gegebene weltwirtschaftliche Studie.
Ich bin mir sicher, dass alle Menschen auf der Welt ein Fahrrad besitzen und fahren können, und dass das einen nachhaltigen Umgang mit den weltweit vorhandenen Ressourcen nicht ausschließt. Es wird jedoch über die Fahrraderreichbarkeit hinausgehende Mobilitätsbedürfnisse geben und es wird auch sinnvoll sein, diese befriedigen zu können, um zum Beispiel internationale Kontakte von Menschen zu ermöglichen, aber auch um wirtschaftliche und technologische Strukturen zu gewährleisten, die ihrerseits einen nachhaltigen Umgang mit den vorhandenen Ressourcen erst ermöglichen.
Und da kommt der ÖPNV ins Spiel, aber auch der öffentliche Reisefernverkehr.
Was den ÖPNV angeht behaupte ich: Ein kostendeckender und ressourcenschonender ÖPNV basiert darauf, dass die vorhandenen Fahrzeuge optimal eingesetzt werden. Und da du ja selbst schon danach fragtest: Im ländlichen Raum reduziert sich in den Abendstunden das Verkehrsgeschehen sehr stark. Deshalb kann da nur dann noch ein Bus (im ausgedünnten Takt) fahren, wenn der zu anderen Tageszeiten deutlich stärker ausgelastet ist. Und dazu braucht es die Stehplätze! Würde man im ländlichen Raum einen Omnibusverkehr für alle dort lebenden Menschen organisieren, dann bräuchte man zu den Verkehrsspitzen dreimal mehr Busse, wenn diese Menschen alle einen Sitzplatz haben sollen im Vergleich dazu wenn auch Stehplätze vorhanden sind und in Anspruch genommen werden.
Beipiel: Der MAN-Doppelgelenkbus der Üstra hat 44-48 Sitzplätze (jenachdem ob die Klappsitze in Anspruchgenommen werden können oder dort z.B. Kinderwägen stehen). Und der Bus hat 107 bis 113 Stehplätze (das ist ebenfalls abhängig von der Belegung mit Kinderwagen, Rollifahrer usw.). Über den Daumen sind das 50 Sitzplätze und 100 Stehplätze. https://www.uestra.de/unternehmen/be…us/dieselbusse/
Was die Größe der Stehplätze angeht: In dem von dir verlinkten Wikipedia-Artikel heißt es:
"In Beförderungsmitteln wird durchschnittlich von 4 Personen je Quadratmeter im Regelbetrieb ausgegangen (= 0,25 m² je Person). Bei verdichteter Beförderungszahl und Sonderanlagen von etwa 8 Personen je Quadratmeter (= 0,125 m² je Person)" Ich vermute mal, dass unter Beförderungsfällen auch Aufzüge zählen, denn da kommt man schon mal auf 0.125 m² Stehplatzfläche pro Person. Das habe ich nachgemessen. In Aufzügen ist ja stets die Personenzahl angegeben. Und die Bodenfläche lässt sich leicht messen. Wenn ich mir allerdings so manche mit Kindern vollgestopfte Schulbusse anschaue, dann erinnert das auch eher an einen vollgestopften Aufzug.
Die Sitzplatzfläche in einem ÖPNV-Fahrzeug habe ich mal mit Hilfe dieser Zeichnung nahgemessen: https://www.wikiwand.com/de/Herbert_Lindinger Die dargestellten TW 6000 werden seit 1975 in Hannover eingesetzt.
Mit Hilfe der angegebenen Maße lassen sich weitere errechnen und ich bin ziemlich exakt auf 0,5 m² für einen Sitzplatz (inkl. Fußraum) und 0,25 m² für einen Stehplatz gekommen.
Der TW 6000 hat 46 Sitzplätze. 46x0,5=23 m²
Und 104 Stehplätze. 104x0,25=26 m² https://www.uestra.de/unternehmen/be…dtbahn/tw-6000/
Stehplatzfläche und Sitzplatzfläche zusammen sind 59 m²
Die Gesamtlänge inkl. Fahrerkabine ist 27m die Breite 2,40m das ist eine Gesamtfläche von 64,8 m² (Siehe angegebene Zeichnung).
Die 5,8 m² Differenz ergeben sich aus dem Türenbereich, der nicht betreten werden darf und den beiden Fahrerkabinen.
Bei deinem Flugzeugbeispiel ist angegeben:
"Die Beinfreiheit bei den anderen Reihen ist bis zu 30 inches (76.20cm)" Das müsste eigentlich der Länge eines Sitzplatzes (inkl. Fußraum) entsprechen, weil dort die Beinfreiheit des Vordermannes anfängt, wo die eigene Beinfreiheit endet.
Zur Breite steht in dem Dokument: "Die Sitzbreite zwischen den Armlehnen ist bis zu 17 inches (43cm)" Wenn ich noch jeweils 10 cm Armauflage auf den Armlehnen dazunehme, dann ist das eine Breite von 63cm.
63x76,2=4800,6 cm² Das sind also ebenfalls ca. 0,5 m² Sitzplatzfläche in einem solchen Flugzeug. https://www.ryanair.com/de/de/nutzlich…abe-im-flugzeug
in Omnibussen ist der Sitzplatz deutlich schmaler, denn die sind 2,55m breit (außen). Bei vier Sitzen von jeweils 63cm Breite (das wären insgesamt 252 cm) würde dann kein Platz mehr für den Flur bleiben. Außerdem hat ein Gelenkomnibus (s. o. ) 18 m Länge und ist nur wenig breiter als die angegebene Stadtbahn. Dafür ist die Stadtbahn deutlich länger. Trotzdem sind für den MAN-Omnibus 44-48 Sitzplätze angegeben.