Autoverkehrsflächen fressen Fahrradverkehrsflächen auf – weil die Autos immer „dicker“ werden

  • Ich hatte nicht vor, so weit off-topic auszuholen. Aber da ich den Begriff "Verschwörung" in die Diskussion eingeführt habe, möchte ich nochmal kurz den Satz hervorholen, auf den er sich bezog (auf diesen und auf nichts anderes):

    müsste nicht sein, wenn es nicht diesen quasi heimlichen Lehrplan der Autolobby gäbe, macht euch überall breit - den Autos gehört die Welt.

    Twitter: @Nbg_steigt_ab

  • Eben. Eigentlich ist er ja gar nicht heimlich.

    Eigentlich ist er (der heimliche Lehrplan) eher unheimlich!
    Über den Dieselskandal sprach ich mit Vertetern der Autolobby (Autofahrer + ADAC-Mitglied). Da wurde Anfangs die Position kultiviert, dass es ja nur um amerikanischen Protektionismus ginge. Im weiteren Verlauf als die Manipulationen immer offensichtlicher wurden, auch hinsichtlich europäischer Grenzwerte , sprach ich hin- und wieder mit Autofahrern, die felsenfest davon überzeugt waren, dass die geforderten Grenzwerte technisch gar nicht erreicht werden könnten, die Automobilproduzenten also angeblich gezwungen waren, eine "Betrugs-Software" zu entwickeln, die zwar den Anforderungen des Prüfstandes entsprechende Abgaswerte ermöglicht, im praktischen Fahrbetrieb jedoch keine Abgase reinigt (oder nur sehr ungenügend).
    Um auf den Punkt zu kommen: Viele Autofahrer sehen es als ganz natürlichen und selbstverständlichen Prozess an, dass Autos immer breiter, länger, höher und schwerer werden und gleichzeitig bessere Beschleunigungswerte als ihre Vorgängermodelle erreichen. Das nenne ich den heimlichen Lehrplan.
    Diesem heimlichen Lehrplan wird untergeordnet, dass die Regeln der Physik sich nicht so ohne weiteres außer Kraft setzen lassen. Wenn mehr Masse immer schneller beschleunigt werden soll, dann entstehen daraus zusätzliche Abgasprobleme. Leider gelingt es nach meiner Beobachtung der Automobilindustrie derzeit erfolgreich diese physikalisch gegebenen Begrenzungen dadurch zu umgehen, dass Autos mit Elektroantrieb etabliert werden, bei denen große Masse, große Abmessungen und starke Beschleunigungen sich nicht mehr negativ auf die Abgaswerte auswirken.

    Siehe zum Beispiel die Tesla-Produktwerbung im Internet: "Mit beispielloser Leistung, möglich gemacht durch Teslas einzigartigen, vollelektrischen Antrieb, beschleunigt das Model S von 0 auf 100 km/h in gerade mal 2,7 Sekunden."  (Zum Vergleich: Der 7er-BMW mit dem leistungsstärksten Motor brauch 3,7 Sek. siehe: )

    Länge des Tesla Model 2: Gerade mal 2,1 cm fehlen, um auf genau 5 m Länge zu kommen!

    Breite: Gerade mal 3,6 cm fehlen um bei eingeklappten Außenspiegeln auf 2 m Breite zu kommen. Sind die Außenspiegel ausgeklappt, dann ist das Auto 2,19 m breit.

    Über das Gewicht habe ich keine Angaben auf der angegebenen Seite gefunden. Bei wikipedia ist ein Leergewicht von 2,0 bis 2,1 t angegeben.

    Und sollte eines Tages die Entsorgung der Batterien zu einem Problemfall werden, dann ist schon jetzt absehbar, dass die "bösen Umweltschützer" daran angeblich Schuld haben, dass so viele Batteriefahrzeuge gebaut wurden.

    Denn genau nach diesem Schema wird derzeit von vielen (meine Erfahrung, eine Studie hab' ich dazu noch nicht gelesen) Autofahrern versucht, die weite Verbreitung der Dieseltechnik bei PKW zu rechtfertigen: Angeblich blieb den Autoproduzenten gar keine andere Wahl als der Dieselmotor, weil er im Vergleich zum Benziner bei gleichem CO2-Ausstoß eine höhere Leistung bringe. Und die höhere Leistung ist - heimlicher Lehrplan - notwendig, um den angeblich "natürlichen und selbstverständlichen Prozess, dass Autos immer breiter, länger, höher und schwerer werden" gerecht zu werden.

  • Die Abgasproblematik wird so oder so klein geredet. Fakt bleibt, das Autos (besonders durch den immer größer/stärker Trend) sehr ineffizient sind. Das führt ja nicht nur zu den Abgasen die ein PKW selbst erzeugt. Der Kraftstoff muss davor erst mal erzeugt und zur Tankstelle gebracht werden. Was die Tankschiffe dafür raus blasen ist schon nicht gerade wenig. Der Strom für E-Autos muss ja auch irgendwoher kommen und deren Akkus (bzw. die Rohstoffe dafür) sind ebenfalls begrenzt.

    Doomsday: It's nature's revenge for what we've done (Chris Pohl)

  • Naja, mein Futter, das ich beim Radfahren verheize, muss auch vom Bauernhof zum Großmarkt, zum Supermarkt und dann in meinen Kühlschrank. Bei dem miesen Wirkungsgrad des menschlichen Stoffwechsels und der extrem niedrigen Energiedichte vieler Nahrungsmittel muss die Bilanz für Erdölprodukte gar nicht notwendig so viel schlechter sein.

    Twitter: @Nbg_steigt_ab

  • Naja, mein Futter, das ich beim Radfahren verheize, muss auch vom Bauernhof zum Großmarkt, zum Supermarkt und dann in meinen Kühlschrank. Bei dem miesen Wirkungsgrad des menschlichen Stoffwechsels und der extrem niedrigen Energiedichte vieler Nahrungsmittel muss die Bilanz für Erdölprodukte gar nicht notwendig so viel schlechter sein.


    Ich habe mal einen ökologischen Fußabdruck für drei Szenarien auf dieser Seite ermittelt:

    • Szenario 1: Das kleinste Ergebnis, das mit dem Rechner möglich ist: 1,4gha
    • Szenario 2: wie 1, aber maximal schlecht beim Essen mit der Ausnahme auch keine Lebensmittel wegzuwerfen: +2,5gha im Vergleich zu 1
    • Szenario 3: wie 1, aber mit 3000km Auto pro Jahr und Besitz von einem Auto: + 0.4 im Vergleich zu 1 (0,2 für die km und 0,2 für den PKW-Konsum)


    Zumindest bei dem Modell hinter dem Rechner ist die Ernährung viel ausschlaggebender für den eigenen Fußabdruck als die PKW-Nutzung.

  • Naja, mein Futter, das ich beim Radfahren verheize, muss auch vom Bauernhof zum Großmarkt, zum Supermarkt und dann in meinen Kühlschrank. Bei dem miesen Wirkungsgrad des menschlichen Stoffwechsels und der extrem niedrigen Energiedichte vieler Nahrungsmittel muss die Bilanz für Erdölprodukte gar nicht notwendig so viel schlechter sein.

    Also erfordert das muskelbetriebene Bewegen von 1 Mensch + 10kg Rad mehr Energie als das motorisierte Bewegen von 1 Mensch + 2000kg Pkw? Wie schlecht muss der menschliche Stoffwechsel dann sein...?

  • Das steht da aber nicht.

    Da steht: "Bei dem miesen Wirkungsgrad des menschlichen Stoffwechsels und der extrem niedrigen Energiedichte vieler Nahrungsmittel muss die Bilanz für Erdölprodukte gar nicht notwendig so viel schlechter sein."

    Weil das mit dem Leseverständnis aus ideologischen Gründen manchmal schwierig ist erläutere ich.

    1 Liter Diesel enthält 38 MJ oder 9079 kcal. Mit einem Liter Diesel kommt man im Auto nicht weit - schon klar. Aber so irgendwas um die 14 Kilometer sind schon drin (bei 7 Liter auf 100 Kilometer). Die Dichte von Diesel ist irgendwas um die 0,85 kg/l.

    850 g Spargel enthalten ~ 180kcal. Damit kann ich etwa 20 Minuten zügig radeln und schaffe damit vielleicht 10km. Wird aber schon knapp.

    Das bedeutet (wie Spkr ja schon schrieb), dass Diesel einen höheren Energieinhalt hat als Spargel und ein Verbrennungsmotor einen durchaus nützlichen Wirkungsgrad hat. Ja, mit Butterbrot wird die Bilanz etwas besser. Dafür ist es dem Auto im Verbrauch auch ziemlich egal, ob ich da alleine drin sitze oder zu dritt mit zwölf Wasserkästen.

  • Mir ging es vorrangig um diesen Satz hier:

    Die Dinger bringen nur den Kraftstoff von der Tankstelle zum PKW hin. Das ändert nichts daran, das der Kraftstoff erst mal erzeugt und zur Tankstelle gebracht werden muss.

    Es wird nämlich gerne unterschlagen, dass auch der menschliche "Kraftstoff" (Essen) erstmal irgendwo hin gebracht werden muss, um nachher als Energie verfügbar zu sein. Und weil die Energiedichte der menschlichen Nahrung sehr viel niedriger ist als die von Mineralölen (selbst das Bäckerbrötchen besteht erstmal zu 40% aus Wasser, die Salatgurke zu über 95 %) und der Energiegehalt der Nahrung mitnichten vollständig für physikalische Arbeit zur Verfügung steht (Grundumsatz 2000 kcal schon beim faulen Herumliegen, energetischer Wirkungsgrad der Muskulatur beim Radfahren max. 20 %, ...), werden da ziemliche Massen durch die Welt bewegt, wobei ebenfalls Abgase entstehen. Hier immer nur mit dem Finger auf das böse Auto zu zeigen, ist populär - aber unehrlich.

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  • Autofahren kann man aber immerhin sein lassen.

    /davon ab, dass der Fahrer eines Kfz ja auch einen Grundumsatz hat...der dürfte nicht um Dimensionen niedriger sein als der eines Fußgängers oder Radfahrers.

  • das ganze erinnert mich halt an ein "Argument", das neulich in einer Diskussion gefallen ist:
    "Die Energie für das Radfahren kommt aus dem Essen.. wobei jeden Tag 5000 Menschen verhungern, können wir es uns da leisten Rad zu fahren?"

    Da sag ich nur ... SUV fahren gegen Hunger und Armut! :thumbup: