Woche 47 vom 21. bis zum 27. November 2016

  • Bin nicht einverstanden.

    Die Polizei (und in Erweiterung die vergabe von Bußgeldern) ist kein Gewinngeschäft. Es geht hier nicht darum profitabel zu arbeiten, sondern hoheitliche Aufgaben wahr zu nehmen. Wenn keine Kontrollkapazitäten für Verkehrsverstöße zur Verfügung stehen, dann ist das nicht in Ordnung. Die Priorität sollten aber nicht Hamburgs Falschparker sein (die interessieren mich, ehrlich gesagt, kaum) - sondern Verstöße die zu Todesfällen führen, die schwere Verletzungen hervorrufen. So etwas. Da sind auch die Radler/Lastwagenrechtsabbieger-Unfälle erst mal nicht hoch auf der Liste ... eher Landstraßenrasen oder besoffen fahren oder so.

  • Die Polizei (und in Erweiterung die vergabe von Bußgeldern) ist kein Gewinngeschäft. Es geht hier nicht darum profitabel zu arbeiten, sondern hoheitliche Aufgaben wahr zu nehmen. Wenn keine Kontrollkapazitäten für Verkehrsverstöße zur Verfügung stehen, dann ist das nicht in Ordnung.

    Ob man damit einverstanden ist oder nicht: Nix Moos, nix los. Nur mit Mehreinnahmen gibt es eine höhere Kontrolldichte. Und die sollten bitteschön von den Verursachern stammen. Wie man das selbst moralisch bewertet, ist erstmal sekundär. Wie die Kontrollinstanzen (vor allem Kommunen) das bewerten, sieht man (oder vielmehr eben nicht).

    ebayForumKopfverkl.jpg
    Peter Viehrig

    "Glaube ist die Überzeugung, dass etwas wahr ist, weil die Belege zeigen, dass es falsch ist."
    (Andreas Müller)

  • Wer allerdings darauf zählt das da bis auf die Zettel nicht viel bei 'rumkommt darf halt nach n Zettelchen nochmal zehn Stunden Theorie nachpauken, incl. Prüfung. Danach haben sowohl er als auch der Staat die Bestätigung das er Wissen muß was er da tut.

    Die Bestätigung hatten sie doch vorher auch schon. Ist inzwischen meist scheckkartengroß, abgesehen von FoFE.

  • Naja, sie hatten die Bestätigung das er irgendwann mal (so war es zumindest bei mir) geschafft hat Kreuzchen mit ausreichend niedriger Fehlerquote in ein paar Kästchen zu setzen die es zudem vorher zu Trainingszwecken frei verfügbar gab1.

    Ich dachte eher an einen etwas tiefer gehende Prüfung, zudem mind. eine halbe Stunde lang. Auf Basis der aktuellen StVO. Evtl. auch gleich eine MPU? Ist mir jetzt gerade beim Schreiben eingefallen und gefällt mir gut: nicht nur harte Gesetze abfragen sondern auch mal testen ob die Leute auch die benötigten soft skills (yeah! Sat is englisch, sat is gut) haben - schließlich ist auch sowas wie Parken auf dem Geh/Radweg auch eine Mentalitätsfrage.

    Die Leute dürfen dabei ruhig ein wenig viel schwitzen - wenn sie sich zusätzlich zu den offiziellen Stunden nochmal doppelt so lange privat damit beschäftigen stört mich das gar nicht - immerhin habe sie bereits gezeigt das bei ihnen Defizite bestehen, sie aber ohne Druck keine Bereitschaft zeigen aus den Fehlern zu lernen (positiv thinking, bitte: das ist kein Vorsatz, nur Nichtwissen). Es sollte auch dazu dienen zu zeigen das auch *ihnen*, nicht nur allen anderen, etwas passieren kann (und sei es erstmal nur die Prüfung).


    1) Damals noch von einem Verlag für ziemlich viel Geld für die paar Seiten. Heute weiß ich nicht.
    Als ich mir meine Fahrschule aussuchte hätte ich u.A. auch eine wählen können bei der in den Theoriestunden nur Kreuzchentraining absolviert wurde.

  • Ziemlich wortgewaltiger Artikel des Berliner Kuriers. Zeugt nicht gerade von gutem Journalismus und soll wohl von schwachen Argumenten ablenken. Das erinnert mich an Lokalzeitungsartikel, in denen die Rede ist von Behördenwillkur, Behördenirrsinn oder einem Schildbürgerstreich.

  • Am besten find ich das Bild des "betroffenen" Paares. "Bitte schauen sie jetzt richtig bedrückt". Bei solchen Artikeln in Berlin vermute ich das der Journalist meist selbst betroffen ist, weil eigentlich meist genügend anderes passiert was instressanter ist. Wahrscheinlich ist er zum Chef gelaufen und hat gesagt er hätte nen schicke Story wo er gegen Radfahrer schrieben kann.

  • Gegenwärtig sind Kontrollen aufgrund der niedrigen Bußgelder fast immer ein Zuschußgeschäft.

    Hast du irgendwelche Zahlen, die das belegen? Das wird ja gern u.a. von den Ordnungsämtern vorgeschoben, um nichts gegen Falschparker tun zu müssen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das ein Minusgeschäft ist, wenn man das konsequent durchziehen würde.

  • Hast du irgendwelche Zahlen, die das belegen?

    Denn die internen Verwaltungskosten betragen bei der Bearbeitung des Knöllchens insgesamt 10,56 Euro, (...)

    Wenn ich das richtig verstehe, sind das nur die internen Verwaltungskosten, nachdem das Knöllchen vor Ort erfasst wurde. Die Zeit, den Falschparker zu suchen und aufzuschreiben ist da anscheinend noch nicht drin.

  • Die Zeit, den Falschparker zu suchen und aufzuschreiben ist da anscheinend noch nicht drin.

    Doch. Die Zahlen sind zwar etwas älter, aber in etwa kommtt das immer noch hin:

    Auch ein finanzielles: Als der frühere Finanzsenator Ulrich Nußbaum die Aufwendungen untersuchen ließ, wurden die Verwaltungskosten eines „Knöllchens“ auf durchschnittlich 9,39 Euro beziffert. Davon entfielen 3,79 Euro auf die Mitarbeiter, die auf den Straßen im Einsatz sind, und 5,60 Euro auf die Bußgeldstelle.

    Das mach also nur für den 10€-Billig-Strafzettel ein Minus von 0,56 €. Bei allen anderen demzufolge ein sattes Plus.

    Wenn ich als Berliner Bezirk vom Senat zum Sparen und Abbau von Schulden genötigt wäre, ich hätte da eine Idee. Zusätzlich so tolle Sachen wie "Arbeitsplätze geschaffen", "Personalabbau in der Verwaltung gestoppt", "für Sicherheit und Ordnung gesorgt".

  • Beides (Kontrollpersonal + Falschparker) lässt sich wohl mit Räuber-Beute-Gleichung (Lotka-Volterra-Gleichungen) beschreiben.
    Stellst du 1000 Ordnungshüter ein und überwachst den ruhenden Verkehr massiv, wird es nicht lange dauern, bis die armen Falschparker damit aufhören.

    deine laufenden Kosten fürs Personal haste weiter. Die Einnahmen sinken hingegen.
    reduzierst du jetzt wieder Personal, steigt die Zahl der Falschparker wieder. Kontrolldichte nimmt ja ab.

    Willst du das auf ein "erträgliches" Einkommensmaß beschränken, musst du den Personalschlüssel gering lassen.
    Denn nur so ist gewährleistet, dass jeder Ordnungshüter an einem Arbeitstage hinreichend viele Knöllchen schreibt, um auf die berechneten 3,79EUR pro Knöllchen zu kommen.

    Kann man ja mal simpel ausrechnen.
    In Hamburg z.B. sind Angestellte im Polizeidienst mit Entgeltgruppe 5 dabei. Wir nehmen mal Stufe 2 an, weil man die bereits nach 1 Jahr erreicht.
    Inklusive Jahressonderzahlung ist der Arbeitgeber (Land Hamburg) hier mit rund 31.000EUR p.a. dabei
    In Hamburg hats im Jahre 2016 ganze 254 Arbeitstage.
    Davon abziehen darf man noch Urlaub (TVÖD-L = 30d)
    Macht 224 Arbeitstage. Ohne einen einzigen Tag krank.
    Die Anzahl der Krankheitsbedingten Fehltage liegt bei 10d p.a. - Hier auch i.d.R. nur die Arbeitsunfähigkeitsnachweise durch Arzt erfasst!
    Die Zahl der realen "Fehltage" liegt damit wohl etwas höher, auch weil der öffentliche Dienst oft ohnehin geringfügig höhere Krankenstände aufweist.
    Rechnen wir hier mal mit 12 Fehltagen p.a.

    Arbeitstage = 212
    Stellenkosten = 31.000 EUR
    Tageskosten = 146 EUR

    Also bereinigt durch Urlaub, Krankheit und inkl. "Weihnachtsgeld" liegen die realen Kosten eines "Angestellten im Polizeidienst" in Hamburg bei ca. 146EUR/d
    die Arbeitszeit beträgt 7,8h pro Tag.

    Hält man die errechneten 3,79EUR pro Knöllchen dagegen, bedeutet dies, dass 37 Knöllchen geschrieben werden müssten. Pro Tag!
    Das macht durchschnittlich alle 12min ein Knöllchen.
    Anreise, Ticket tippen, Zettel hinter Wischer, = 12min

    damit will ich sagen: die 37 Knöllchen pro Tag würde _ich_ locker(!) hinbekommen. Also auch so Sachen aufschreiben wie "nicht am rechten Rand geparkt außerhalb von Einbahnstraßen" oder Kreuzungsbereich zugeparkt. Oder statt angordnet vollachsig auf Hochbord nur halbachsig drauf gestanden.
    Aber ich bezweifle, dass man die 37 Knöllchen pro Tag hinbekommt, wenns weniger Falschparker gibt!

    Fazit:
    Mehr Kontrollpersonal =
    - geringere Einnahmen
    - höhe Kosten
    - mehr Sicherheit

    Was Sicherheit im Straßenverkehr angeht, kennen wir glaube ich die Prioritäten, oder?
    X/

  • Man könnte aber mehr Personal einstellen und selbiges nach Einbruch der Falschparker-Zahlen anderer Verwendung zuführen. Der Straßenverkehr bietet da eine ganze Menge Dinge, die mal stärker konstrolliert werden müssten wie etwa die zulässige Höchstgeschwindigkeit.

    Also wenn nach sechs Monaten die Fallzahlen bei den Fallschparkern einbrechen, wird sechs Monate lang die Höchstgeschwindigkeit kontrolliert. Danach kurz zur Auffrischung die Falschparker und dann die Schwarzfahrer im ÖPNV und danach wieder die Höchstgeschwindigkeit.

    Ich würde auch gar nicht alles immer mal ein bisschen kontrollieren, sondern eine Sache und die dann konsequent. Dann wechseln. Hat den größten Lerneffekt. Und nicht ankündigen, was man kontrolliert.

    Sollte man dann tatsächlich die Verkehrsteilnehmer erzogen haben, gibt es noch viele andere Tätigkeitsfelder, die unter Personalmangel leiden.

  • Inklusive Jahressonderzahlung ist der Arbeitgeber (Land Hamburg) hier mit rund 31.000EUR p.a. dabei

    Fehlen da nicht noch die ganzen Nebenkosten?
    Arbeitsplatz, zentrale Verwaltung, Ausstattung, AG-Anteile Sozialversicherung, etc.

    Außerdem musst Du wahrscheinlich noch Fahrzeiten berücksichtigen, die der Mitarbeiter benötigt, um von A nach B zu kommen.

  • ||
    ach hilfe, falsche Tabelle.
    das ist das AN-Brutto gewesen mit den 31.000p.a.

    dann nehm ich das zurück und setze: 34.000,- p.a.

    Die Abschreibung für Geräte dürfte aber nicht in die Personalkosten gerechnet werden. Das wäre dann ein Posten Abschreibung. Für Geräte wie Kamera, Funkgerät und so.

  • Ich stelle mir gerade vor, wie es aussähe, wenn die für Sicherheit und Ordnung zuständigen Behörden mit so einer betriebswirtschaftlichen Rechnung darüber entscheiden würden, ob:
    1. man Streife geht;
    2. man eine Fahrradstaffel zwecks Kontrolle der helltönenden Glocke und der Beleuchtung losschickt;
    3. man bei Ladendieben die Personalien aufnimmt;
    4. man den Bürgermeister eskortiert;
    5. man Castor-Transporte »bewacht«.

  • Innerhalb von Parkraumbewirtschaftungszonen kriegen das die Gemeinden doch ganz ordentlich hin. Weil ihnen die Einnahmen durch Parkgebühren fehlen würden, wenn sie dort das massive Falschparken dulden.
    Das Problem sind die Lagen außerhalb der Parkraumbewirtschaftung und in den Vororten und angeschlossenen Gemeinden. Für deren Kontrolle bleiben seitens der meist zuständigen Ordnungsämter nur 1 oder 2 Stellen übrig, manchmal auch nur halbe Stellen oder weniger.
    Auf Anfrage habe ich z.B. die Auskunft bekommen, dass im Kreis Euskirchen nur ein Mitarbeiter nebenher für die umliegenden Ortsteile zuständig ist. Der ist froh, wenn er dort ab und zu mal die Durchgangsstraßen kontrolliert kriegt.
    Und darum wird in manchen Straßen zuverlässig niemals nicht kontrolliert, und auch auf Beschwerden von Anwohnern erfolgt nur eine geringe bis gar keine Reaktion.

    Man braucht also keine 1000 zusätzlichen Stellen irgendwo konzentriert, sondern pro Großgemeinde lediglich 2-4 zusätzliche Stellen, die für die Lagen außerhalb der Parkraumbewirtschaftung ausschließlich zuständig sind. In Großstädten wie Hamburg oder Berlin entsprechend mehr, klar. Aber bestimmt keine 1000.
    Sollte sich die Regeltreue dann verbessern, sind die Mitarbeiter immer noch nicht überflüssig, sie können sich dann um andere Dinge kümmern, die in den umliegenden Orten auch ständig vernachlässigt werden. Und mehr Präsenz von Fußstreifen in der Öffentlichkeit ist auch eher erwünscht und etwas wert.

    Um das Ganze finanziell besser auszustatten und auch um die Regeltreue zu erhöhen, wäre eine mindestens Verdoppelung der Owi-Sätze angebracht. Gegenüber dem benachbarten Ausland ist Deutschland in Sachen Verstöße gegen die StVO ein Schnäppchenland. Das kann man ändern.

    bye
    Explosiv smilie_be_131.gif