Woche 43 vom 20. bis 26. Oktober 2025

  • Das kraftfahrende Establishment in Norddeutschland schlägt mach der Unsicherheitskampagne der Mahnwachenszene zurück:

    Debatte um Helmpflicht für Radfahrer: Wer dafür und wer dagegen ist
    Vergangene Woche ist ein Fahrradfahrer in Kiel an seinen schweren Kopfverletzungen gestorben. Ein Auto hatte ihn beim Abbiegen erfasst. Unfallmediziner fordern…
    www.ndr.de

    Der besorgte Unfallchirurg darf natürlich nicht fehlen. Desinformation vom Feinsten, Lügen für den Guten Zweck. Er sieht in der Neurochirurgie in Lübeck angeblich jede Woche drei schwerverletzte Radfahrer. Das wären 150 im Jahr allein in einem einzigen Krankenhaus. Im Traumaregister der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie machen aber 600 Kliniken mit, die alle zusammen nur ca. 3.500 Radfahrer p.a. behandeln müssen. Das sind im Schnitt nicht drei, sondern nur 0,1 pro Woche und Klinik. Davon hat aber wiederum auch noch die Mehrheit nur ein SHT vom Grad 3 oder geringer, was ohne Spätfolgen für den Kopf überlebbar ist…

    Der befragte ADFC-Vertreter rennt sehenden Auges in die Falle und bestätigt im Eifer des Infrastruktur-Gefechts sowohl die Notwendigkeit als auch die Wirksamkeit des Helms. Wer solche Freunde hat.

  • Er sieht in der Neurochirurgie in Lübeck angeblich jede Woche drei schwerverletzte Radfahrer. Das wären 150 im Jahr allein in einem einzigen Krankenhaus.

    Richtig. Im Artikel steht aber - beabsichtigt oder nicht:

    Zitat

    Jede Woche werden auf der Station [...] drei bis vier Radfahrer mit teils schweren Kopfverletzungen eingeliefert, die keinen Helm getragen haben

    anders formuliert:

    • pro Woche werden 3-4 Radfahrer auf der Neurochirogie eingeliefert
    • Ein Teil der eingelieferten Radfahrer hat schwere Kopfverletzungen

    Wie groß der Anteil der Radfahrer mit schweren Kopfverletzungen an der Grundgesamtheit: Radfahrereingeliefert ist? unklar

    Wer landet eigentlich in der Neurochirogie? Verdacht auf Gehirnerschütterung? :/

  • Skihelme sind ja bei >90% freiwilligem Tragen schon wirkungslos (siehe Abbildung), und daran wird sich demnach auch mit Pflicht nichts mehr ändern können.

    Beim Skifahren trage ich Helm, weil ich dachte er hilft. Ohne das mit Zahlen/Fakten für mich untermauert zu haben. Grund ist, dass beim Skifahren schwere scharfkantige Ski getragen werden. Die können gerne mal gegen den Kopf fliegen, leider schon gesehen. Das waren keine fatalen Unfälle, aber Platzwunden oder Schnittverletzungen durch die Kanten. Auch ich habe schon einen Ski gegen den Helm bekommen. Ohne Helm wäre das eine kleinere Verletzung gewesen, die wohl in keiner Statistik gelandet wäre.

    Deine Grafik zeigt keinen Nachweis, dass Skihelme helfen, aber auch keinen, dass sie es nicht tun. Die schwere der Verletzungen ist, finde ich, auch zu beachten. Zudem: Im Winter beim Skifahren ist es kalt. Mit Helm ist man beim Wetter besser geschützt, die Brille sitzt perfekt und wenn es arg kalt ist, rutscht ein Schal über dem Mund nicht.

  • Deine Grafik zeigt keinen Nachweis, dass Skihelme helfen, aber auch keinen, dass sie es nicht tun.

    Ich lese aus der Grafik, dass die Quote der Kopfverletzungen trotz deutlich gestiegener Helmtragequote unverändert ist. Es scheint also typische Kopfverletzungen zu geben, gegen die Helme nichts nutzen (hat M. Schumacher nicht auch einen Helm getragen?).

    Wenn bereits 90% beim Skifahren freiwillig einen Helm tragen (und sei es nur, um keine kalten Ohren zu bekommen), stellt sich ohnehin die Frage, wie man das mit einer Pflicht noch steigern könnte.

  • Wer landet eigentlich in der Neurochirogie? Verdacht auf Gehirnerschütterung? :/

    Jedenfalls ist jeder, der dort landet, nach den Kriterien des Verkehrsunfallstatistikgesetzes "schwer" verletzt, weil mindestens 24h stationär.

    Die SHTs werden unabhängig davon seitens der Ärzte anhand verschiedener Schlüsselungen in Schweregrade eingestuft. Gebräuchlich ist neben der vor allem auf akute Zustände gemünzten Glasgow Coma Scale (GCS) die besser für die Prognoseeinschätzung geeignete Abbreviated Injury Scale (AIS), die Werte von Null (unverletzt) bis 6 (nicht überlebbar) einnehmen kann. Stationäre Patienten haben hauptsächlich AIS 2, Kinder auch gerne noch weniger, weil sie vorsichtshalber "zur Beobachtung" aufgenommen werden. Das ist im Hinblick auf die als Teufel an die Wand gemalte Gefahr für Langzeitschäden oder Ableben Pillepalle.

    Verlegung in eine spezielle Neurochirurgie bzw. Traumaklinik wird regelmäßig erst oberhalb AIS2 vorgenommen. Die DGU gibt keine Quoten für einzelne Verkehrsarten an, aber von den im Deutschen Traumaregister insgesamt eingetragenen gut 32.000 Fällen sind ca. 80% MAIS3+. Der Rest wurde "irrtümlich" verlegt/aufgenommen oder hat ein Polytrauma mit gleich mehreren AIS2-Verletzungen. Das M in "MAIS" bedeutet "maximal" betroffene Körperstelle, so dass nicht alle MAIS 3+ Patienten automatisch auch ein SHT vom Schweregrad AIS 3+ aufweisen müssen.

    Das Traumaregister weist neben über 4.500 PKW-Insassen, 3.200 Motorradfahrern und 2.000 Fußgängern jährlich auch rund 3.500 Radfahrer aus, von denen vermutlich irgendwas zwischen der Hälfte und 75% ein SHT AIS 3 hat. Aus verschiedenen anderen Quellen weiß man, dass die AIS 3+-Fälle wiederum im Wesentlichen aus AIS 3 bestehen. Im langjährig laufenden systematischen Verkehrsunfallforschungsprojekt GIDAS der Unis Hannover und Dresden wird z.B. für Radfahrer angegeben, dass nur ca. 30% der AIS3+ Fälle in die Unterkategorie 4+ fallen.

    Hier mal ein paar Beispiele, welche Verletzungen zu welcher AIS-Kategorie führen können:

  • Ich lese aus der Grafik, dass die Quote der Kopfverletzungen trotz deutlich gestiegener Helmtragequote unverändert ist. Es scheint also typische Kopfverletzungen zu geben, gegen die Helme nichts nutzen (hat M. Schumacher nicht auch einen Helm getragen?).

    Wie heißt es so schön? Helme verhindern keine Unfälle. Ich würde also mindestens eine zweite Statistik mit der Schwere der Kopfverletzungen daneben sehen wollen. (Wenn es mich groß interessieren würde, was es beim Skifahren nicht tut. Grundsätzlich wäre ich aber tendenziell erstmal gegen eine Pflicht. Einige Skischulen haben btw. diese Pflicht bereits seit Jahren.)

  • Jedenfalls ist jeder, der dort landet, nach den Kriterien des Verkehrsunfallstatistikgesetzes "schwer" verletzt, weil mindestens 24h stationär.

    Ich stell die Zahlen und Fakten, die du nennst, nicht in Abrede.

    aber bei aller Aufregung glaube ich weiterhin, dass der Arzt seine Zahlen nicht einfach erfindet. Wo ist also der "Fehler"?

    Vermutlich in unzulässiger Zusammenfassung. :/ ist "eingeliefert" wirklich stationärer Aufenthalt? Oder vom RTW eingesammelt und im Uniklinikum abgeladen, dort geht's halt für manche Opfer auf "Besuch" in Station "Neuroirgendwas", wo der Arzt drüberschaut: "jo, Gehirnerschütterung" oder nich

  • aber bei aller Aufregung glaube ich weiterhin, dass der Arzt seine Zahlen nicht einfach erfindet. Wo ist also der "Fehler"?

    K.A., aber angesichts von 14.000 „schwer“ Verletzten und 1.900 deutschen Kliniken aller Arten insgesamt entfallen nur 7,5 aufgenommene Radfahrer im Jahr auf jede davon, wovon wiederum die große Mehrheit kein oder nur ein SHT bis maximal AIS 2 hat. Entweder, der Arzt lü^h^ nutzt seinen Status zum Missionieren, oder seine Klinik hat ein außergewöhnlich riesiges Einzugsgebiet. Egal, in beiden Fällen wird dem Laien unter dem Strich ein irreführender Eindruck der Gefährlichkeit des Radfahrens für den Kopf vermittelt.

  • Das Traumaregister weist neben über 4.500 PKW-Insassen, 3.200 Motorradfahrern und 2.000 Fußgängern jährlich auch rund 3.500 Radfahrer aus,

    3200 Motorradfahrer obwohl Motorradfahrer nur etwa ein Drittel der Strecke von Radfahrern zurücklegen ? Damit trotz als wirksam angesehenen Helm ein deutlich höheres Kopfverletzungsrisiko als Radfahrer ?

  • Absolut plausibel in meinen Augen. Plausibel angesichts der wirksamen Energien und Kräfte bei einem Unfallgeschehen mit Motorrad aufgrund der meist deutlich höheren Geschwindigkeit und der beteiligten höheren Eigenmasse. Der Helm ist zwar wirksam, eben aufgrund des vorgenannten und seiner erheblich robusteren Konstruktion im Vergleich zu einem Fahrradhelm, aber überbewertet, bringt also weniger als oft vermutet.

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    Peter Viehrig

    "Glaube ist die Überzeugung, dass etwas wahr ist, weil die Belege zeigen, dass es falsch ist."
    (Andreas Müller)

  • Ich lese aus der Grafik, dass die Quote der Kopfverletzungen trotz deutlich gestiegener Helmtragequote unverändert ist. Es scheint also typische Kopfverletzungen zu geben, gegen die Helme nichts nutzen (hat M. Schumacher nicht auch einen Helm getragen?).

    Wenn bereits 90% beim Skifahren freiwillig einen Helm tragen (und sei es nur, um keine kalten Ohren zu bekommen), stellt sich ohnehin die Frage, wie man das mit einer Pflicht noch steigern könnte.

    "Schumacher war am Sonntagvormittag beim Skifahren in Méribel verunglückt. Er war mit dem Kopf auf einen Felsen geschlagen. Ohne seinen Helm hätte es Schumacher wohl gar nicht bis ins Krankenhaus geschafft, meinte einer der Ärzte am Montag. Der 44-jährige Schumacher erlitt bei dem Unfall schwere Kopfverletzungen, der Zustand des Formel-1-Rekordweltmeisters war auch am Abend kritisch."

    Welt vom 30.12.13

    https://www.welt.de/sport/article1…enstagvormittag.

    Welche Geschwindigkeiten sind denn beim Skifahren so üblich? ich vermute beim Abfahrtsski werden deutlich höhere Geschwindigkeiten erreicht als beim Fahrradfahren in der Ebene.

    Gibt es einen "Rebound-Effekt", führt das Helmtragen beim Skifahren dazu, dass riskanter gefahren wird?

  • "Schumacher war am Sonntagvormittag beim Skifahren in Méribel verunglückt. Er war mit dem Kopf auf einen Felsen geschlagen. Ohne seinen Helm hätte es Schumacher wohl gar nicht bis ins Krankenhaus geschafft, meinte einer der Ärzte am Montag."

    Was die Ärzte nicht alles so meinen, wenn man die richtigen Suggestivfrgen stellt. Die Geschichte von "Schumis Unfallzwilling": am gleichen Tag im gleichen Skigebiet passiert, selber Hergang (Alleinsturz bei langsamer Fahrt im Tiefschnee, Sturz mit dem Kopf auf Felsen), aber Morten Hauerbach hatte keinen Helm auf. Folge: offener Schädelbruch. Nicht-Folge: schwere Gehirnquetschung durch große Einblutung zwischen unversehrtem Schädel und Hirn wie bei Schumi. Die früher noch angezeigten Bilder der riesigen klaffenden Schädelwunde sind offenbar mittlerweile medialer Pietät und Selbstzensur zum Opfer gefallen. Herr Hauerbach konnte dem Vernehmen nach bereits kurz nach dem Unfall Interview geben, zwei Wochen später das Krankenhaus wieder verlassen und bald wieder seinem Beruf als Hubschrauberpilot nachgehen.

    Gibt es einen "Rebound-Effekt", führt das Helmtragen beim Skifahren dazu, dass riskanter gefahren wird?

    Vorgestern habe ich gelesen, dass die Kollisionsunfälle auf den Pisten stark zugenommen hätten, während früher Alleinstürze überwogen hätten. Das hat aber wahrscheinlich mit Risikokompensation niiiemals was zu tun.

  • Das dürfte simpel an der inzwischen unglaublichen Menge der Skifahrer liegen, ich fahr schon seit Jahren nicht mehr weils einfach nicht mehr spaßig ist, die Pisten sind auch besser präpariert, entsprechend wird auch schneller gefahren.

    Zusätzlich haben die Carving-Ski und der entsprechende Stil dazu alles nicht langsamer gemacht.

  • Früher waren die Lifte weniger leistungsfähig. Es wurden zumindest in meinem Stammgebiet (Sölden) immer bessere Lifte gebaut. Dadurch immer weniger m² Pistenfläche pro Skifahrer.

    Früher fuhren Pistenraupen tagsüber zwischen den Skifahrern. Das geht gar nicht mehr. Die fahren fast ausnahmslos nur noch vor/nach den Liftzeiten.

    Ich selbst fühle mich bei 80 km/h beim Skifahren pudelwohl, mein Sohn mit 9 Jahren ebenfalls. Sobald es (laut GPS) an die 100 km/h geht, wird es mir zu wackelig. Meinen letzten Sturz mit 80 km/h habe ich sehr gut weggesteckt: Klar tut alles weh, wirklich alles, aber ich konnte aufstehen, weiterfahren, auch die restlichen Tage vom Skiurlaub. Beim Fahrrad undenkbar.
    Man darf halt mit nichts zusammenstoßen!