Der Nimbus ist ein Heiligenschein und wird dann als ironischer Begriff benutzt, wenn ein Vorzeigeprojekt einmal nicht ganz so vorzeigbar daherkommt.
Ja, und so war das angesichts der vielen Enten und Stille-Post-Fehler zu dem Thema auch gemeint. Selber mal kritisch Recherchieren ist in den Redaktionsstuben offenbar völlig aus der Mode gekommen. Stattdessen bedient man lieber unreflektiert die gängigen Klischees und paraphrasiert die Verlautbarungen der Verkehrswende-Agitation.
Zu den Unfallverhütungs-Maßnahmen in Helsinki, die zahlreichen Fahrradfahrern das Überleben sicherten und sichern (im Vergleichszeitraum starben in Berlin 55 ( https://www.sueddeutsche.de/projekte/artik…3/?reduced=true ) , zu den Maßnahmen in Helsinki gehört etwa Tempo 30 als generelle Höchstgeschwindigkeit innerorts. ( https://www.tagesschau.de/ausland/europa…stoten-100.html )
Der Anteil an Tempo-30-Straßen im Straßennetz Helsinkis beträgt Anno 2025 entsprechend der Aussage des zuständigen Verkehrsplaners erst 50%. In Straßen mit Schulen gäbe es angeblich Pläne (!) demnächst (!) dort T30 einzuführen. Der Anteil der T30-Straßen im Berliner Netz beträgt schon seit 3 Jahrzehnten 60%, Schulen ohne T30 gibt es dort auch schon lange gar nicht mehr. Wenn Korrelation wie nahegelegt Kausalität wäre, müsste man schlussfolgern, dass T30 die Getötetenzahlen erhöht und nicht senkt.
Abgesehen davon starben natürlich in B in 2024 auch nicht 55 Radfahrer, sondern 55 Verkehrsteilnehmer. Radfahrer starben 12, davon wiederum nur 7 bei Unfällen mit KFZ. In den 2 Jahren davor wurden in der Gesamtbilanz jeweils neue Allzeit-Bestwerte aufgestellt (34 und 33 Tote), und auch in diesem Jahr wird die Bilanz entsprechend des aktuellen Trends voraussichtlich wieder unter 40 landen. Ekliges Cherrypicking, halt.
Im vorliegenden Fall passierte der tödliche Unfall auf einer Sandpiste in einem Wald:
Ja und? Genau der selbe Unfall (=tödliche Frontalkollision zweier Radfahrer in Grünanlage abseits asphaltierter Straßen) wird ja auch ohne Umschweife von der Berliner Verkehrswende-Agitation als Beleg für die enorme Gefährdung der Verkehrsteilnehmer durch KFZ-Verkehr verwendet. Die organisieren dafür sogar extra eine tränenreiche Mahnwache im Park. Sieben Tote aller Verkehrsarten (4x Fuß, 2x Rad, 1x E-Scooter) gab es zudem in B mit den heiligen öffentlichen Verkehrsmitteln (4x Tram, 3x Bus). Elf der Opfer starben bei Alleinunfällen (2x Radfahrer, 5x Motorrad, 4x PKW).
Selbstverständlich kann es auch bei einer hervorragenden Radfahrinfrastruktur zu tödlich verunglückten Fahrradfahrer*innen kommen, aber im Vergleich kommt das halt deutlich seltener vor als bei einer weniger guten Fahrradinfrastruktur. (Es sei denn, die Fahrradinfrastruktur ist so grottenschlecht, dass ohnehin niemand das Fahrrad benutzt.)
Der Radverkehrsanteil in Helsinki ist weniger als halb so groß wie der von Berlin, und Helsinki hat nur 1/5 der Einwohner Berlins. Schon das allein bewirkt, dass bei nominell gleichem Risiko die Fahrrad-Opferzahl in Helsinki nur 1/10 der Berliner Zahl sein wird. In diesem Jahr sind Stand heute gleichwohl erst zwei Radfahrer in B ums Leben gekommen. Wenn Korrelation Kausalität wäre, hätte Berlin also ganz vorzügliche Radwege. q.e.d.