RWBP - außerorts

  • Keine Angst, zusammen mit simon mache ich das jetzt immer häufiger, und in den allermeisten Fällen auch mit Erfolg. Zur Nachahmung dringend empfohlen!

    Allerdings muss man damit rechnen, dass die Steigung der behördlichen Lernkurve in dieser Sache nur ein ganz kleines bisschen größer als null ist.

    Dann können wir uns also bald auf Rechtsprechung zu diesem Thema freuen?

  • Dann können wir uns also bald auf Rechtsprechung zu diesem Thema freuen?

    Ich weiß ja jetzt nicht, was du noch über diese (letztinstantlichen) Urteile hinaus für Rechtsprechung erwartest:

    Damit sind wesentliche Grundlagen für die Anfechtung von Radwegebenutzungspflichten (oder auch Radfahrverboten) vorhanden, und genau auf diese berufe ich mich bei meinen Verfahren immer. Manche dieser Verfahren schaffen es sogar mal in die örtliche Presse, die meisten werden aber mittlerweile eher geräuschlos zu Ende gebracht.

    • Meine erste Klage hat es damals in die Süddeutsche Zeitung geschafft. Das ist sogar außerorts, aber selbst nach der Rechtsänderung 2016 wird da ziemlich sicher die Benutzungspflicht nicht mehr zurückkehren. Gerade heute wieder dort mit dem Rennrad unterwegs gewesen, völlig problemlos auf der Fahrbahn.
    • Eine weitere Klage, die pressewirksam zu Ende ging. Auf dieser Straße verkehren täglich vielleicht 300 Fahrzeuge. Die Polizei war übrigens im Vorfeld schon befragt worden und hatte der Gemeinde die Aufhebung der Benutzungspflicht sogar nahegelegt!
    • Das hier (Paywall) war eine Klage von simon, da haben sich aufgrund der langen Verfahrensdauer von mehr als drei Jahren weder das Gericht noch die beklagte Stadt Burghausen mit Ruhm bekleckert. Im wesentlichen ging es um Benutzungspflichten in 30er Zonen, die ausnahmslos rechtswidrig sind. Ich hatte in derselben ostbayerischen Ecke eine Benutzungspflicht in Garching/Alz beklagt (auf eine erste Email meinerseits folgte das große Schweigen im Walde vonseiten der später Beklagten), das stand auch in der PNP (ebenfalls Paywall).

    Derzeit zumindest noch nicht vollständig abgeschlossen - zum Teil ist über die Kosten noch nicht abschließend entschieden - sind diese Verfahren:

    • Erneute Klage gegen die Landeshauptstadt München wegen einer mittlerweile vollständig aufgehobenen Benutzungspflicht am Odeonsplatz als Folge von Simons Klage im Jahre 2020: hier habe ich (u.a.) wegen einer völlig abwegig begründeten Kostenentscheidung Verfassungsbeschwerde zum Bayerischen Verfassungsgerichtshof und zum Bundesverfassungsgericht erhoben. Die Bayern haben mir vor einigen Wochen mitgeteilt, dass es dazu in absehbarer Zeit eine Entscheidung geben wird.
    • Klage gegen eine Benutzungspflicht in Münsing (Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen), die zunächst in 2. Instanz eskaliert ist, nachdem der Bayerische Verwaltungsgerichtshof das teilweise ablehnende Urteil des VG München im Rahmen der Zulassung zur Berufung wegen ernstlicher Zweifel an dessen Richtigkeit kassiert hatte. Das Verfahren war in der Zwischenzeit von der Landesanwaltschaft Bayern übernommen worden, welcher dann vom Verwaltungsgerichtshof ein doch recht deutlich formuliertes Schreiben zugestellt wurde - daraufhin ist der Freistaat von sich aus eingeknickt und hat die kläglichen Reste der dortigen Benutzungspflicht dann doch lieber schnell aufgehoben. Allerdings zieht sich die Rückzahlung der Kosten ein wenig, obwohl der Freistaat Bayern alle Kosten des Verfahrens - also beider Instanzen - auferlegt bekommen hat.
    • Klage vor dem VG München gegen ein offensichtlich rechtswidriges VZ 205 in Schongau. Derzeit warte ich da auf die Terminierung der mündlichen Verhandlung.
    • Klage vor dem VG Augsburg gegen eine sinnlose Benutzungspflicht in Vöhringen (Landkreis Neu-Ulm).
    • Klage vor dem VG Augsburg gegen eine sinnlose Benutzungspflicht in Illertissen (Landkreis Neu-Ulm). Das war bis vor ca. einem Jahr dort eine 30er-Zone, dann hat man die Stadt Illertissen wohl darauf gestoßen, dass das mit einer Benutzungspflicht unvereinbar ist, also hat man jetzt ein 30-er Schild (Einzelanordnung) aufgehängt. Aber nachdem das eine Sackgasse mit minimalem Verkehr ist, fehlt es halt immer noch an der tatbestandlichen Voraussetzung für eine Benutzungspflicht. Mithin wäre es 100x sinnvoller gewesen, die Benutzungspflicht aufzuheben und die 30-er Zone beizubehalten.
    • Widerspruch mit sich anschließender Klage vor dem VG Karlsruhe wegen einer völlig abstrusen Benutzungspflicht in der Gemeinde Keltern (Enzkreis, Baden-Württemberg). Der Widerspruch wurde schlicht und ergreifend nicht bearbeitet, was das Verwaltungsgericht nach Klageerhebung alles andere als gut fand. Auch die vom Enzkreis erhobene Forderung, den Streitwert des Verfahrens von 5.000 € signifikant zu senken, blieb unerhört. Dem Enzkreis (mithin dem Land Baden-Württemberg) wurden vom Gericht sämtliche Kosten in voller Höhe auferlegt. Mittlerweile ist das ganze blaue Geraffel rückstandsfrei entsorgt, ein Großteil der Kosten ist zurück, aber noch nicht alles.
    • Widerspruch gegen eine Benutzungspflicht in Blaubeuren (Alb-Donau-Kreis) in einer 30er-Zone / Sackgasse. Das ist noch nicht durch, aber was wollen sie bei einer 30-er Zone schon machen?

    Ansonsten noch mindestens ein Antrag auf Neuverbescheidung gegen die Landeshauptstadt München, dem dieser Tage noch ein zweiter folgen wird.

    Die Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit ;).

  • Allerdings muss man damit rechnen, dass die Steigung der behördlichen Lernkurve in dieser Sache nur ein ganz kleines bisschen größer als null ist.

    Ich hatte ja mal gehofft, dass sich aus einer - wie auch immer gearteten - Zusammenarbeit mit den Stadt/Gemeinderäten etwas bewegen lassen könnte (so wie das Yeti wohl auch macht). Dass die dann in ihren Sitzungen fachlich fundierten Einspruch erheben, wenn der Stadt/Gemeinderat - inklusive Bürgermeister - mal wieder unisono "Hurra, da mach ma einen Radweg hin..." plärrt.

    Diese Hoffnungen haben sich aber zerschlagen.

    Der aktuell letzte "Coup":

    • Ein "RWBP-kritischer" Stadtrat fordert von Behörde eine Liste von benutzungspflichtigen Radwegen im Stadtgebiet an.
    • Behörde liefert, bei jedem Eintrag steht ein Kommentar wie z.B. "Schulweg", "LKW-Umfahrung", etc., also die "Begründung" für die RWBP.
    • Stadtrat schreibt zu jedem Eintrag "OK", oder "bei zukünftiger Überplanung erneut prüfen", und so Sachen... Und schickt die Liste rum.
    • Mein Einspruch, dass man statt dessen die rechtlichen Voraussetzung zum jetzigen Zeitpunkt prüfen sollte, wird abgelehnt, denn man wolle der Stadt "nicht noch mehr Arbeit auferlegen".

    Ich weiß nicht, was genau diese Leute eigentlich vorhaben, aber eine rechtlich einwandfreie Umsetzung der StVO ist es sicher nicht.

  • Der aktuell letzte "Coup":

    • Behörde liefert, bei jedem Eintrag steht ein Kommentar wie z.B. "Schulweg", "LKW-Umfahrung", etc., also die "Begründung" für die RWBP.

    „Schulweg“ ist kein Grund für eine Benutzungspflicht. Erstens, weil Kinder[TM] den Gehweg benutzen dürfen/müssen, und zweitens, weil besorgte Erziehungsberechtigte für ihre Schutzbefohlenen gerne eine private Benutzungspflicht anordnen können, wenn sie das für besser halten. Dafür braucht es keine Benutzungspflicht für alle.

    „LKW-Umfahrung“ ist wegen der Rechtsabbiege-Problematik ebenfalls kein Grund für eine Benutzungspflicht. Es ist eher ein Grund zur Anordnung eines Radfahrverbots auf dem Nebenweg.

  • Erstens, weil Kinder[TM] den Gehweg benutzen dürfen/müssen, und zweitens, weil besorgte Erziehungsberechtigte für ihre Schutzbefohlenen gerne eine private Benutzungspflicht anordnen können, wenn sie das für besser halten.

    Ich denke eher an weiterführende Schulen und dann vor allem an die immensen Mengen von Radfahrern. Wenn da morgens 500+ Radfahrer angeschwärmt kommen, ist es halt Mist, wenn der Schulbus dazwischen stecken bleibt.

    „LKW-Umfahrung“ ist wegen der Rechtsabbiege-Problematik ebenfalls kein Grund für eine Benutzungspflicht. Es ist eher ein Grund zur Anordnung eines Radfahrverbots auf dem Nebenweg.

    Nicht, wenn keine Einmündungen den Radweg kreuzen. Und eine enge Rechtskurve im Straßenverlauf ist wieder ein guter Grund für einen Radweg… Solche LKW-Umfahrungen sind sowieso etwas, wo man weiträumiger planen und ggf. den Fuß- und Radverkehr vollständig woanders lang leiten muss.

  • Welche Radinfra nimmt denn 500+ Radfahrende im engen zeitlichen Zusamnenhang auf? Wenn wirklich irgendwo Schüler*innen geschlossen in Batallionsstärke aufmarschieren sollten, ist es völlig Wurst auf welchem Straßenteil sie das tun. Dann ist erstmal dicht. Ob das nun die Haltebucht oder die Haltestelle betrifft, ist dann auch egal.

  • Ich denke eher an weiterführende Schulen und dann vor allem an die immensen Mengen von Radfahrern. Wenn da morgens 500+ Radfahrer angeschwärmt kommen, ist es halt Mist, wenn der Schulbus dazwischen stecken bleibt.

    Wieso glaubst man, es bedürfe der Benutzungspflicht, um Radfahrer von der Fahrbahn zu vertreiben? Radwege werden (leider) freiwillig benutzt, und wenn nicht (Rennradler, Gehweggeisterradler, eingeordnete Linksabbieger), fahren die Leute auch mit Blauschild auf der Fahrbahn oder dem Gehweg. Das Gleiche gilt auch für irgendwelche "LKW-Umfahrungen".

    Nicht, wenn keine Einmündungen den Radweg kreuzen. Und eine enge Rechtskurve im Straßenverlauf ist wieder ein guter Grund für einen Radweg… Solche LKW-Umfahrungen sind sowieso etwas, wo man weiträumiger planen und ggf. den Fuß- und Radverkehr vollständig woanders lang leiten muss.

    Für derartige KFZ-Privilegierung gibt es Kraftfahrstraßen. Das hätte dann aber mit Verkehrssicherheit längst nichts mehr zu tun.

  • Ich weiß ja jetzt nicht, was du noch über diese (letztinstantlichen) Urteile hinaus für Rechtsprechung erwartest:

    ...

    Doch, das weißt Du. Ich erwarte Rechtsprechung zum Thema dieses Threads, und nicht zu irgendeinem Thema. Relevant ist natürlich nur der Zeitraum seit Änderung der tatbestandlichen Voraussetzungen für außerorts gelegene Radwege.

    Derartige Rechtsprechung würde man ja Deinen Angaben nach so gut wie nicht finden. Daher dachte ich, darauf warten zu müssen.

    ...

    Seit der StVO-Änderung 2016 dürfte sich daher kaum jemand an eine Klage gegen außerörtliche Benutzungspflichten herangetraut haben, insofern wird man (so gut wie) keine Rechtsprechung finden.

  • Das unterschiedliche Bedingungen für die Anordnung von Benutzungspflichten innerorts und ausserorts rechtswidrig sind.

    Zumindest, dass man keine unterschiedlichen Maßstäbe ansetzen kann. Und eigentlich ist ja allein die in § 45 Abs. 9 S. 1 StVO genannte Hürde wahrlich hoch genug:

    Zitat von § 45 Abs. 9 S. 1 StVO

    Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen sind nur dort anzuordnen, wo dies auf Grund der besonderen Umstände zwingend erforderlich ist.

    Außerorts wird ja immer so getan, als gäbe es

    1. "besondere Umstände" und
    2. eine "zwingende Erforderlichkeit"

    für eine Benutzungspflicht, sobald man da einen Weg neben die Fahrbahn gebaut hat. Eine Begründung und Abwägung findet gar nicht statt. Die müsste ja auch beinhalten, dass man vor dem Bau des Weges hätte doch eigentlich auch schon einschreiten müssen. Aber dann hätte es ja den "richtigen Verkehr" getroffen, und das wollte man ganz sicher nicht!

  • Ich finde in beiden Fällen die Beschilderung zu sparsam und in dem bei Drochtersen erkennt man erst auf den zweiten Blick, dass es gegenüber weiter geht. Auch baulich ist der andere besser. Hier sieht eine neue Querung außerorts so aus:

    Mapillary cookie policy use

    Müssten inzwischen noch ein paar Linien dazu gekommen sein. Das außerorts *SEHR* viel mehr Aufmerksamkeit auf diese Stellen gelegt werden muss, sollte aber klar sein.

    Ansonsten sehe ich Liste in §45 als "Abkürzung", wo man offensichtliches nicht jedes Mal extra begründen muss.

  • Und was wollte er damit sagen?

    Vor allem wollte Kettler damit sagen, daß die Würde des Menschen unantastbar ist, sie zu achten und zu schützen Aufgabe aller staatlichen Gewalt. Dieses grundlegende Recht haben auch Radfahrer, dieser Pflicht sind auch (Straßenverkehrs)behörden unterworfen. Deshalb ist ein Nachweis der Erfordernis einer Radwegbenutzungspflicht unabdingbar. Das jedoch ist noch nie gelungen, noch nirgendwo, noch nie, soweit ich weiß, jedenfalls nicht hier in Deutschland.
    Anders gesagt, setzt man sich selbst in eine schlechtere Position, wenn man mit der StVO oder gar VwV gegen Beblauung argumentiert, denn die werden beliebig geändert.

    Netzfunktion, auch in Verbindung mit der Schaffung von Gehwegen und Routen, die für Autos gar nicht gehen.

    Das ist gleich eine dreifache Lüge. Erstens braucht es für ein Netz keine Radwege, denn Straßen sind ja nun genug vorhanden. Zweitens bilden neben Fahrbahnen laufende „Radwege“ offensichtlich kein eigenständiges Netz oder eine Erweiterung eines vorhandenen. Drittens benötigt man für Zusatzangebote keine Beblauung. Dieser billige Sprachtrick soll suggerieren, daß man nur auf „Radwegen“ überhaupt Fahrrad fahren kann.
    Sprachtrick 2 offenbart, das (solche) Radwege nur umbenannte Gehwege sind (mit der Folge der Rechtlosstellung von ihnen benutzenden Radfahrern).

  • Wie kommt man denn nun aber an ein Grundsatzurteil, durch das die RWBP komplett abgeschafft wird? "Radwege" wären dann nur Angebote für diejenigen, die darauf fahren wollen, immer und überall. Die Mindeststandards der VwV-StVO würden dann nur noch definieren, worauf Verkehrsbehörden das Radfahren ggf. erlauben dürften.

    Was natürlich immer noch nicht ändern würde, dass weiterhin behauptet wird, dass "Radwege" der Sicherheit dienen und dass es Aggressionen gegenüber denjenigen gäbe, die das nette Angebot nicht annehmen wollen. Und es gäbe keine rechtliche Handhabe mehr gegen "Radwege", die zum Radfahren völlig ungeeignet sind, weil diese Angebote einen nicht in seinen Rechten einschränken.