Außenliegende Bahnsteige, Kriterien der Bahn, warum man das nicht machen kann

  • Servus,

    im LK FFB kämpfen ja einige Gruppen schon lange mit der Bahn und Regierung für einen 4-gleisigen Ausbau der S-Bahnstrecke S4.

    Bzw. momentan ist die Strecke 2-gleisig, aber Verbindung ins Allgäu, Bodensee/Schweiz. Es gibt also Mischverkehr, RE, Güter, S-Bahn.

    Nun ist Wahlkampf und damit kommt das Thema natürlich wieder in den Vordergrund. Da die bayrische Regierung ja gerade sehr erfolgreich versucht mit der 2. Stammstrecke in München

    das Stuttgart21-Desaster möglichst gut abzubilden, wäre der Ausbau der Strecke Pasing-Fürstenfeldbruck fast ein Kleckerlbetrag.

    Momentan stemmt sich die Bahn gegen außenliegende Bahnsteige für die S-Bahn. ^Die sind aber wünschenswert, wegen Barrierefreiheit etc.

    Begründung ist, dass sie schlechter reagieren können bei dieser Konstellation auf Störungen.

    Jetzt bin ich, wohl im Gegensatz zu einigen hier, völliger Bahnlaie und nur Nutzer, aber so ganz einleuchten will es mir nicht.

    Die Bahn spart so wohl einige Weichen, aber kann einer von Euch das nachvollziehen und mir Dau das erklären?

  • Was mir so spontan dazu einfällt. (Bin allerdings auch nur wenig mehr als ein Bahn-Nutzer, vielleicht eher begeisterter Bahn-Nutzer.)

    Wenn du vier Gleise hast, dann brauchst du dafür entweder zwei Mittelbahnsteige oder einen Mittelbahnsteig und dazu zwei Außenbahnsteige. Wenn du auf dem Mittelbahnsteig einsteigen musst, dann musst du Treppe runter, Treppe rauf. (Ggf. Rampe oder Aufzug für Barrierefreiheit.)

    Die Seitenbahnsteige lassen sich auch von außen betreten, ohne dass du Treppe runter, Treppe rauf gehen musst. Aber das gilt nur für die eine Fahrtrichtung, willst du in die andere Fahrtrichtung fahren, dann musst du halt auch Treppe runter, Treppe rauf. Und wenn du nicht von einem der Seitenbahnsteige abfährst, sondern von dem in der Mitte dann sowieso auch Treppe runter, Treppe rauf.

    Vermutlich brauchst du für zwei Mittelbahnsteige etwas weniger Platz als für einen Mittelbahnsteig plus zwei Seitenbahnsteige.

  • Die Bahn spart so wohl einige Weichen, aber kann einer von Euch das nachvollziehen und mir Dau das erklären?

    Da würde ich mal das Forum https://www.drehscheibe-online.de/ empfehlen.

    Ich bin leider nicht ortskundig und weiß nicht, was die da genau vorhaben.

    Ich kenne es aus Diskussionen dprt nur bzgl. des Ausbaus im Rheintal, dass man im Forum unterschiedliche Ansichten hat, welche Ausbauart die beste ist.

    Viergleisige Strecken gibt es formal eigentlich nicht bei der Bahn, das wären dann zwei zweigleisige Strecken.

    Da gibt es zwei prinzipielle Ansätze:

    Die eine Strecke bspw. als neugebaute Hochgeschwindigkeitsstrecke, die andere als Altstrecke für den Regionalverkehr, dann hätte man für die kleinen Bahnhöfe einen Außenbahnsteig an ebendieser Altstrecke und einen Mittelbahnsteig zwischen den Strecken, an der Neubaustrecke nix weiter, die düsen durch.

    Oder der langsame Verkehr am Rand, der schnelle in der Mitte, dann reichen Außenbahnsteige, in der Mitte gibt's nix.

    Bahnsteige an allen 4 Gleisen gibt es unterwegs an kleinen Stationen eher selten ...

    Bei einem Ausbau mit Schnellverkehr muss man in der Regel anders trassieren als die Altstrecke es ist, dann ist es automatisch die erste Variante, die zweite Variante kann es nur sein, wenn die Altstrecke schon die Zielgeschwindigkeit des Ausbaus haben kann. Und das auf ganze Länge, weil Ausbauart unterwegs wechseln ist recht aufwendig ...

    So mal als prinuipieller Ansatz ...

    Details gibt es sicher bei DSO. Mit Glück gibt es dort schon eine Diskusssion zu diesem Ausbau oder mehrere oder viele, mit Pech musst Du eine anzetteln ... ;)

  • Was mir so spontan dazu einfällt. (Bin allerdings auch nur wenig mehr als ein Bahn-Nutzer, vielleicht eher begeisterter Bahn-Nutzer.)

    Wenn du vier Gleise hast, dann brauchst du dafür entweder zwei Mittelbahnsteige oder einen Mittelbahnsteig und dazu zwei Außenbahnsteige. Wenn du auf dem Mittelbahnsteig einsteigen musst, dann musst du Treppe runter, Treppe rauf. (Ggf. Rampe oder Aufzug für Barrierefreiheit.)

    Die Seitenbahnsteige lassen sich auch von außen betreten, ohne dass du Treppe runter, Treppe rauf gehen musst.

    Warum wir zwei Außenbahnsteige haben wollen, das wissen wir. Eben wegen dem Zugang. Und, was in München ein echtes Problem ist, selbst wenn es Aufzüge gibt, was immer noch nicht für jeden S-Bahnhof zutrifft, sind die gerne kaputt und die Reparatur kann Wochen, Monate oder auch mal über ein Jahr dauern.

  • Warum wir zwei Außenbahnsteige haben wollen, das wissen wir. Eben wegen dem Zugang. Und, was in München ein echtes Problem ist, selbst wenn es Aufzüge gibt, was immer noch nicht für jeden S-Bahnhof zutrifft, sind die gerne kaputt und die Reparatur kann Wochen, Monate oder auch mal über ein Jahr dauern.

    War neulich in Lindhorst (ein S-Bahn-Halt zwischen Haste und Stadthagen) ausgestiegen. Dort gibt es eine zweigleisige Bahnstrecke und zwei Außenbahnsteige. Die Außenbahnsteige sind ausschließlich für den Autoverkehr über eine Fahrbahn verbunden.

    Google Maps
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    www.google.com

    Rechts von dem [Zeichen 240] ist die Rampe, die in die S-Bahn-Unterführung für Fußgänger führt.

    [Zeichen 254] [Zeichen 259]Mit diesen Schildern wird die Fahrbahn für die Unterführung für den Autoverkehr für den Fuß- und Radverkehr gesperrt.

    Der Fuß- und Radverkehr wird über Rampen durch die Unterführung geführt.

    Mal abgesehen davon, dass der Fußverkehr auf der Fahrbahn gesperrt ist:

    Vorteil der Rampen: Es können keine Fahrstühle ausfallen.

    Nachteil: Sehr lange Wege. Und vermutlich sind die Rampen nicht wirklich barrierefrei. Denn die Rampen sind recht steil. (Habe allerdings nicht nachgemessen.) Trotzdem sind die Rampen so schon sehr lang. Vermutlich würden wirklich barrierefreie Rampen noch länger sein.

    Von diesen Vor- und Nachteilen abgesehen:

    Auch außenliegende Bahnsteige sind für Menschen, die auf einen Aufzug angewiesen sind, immer ein Hindernis. Denn entweder bei der Abfahrt oder bei der Rückkehr muss eine Unterführung oder Überführung überwunden werden. Gibt es nur Rampen, wie in Lindhorst, ist das Bahnreisen je nach Ausstattung des benutzten Rollis, aber auch für Eltern mit Kinderwagen etc. mit einem nicht unerheblichen zusätzlichen Aufwand (Zeit- und Kraftaufwand) verbunden. (Mindestens entweder auf der Hinreise oder Rückreise.)

    Was mir noch nicht ganz klar ist bei dem von dir beschriebenen S-Bahn-Ausbau von 2 auf 4 Gleisen:

    Sollen für alle vier Gleise Bahnsteige geschaffen werden, oder sollen die vier Gleise direkt nebeneinander liegen und nur die beiden äußeren Gleise einen Bahnsteig haben?

  • Da ich die ersten 30 Jahre meines Lebens in Hamburg-Bergedorf gewohnt habe, kann ich von der Bahnstrecke Hamburg-Berlin berichten. Die wurde im Abschnitt Hamburg-Mitte bis Hamburg-Bergedorf bereits im Jahr 1842 eröffnet und war bis zur Wende nur zweigleisig. Also fand dort damals Mischbetrieb mit der Hamburger S-Bahn, Güterzügen und Fernverkehr Richtung Büchen und DDR statt. Nach der Wiedervereinigung wurde die Strecke ab 1991 zumindest bis Wohltorf viergleisig ausgebaut; zwischen Wohltorf und Aumühle dann nur noch dreigleisig. Die Trassen für S-Bahn und übrigen Bahnverkehr werden strickt getrennt gehalten. Die S-Bahn hat somit ihre eigenen Fahrwege und kommt mit Güterzügen und dem Fernverkehr Richtung Büchen/Rostock/Berlin nicht in Konflikt.

    Ich kann ja mal eine Übersicht der auf dieser Strecke (S2/S21) vorhandenen S-Bahnhöfe auflisten:

    Aumühle: damals Mittelbahnsteig, bis heute unverändert

    Wohltorf: damals Außenbahnsteige, heute Mittelbahnsteig

    Reinbek: damals Außen- und Mittelbahnsteige, heute nur Mittelbahnsteig

    Bergedorf: damals Außen- und Mittelbahnsteige, bis heute unverändert

    Nettelnburg: damals Mittelbahnsteig, bis heute unverändert

    Allermöhe: erst nach der Wende gebaut: Mittelbahnsteig

    Mittlerer Landweg: damals Mittelbahnsteig, bis heute unverändert

    Billwerder-Moorfleet: damals Mittelbahnsteig, heute Außenbahnsteige

    Tiefstack: damals Mittelbahnsteig, bis heute unverändert

    Rothenburgsort: damals Mittelbahnsteig, bis heute unverändert

    Berliner Tor: damals Mittelbahnsteig, bis heute unverändert

    Man hat zwar in den letzten Jahrzehnten durchaus zwischen Mittel- und Außenlage gewechselt, dies wäre baulich aus meiner Sicht jedoch nicht unbedingt erforderlich gewesen, da die Fernbahngleise in einiger Entfernung der S-Bahn-Gleise verlaufen. Platzprobleme hatte es damals größtenteils jedenfalls nicht gegeben. Und auf der Strecke zwischen Bergedorf und Aumühle wurden teils heftige Geländeeinschnitte hergestellt, damit zwei weitere Gleise Platz finden. Denn dieses Gebiet stellt die Endmoränen-Landschaft der Weichsel-Eiszeit dar und ist daher ziemlich hügelig. Für die beiden neuen Gleise wurde kräftig weggegraben und planiert. Wenn man sich den Hang zwischen Fürstenfeldbruck und Buchenau anschaut, hat man einen schönen Vergleich.

    Auf jeden Fall ist nicht erkennbar, dass man im Zuge des Streckenausbaus damals in Hamburg bzw. Schleswig Holstein auf Außenbahnsteige gesetzt hätte. Eigentlich gibt es nur eine einzige Station, die vom Mittelbahnsteig zu Außenbahnsteigen umgebaut wurde, nämlich Billwerder-Moorfleet. Die Kriterien der Initiativen, welches bei der S4 im Landkreis Fürstenfeldbruck vorgebracht werden, scheint es in Hamburg wohl nicht gegeben zu haben. Aber das ganze liegt ja nun auch schon 30 Jahre zurück. Vielleicht galten damals andere Prioritäten. Vielleicht war das Thema Barrierefreiheit auch noch nicht so populär wie heute.

    Jedenfalls glaube ich irgendwie nicht so recht daran, dass der Ausbau der Strecke Pasing-Fürstenfeldbruck (oder Eichenau oder Buchenau) in den nächsten 30 Jahren angegangen, geschweige denn, fertiggestellt wird. Das ganze wäre wirklich ein Mega-Projekt, was ohne der Erweiterung des Knotenpunkts und Bahnhof Pasing ohnehin nicht realisierbar ist. Und wer weiß, ob in 30 Jahren überhaupt noch irgendetwas finanzierbar ist...

    2 Mal editiert, zuletzt von Alf (15. August 2023 um 12:22)

  • Servus Alf,

    vielen Dank für die ausführliche Antwort. Bin ja an der S3 aufgewachsen, trotzdem ist mir auch schon in jungen Jahren das Dilemma der S4 nicht verborgen geblieben.

    30 Jahre ist die Diskussion locker alt. Insofern besteht Hoffnung.

    Pasing ist mit drin im Plan, da der Bau inkl. Planung vorher bissl brauche wird, sind weiter 30 Jahre bedauerlicherweise leider nicht unwahrscheinlich.

    Inzwischen sind ja schon U-Bahn-Diskussionen bis nach Bruck.

  • sind weiter 30 Jahre bedauerlicherweise leider nicht unwahrscheinlich

    Optimist. Für meine Strecke, also die an der auch Lindhorst liegt, seit 2012 ganz offiziell ein überlasteter Schienenweg, liegen die ersten Planungen für den 4-gleisigen Ausbau mindestens 100 Jahre zurück. (Eine Quelle, die erste Planungen vor den Krieg - also vor den ersten Weltkrieg - datierte kann ich aber nicht mehr finden). Passiert ist immer noch nichts.

    Ja, ich bin Kampfradler! Nein, ich fahre nicht aggressiv!
    Denn ich kämpfe mit den Waffen des Wortes, des Papiers und des Toners, meine Verbündeten sind die Regeln und Normen der StVO und VwV-StVO.

    Radfahren ist nicht gefährlich, Radwege schon!

  • Bist du auch schon mal in Lindhorst ausgestiegen, Schaumburger?

    Bin ich zu empfindlich, wenn ich über diese Autounterführung in Lindhorst fluche, die für den Fahrrad- und Fußverkehr gesperrt ist, der stattdessen durch den S-Bahnhaltestelle-Tunnel geführt wird?

  • Aus-/Eingestiegen wüßte ich jetzt nicht. Das heißt aber natürlich nicht das ich die Unterführung nicht kenne, soviele Möglichkeiten die Bahnstrecke zu queren gibt es ja nicht. Vor allem das erste mal das ich da lang bin ist mir in Erinnerung geblieben, auch wenn es lange her ist.

    Ich kam aus Norden und landete also an der Stelle die Du via Google verlinkt hast. Da es ja kein Fahrbahnbegleitender Weg ist bin ich natürlich erstmal vorbei, aber da sah ich dann ja auch schon [Zeichen 254]. Schonmal toller Sicherheitsgewinn so ein Wendemanöver8o. Dann also durch den Fahrgasttunnel. Und auf der Südsseite dann - wo jetzt weiter? Damals gab es die Radwegweiser noch nicht, nur ein einzelnes gelbes Schild zu einem Ort, der mir nichts sagte (Schöttlingen). Aber war ja offenbar der einzige Weg weiter, also da lang. Um dann festzustellen, dass das eine Sackgasse ist und dieses „Dorf“ anders nicht erreichbar (verlassbar) ist. Also wieder zurück und irgendwie einen Weg Richtung Süden gesucht....

    Dieser Fahrgasttunnel einer S-Bahn Station ist natürlich überhaupt nicht geeignet. Radverkehr aufzunehmen. Nicht ohne Grund ist der Fahrgasttunnel in Haste ein [Zeichen 239] [Zusatzzeichen 1012-32], obwohl der deutlich breiter und lichter ist. Hier ist er ziemlich eng und noch dazu dunkel. Sehe nicht das das sicherer sein soll als die [Zeichen 254] Fahrbahn, da brauch ja nur mal einer die Treppe runter kommen... . Steht auf meiner laaaangen Liste von klagewürdigen Radfahrverboten.

    Bei mir (S-Bahn Station Kirchhorsten) ist das eigentlich ähnlich gelöst. Es gibt aber deutliche Unterschiede:

    - Überführung des Autoverkehrs statt Ünterführung

    - Die ist auch nicht für Rad-/Fußverkehr gesperrt

    - Die Unterführung bietet bessere Sichtverhältnisse und weniger scharfe Kurven.

    - Dafür hat man aber Drängelgitter aufgestellt.

    Gestern war glaube ich das erste Mal, das mir auf der Überführung eine anderere Radfahrerin begegnet ist. Da sie im Gegensatz zu mir ohne Hänger (mit dem ich sicher nicht durch das Drängelgitter komme), dafür aber mit Pedelec unterwegs war dachte ich sie würde wie ich Richtung Südhorsten abbiegen. Tat sie aber nicht. Sie hat dann wohl den Umweg dem Gitter vorgezogen.

    Einmal meinte tatsächlich ein Autofahrer mich anmotzen zu müssen weil ich die Überführung gefahren bin. Da war ich ohne Hänger unterwegs, für mich ist es oben rum aber auf alle Fälle kürzer. Und dank Drängelgitter auch schneller.

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