Woche 32 vom 7. bis zum 13. August 2023

  • Auch in den Niederlanden sind längst nicht alle froh, wenn ihre Stadt das Attribut „Fahrradstadt“ erhält. Fußgänger klagen: „Uns hat die Stadt vergessen.“

    Fahrradstadt Utrecht: "Die Radfahrer führen sich auf wie Könige"
    Nicht Amsterdam, nicht Kopenhagen: Die Welthauptstadt des Fahrrads ist Utrecht. Alles ist so sehr aufs Rad fixiert, dass Fußgänger klagen: Uns hat die Stadt…
    www.zeit.de
  • Auch in den Niederlanden sind längst nicht alle froh, wenn ihre Stadt das Attribut „Fahrradstadt“ erhält. Fußgänger klagen: „Uns hat die Stadt vergessen.“

    https://www.zeit.de/mobilitaet/202…nde-fussgaenger

    Man darf nicht vergessen, der Artikel ist aus der Zeit, das ist ganz gewiss nicht die Zeitung, die eine Verkehrswende gutheißt, die diesen Namen verdient hätte.

    Der Artikel ist dieselbe alte Polemik gegen angebliche "Ramboradler", wie sie vom damaligen CSU-Verkehrsminister Ramsauer geprägt wurde. "Am 9. April berichteten zahlreiche Medien, Verkehrsminister Ramsauer drohe mit Kontrollen für "Kampfradler"." Nur, dass die Zeit, das ein bisschen unauffälliger einpackt.

    Populismus: Medien entdecken mal wieder "Rad-Rambos" und "Kampfradler"
    Kampfjournalismus Von 1609 befragten Autofahrern, die bei der DEKRA eine Hauptuntersuchung an ihren Fahrzeugen durchführen ließen, gab...
    hamburgize.blogspot.com

    Es liegt auf der Hand, dass die Begegnungen zwischen Fußgänger*innen und Fahrradfahrer*innen zunehmen, wenn tatsächlich Menschen beginnen, vom Auto aufs Fahrrad umzusteigen. Extrembeispiel: In einer autofreien Kommune gibt es keine Begegnungen mehr zwischen Menschen, die mit dem Auto fahren und solchen, die zu Fuß gehen.

    Wer einmal auf Spiekeroog Urlaub gemacht hat, dem ist vielleicht aufgefallen, dass dort nicht nur Autos ausgesperrt sind, sondern auch Fahrräder zu unerwünschten Verkehrsmitteln erklärt sind, deren Nutzung möglichst ausschließlich den Inselbewohnern vorbehalten sein soll. Auf den Nachbarinseln Langeoog (Foto) und Wangerooge dagegen wird eine gewisse Fahrrad-Kultur gepflegt. Touristen können zum Beispiel Fahrräder bei Radverleihen ausleihen. Allerdings ist das in Verbindung mit hohen Fähr-Preisen für den Fahrradtransport ebenfalls ein Steuerinstrument, das beliebte Verkehrsmittel Fahrrad zu begrenzen.

    Mangels Masse an Autos beklagen sich dort die Fußgänger*innen statt über Autofahrer*innen halt über Fahrradfahrer*innen. Und es wird z. B. auf Langeoog seit mehreren Jahren versucht, mit einer Fußgängerzone im Ortskern den Fußverkehr zu stärken.

    Trotzdem also viel Polemik gegen den Fahrradverkehr in solchen Artikeln, wie dem von der Zeit steckt, macht es meines Erachtens Sinn, ernsthaft auch für eine vom Fahrradverkehr dominierte Infrastruktur über Schutzmaßnahmen für den Fußverkehr nachzudenken. Auch auf vielen autofreien Inseln gibt es zum Beispiel Bürgersteige, die dem Fußverkehr vorbehalten sind, insbesondere an Hauptverkehrsstraßen.

    Und wenn man Verkehrswende ein bisschen weiter denkt, als einfach nur ein paar Verbrennerautos zu solchen mit E-Motoren umzuwandeln, dann muss auch überlegt werden, wie zum Beispiel in einer Welt ohne motorisierten Individualverkehr mit solchen Verkehrsmitteln wie Krankenfahrstühle*, E-Roller, Pedelecs usw. umgegangen wird. Soll es dann zum Beispiel Speed-Pedelecs (bis 45 km/h) überhaupt noch geben dürfen? Oder sollen die ausschließlich einzelne Fahrbahnen nachnutzen, die bisher vom Autoverkehr belegt sind?

    Ich halte es für wichtig schon jetzt Pläne dafür zu entwickeln, wie eine Fahrradinfrastruktur aussehen soll, die unterscheidet zwischen schnellem Fahrradverkehr (grob: über 15 km/h) und langsamen und deshalb zugleich Fußgänger-verträglichem Fahrradverkehr. Wer jedoch über Klagen von Fußgängern gegen den Fahrradverkehr nur mit dem Ziel berichtet, Stimmung gegen den Fahrradverkehr zu machen, der verhält sich letztlich wie einst Ramsauer, wenn auch mit etwas verfeinertem Instrumentarium.

    Dass überhaupt etwas dran ist, an dem von der Zeit behaupteten Unglück für die Utrechter Fußgänger, dass ihnen der Fahrradverkehr angeblich beschert, muss darüber hinaus grundsätzlich bezweifelt werden. Immerhin schreibt zum Beispiel die FAZ vom 2.8.23:

    "Während die Mobilitätswende in Deutschland zum Kulturkampf verkommt, hat Utrecht schon umgesattelt. Eindrücke aus einer Stadt, in der Autos nur zu Gast und „Kampfradler“ unbekannt sind."

    Mobilitätswende: Wie Fahrräder in Utrecht das Auto ersetzen
    Während die Mobilitätswende in Deutschland zum Kulturkampf verkommt, hat Utrecht schon umgesattelt. Eindrücke aus einer Stadt, in der Autos nur zu Gast und…
    www.faz.net

    *Auf Fußwegen dürfen Krankenfahrstühle bis max. 6 km/h schnell fahren. "Krankenfahrstühle", die schneller als 15 km/h fahren, gelten nicht als Krankenfahrstühle.

    https://www.ergo.de/de/rechtsporta…20Voraussetzung.

  • am Wochenende hängen geblieben beim BR, ganz unterhaltsam:_

    freizeit: Einfach einklappen · unterwegs mit dem Faltrad | ARD Mediathek
    Einfach einklappen · unterwegs mit dem Faltrad | Video | Für manche das Grauen auf zwei Rädern, eine komische Konstruktion, die man in der Mitte klappen…
    www.ardmediathek.de

    und bei youtube:

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  • Zitat

    Auch für den Nexo gibt es die Brennstoffzelle als Ersatzteil – für netto 41 650 Euro. Sie ist laut Hyundai auf eine Haltbarkeit von zehn Jahren oder 5000 Betriebsstunden ausgelegt. Das ist der Preis des Fortschritts. Käufer sollten ihn kennen.

    Also rund 50.000 Euro brutto. Das macht 10 Euro pro Betriebsstunde bzw. 5.000 Euro pro Jahr.

    Joa, kann man machen. Ist dann halt doof.

    Und was lernen wir nebenbei: die gehen von 500 Betriebsstunden pro Jahr aus. Also im Schnitt 1 Stunde und 22 Minuten pro Tag.

  • Man darf nicht vergessen, der Artikel ist aus der Zeit, das ist ganz gewiss nicht die Zeitung, die eine Verkehrswende gutheißt, die diesen Namen verdient hätte.

    Kann man IMHO nicht so pauschalieren - Andrea Reidl hatte dort lange Jahre ihren festen Platz und sie hat definitiv nicht den Blick durch die Windschutzscheibe.

  • Der Zeit-Artikel ist aber nicht von Andrea Reidl, sondern von Kerstin Schweighöfer. Es kann allerdings sein, dass auch sie gute Artikel schreibt zum Thema Verkehrswende. Und vielleicht ist sie gar nicht selbst für die Überschrift zu dem Utrecht-Artikel verantwortlich: "Die Radfahrer führen sich auf wie Könige"

    Diese Überschrift aber steht genau für diese Strategie, eine Verkehrswende weg vom Auto als äußerst problematisch darzustellen, als etwas, das gar nicht geht und die zum Beispiel für Fußgänger*innen angeblich auch keine Verbesserung bringt, oder es gar noch schlimmer macht.

    Bei vielen bleibt dann hängen: Dann können wir doch auch alles so lassen, wie es ist.

    Ein ähnliches Schema in der Berichterstattung gibt es zum Beispiel beim ständigen madig Machen von Elektroautos. Dabei bin ich selbst überzeugt, dass alleine die Umstellung von Verbrennerantrieb auf E-Antrieb keine Verkehrswende bedeutet. Aber dieser Aspekt geht völlig verloren, wenn immer wieder nur darüber berichtet wird, dass E-Autos angeblich vieles nicht leisten könnten, was Verbrennerautos können und angeblich sollen E-Autos sogar noch weniger nachhaltig oder auch noch gefährlicher sein.

    Krasses jüngstes Beispiel:

    aus Focus vom 28.7.23 ADAC-Experte über Autofähren-Brand: „Wenn ein E-Auto brennt, ist wirklich buchstäblich Holland in Not“

    https://www.focus.de/panorama/adac-experte-ueber-autofaehren-brand-wenn-ein-e-auto-brennt-ist-wirklich-buchstaeblich-holland-in-not_id_200288330.html

    Selbstverständlich ist es wichtig, den Aspekt zu beleuchten, wie die Gefahr eines E-Auto-Brandes auf einer Fähre verringert werden kann. Aber oft wird in der Berichterstattung zwischen den Zeilen signalisiert, dass es insgesamt ein großer Unsinn sei, E-Autos bauen zu wollen.

    In Wahlplakate "übersetzt" sieht das dann so aus:

    https://assets.deutschlandfunk.de/FILE_f97a4365d6b0942a8a68c6f0185faa55/original.jpg?t=1597651340172

    (AfD-Wahlplakat: "Lieber Diesel als grüne Spinnereien")*

    Und wie das Beispiel E-Autos zeigt, sind nicht nur Fahrradfahrer*innen von so einer Anti-Berichterstattung betroffen. Auch die Möglichkeit der ÖPNV-Nutzung wird immer wieder in kruder Weise infrage gestellt, so als sei es völlig ausgeschlossen, dass jemals die ÖPNV-Transport-Kapazitäten geschaffen werden könnten, die eine gelungene Verkehrswende erfordert. Aber auf Fahrradfahrer*innen kann man natürlich noch ein bisschen einfacher herumhacken und sie als Feindbild aufbauen.

    * Bild aus Deutschlandfunk:

    Klimapolitik im Europa-Wahlkampf

    Zukunftsperspektiven gegen die rechtspopulistischen Leugner

    Auf dem Wahlplakat der AfD im April 2019 zur Europawahl steht "Lieber Diesel als grüne Spinnereien", Hintergrund ist ein Gemälde des Spätrenaissance-Malers Giuseppe Arcimboldo mit Figuren aus Gemüse.

    Der Fokus der AfD verschiebt sich von Migrations- zusehends auf Klimafragen, sagt unser Gesprächsgast Alexander Carius. © imago images / Stefan Zeitz

    Moderation: Patrick Garber · 11.05.2019

    Klimapolitik im Europa-Wahlkampf - Zukunftsperspektiven gegen die rechtspopulistischen Leugner
    Im Europa-Wahlkampf haben Rechtspopulisten das Klima-Thema für sich entdeckt. Die AfD leugnet den menschengemachten Klimawandel. Dagegen setzt der Politologe…
    www.deutschlandfunkkultur.de
  • HAZ vom 8.8.23:

    Anwohner-Ärger

    Südstadt: Warum dieses Auto seit zwei Jahren denselben Parkplatz besetzt vom 07.08.2023

    "Rund um das silberfarbene BMW-Cabrio sprießt das Unkraut. In dem Auto an der Torstraße (Südstadt) hat sich Schimmelpilz gebildet. Die rechte Außenspiegel ist abgebrochen, die Karosserie teilweise eingedellt, die Felgen angerostet. „Dieser Schrotthaufen steht seit mindestens zwei Jahren an der gleichen Stelle“, ärgert sich Anlieger Christian Kölle. Der 60-Jährige und weitere Anwohnende sind sauer, dass der Halter seit einer kleinen Ewigkeit den ohnehin knappen Parkraum in der Südstadt ununterbrochen für sich beansprucht. Polizei, Feuerwehr, Stadt wurden bereits eingeschaltet. „Passiert ist nichts. Die spielen Behörden-Ping-Pong: Einer schiebt es auf den anderen“, macht ein 85-Jähriger, der seinen Namen nicht nennen möchte, seinem Ärger Luft.

    Südstadt: Warum dieses Auto seit zwei Jahren denselben Parkplatz besetzt
    Parkärger in der Südstadt von Hannover: Anwohnende ärgern sich über ein BMW Cabrio, das seit mindestens zwei Jahren an immer derselben Stelle im…
    www.haz.de

    Komisch: Wenn zwei Jahre ein Auto an derselben Stelle steht und anderen Autos den Parkplatz streitig macht, ist die Aufregung groß, weil die Stadt angeblich zu wenig tut. Wenn die Stadt jedoch an anderer Stelle tätig wird, dann wird ebenfalls gemeckert: "Im Stadtbezirk Mitte wird das Schrägparken auf dem Gehweg nun strikt verfolgt – die Stadt ahndet das Vergehen jetzt mit einem Bußgeld von 55 Euro. Die Anwohner sind überrascht und verärgert zugleich, denn das halbseitige Parken auf dem Gehweg war jahrzehntelange tolerierte Praxis." HAZ vom 17.1.22

    55 Euro Strafe: Jetzt kommen in Teilen von Hannover die Knöllchen fürs halbseitige Parken auf dem Gehweg
    Im Stadtbezirk Mitte wird das Schrägparken auf dem Gehweg nun strikt verfolgt – die Stadt ahndet das Vergehen jetzt mit einem Bußgeld von 55 Euro. Die Anwohner…
    www.haz.de

    Das ist doch bei dem VW-Cabrio-Parker im Prinzip nicht anders, und sogar nur zweijährige Praxis statt jahrzehntelange Praxis.

  • https://www.ndz.de/blaulicht-bad-…id,2817378.html

    Das ist, glaube ich, das erste Mal, dass ich lese, dass das Verwarngeld auch verhängt wird.

    Hier (Region Hannover) wurde auch verwarnt und in 30 Fällen ein Verwarngeld verhängt:

    POL-H: Polizei kontrolliert den Seitenabstand beim Überholen von Radfahrenden am Nienstedter Pass
    Hannover (ots) - Die Fahrradstaffel der Polizei Hannover hat am Samstag, 05.08.2023, gemeinsam mit der Polizei Barsinghausen den Seitenabstand beim Überholen…
    www.presseportal.de
  • Zweijähriger von Smart angefahren und schwer verletzt
    Schwerer Unfall auf dem Sophie-Schoop-Weg in Neuallermöhe: Am Montagnachmittag ist dort ein Kind (2) von einem Auto erfasst worden. Der Junge war nicht
    www.mopo.de
    Zitat

    Laut Polizei waren die Eltern mit ihrem Kind unterwegs, als der Zweijährige sich losriss und zwischen geparkten Fahrzeugen hindurch auf die Straße lief. „Das Kleinkind wurde dann von einem aus Richtung Walter-Rudolphi-Weg kommenden Smart einer 66-Jährigen erfasst“, sagte ein Polizeisprecher.

    Google Maps
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    www.google.de

    Da rechts ist ein Fahrradstreifen. Wo und wie schnell ist die 66-jährige bloß gefahren, wenn sie weder ausweichen noch rechtzeitig zum Stehen kommen kann?

  • Wenn der Junge nur knapp genug vor dem Auto auf die Fahrbahn läuft, ist jede/r Fahrer/in chancenlos, wenn die Kiste mehr als 10km/h fährt. Denn zwischen den Fahrzeugen ist der im Alter von 2 Jahren für einen Fahrzeugführer von der Fahrbahn aus unsichtbar, bis es zu spät ist. Die 3m von Fahrzeugkante bis Fahrbahn schafft der Junge locker in 2 bis 3 Sekunden. Auch bei nur 20km/h hat man mehr als 8m Anhalteweg.

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    Peter Viehrig

    "Glaube ist die Überzeugung, dass etwas wahr ist, weil die Belege zeigen, dass es falsch ist."
    (Andreas Müller)

  • In dem Artikel, von dem frei zugänglich nur der erste Absatz zu lesen ist, steht: "Zu lang sei der Pkw das Maß aller Dinge gewesen, sagt der Umweltpsychologe Gerhard Reese. Den Verbrauchern macht er keinen Vorwurf. Dafür der Bundesregierung – und der „Letzten Generation“." Da wird man doch neugierig, was denn der Psychologe Gerhard Reese der "Letzten Generation" zum Vorwurf macht. Zumal er an anderer Stelle Organisationen wie Fridays for Future oder Extinction Rebellion lobt: Minute 14:55 in diesem Video:

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    Was mir Sorgen macht:

    "Der Chipkonzern TSMC baut in Dresden eine Chipfabrik für die Autoindustrie – für Vorstandschef Wei ein "vielversprechender Standort". Als Partner des 10-Milliarden-Euro-Projekts sind Infineon, Bosch und NXP dabei. Der Bund gibt bis zu fünf Milliarden Euro dazu."

    Manager-Magazin vom 8.8.23

    TSMC baut Chipfabrik in Dresden mit Infineon, Bosch und NXP
    Der Chipkonzern TSMC baut in Dresden eine Chipfabrik für die Autoindustrie – für Vorstandschef Wei ein "vielversprechender Standort". Als Partner des…
    www.manager-magazin.de

    Einmal mehr wird die Autoindustrie finanziell gefördert durch den Staat.