So weit öffnen sich Autotüren - die Dooring-Unfallgefahr in Zahlen

  • Das Schutzstreifen die Radfahrer von mancher Dummheit abhalten, wundert mich nicht – gibt genug "Rinnsteinradler", die wenn da keiner parkt in den grauen Bereich radeln.

    Das Hauptproblem ist meiner Meinung nach, dass Schutzstreifen eine deutlich überbreite Fahrbahn erfordern – bei den heute üblichen 3,25 m kommt sowas wie auf dem Bild heraus. Und dann funktioniert das sonst überall übliche "jeder bleibt in seiner Spur" nicht mehr, sondern der Autofahrer müsste einen riesigen Bogen auf die Gegenfahrbahn ziehen.

    Interessant ist hierbei übrigens ein Blick in die Niederlande: Dort haben die Schutzstreifen eine ganz andere Funktion. Diese sollen gar nicht von den Radfahrern befahren werden, weshalb sie auch kein Fahrrad-Piktogramm haben und teils extrem schmal sind. Vielmehr dienen sie der visuellen Verengung der Fahrbahn und dem Hinweis "hier sind Radfahrer auf der Fahrbahn". Von der Idee her ähnliches sieht man bei uns manchmal auf dem Lande: Die Fahrbahn ist nur ~4 m breit, aber der Seitenstreifen ist befahrbar.

    Soll der Streifen von Radfahrern befahren werden, ist dieser _mindestens_ 1,7 m breit und die Autofahrer bekommen "was übrig ist" – was unter Umständen 2,25 m für beide Richtungen zusammen ist.

  • Dort haben die Schutzstreifen eine ganz andere Funktion. Diese sollen gar nicht von den Radfahrern befahren werden

    Früher hatte wohl auch bei uns ein "Schutzstreifen" genau diese Funktion, bis ein "schlauer" Mensch auf die Idee kam, die Schmutzstreifen mit Piktogramm so zu nennen, weswegen die ehemaligen Schutzstreifen in Sicherheitstrennstreifen umbenannt werden mussten, die rechtlich wohl nur neben Radfahrstreifen rechtlich gesichert sind, nicht jedoch als Randmalerei bei einer Fahrradstraße, weswegen die Umsetzung der ba-wü-und-anderswo Musterlösungen für Fahrradstraßen derzeit in KA klemmt ...

  • Dieses "Vorbeidrücken" ist kein Bug, sondern Feature der Leitlinie.

    Das Feature wurde aber mit der Einführung des 1,5m Überholabstands abgeschafft. Vielleicht unabsichtlich.

    Bemerkenswert ist im Kontext dieses Threads auch, dass die BASt bei der Schutzstreifen-Untersuchung im Zuge der Verkehrsbeobachtung ermittelt hat, dass Radfahrer mit Schutzstreifen im Mittel knapp 20 cm *mehr* (!) Abstand zu Längsparkern halten als ohne, und dass sie mit Schutzstreifen auch deutlich weniger auf dem gefährlichen Gehweg rumeiern als ohne.

    Das trifft sicher für einige Radler zu, aber für viele eben auch nicht.

    Und wenn ich durch ausreichend Abstand halten die homöopatische Sicherheitserhöhung eines eingefärbten Schutzstreifens in eine 100% Sicherheit vor Dooring wandeln kann, dann mach ich das einfach.

    Einmal editiert, zuletzt von Autogenix (9. Juli 2023 um 17:04)

  • Interessant ist hierbei übrigens ein Blick in die Niederlande: Dort haben die Schutzstreifen eine ganz andere Funktion. Diese sollen gar nicht von den Radfahrern befahren werden, weshalb sie auch kein Fahrrad-Piktogramm haben und teils extrem schmal sind. Vielmehr dienen sie der visuellen Verengung der Fahrbahn und dem Hinweis "hier sind Radfahrer auf der Fahrbahn".

    Das halte ich für ein Gerücht; für die Schlussfolgerung, dass da irgendwelche Vorgaben in der Richtung existieren würden, sind die Bilder, die man mit Schutzstreifen aus NL findet, viel zu heterogen. Das Einzige, was wohl wirklich in NL Vorschrift zu sein scheint: wenn Schutzstreifen, dann nur mit Haltverbot.

    Zur Frage, wie sicher die NL-Schutzstreifen sind, habe ich mal für Twitter diese Tableaus mit Zeitungsberichten von tödlichen Fietsunfällen auf Schutzstreifen angefertigt.

                                         

    Aber bei Frau Antje, hinter den sieben Bergen bei den sieben Zwergen dem Siebengebirge, da ist ja alles trotzdem immer tausendmal schöner als hier, Frau Königin. Der Mythos der holländischen Radwege ist im Gegensatz zu holländischen Radfahrern unsterblich.

  • Früher hatte wohl auch bei uns ein "Schutzstreifen" genau diese Funktion, bis ein "schlauer" Mensch auf die Idee kam, die Schmutzstreifen mit Piktogramm so zu nennen

    Und dieses Piktogramm ist eben in NL erst ab 1,7 m erlaubt – wobei die Breite für die Radfahrer verbindlich ist und die Autofahrer bekommen "was übrig ist". Jemand nannte das mal so schön "die Straße wird von außen nach innen geplant".

    Bei uns geht das meist andersherum, was dann zu entweder keiner Berücksichtigung des Radverkehrs oder zu Konflikten zwischen Radfahrern, Fußgängern und/oder Parkstreifen führt.

  • Zur Frage, wie sicher die NL-Schutzstreifen sind, habe ich mal für Twitter diese Tableaus mit Zeitungsberichten von tödlichen Fietsunfällen auf Schutzstreifen angefertigt.

    Da schmeißt du drei Designs zusammen…

    * Das mit Piktogramm (und innerorts) sind Fietsstroken (Benutzungspflichtig und mindestens 1,7m) auf GOW50. Neben denen darf auf der einen Seite geparkt und (noch) auf der anderen 50 gefahren werden. Das ist quasi das Gegenstück zu unserem Radfahrstreifen.

    * Das andere ist der Schutzstreifen außerorts (ETW60): Schwer mit irgendwas in Deutschland zu vergleichen, am ehesten mit einem befestigten Seitenstreifen – allerdings kommen die dort bei weitaus höheren Verkehrsaufkommen vor.

    * Und dann haben wir Schutzstreifen bei ETW30: Eigentlich auch hier gedacht, um die Fahrbahn auf eine Spur zu verengen, wird aber teils auch genutzt, um die Radfahrer an den Rand zu drängen statt zwei Spuren mit Mischverkehr zu haben.

    …und das Ding aus Beek (erstes Bild, unten Mitte) is extra seltsam: Schutzstreifen + Mittellinie? Die Kreuzungen dort sind auch… eher dänisch inspiriert.

  • Wenn ein Schutzstreifen aber nur 80 cm breit ist, fahren erfahrene Radfahrer links davon, was einige Kfz-Führer über Gebühr provoziert und die unsichereren fahren garantiert im Dooring- Bereich.

    Vielleicht hilft ein solches Plakat oder Hinweisschild (zum Beispiel zum Befestigen am Fahrradkorb)?

    angeregt von der Internetseite des ADFC Griesheim (s.u.)

    Es ist schwer, die Empfehlungen der Polizei auszuhebeln, die in dieser Frage nach meiner Erfahrung eher dazu neigt, die Autofahrer-Perspektive einzunehmen, nach der Radverkehr auf der Fahrbahn nichts zu suchen hat, bzw. die Radfahrer*innen empfehlen, bis auf 70 cm an die parkenden Autos heranzufahren. Und die Autofahrer*innen für hinreichend zuverlässig halten, dass sie die Tür nicht öffnen, wenn sich Fahrradfahrer*innen von hinten nähern. Das ist der Grund, warum ich diesen Thread gestartet habe.

    Besonders hilfreich fand ich den Link zur Internetseite der Initiative fahrradfreundliches Griesheim mit dieser Faustformel zur Türöffnungsbreite: "Die tatsächliche volle Türöffnungsbreite ist meist ca. 10-15% geringer als die Türbreite." https://fahrradfreundliches-griesheim.de/dooring-unfall…notwendig-sind/

    Silence hatte das verlinkt.

    Seit ein paar Wochen habe ich ein Maßband dabei, um Türbreiten zu messen. Die Faustformel entspricht etwa, meinem Versuch, mit den trigonometrischen Formeln zu rechnen plus den Abzug, der sich daraus ergibt, dass ein kleiner Teil der Tür ins Karosserieinnere verschwindet. Autogenix hatte darauf hingewiesen.

    Es ist gut, im Gespräch mit anderen (auch oder gerade Polizei) genaue Zahlen nennen zu können und auf eigene Untersuchungen hinweisen zu können!

  • Und dann parkt er auch noch wie ein echter BMW-Fahrer 😂

    Der parkt ordnungsgemäß, schau nochmal ganz genau hin ;)

    Mein neuer "Negativfavorit" ist ein BMW-Coupé mit 1,42 m langen Türen:

    Bei PKW 1.5m+ Abstand beim Vorbeifahren halten und dann passt's auch hier vorbei.

    Solange Dummheit als plausible Erklärung ausreicht, sollte man keinen Vorsatz annehmen.

  • Ne, sah auf dem Handy so aus, als ob der auf die dunkle Fläche soll – aber die ist unsinnig eng. Das ist hier nämlich ein Klassiker: VW-Busse und selbst ein alter VW LT schaffen es, in der Box zu stehen, aber die 3er-Prolls sind zu doof dafür.

  • Und wer dachte, schlimmer geht's nimmer ...

    ... der hat noch nicht bei diesem Chevrolet-Coupé nachgemessen:

    Ich hatte leider noch keine Gelegenheit im geöffneten Zustand nachzumessen, wie weit die Tür in den Verkehrsraum hineinragt. Die in dem Foto angegebenen 1,25 bis 1,30 m entsprechen ca. 1,45 m abzüglich ca. 10 % bis 15 %. Ein Sicherheitsabstand von 1,50 m dürfte für den grün eingezeichneten Fahrradfahrer wohl angemessen sein.

  • "Auf der Fahrbahn ausreichend Abstand halten (50–100 cm zum Fahrbahnrand, 75–125 cm zu parkenden Autos)" Das empfiehlt der ADFC-Hannover in der HannoRad-Ausgabe 3-2022 auf Seite 12:

    https://www.hannorad.de/wp-content/uploads/2022/11/HannoRad-2022-3.pdf

    Das sind immerhin bis zu 5 cm mehr als die Empfehlung des ADFC-Griesheim auf der Internetseite Fahrradfreundliches Griesheim (Griesheim ist ein Stadtteil von Frankfurt).

    Dooring-Unfallprävention: 10 Gründe warum 1,2 Meter Abstand zu parkenden Autos für Radfahrende notwendig sind – Initiative FahrradFreundliches Griesheim

    Dort steht die Empfehlung:

    "Dooring-Unfallprävention: 10 Gründe warum 1,2 Meter Abstand zu parkenden Autos für Radfahrende notwendig sind"

    Allerdings ist in der Hannorad ein Abstand von 75 cm bis 125 cm die Rede. Welcher Abstand ist denn nun in welchen Fällen angemessen? Meines Erachtens ist eine solche "von bis" Empfehlung in der Frage Vermeidung von Dooring-Unfällen nicht zielführend.

    An der Empfehlung auf der Seite des ADFC-Griesheim missfällt mir, dass 1,2 m ein deutlich zu geringer Abstand ist, wie ja auch die zahlreichen Tür-Beispiele in diesem Thread zeigen!

  • Früher hatte wohl auch bei uns ein "Schutzstreifen" genau diese Funktion, bis ein "schlauer" Mensch auf die Idee kam, die Schmutzstreifen mit Piktogramm so zu nennen, weswegen die ehemaligen Schutzstreifen in Sicherheitstrennstreifen umbenannt werden mussten, die rechtlich wohl nur neben Radfahrstreifen rechtlich gesichert sind, nicht jedoch als Randmalerei bei einer Fahrradstraße, weswegen die Umsetzung der ba-wü-und-anderswo Musterlösungen für Fahrradstraßen derzeit in KA klemmt ...

    Zu Sicherheitstrennstreifen in Fahrradstraßen, woran es klemmte, warum es nicht mehr ganz so klemmt und wie es weitergeht, siehe TOP 7:

    Karlsruhe: Ratsinformation - Planungsausschuss (öffentlich/nicht öffentlich)

  • Zu Sicherheitstrennstreifen in Fahrradstraßen, woran es klemmte, warum es nicht mehr ganz so klemmt und wie es weitergeht, siehe TOP 7: Karlsruhe: Ratsinformation - Planungsausschuss (öffentlich/nicht öffentlich)

    Ein paar Tage vor dem Erscheinen der Sache im Ratsinformationssystem habe ich per Informationsfreiheitsanfrage beim Ministerium für Verkehr den Erlass und die Antwort der Stadtverwaltung angefordert. Die Antwort auf diese Anfrage steht noch aus.