Woche 05 vom 30. Januar bis 05. Februar 2023

  • Verkehrsplanung in Berlin: Und das soll die Verkehrswende sein?
    Fahrrad, Fußverkehr und ÖPNV haben Vorrang, hat Berlin 2018 festgelegt. Die Umsetzung kommt nur schleppend voran – und doch nehmen sich andere Städte ein…
    www.zeit.de
    Zitat
    Erst nach Kritik kündigte die Senatsverwaltung Nachbesserungen an. Jetzt sollen nachträglich Leitboys helfen, also Plastikaufsteller zum Schutz der neuen Radstreifen. Eine Schnellstraße ohne Leitplanken? Im Autobahnbau wären solche Versäumnisse undenkbar.

    Ja, wer kennt sie nicht, die Schnellstraßen, wo die Leitplanke an Ausfahrten einfach weiter geradeaus geführt wird :S

    Achso, man soll an Kreuzungen weiterhin abbiegen können? Ja dann ... äh... :/

    Ach, dieses Gewinsel um PBL und Separierung. Es nervt.

  • In Oulu, der nördlichsten Großstadt der EU kurz vor dem Polarkreis, fahren 42% der Bevölkerung mit dem Fahrrad. Im Januar, bei bis zu -30 °C, im Sommer über 70%. Das ist nicht "Hardcore", sondern Folge einer ausgezeichneten und gut unterhaltenen Infrastruktur.

    Quelle: Ein BBC-Bericht.

  • Das ist nicht "Hardcore", sondern Folge einer ausgezeichneten und gut unterhaltenen Infrastruktur.

    hm.

    in meiner Heimatstadt fuhren 1985 im Winter 80% der arbeitenden Bevölkerung mit dem Rad zur Arbeit.

    Wir hatten keine Fahrrad-Infrastruktur.

    Die gemeinsame Verkehrsinfrastruktur war schlecht unterhalten.

    Der Winterdienst war mies, es wurde mit Asche(!) gestreut.

    Achja, wir hatten einfach wenig Autos.

    Und deren Betrieb war relativ teuer. Und aufwändig. und auch unbequem.

    Das war: DDR.

    Ich behaupte weiterhin, dass "tolle Infrastruktur" ein netter Anreiz ist, um das Rad zu nutzen.

    Aber du kannst die auf ganzer Länge heizen, mit Rückenwind ausstatten und warmen Tee ausschenken: das ist kein Anreiz, umzusteigen!

  • in meiner Heimatstadt fuhren 1985 im Winter 80% der arbeitenden Bevölkerung mit dem Rad zur Arbeit.

    Wo war das genau? Denn in meiner Heimatstadt (Leipzig) nutzten 60% dafür den ÖPNV, der Rest verteilte sich auf private Kfz aller Art (Simson, MZ, Trabi & Co.) und ein paar Exoten auf dem Rad. Die waren damals erheblich seltener als sie es jetzt sind.

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    Peter Viehrig

    "Glaube ist die Überzeugung, dass etwas wahr ist, weil die Belege zeigen, dass es falsch ist."
    (Andreas Müller)

  • 20.000 Kleinstadt ohne Straßenbahn, die größten Betriebe lagen am Stadtrand. also 3km vom Zentrum entfernt ;)

    Ob es nun 90, 80 oder 70 Prozent waren, die mit dem Rad zur Arbeit fuhren: tja...

    Bei Schichtwechsel ist man jedenfalls nicht über die Straße gekommen :S

  • Ich behaupte weiterhin, dass "tolle Infrastruktur" ein netter Anreiz ist, um das Rad zu nutzen.

    Aber du kannst die auf ganzer Länge heizen, mit Rückenwind ausstatten und warmen Tee ausschenken: das ist kein Anreiz, umzusteigen!

    Eine ähnliche Replik ist mir auch beim Lesen des Beitrags in den Sinngekommen. Die übliche Wiederholung des Radverkertaktivistenmandras, die ohne Fakten auskommt, sich so aber selber immer wieder bestärkt. Die Erde ist ein Scheibe!

    Aber im Video gibt es eine Aussage, die auf gute (ohne Ironie) Radinfrastruktur hindeutet: Andere brauchen länger. Wenn die erwartete Reisezweit für Radfahrer kürzer ist als für andere, ist es ein starker Punkt für Radfahrer. Es stellt ja auch einen objektiven Vorteil dar. Aber für die Radwegapologeten liegt es an der gefühlten Sicherheit.

  • Japan hatte 2021 27 Verkehrstote je 1 Mio Einwohner, Deutschland kommt im selben Jahr auf 30. Zehn Prozent Unterschied ist nahe am statistischen Grundrauschen.

    Das größte Sterberisiko besteht grundsätzlich auf Landstraßen, wesentlich sicherer je Verkehrsleistung sind hingegen der Stadtverkehr und die Autobahnen.

    Japan ist stark verstädtert, und die Metropolen und andere Ortschaften liegen aufgrund der steilen Berge im Hinterland weitgehend wie Perlen auf einer Schnur an den Küsten des Inselreiches. Das macht es relativ einfach, die Relationen effektiv mit Eisenbahn und unfallarmen kreuzungsfreien Schnellstraßen zu erschließen. Japan hat also nicht *trotz* seiner Metropolen relativ wenige Verkehrsopfer, sondern *wegen*.

    Was im Artikel viel zu wenig Emphase bekommt, ist die staatliche Lenkung hin zu Fahrzeugen mit geringem Flächenverbrauch. "Kei-Cars" genießen nicht nur Steuervorteile, sondern sind sogar von der lästigen Nachweispflicht für eigene Stellplätze in den Großstädten befreit.

  • Aber im Video gibt es eine Aussage, die auf gute (ohne Ironie) Radinfrastruktur hindeutet: Andere brauchen länger. Wenn die erwartete Reisezeit für Radfahrer kürzer ist als für andere, ist es ein starker Punkt für Radfahrer. Aber für die Radwegapologeten liegt es an der gefühlten Sicherheit.

    Ich spreche jetzt hier einmal als Fahrradweg-Apologet.

    Sogar als ein Fahrradweg-Apologet, der Zweirichtungs-Radwege befürwortet, und zwar ausdrücklich mit dem Argument, dass dadurch Reisezeiten verkürzt werden!

    Es gibt in Hannover an stark befahrenen und breiten, mehrspurigen Hauptverkehrsstraßen oft Zweirichtungs-Radwege auf beiden Straßenseiten.

    Und diese Zweirichtungs-Radwege tragen mitunter sehr deutlich dazu bei, Reisezeiten für Fahrradfahrer*innen zu verkürzen.

    Freilich wäre es noch besser, den Autoverkehr so deutlich zu reduzieren, dass nur noch sehr wenige Autos auf den Straßen fahren. Dann wäre es kein Problem, den Radverkehr ganz oder zu einem sehr großen Teil auf die Fahrbahnen zu verlegen, die dann kleiner sein könnten und von denen es dann weniger viele geben müsste.

    Meines Erachtens könnte das innerhalb weniger Jahre durchgeführt werden, ohne dass es dabei zu großen wirtschaftlichen oder gesellschaftlichen Verwerfungen kommen würde, wie es die "Apologeten des Autowahns" so gerne behaupten.

    Aber ich befürchte, es wird leider noch länger an der Behauptung festgehalten, ohne die vielen Autos und die breiten Straßen sei kein gedeihliches Leben in Deutschland möglich. Und in der Situation sind Zweirichtungs-Radwege wie in den gezeigten Beispielen gar keine so schlechte Sache, um Reisezeiten für Fahrradfahrer*innen zu verkürzen.

    Hier nochmal ein Beispiel aus der Hans-Böckler-Allee:

    Und von der Lavesallee:

    Und ein Zweirichtungs-Angebotsradweg an der Wülfeler Straße:

  • Aber im Video gibt es eine Aussage, die auf gute (ohne Ironie) Radinfrastruktur hindeutet: Andere brauchen länger.

    Ich hatte vor Kurzem eine Umfrage gesehen, warum die Leute in Kopenhagen Fahrrad fahren: 59% weil es am schnellsten geht.

  • Ich behaupte weiterhin, dass "tolle Infrastruktur" ein netter Anreiz ist, um das Rad zu nutzen.

    Aber du kannst die auf ganzer Länge heizen, mit Rückenwind ausstatten und warmen Tee ausschenken: das ist kein Anreiz, umzusteigen!

    Das sehen viele Menschen leider noch nicht. Die besten Alternativen bringen niemanden zum Umstieg vom PKW auf ÖPNV/Fahrrad/Fuß, wenn es im PKW doch so schön bequem ist und billig ist.

  • Ich hatte vor Kurzem eine Umfrage gesehen, warum die Leute in Kopenhagen Fahrrad fahren: 59% weil es am schnellsten geht.

    Jahresfahrleistung pro Einwohner und Verkehrsmittel (jeweils Angaben der Stadtverwaltung):

    Fahrrad

    Kopenhagen 820 km

    Berlin 870 km

    PKW

    Kopenhagen 2635 km

    Berlin 3050 km

    Fläche Stadtgebiet

    Kopenhagen 86 km²

    Berlin 892 km²

  • Ich behaupte weiterhin, dass "tolle Infrastruktur" ein netter Anreiz ist, um das Rad zu nutzen.

    Aber du kannst die auf ganzer Länge heizen, mit Rückenwind ausstatten und warmen Tee ausschenken: das ist kein Anreiz, umzusteigen!

    Also wenn die auf ganzer Länge beheizt sind, die Fahrradwege, dann hätte ich doch lieber, dass Eistee ausgeschenkt wird. 8) ;)

  • =O

    ich weiß nicht, was los sein müsste, dass ich da freiwillig mitm Rad drauf führe.

    Man fragt sich unwillkürlich, was los ist, wenn man da *nicht* freiwillig fährt. Das wird dann nämlich wohl diese "Gefahrenlage" sein, wegen der man immer Radwege Benutzungspflichten zu brauchen meint :evil:

  • Was sagt das über die Gründe aus, Fahrrad zu fahren? Nichts.

    Die nächste Frage, die ich hätte: Wohin fahren die Kopenhagener mit dem Auto? Offensichtlich nicht in die Kopenhagener Innenstadt, denn sonst müsste es dort annähernd genauso voller Autos sein wie in Berlin, wenn deine Gegenüberstellung stimmt. Mein Tipp: Fahr einfach mal hin und schaue es dir an. Falls du danach immer noch der Meinung bist, dass es in Kopenhagen eigentlich genauso ist wie in Berlin, suche dir einen Therapeuten.

  • Was sagt das über die Gründe aus, Fahrrad zu fahren? Nichts.

    Über die Gründe sagt es nichts aus, das ist richtig. Es sagt aber eine Menge darüber, was das Ergebnis welcher Gründe auch immer ist: Kein signifikanter Unterschied. Daß die PKW-Fahrleistung in Berlin pro EW etwas höher liegt, ist schlicht der größeren Fläche und der folglich etwas weiteren Wege geschuldet, die man innerhalb des individuellen Wegezeit-Budgets zurücklegen kann.

    Mein Tipp: Fahr einfach mal hin und schaue es dir an. Falls du danach immer noch der Meinung bist, dass es in Kopenhagen eigentlich genauso ist wie in Berlin, suche dir einen Therapeuten.

    Einer Behauptung zu widersprechen, die nicht aufgestellt wurde, um anschließend einen Arztbesuch zu empfehlen, läßt mich an anderer Stelle Therapiebedarf erkennen. Mit aller gebotenen Zurückhaltung.

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    Peter Viehrig

    "Glaube ist die Überzeugung, dass etwas wahr ist, weil die Belege zeigen, dass es falsch ist."
    (Andreas Müller)

  • =O

    ich weiß nicht, was los sein müsste, dass ich da freiwillig mitm Rad drauf führe.

    Für mich gibt es zwei Gründe, die mich bewegen, den Fahrradweg zu benutzen.

    In Fahrtrichtung benutze ich den Weg, wenn ich langsam unterwegs bin und keine Lust auf Stress habe mit den Autofahrern, die auf der benachbarten Fahrbahn jenseits des Grünstreifens mit Tempo 50 und mehr lang brettern. Ich sehe da auch keine erhöhte Abbiegegefahr, zumal ich in der Regel nicht sehr viel schneller mit dem Fahrrad unterwegs bin wie ein durchschnittlicher Jogger. (So ca. 15 km/h)

    In die andere Richtung benutze ich den Radweg, wenn ich aus einer Seitenstraße oder einem Grundstück komme und zu einem anderen Grundstück oder in eine Seitenstraße will, die auf derselben Seite liegen.

    Das google-Satellitenbild zeigt, dass an der Wülfeler Straße auf der Zweirichtungs-Radwegseite zwischen Wülferoder Straße und Raupertweg auf einer Länge von knapp einem Kilometer eine großflächige Wohnsiedlung mit zahlreichen Stichstraßen liegt.

    Aber vielleicht bist du gut trainiert und fährst in der Regel deutlich schneller mit dem Fahrrad?

    Auf den googlestreetview-Bildern kann man übrigens sehen, dass die Radwege auf beiden Seiten der Wülfeler Straße früher einmal als benutzungspflichtige Radwege ausgewiesen waren:

    Google Maps
    Find local businesses, view maps and get driving directions in Google Maps.
    www.google.com

    Das ist heute nicht mehr so. Es sind jetzt Angebotsradwege. Ich finde es gut, dass es heute beide Möglichkeiten für den Fahrradverkehr gibt, die Fahrbahnnutzung und den Angebotsradweg.

    Problematisch finde ich die Rotmarkierung der Fahrbahnfurt, die auf dem streetview-Bild zu sehen ist. Besser wäre eine Aufpflasterung. Von der würden auch die Fußgänger profitieren, besonders gegenüber Autofahrern, die aus der Stichstraße auf die Wülfeler Straße fahren wollen. Diese Autofahrer wären dann gegenüber dem Fußverkehr wartepflichtig.

  • Es sagt aber eine Menge darüber, was das Ergebnis welcher Gründe auch immer ist: Kein signifikanter Unterschied.

    Jedenfalls in den Innenstadtbereichen gibt es einen signifikanten Unterschied. Ich habe zwar zuletzt bis 2001 in Berlin gewohnt und bin dort seitdem nicht mehr Fahrrad gefahren, habe aber von den Schilderungen her nicht den Eindruck, dass sich dort grundsätzlich etwas verändert hat, bzw. dass sich Berlin in den vergangenen 20 Jahren verkehrsmäßig komplett anders entwickelt hätte als andere deutsche Großstädte. Die Probleme scheinen dort doch eher die selben zu sein wie auch sonst überall.

    Kopenhagen hat sich aber komplett anders angefühlt als z.B. Hamburg. Mit Autos verstopfte Fahrbahnen habe ich dort nicht gesehen, auch nicht am Donnerstag Nachmittag.

    Wenn die Statistik nahelegt, dass es doch letztlich alles irgendwie gleich ist, stimmt was nicht mit der Statistik. Oder ich bin nur zufällig zu einer Zeit in Kopenhagen gewesen, als alle, die sonst Auto fahren, mit dem Fahrrad unterwegs waren. Oder von den Kopenhagenern wird das Auto häufiger für Fahrten außerhalb des Stadtgebietes genutzt, wer weiß.

    Selbstverständlich gibt es auch in Kopenhagen verkehrsreiche Einfallstraßen, wo der Kfz-Verkehr dominiert. Aber auch die waren nicht mit Hamburger Hauptstraßen vergleichbar, auch nicht außerhalb des Kernbereiches. Ich halte die Behauptung, es gäbe kaum Unterschiede zwischen Kopenhagen und Berlin oder jeder anderen deutschen Großstadt für realitätsfern.