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    Welche Möglichkeiten gibt es, gegen solche Hindernisse vorzugehen? Was sind die rechtlichen Grundlagen?

    Umlaufsperren sind Verkehrseinrichtungen, für die die allgemeinen Vorgaben der VwV-StVO zu den §§39-43 gelten:

    1. Sie sollen allgemeine Verkehrsvorschriften sinnvoll ergänzen. -> Eine allgemeine Verkehrsvorschrift ergibt sich z.B. aus §10 und die Behörde könnte die Umlaufsperre als "sinnvolle Ergänzung" betrachten, damit Radfahrer nicht ungebremst von einem eigenständig geführten Weg auf eine Fahrbahn einfahren. In den wenigsten Fällen dürfte das angemessen sein, aber gibt es Fälle, wo die Behörde damit durchkäme?

    2. Sie sollen nicht nur die gesetzliche Regelung wiedergeben oder eine Regelung, die bereits durch ein anderes Verkehrszeichen erreicht wird -> z.B. die Einfahrt durch Kfz unterbinden, wenn dies bereits mit [Zeichen 240] oder [Zeichen 260] untersagt ist. Abweichungen davon nur mit Zustimmung der obersten Landesbehörde.

    3. Nur dort, wo es nach den Umständen geboten ist. (siehe 1.)

    4. Besonderes Augenmerk auf die Sicherheit: Verkehr sinnvoll lenken, Verkehr sicher führen. -> Da Hindernisse selbst eine Gefahrenquelle darstellen, müsste der Einsatz von Umlaufsperren eine deutlich höhere Gefährdung verhindern, was in der Anordnung begründet sein müsste. Käme die Behörde damit durch, dass die Sperre keine Gefährdung darstellt, wenn die Ausführung den technischen Regelwerken (ERA) entspricht?

    5. Die Flüssigkeit des Verkehrs ist zu erhalten, also auch die Flüssigkeit des Radverkehrs. Dabei geht die Verkehrssicherheit aller Verkehrsteilnehmer der Flüssigkeit des Verkehrs vor. -> Hier könnte die Behörde wieder mit dem Argument kommen, dass die Hindernisse die Flüssigkeit des Radverkehrs behindern dürften, wenn sie der Sicherheit dienen.

    6. Bei Ausgestaltung und Beschaffenheit, für den Ort und die Art der Anbringung von Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen ... soll im einzelnen nach dem jeweiligen Stand der Wissenschaft und Technik verfahren werden, den das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur nach Anhörung der zuständigen obersten Landesbehörden im Verkehrsblatt erforderlichenfalls bekannt gibt. -> Ist das Verkehrsblatt einsehbar? Hier kann es also unterschiedliche Vorgaben in den Bundesländern geben. Der Stand der Wissenschaft und Technik ergibt sich ansonsten auch aus den ERA 2010, wo Umlaufsperren nur als allerletztes Mittel angesehen werden.

    7. Die Ausführung der Verkehrszeichen (gilt sinngemäß auch für Verkehrseinrichtungen) darf nicht unter den Anforderungen anerkannter Gütebedingungen liegen. -> Also keine zusammengenagelten Holzbretter, Betonkübel, Findlinge ...

    8. Verkehrszeichen ... müssen rückstrahlend oder von außen oder innen beleuchtet sein. Das gilt auch für Verkehrseinrichtungen.

    Gibt es Präzedenzfälle, wo erfolgreich gegen solche Sperren geklagt wurde? Kann man auch eine Umlaufsperre als Beschränkung des fließenden Verkehrs betrachten und sich auf §45 berufen? Kennt ihr vielleicht sogar Urteile?

    Ein paar Beispiele in unterschiedlichen Situationen.

    Hier führt ein eigenständiger Weg abschüssig auf eine Hauptstraße zu, kurz neben einem Kreisverkehr.

    Hier beginnt ein eigenständiger Geh- und Radweg, der eine interessante Abkürzung für den Kfz-Verkehr (Mofas, Motorroller) darstellt, die dort auch häufig anzutreffen sind. Autos habe ich darauf noch nicht gesehen, weil auf der Hälfte des Weges eine Holzbrücke mit steilen Rampen überquert werden muss. Befahren mit Kfz. ist durch [Zeichen 240] verboten.

    Aus der anderen Richtung, kurz vor der Brücke. 1 km vorher steht [Zeichen 240] mit Zusatzzeichen "Landwirtschaftlicher Verkehr frei"

    Auch hier ein eigenständiger und ebenfalls abschüssiger Weg vor der Querung einer hauptsächlich im Berufsverkehr etwas stärker befahrenen Straße. Die Fahrrad-Route verläuft hinter der Querung (mit FGÜ) geradeaus weiter.

    Am Ende der Holzbrücke ein Poller, an dem sich kürzlich ein sechsjähriger Junge auf dem Fahrrad verletzt hat:

    "Verkehrsberuhigung" durch Betonkübel:

    Dass es auch ganz anders funktioniert, kann man hier sehen:

  • Am Ende der Holzbrücke ein Poller, an dem sich kürzlich ein sechsjähriger Junge auf dem Fahrrad verletzt hat:

    Gibt es da auch ein Blauschild ( von der anderen Richtung) ? Ich konnte nur eine Ampel erkennen.


    Kann man auch eine Umlaufsperre als Beschränkung des fließenden Verkehrs betrachten

    Wenn man sie mit Pollern vergleicht: Ja . Denn das Aussperren von unerwünschtem mehrspurigen Verkehr ginge auch mit Pollern, zusätzlich wird aber auch der erwünschte Verkehr ausgebremst.

  • Denn das Aussperren von unerwünschtem mehrspurigen Verkehr ginge auch mit Pollern,

    Das Aussperren von unerwünschtem Verkehr sollte auch mit einem Verkehrszeichen gehen. Das ist ja gerade das Problem: Man behindert Radfahrer, weil man davon ausgeht, dass Autofahrer sich sowieso nicht an die Verkehrsregeln halten.

  • weil man davon ausgeht, dass Autofahrer sich sowieso nicht an die Verkehrsregeln halten.

    Andererseits ist diese Annahme ja nicht so ganz unvernünftig, wenn ich mir anschaue, was alles so als Parkfläche missbraucht wird. Und praktisch muss ich dann auch sagen, dass mir ein Poller am Ende des Radwegs lieber ist, als ein zugeparkter Radweg.

  • Wenn eigenständige Radwege (um die geht es hier) regelmäßig durch parkende Kraftstehzeuge blockiert werden, obwohl regelmäßig kontrolliert und ggf. auch umgesetzt wird, würde ich auch einen Poller akzeptieren.

    Aber mit der Begründung, dass ab und zu mal ein Auto in den Weg fährt und man keine Zeit (aka "Lust") hat, das zu ahnden, möchte ich keine Umlaufsperre hinnehmen, die für mich jedesmal eine Behinderung und Gefährdung darstellt.

  • Hier in Kempen hat man beispielsweise innerorts den Bahnradweg Kempen-Kaldenkirchen mit Umlaufsperren versehen, wer benutzt auch einen Bahnradweg mit Kinderanhänger oder Lastenrad? Zumindest keiner, der weiß was ihn da erwartet. Alle anderen haben die A....karte.

    Nun ist geplant die allermeisten Umlaufsperren "aufzuweiten" was auch immer das im Ergebnis dann heißt.

    Da der künftige Radschnellweg von Krefeld über Kempen und Nettetal nach Venlo über eben jene Trasse geführt werden soll, wird dann ein erneuter Umbau fällig oder wie vereinbaren sich Umlaufsperren und Radschnellwege

    Vgl z.B. https://www.kempen.de/c125757c00439dde/files/radverkehrskonzeptkempen2019-massnahmentalog.pdf/$file/radverkehrskonzeptkempen2019-massnahmentalog.pdf?openelement S. 277

  • Ich muss das alte Thema nochmal hoch holen, da ich kürzlich folgenden Hinweis erhalten habe.

    Das Hessische Ministerium für Wirtschaft, Energie und Verkehr äußert sich hier sehr klar zu den Umlaufsperren (bereits 2014!).

    2014-07-15VerkehrshindernisseaufStraen-nichtmotorisierterVerkehr_geschwaerzt.pdf in Anfrage „Erlasse zur Umsetzung der StVO“ - FragDenStaat

    - Umlaufsperren ohne verkehrsrechtliche Anordnung sind Verkehrshindernisse im Sinne des §32 StVO und stellen ggf. einen gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr gemäß §315c StGB dar.

    - Umlaufsperren sind eine Beschränkung des fließenden Verkehrs, so dass bei deren verkehrsrechtlicher Anordnung §45 (9) anzuwenden ist.

    - Vor Anordnung von Umlaufsperren ist zu prüfen, ob eine Minderung der besonderen Gefahrenlage durch mildere Mittel erreicht werden kann.

    - Zur Durchsetzung von Verkehrsverboten sind Umlaufsperren unzulässig.

  • - Umlaufsperren ohne verkehrsrechtliche Anordnung sind Verkehrshindernisse im Sinne des §32 StVO und stellen ggf. einen gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr gemäß §315c StGB dar.

    - Umlaufsperren sind eine Beschränkung des fließenden Verkehrs, so dass bei deren verkehrsrechtlicher Anordnung §45 (9) anzuwenden ist.

    - Vor Anordnung von Umlaufsperren ist zu prüfen, ob eine Minderung der besonderen Gefahrenlage durch mildere Mittel erreicht werden kann.

    - Zur Durchsetzung von Verkehrsverboten sind Umlaufsperren unzulässig.

    Danke für diesen interessanten Hinweis. Ist natürlich die Frage, ob das in anderen Bundesländern ebenfalls so gesehen wird (hier konkret: Bayern).

  • Um auch mal was Positives aus Thüringen zu berichten: Beim 2013-2016 erbauten Kyffhäuserbahnradweg hat man komplett auf Umlaufsperren verzichtet.

    Stattdessen Poller mit Markierungen, die auch im Dunklen hervorragend zu sehen sind:

    Über die Stoppschilder könnte man streiten, zumal an vielen Fahrbahnquerungen sehr gute Sichtverhältnisse vorliegen. Wahrscheinlich wollte man hier zur Unfallvermeidung ein bisschen dicker auftragen.

    In der Praxis bin ich auf diesem Weg (fahre dort ca. 2-4 mal im Jahr lang) immer wieder überrascht, wie zuvorkommend ich behandelt werde, wenn ich dort mit dem Rennrad fahre. Bei meiner ersten Fahrt auf dieser Trasse hat (an einer ähnlichen Stelle wie im Foto) ein Autofahrer angehalten um mich durchzulassen. Ich hatte leichten Rückenwind, leichtes Gefälle und kam mit 35-40 km/h, habe zeitig aufgehört zu treten, Körperschwerpunkt nach hinten verlagert, geguckt, gebremst, geguckt, .. das übliche halt. Bei vll. 20 km/h Restgeschwindigkeit habe ich sein freundliches Zunicken erkannt und konnte mich bedanken und wieder Fahrt aufnehmen. Auch so etwas kommt vor.

  • Warum braucht diese Stelle denn überhaupt so etwas. Bei der Bodenmarkierung wird ja wohl kein KFZ reinfahren in den Radweg, außer der Fahrer ist blind wie ein Maulwurf.

    Das Problem ist doch eigentlich das Stopschild an dem "Radweg". Schön das Du da zuvorkommend behandelt wirst, rechtlich bist Du (am und der) Arsch.

    Meine Begeisterung hält sich schwer in Grenzen.

    Da gehört eine ordentliche Furt mit Breitstrich markiert und statt dem Radweg auf die Poller hinzuweisen konnte man das Stangerl auch einfach vor die Furt stellen mit einem [Zeichen 205] .

    Als Ortskundiger würde ich diesen Weg ganz sicher nicht benutzen, sondern auf der Fahrbahn fahren.

    Einmal editiert, zuletzt von Autogenix (30. April 2022 um 21:23)

  • Warum braucht diese Stelle denn überhaupt so etwas. Bei der Bodenmarkierung wird ja wohl kein KFZ reinfahren in den Radweg, außer der Fahrer ist blind wie ein Maulwurf.

    Es gibt leider genügend Autofahrer, die trotzdem da reinfahren, wenn sie da einen Vorteil für sich sehen. Z.B einen Parkplatz. Oder eine Abkürzung.

    99% der Poller werden aufgestellt um Fehlverhalten zu physikalisch verhindern, das ohnehin aufgrund Verkehrsregeln/Schildern verboten ist

  • Als Ortskundiger würde ich diesen Weg ganz sicher nicht benutzen, sondern auf der Fahrbahn fahren.

    Meintest Du als Ortsunkundiger? Also mit dem erworbenen Grundmisstrauen ggü. allen [Zeichen 240].

    Als Ortskundiger bin ich dort 30 Jahre lang auf der Fahrbahn gefahren, ohne das als belastend empfunden zu haben. Doch weil hier der Radweg kürzer ist, weniger Höhenmeter und dazu den glatteren Asphalt hat, verkürzt er die Fahrzeit von Sondershausen nach Bad Frankenhausen (knapp 20 km) um 5 - 10 min. Und das hat Einfluss auf meine Streckenwahl nach Jena.

    Was mir zudem auffällt, sind die "Understatements" in der Beschilderung. Immer wieder bin ich überrascht, dass sich die Fußgänger dort verhalten als sei es eine [Zeichen 244]. Bei der psychischen Bewältigung des [Zeichen 206] an jeder (verkehrsschwachen) Fahrbahnquerung hilft mir wahrscheinlich, dass ich als Kind in den 80ern etwas anarchisches Verhalten in einem autoritären Staat gelernt habe (grob gesagt: "Alles, was nicht geahndet wird, ist quasi legal").

    Die Poller müssen sein, sehe es genauso wie mkossmann. Es gibt dort genug Kleingärtner und Landwirte, für die das Befahren evtl. vorteilhaft wäre.